Erfahrungsbericht Studiengang: BSc Volkswirtschaftslehre Austauschjahr/Semester: FSS 2015 Gastuniversität: Bocconi Stadt: Mailand Land: Italien Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht die Meinung der Universität Mannheim wider. Jeder Bericht wird vor der Veröffentlichung geprüft; die Universität behält sich das Recht zur Kürzung vor. Aus Spam- und Datenschutzgründen werden Name und E-Mail-Adresse des Verfassers nicht im Internet veröffentlicht. Bei Interesse an weiteren Informationen kann das Akademische Auslandsamt eine Anfrage an den Verfasser des Berichts versenden, in welcher dieser gebeten wird, sich mit dem Interessenten/der Interessentin in Verbindung zu setzen. 1. Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung bei der Gasthochschule) und Ankunft… Die Bewerbung um einen Erasmus Auslandsaufenthalt - unabhängig von der Gastuniversität läuft über die volkswirtschaftliche Fakultät, auf dessen Website sich im übrigen sehr nützliche Hinweise zum Bewerbungsablauf, den möglichen Gastuniversitäten und den Formalitäten befinden. Falls man mit seiner Bewerbung erfolgreich ist, wird man von Frau Dr. Cischinsky kontaktiert und von da an, muss man eigentlich nur die Emails die man automatisch erhalten wird beantworten. Wichtig zu erwähnen ist noch das Learning Agreement, was sich bei mir dann doch ein wenig hingezogen hat. Schuld daran hatte in erster Linie der Management Lehrstuhl, da ich den Kurs Management für Nebenfachstudierende durch einen äquivalenten Kurs an der Bocconi ersetzen wollte. Obwohl es hierfür auch ein extra Formular zum ausfüllen gibt, hat der entsprechende Lehrstuhl in Mannheim alle Management Kurse, die ich an der Bocconi belegen konnte mit der Begründung abgelegt, dass diese nicht haargenau dem Mannheimer Lehrplan folgen. Dies empfand ich als überaus albern, da im Zweifel der Management Lehrstuhl an der Bocconi dann doch renommierter ist als der in Mannheim. Wer also im Vorfeld weiß, dass er alle BWL Kurse absolvieren möchte, der sollte sich entweder rechtzeitig um Anerkennung kümmern oder den entsprechenden Kurs bereits in Mannheim belegen. Obwohl die Bocconi einem eine gewisse Auswahl an Kursen bietet, wird diese Auswahl dann doch leider noch einmal durch die volkswirtschaftliche Fakultät erheblich eingeschränkt. Bei mir ging das so weit, dass die Kurse die ich belegt habe auch die einzigen waren, die ich zu mindestens von den Bachelorkursen angerechnet bekam. Wer also mehr Freiheit bei der Kurswahl haben möchte, sollte seinen Auslandsaufenthalt eher an einer Uni verbringen, die einen größeren Spezialisierungsbereich anbietet oder muss bereit sein Master Kurse zu belegen. Irgendwann wird man dann jedenfalls von der Bocconi kontaktiert und muss denen noch ein paar Informationen liefern, wobei wenig schief gehen kann. Wie viele ausländische Hochschulen muss man auch an der Bocconi seine Kurse im Vorhinein wählen (man hat natürlich gegeben ausreichender Kapazitäten die Möglichkeit innerhalb der ersten zwei Wochen zu wechseln), weshalb man sich möglichst frühzeitig um das Learning Agreement kümmern sollte. 2. Unterkunft (Kosten, Unterbringung allgemein, etc.)… Wer sich für die Studentenwohnheime der Bocconi interessiert, sollte zwei Dinge beachten: 1. es gibt einen Anmeldestarttermin und wenn man wie ich erst eine Stunde nach dem offiziellen Termin sich auf einen Platz bewirbt, dann wird man erstmal mit ziemlicher Sicherheit auf der Warteliste landen, weshalb es sich empfiehlt sofort zu bewerben. 2. sind viele der Wohnheime der Bocconi nicht sehr attraktiv, weil sie erstens recht teuer sind (ca. 600 Euro) und weil zweitens die allermeisten sehr weit vom Zentrum und dem Campus der Bocconi selbst entfernt sind. Ich habe mich dann auf dem privaten Wohnungsmarkt auf die Suche gemacht, was auch alles andere als einfach ist, wenn man keinen vor Ort kennt und kein Italienisch kann. Ich habe dann über Airbnb eine private Unterkunft gefunden, die aber auch 800 Euro im Monat gekostet hat. Generell muss man damit rechnen, für ein Bett in einem Zimmer in dem noch ein anderes Bett steht 300 Euro zu bezahlen, eine WG Wohnung kostet meist zwischen 400 und 600 Euro und eine private Wohnung findet man unter 700 Euro nicht. Da ich mich in Mannheim an die Vorzüge und hier insbesondere die Ruhe einer privaten Wohnung gewöhnt hatte wollte ich auch in Mailand nicht auf diesen Luxus verzichten. Das stellte sich dann aber als großer Fehler heraus, weil man in Mailand keine Ruhe bekommen wird. Laute Nachbarn sind die Regel und da es insbesondere in den Sommermonaten sehr warm werden kann muss man konstant die Fenster die sich meist über der Tür befinden offen lassen, damit die Luft zirkulieren kann, was für eine nette Lärmkulisse sorgt. Abschließend kann ich also nur empfehlen in eine WG zu ziehen (da man auch in einer Privatwohnung keine Ruhe finden wird) und sich dabei möglichst früh um eine Wohnung zu kümmern. 