Hannover täglich (fast) alles Alle Tipps und Termine aus Hannover und der Region Seite 20 | MonTAG, 10. AuGusT 2015 | nR. 184 | sEITE 7 lüttje lage Von Jörn Kießler Auf der Suche nach dem Sommerloch 16-Jährige beschädigt 21 Autos in der Südstadt Von Jörn Kießler Die Polizei hat in der Nacht zu gestern eine Jugendliche festgenommen, die zuvor 21 Autos in der Südstadt beschädigt haben soll. Die 16-Jährige war offenbar die Straße Große Barlinge entlanggelaufen und hatte an dort abgestellten Wagen Außenspiegel abgerissen und den Lack zerkratzt. Anwohner hatten die junge Frau gegen Mitternacht dabei beobachtet und die Polizei alarmiert. Die Beamten konnten die mutmaßliche Vandalin noch am Tatort zwischen der Stolzestraße und der Lutherstraße festnehmen. Es ist bereits der zweite Fall von derart grobem Vandalismus in kurzer Zeit. Erst in der Nacht zu Freitag hatte die Polizei einen 24-Jährigen festgenommen, der in Groß-Buchholz gewütet hatte. Mit einem Stein hatte der offenbar psychisch kranke Mann die Windschutzscheiben von 14 Auto eingeschlagen und 7000 Euro Schaden verursacht. Die Ermittlungen der Beamten ergaben, dass er bereits im Juni und Juli 17 geparkt Fahrzeuge beschädigt hatte und daraufhin in eine Klinik eingewiesen worden war. Den Schaden dieser beiden Taten schätzt die Polizei auf etwa 6000 Euro. Wie hoch der Schaden ist, den die 16-Jährige anrichtete, konnte die Behörde gestern noch nicht sagen. Sie bittet mögliche weitere geschädigte Fahrzeughalter, sich unter der Telefonnummer (05 11) 1 09 32 17 zu melden. Verkehrstipp Verkehrsteilnehmer müssen sich am kommenden Wochenende im Bereich der Bornumer straße in Linden-süd auf Behinderungen einstellen. Weil der Fahrbahnbelag erneuert wird, lässt die stadt die straße von Freitagmorgen, 14. August, bis sonntagnachmittag, 16. August, komplett sperren. Betroffen sind stadtauswärts der Bereich zwischen Deisterplatz und sporlederweg sowie stadteinwärts der Abschnitt zwischen Deisterplatz und Marianne-Baecker-Allee. umleitungen werden in beiden Fahrtrichtungen ausgeschildert. um den Verkehrsfluss aufrechtzuerhalten, wird die Ampel an der Kreuzung zwischen Bornumer straße und Marianne-Baecker-Allee ausgeschaltet. Deshalb bittet die stadt um besondere Rücksicht auf Radfahrer und Fußgänger. se Fackelträger und Schaumschläger zaubern am Maschsee Beschaulichkeit und Blödelei – das Maschseefest hat am Wochenende erneut unter Beweis gestellt: Es kann beides. Am sonnabendabend zauberten die Teilnehmer des traditionellen Fackelschwimmens Bilder von einer gewissen Lyrik auf die spiegelnde, von Wellen nur sanft gekräuselte Wasseroberflä- che. Gestern schlug dann am nachmittag die stunde der schaumschläger beim sogenannten Crazy Crossing. Es handelt sich dabei im Prinzip um eine Wettfahrt mit Hindernissen auf mehr oder weniger seetauglichen Flößen. Welches Boot siegt? Eigentlich egal: 10 000 Zuschauer am ufer hatten jede Menge zu la- chen und waren die eigentlichen Gewinner. Was das Wochenende am see sonst zu bieten hatte, lesen sie auf Seite 10 Ärzte klagen über zu viele Kaiserschnitte In der MHH kommt jedes dritte Kind per oP zur Welt / Frauenärzte sollen schwangere über Risiken aufklären Von mathiaS Klein In Hannover bringen zu viele schwangere Frauen ihre Kinder per Kaiserschnitt zur Welt. Diese Ansicht vertreten die führenden Ärzte der großen Frauenkliniken der Landeshauptstadt. Die Kaiserschnittrate liegt beispielsweise in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) derzeit bei rund 35 Prozent. Nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation WHO ist jedoch