Ich laufe auch bei einer Männerzunft mit

«Ich laufe auch bei einer Männerzunft mit»
Am 4. Mai tritt Zürichs erste
Stadtpräsidentin Corine Mauch
ihr Amt an. Die SP-Politikerin
freut sich auf die Kulturpolitik
und hat keine Berührungsangst
vor dem Sechseläuten.
Mit Corine Mauch
sprach Daniel Suter
Sie sind mit einem grossen Stimmenvorsprung zur Stadtpräsidentin gewählt worden. Wie erklären Sie sich den Meinungsumschwung vom ersten zum zweiten Wahlgang, Frau Mauch?
Ich weiss nicht, ob es wirklich ein Meinungsumschwung war. Dieser würde ja
bei Leuten stattfinden, die im ersten Wahlgang anders gewählt hätten als im zweiten.
Es hat schon auch solche gegeben. Im Vergleich zu Kathrin Martelli hat man mich
im ersten Wahlgang schlicht noch nicht so
gut gekannt. Das war dann anderthalb Monate später anders. Zudem habe ich in der
zweiten Runde trotz einer tieferen Wahlbeteiligung mehr Stimmen erhalten. Das
lässt darauf schliessen, dass beim zweiten
Mal auch Leute zur Wahl gingen, die sich
am ersten Wahlgang nicht beteiligt hatten.
Am 4. Mai treten Sie Ihr Amt an. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Ich werde bestimmt viele Vorbereitungstermine haben. Aber ich habe auch
noch einen Job in Bern, an dem ich bis zu
den Ostern verpflichtet bin.
Können Sie uns ganz kurz diesen Job erklären?
Als Projektleiterin in der parlamentarischen Verwaltungskontrolle?
Ja, darunter kann sich niemand etwas vorstellen.
Im Moment mache ich dort statistische
Analysen für ein Evaluationsprojekt. Über
den Inhalt darf ich leider nichts sagen.
Hilft Ihnen bei den Vorbereitungen auf das
Stadtpräsidium eine persönliche Beraterin
oder ein Berater? Oder nehmen Sie einen
Kommunikationskurs?
Ich bin noch nicht im Amt – darum habe
ich leider auch noch keine persönliche Beraterinnen oder Berater. Im Stab des Stadtpräsidiums gibt es natürlich solche Personen, davon profitiere ich aber erst, wenn
ich das Amt angetreten habe.
Eine Kommunikationsberatung machte ich im Rahmen
des Wahlkampfs. Das war ein
Medientraining im Zusammenhang mit Fernsehauftritten.
Was war Ihre Haupterkenntnis aus diesem Training?
In diesem Wahlkampf liefen Praxis und Theorie parallel. Ich lernte durch die vielen Interviews die sehr engen
Verflechtungen der Politik
und der Medien kennen. Öffentliche Auftritte waren für
mich aber nichts Neues. Im
Rahmen meiner Arbeit hatte
ich schon diverse Vorlesungen und Vorträge an der Uni
und an öffentlichen Anlässen
gehalten.
Die Agenda der Stadtpräsidentin ist prallvoll. Welches
wird Ihr erster Termin sein?
Ich bin erst am Sonntag gewählt worden und hatte bisher noch gar keine Zeit, mit
der Assistentin des Stadtpräsidenten den Terminkalender durchzusehen.
Sie interessierten sich schon
immer für Kultur. Welchem
Anlass gilt künftig Ihre besondere Leidenschaft?
Ich fände es schwierig,
mich jetzt für einen Anlass zu
entscheiden. Als Stadtpräsidentin ist man in einer anderen Position. In den letzten
Jahren besuchte ich gerne die
Vergabe der städtischen Kulturbeiträge im Kaufleuten.
Das ist, finde ich, ein sehr
schöner Anlass. Er betrifft die
städtische Kulturförderung;
es ist eine breite Palette und
hat eine grosse Tradition. Ich
freue mich darauf, nun als
Stadtpräsidentin diese Förderbeiträge an Kulturschaffende überreichen zu dürfen.