3. Studium an der Gasthochschule… Das Studium an der Bocconi unterscheidet sich fundamental von dem an der Universität Mannheim. Während die VWL Kurse in Mannheim von theoretischen und mathematisch sehr fundierten Modellen geprägt sind, die häufig wenig mit der Realität zu tun haben, verfolgt die Bocconi einen anderen Ansatz. Dieser besteht darin, die Vorlesung an (aktuellen) wissenschaftlichen Studien aufzubauen und dann Modelle nur zu erklären, falls diese für das Verständnis eines wissenschaftlichen Fachartikels unabdingbar sind. Obwohl eigentlich alle Kurse die ich belegt habe meiner Meinung nach mathematisch ein wenig zu unfundiert waren, gefiel mir der Ansatz, da man hierdurch viel besser lernte wie Wissen in der akademischen Welt ausgetauscht und entwickelt wird und weniger das Gefühl hat einfach nur Grenzkosten = Grenznutzen gleichzusetzten. Außerdem orientierten sich die Kurse dadurch zwangsweise am aktuellsten wissenschaftlichen Stand. Gefühlt hat diese Herangehensweise für ein Auslandsstudium den Vorteil, dass es wesentlich leichter ist in den Vorlesungen Schritt zu halten und am Schluss sehr gute Noten zu schreiben. Bezeichnend hierfür ist auch die Bibliothek, die eine Größe und Austattung besitzt, sodass man sowas in Mannheim eher als eine “Sitzecke” bezeichnen würde. Bezüglich den von mir gewählten Kursen: - Economics of Globalization: Der Kurs wurde von einem argentinischen Professor gehalten, bei dem es bedingt durch seinen starken Akzent und seinem schnellen Redefluss äußerst schwer sein kann zu folgen. Die Vorlesung an sich ist sehr einfach, kommt fast ohne jegliche Mathematik aus, da sie sich nicht nur an VWL Studierende richtet, sondern auch an solche die Sozialwissenschaften oder Politikwissenschaften studieren. Deshalb ist für diesen Kurs kaum Vorwissen erforderlich. Für die Flexibilität in einem Auslandsaufenthalt eher hinderlich ist, dass der Professor durch “Pop Quizzes” prüft, ob die für jede Vorlesungen angegebenen Papers auch wirklich gelesen wurden. Positiv zu vermerken ist aber, dass man hierdurch sich recht einfach eine gute Note holen kann und selbst falls man die Artikel nicht ließt sollte man die Pop Quizzes immer noch bestehen können. Der Arbeitsaufwand des Kurses liegt auch durch einen 2500 Wort Aufsatz des man zum Ende des Semesters hin abgeben muss wesentlich über dem Arbeitsaufwand der anderen von mir besuchten Kurse. Fazit: Es ist vom Niveau her einfach eine sehr gute Note zu bekommen, man muss dafür aber trotzdem überdurchschnittlich viel (einfache) Arbeit vollbringen und sich mit super vielen Slides rumschlagen. - Development Economics: Ich hatte den Kurs nur gewählt, weil ich wie eingangs erläutert keine andere Wahl hatte. Der Kurs an sich war dann doch halbwegs interessant und klausurentechnisch gliedert er sich in einen Midterm und ein Final. Zu sagen ist noch das es beim Herrn Gulesci recht schwierig ist 30 Punkte - sprich 1.0 zu holen. Immerhin waren aber die Slides sehr gut gemacht und hielten daher den zusätzlichen Lernaufwand in Grenzen - Financial Economics: Vom Thema her hatte mich dieser Kurs am meisten gereizt. Die Vorlesung wird vom Prof. Beltratti gehalten, dessen Vorlesungskonzept mir bis heute nicht klar geworden ist. Herr Beltratti hält z.B. überhaupt gar nichts von Slides und verzichtet daher auf diese. Er kommt überhaupt nicht damit klar, wenn man während der Vorlesung mal kurz auf sein Handy schaut und brüllt einen dann sofort an. Von dem was er z.T. direkt erzählt und von dem was man zwischen den Zeilen mitbekommt schein er emotional ziemliche Schwierigkeiten zu haben. Er vertritt die These dass Fragen der Studenten sehr wichtig sind (weil sie mit den Fragen der anderen Studenten korreliert sind, wobei ich ihm hier nur zustimmen kann), jedoch gibt er solchen Studenten zusätzliche