nur bei 10 bis 15 Prozent der schwangeren ein Kaiserschnitt aus medizinischen Gründen notwendig. Viele schwangere Frauen kämen in die MHH mit der festen Absicht zur Geburt, ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt zu bringen, berichtet der Ärztliche Direktor der MHH-Frauenklinik, Professor Peter Hillemanns. Die Frauen hätten eine vaginale Geburt bislang gar nicht als Alternative in Betracht gezogen, berichtet er. „Wir versuchen, dagegenzusteuern“, sagt Hillemanns. Aber das sei nicht so einfach. Die MHH will deshalb im Herbst die Foto: dpa (Archiv) isher konnte man die Parkplatzsituation in der Südstadt mithilfe von drei Kategorien von Stellplätzen jedem Auswärtigen problemlos erklären. Erste Kategorie: nicht vorhandene Parkplätze. Wer sich auskennt, weiß, dass es davon in der Südstadt erheblich mehr gibt als tatsächlich vorhandene Parkplätze. Allein bei mir in der Straße, und ich sage das selbstverständlich ohne jeden Neid, verfügen mehrere Anwohner nicht nur über einen familientauglichen Kombi. Sie stellen auch jeden Abend ihren gerne höherklassigen Dienstwagen am Fahrbahnrand ab. Die zweite Parkplatzkategorie: Einige Südstädter sind vielleicht etwas ignorant oder gedankenverloren oder einfach nicht so fit am Steuer. Sie stellen in Doppelparklücken von gern zehn Metern Länge ihr Auto gerade so mittig ab, dass davor oder dahinter eben kein weiterer Wagen mehr passt. Ich nenne diese Sorte Hätte-Parkplätze. Weil: Hätte der sich gescheit hingestellt, hätte der Platz auch noch für mich gereicht. Dritte Kategorie: Bedarfsparklücke. Darauf weiche auch ich zuweilen aus. Diese nennen sich so, weil man sie bei Bedarf selbst herstellen kann. Gerade in diesem Sommer ist die Südstadt voll von Phantombaustellen. Sie werden eingerichtet, mit Baken abgesperrt, aber niemals wird dort ein Arbeiter gesichtet geschweige denn eine Arbeit verrichtet. Diese Baken können ein bisschen verschoben werden, und schon ist Platz fürs Auto. Dort lässt das Ordnungsamt gern Knöllchen schreiben. Schließlich hat die Stadtkasse erheblichen Bedarf an diesen zusätzlichen Einkünften – auch deshalb: Bedarfsparklücke. Vor Kurzem musste ich die Beschreibung der Parkplatzsituation in der Südstadt aber doch noch um eine Kategorie erweitern. Präzis: am 23. Juli, Ferienbeginn. Die Südstadt ist in Urlaub gefahren, mit dem Auto. Plötzlich Parkplätze en masse. Diese Sorte nenne ich: Sommerloch. Fotos: Wilde/Hagemann B „Hoher Risikofaktor für die Mutter“: Kaiserschnittgeburt in einem Krankenhaus. niedergelassenen Frauenärzte einladen in der Hoffnung, dass diese ihre schwangeren Patientinnen während der Vorsorgeuntersuchungen stärker über die Risiken eines Kaiserschnitts aufklären. „Der Kaiserschnitt ist ein hoher Risikofaktor für die Mutter“, sagt der Chef der Frauenklinik der Diakonischen Dienste, Professor Ralf Schild. Denn jede Operation sei mit einem Risiko verbunden, berichtet er. Außerdem hat ein Kai- serschnitt auch Auswirkungen auf weitere Geburten: Durch eine Narbe an der Gebärmutter schwinden die Chancen auf eine vaginale Geburt. Auch Schild beobachtet, dass viele schwangere Frauen sich eine Geburt ausschließlich per Kaiserschnitt vorstellen. Zwar seien die meisten niedergelassenen Ärzte in dieser Beziehung sehr zurückhaltend, betont der Chefarzt. Dennoch bekämen die Schwangeren sowohl von Bekannten als auch von einigen Ärzten den Rat, einen Kaiserschnitt machen zu lassen. „Das beeinflusst die Frauen“, sagt er. Die Frauen hätten oft Angst vor möglichen Risiken einer vaginalen Geburt wie Beckenbodenschäden oder Inkontinenz, berichtet Schild. Aber