Und was besuchen Sie als Kulturgeniesserin?
Musik hat mich bisher speziell interessiert. Ich freue
BILDER DOMINIQUE MEIENBERG
Corine Mauch kennt öffentliche Auftritte als Dozentin – und als Rock-Bassistin.
mich darauf, nun häufiger in den Jazzklub
Moods gehen zu können. Aber ich besuche
auch gerne ab und zu eine schöne Oper,
gehe ins Kunsthaus, und ich möchte auch
die Theaterbesuche wieder mehr intensivieren.
Das klingt nach vielen freien Abenden, die
eine Stadtpräsidentin doch gar nicht hat.
Nein, das gehört dann zu meinem Beruf
– das ist das Schöne daran!
Sie haben in der Frauenrockband Trugschluss Bass gespielt. Treten Sie als Stadtpräsidentin an Benefizkonzerten auf?
Vielleicht. Am Samstag spielten wir an
einer Geburtstagsfeier. Da sagten wir uns,
es wäre schon schön, wenn wir ab und zu
noch zusammen spielen könnten. Für
mich wäre das ein guter Ausgleich. Aber
im Moment kann ich nicht einschätzen, ob
das zeitlich möglich sein wird. Ich glaube
nicht, dass die Bevölkerung der Stadt Zürich erwartet, dass ihre Stadtpräsidentin Politik am
Bass macht.
Ich würde beides machen. Für dieses
Jahr bekam ich eine Einladung der Frauenzunft – und musste sie auf ein anderes Jahr
vertrösten, da ich an diesem Sechseläuten
schon seit langem einen Termin hatte, den
ich nicht verschieben kann. Aber ich
würde auch bei einer Männerzunft mitlaufen – und mit den Männern darüber reden,
warum sie noch immer keine Frauen aufnehmen.
Und nach drei Sechseläuten hätten Sie die
zweite Zürcher Zunftrevolution nach 1336
bewirkt?
(lacht) Das wäre doch ein super Leistungsausweis!
Und wie halten Sie es mit
dem Fussball? Elmar
Ledergerber hat sich stark
für das Hardturmstadion
eingesetzt.
Es ist sicher wichtig,
dass man für den Fussball eine Lösung findet. Das Stadion ist aber kein Projekt der
Stadt, sondern ein privates der Credit
Suisse. Ich persönlich habe dem Projekt
zugestimmt, wie meine Partei und wie die
Mehrheit der Zürcher Stimmbevölkerung.
Ihre Wahl wurde auch von der Schwulenund Lesbenbewegung als Sieg gefeiert. Was
können gleichgeschlechtliche Paare von einer Stadtpräsidentin Mauch erwarten?
Es ist ein grosser Zufall, dass die EuroPride ausgerechnet jetzt
in Zürich stattfindet und
ich dort als Stadtpräsidentin auftreten kann.
Das erhöht die Symbolkraft und gibt ein Signal
nach aussen, für Zürich
als offene und tolerante
Stadt. In meiner Politik
verstehe ich den Einsatz
für Schwule und Lesben
als einen Teil des Kampfes gegen jegliche Diskriminierung – sei es
wegen der Lebensform, der Religion, der
Herkunft oder wegen des sozialen Status.
Dadurch, dass ich mit einer Frau zusammenlebe, habe ich vielleicht eine erhöhte
Sensibilität für solche Fragen.
Zu Ihren Repräsentationspflichten gehört
auch das Sechseläuten. Werden Sie bei der
Frauenzunft mitlaufen – oder bei einer reinen Männerzunft?
Was die Wahl von Corine Mauch (SP) ins
Stadtpräsidium für die Stadtratswahlen
2010 bedeutet.
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«Ich hatte bisher
noch keine Zeit, den
Terminkalender
durchzusehen.»