Punkte, die während der Vorlesung fragen stellen. Häufig driftet die Vorlesung (was zum Teil ganz interessant ist, auf aktuelle Themen zu Eurokrise, Zinspolitik etc.) ab, was zwar überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat, aber in vielen Dingen hat Herr Beltratti eine sehr fundierte Meinung. Bezeichnend hierfür war auch die Tatsache, dass Herr Beltratti während der Vorlesung immer nur sehr einfache Übungsaufgaben durchgegangen ist, die Klausur dann aber im Vergleich dazu extrem schwer war. Die Klausur an sich war die einzige, die auf dem Mannheimer Niveau lag, jedoch bereitete die Vorlesung einen darauf nur sehr schlecht vor. - Microstructure of Financial Markets: Mein Lieblingskurs weil: sehr einfach, sehr intuitiv, aber trotzdem unglaublich hilfreich um Märkte zu verstehen. Ich glaube ich habe in meinem ganzen Unileben noch nie aus einem Kurs so viele Dinge mit praktischer Relevanz herausnehmen können wie aus diesem Kurs. Der Kurs eignet sich auch prima für ein Auslandssemester weil er von allen von mir besuchten Kursen der mit dem geringsten Lernaufwand war und man sich nebenbei durch einen Trading Contest noch “spielend” ein paar Punkte für die Klausur hinzuverdienen konnte. - International Economics: Der Kurs war letztes Jahr wohl so schlecht, dass die Uni reagiert hat und den Kurs kernrenoviert hat. Gut ist er dadurch aber nicht geworden. Der erste Teil wird von einem Prof gehalten, der bei einem TOEFL Test wahrscheinlich nicht mal 50 von 110 Punkte geholt hätte. Immerhin ist er sehr spontan und kann trotz seiner mangelnden Sprachkompetenz ganz vernünftige Witze erzählen. Sein Teil ist der einfache, der die Studenten ködern soll den Kurs zu belegen, damit der Kurs mehr besucht wird. Der erste Teil des Kurses ist in der Tat so einfach, dass jede afrikanische Grundschule im Vergleich dazu anspruchsvoll erscheinen mag. Der zweite Teil wird dann von einer Frau gehalten, die statt dem Wort “focus” immer “fucks” sagt, was zumindest in den ersten 2 Vorlesungen ganz amüsant ist, weil sie das Wort “focus” ziemlich häufig benutzen will. Außerdem hört sie sich durch ihre ganze Raucherei mittlerweile an wie ein Mann. Zum inhaltlichen des zweiten Teils ist zu sagen, dass dieser wesentlich anspruchsvoller und mathematisch fundierter ist. Ich habe den Kurs abschließend doch irgendwo ganz gern belegt, weil es keinen Grund gab in die Vorlesungen zu gehen, da alles an Slides und zusätzlichen Material hochgeladen wurde und man sich so ganz gut selbst auf die Klausur (die wirklich gut machbar ist) vorbereiten konnte. 4. Alltag und Freizeit… Mailand an sich ist für italienische Verhältnisse echt hässlich - ein bisschen so wie Mannheim in Deutschland. Am ersten Tag wollte ich umbedingt diesen Dom besuchen von dem alle so schwärmten, aber jeder der schon mal den Kölner Dom gesehen hat, wird davon jetzt nicht sehr beeindruckt sein. Ich habe mich dann trotzdem entschieden auf die Domterrassen zu steigen um einen Überblick über die Stadt zu bekommen und auch da musste ich erst einmal feststellen, dass ich dann doch nicht in Paris oder Rom gelandet bin. Seinen Mangel an Schönheit kann Mailand aber durch seine Ausgehviertel, seine Partymöglichkeiten, seine Modeboutiquen, das leckere Essen, noch besseres Eis und die wahrscheinlich schönsten Frauen der Welt wieder gut machen. Das war es dann aber schon wieder, denn in Mailand dreht sich fast alles nur um Mode und Essen. 5. Fazit (beste und schlechteste Erfahrung; Abschlusswort an Ihre Nachfolger)… Abschließend kann ich einen Auslandsaufenthalt in Mailand sehr empfehlen: Die Vorlesungen sind unterm Strich wesentlich einfacher als in Mannheim und man bekommt mit einem viel geringen Lernaufwant bessere Noten von einer Uni die international anerkannter ist als die Uni Mannheim. Außerdem tut es nach 5 Semestern nur Theorielernen in Mannheim ohne jeglichen Bezug zur Praxis auch wirklich gut, sich mehr mit Empirie zu beschäftigen. An der ausländischen Partnerhochschule besuchte Kurse: KursKurs bezeichnun g 30057 International Economics 6 Ja 30145 Development Economics 6 Ja 30168 Economics of Globalization 6 Ja 30055 Financial Economics 6 Ja 30181 The Microstructure of 6 Ja Financial Markets SWS = Semesterwochenstunde SWS/ Anerkennung an der Credits Universität Mannheim Bemerkungen siehe oben
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