auch die möglichen starken Schmerzen einer natürlichen Geburt spielten bei der Wahl des Kaiserschnitts eine wichtige Rolle, erläutert der Mediziner. Wenn sich die Schwangeren dann im Friederikenstift oder in der Henriettenstiftung vor dem Geburtstermin vorstellen, nutzen die Ärzte die Möglichkeit, mit ihnen zu reden. „Wir bieten auch ein Gespräch mit einer Hebamme an“, berichtet Schild. Die Schwangeren, die bei ihrer Auffassung blieben, bekämen auch einen Kaiserschnitt. Zwar präferierten die beiden Kliniken der Diakonischen Dienste die vaginale Geburt, betont der Mediziner, „aber wir machen das, was die Leute wollen“. Im Perinatalzentrum der Henriettenstiftung, wohin – wie auch in der MHH – zahlreiche Frauen mit Risikoschwangerschaften kommen, liegt die Rate der Kaiserschnitte bei 28 Prozent, im Friederikenstift nur bei 16 Prozent. Niedersachsenweit lag die Kaiserschnittrate bei 28,4 Prozent, sie ist in den vergangenen Jahren leicht angestiegen. Die von den Krankenkassen mit den Krankenhäusern verrechneten Kosten liegen nach Auskunft des Sprechers der AOK Niedersachsen, Oliver Giebel, für eine normale Geburt bei 2502 Euro, die Kosten für einen geplanten Kaiserschnitt 3405 Euro und für einen Notfall-Kaiserschnitt 3918 Euro. Tui macht Millionenschatz zu Geld Preussag-Münzen werden in London verkauft / Land will historische sammlung retten – kommt aber zu spät Von Simon Benne In ihnen spiegelt sich ein Stück niedersächsischer Geschichte: Rund 10 000 Stücke umfasst die Münzsammlung der Tui, die in ihrer Art weltweit einmalig ist. Jetzt jedoch dürfte die wertvolle Kollektion, die über Jahre in einem Tresor in der Karl-Wiechert-Allee schlummerte, für immer auseinandergerissen werden: Die Tui hat sie an die Osnabrücker Münzhandlung Künker verkauft – „für einen nennenswerten Millionenbetrag“, wie ein Insider sagt. Experten fürchten, dass sie nun zerschlagen wird, da sich für Einzelstücke höhere Summen erzielen lassen: „Das wäre ein unwiederbringlicher Verlust“, sagt Robert Lehmann, Präsident der Numismatischen Gesellschaft Hannover. Zusammengetragen wurde die Sammlung, die Münzen aus der Zeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert umfasst, seit 1950 von der Preussag. Diese sammelte vor allem Münzen mit Bezug zum Bergbau: Viele Stücke zeigen Szenen aus dem Leben der Bergleute oder erinnern an alte Gruben. Andere sind aus Silber hergestellt, das aus Bergwerken im Harz stammt: „Eine hochkarätige Sammlung“, sagt Simone Vogt, Münzexpertin am Museum August Kestner. „Sie dokumentiert ein Stück Industriegeschichte“, sagt auch Numismatiker Lehmann. Die Preussag-Münzen: Silbermedaillon aus Sachsen zu 8 Reichstalern von 1690 (li.) und ein Löser zu 10 Reichstalern von 1620 aus Goslar oder Zellerfeld. Sächsische Goldmedaille zu 25 Dukaten von 1719 aus der Regentschaft von August dem Starken (Vorder- und Rückseite) – Schätzwert knapp 22 000 Euro. Als Nachfolgerin des Stahl- und Bergbauunternehmens Preussag hat die Tui jedoch nur noch wenig mit Bergbau zu tun: „Wir sind ein reiner Touristikkonzern geworden – und wir müssen im Interesse der Firma handeln“, sagt TuiSprecher Kuzey Esener: „In den vergangenen Jahren gab es auch kaum öffentliches Interesse an der Samm- lung.“ Allerdings hatte die Tui ihrerseits auch keine Anstalten mehr gemacht, diese öffentlich zu präsentieren oder gar zu erweitern. Schon vor Jahren gab es Pläne, die Sammlung gemeinsam mit anderen großen Kollektionen im Landesmuseum oder im Museum August Kestner zu vereinen. Der Landtags-SPD schwebte 2010 vor, ein bundesweit bedeutendes „Geldmuseum“ in Hannover zu schaffen. Doch alle Pläne verliefen im Sande – bis die Tui die Sammlung jetzt versilberte. Das Land Niedersachsen hatte von den Verkaufsplänen offenbar im Vorfeld Wind bekommen: Im Juli stellte das Kulturministerium deshalb den Antrag, die Sammlung ins Verzeichnis national wertvollen Kulturguts einzutragen. Objekte, die auf dieser Liste stehen, dürfen nicht mehr ins Ausland verkauft werden. „Das gilt schon, sobald der Antrag gestellt ist“, sagt Ministeriumssprecher Jan Haude. Das Land kam allerdings zu spät: Die Münzhandlung Künker hat die frisch erworbene Sammlung nach eigenen Angaben bereits im April nach England verfrachtet. Dort sollen die ersten Teile nun bei einer Auktion der London Coin Galleries am 30. Oktober unter den Hammer kommen – aufgeteilt in 544 Einzellosnummern. „Das ist der Ausverkauf von Kulturgut – und das Land hat offenbar geschlafen“, moniert Numismatiker Lehmann. Hannoversche Museen könnten nun versuchen, wenigstens einige Münzen zu ersteigern, damit sie in der Stadt bleiben – doch die Häuser haben einen knappen Ankaufsetat. Und ob sich auf die Schnelle Geldgeber finden lassen, ist fraglich. Weitere Fotos vom Fackelschwimmen und Crazy Crossing im Dossier unter haz.li/maschseefest Besaß Bundespolizist Kinderpornos? Ermittler finden verdächtiges Material bei Torsten s. Von Jörn Kießler Die Staatsanwaltschaft Hannover hat die Ermittlungen gegen den Bundespolizisten Torsten S. ausgeweitet. Der 39-Jährige, der zwei Flüchtlinge in der Wache am Hauptbahnhof misshandelt haben soll, steht nun auch im Verdacht, Kinderpornografie zu besitzen. „Es gibt einen Anfangsverdacht, den wir überprüfen“, bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge gegenüber der HAZ entsprechende Informationen vom Wochenende. Bei der Durchsuchung des Hauses von S. im Landkreis Schaumburg im Mai stellten die Ermittler neben einer illegalen Waffe auch mehrere externe digitale Datenträger sicher. „Auf einem davon fanden die Fahnder Bilder, bei denen es sich möglicherweise um Kinderpornografie handelt“, sagt Klinge. Nun müsse geklärt werden, ob die Fotos tatsächlich gegen das Gesetz verstoßen und vor allem, ob die Datenträger eindeutig dem Polizeiobermeister zugeordnet werden können. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten die Wohnung von S. am 15. Mai durchsucht, nachdem zwei seiner Kollegen eine Woche zuvor Anzeige gegen den Beamten erstattet hatten. Seitdem wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und des illegalen Waffenbesitzes ermittelt. S. soll am 25. September vergangenen Jahres einen jungen Mann aus Marokko in einer Zelle der Bundespolizeiinspektion am Hauptbahnhof mit Handschellen gefesselt haben. Anschließend soll sich der Bundespolizist über den Kurznachrichtendienst Whatsapp bei Kollegen damit gebrüstet haben, dass er den 19-jährigen Moslem gezwungen hatte, verdorbenes Schweinemett zu essen. Die beiden Polizisten, die am 7. Mai gegen ihren Kollegen Anzeige erstatteten, lieferten den Ermittlern sogar ein Foto von der Tat, das S. selbst per Handy verschickt haben soll. Darauf ist offenbar der Marokkaner zu sehen, wie er gefesselt, mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden der Gewahrsamszelle liegt. Überdies suchen die Ermittler immer noch nach einem zweiten Flüchtling, der ebenfalls von Torsten S. misshandelt worden sein soll: Bereits im März 2014 soll der Bundespolizist den damals 19 Jahre alten Afghanen in der Wache geschlagen und an Fußfesseln durch die Zelle geschleift haben. Mehr zum Thema unter haz.li/bundespolizei
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