Die LEGENDE lebt – Claude Cavagnolo, Chef-Designer L’Accordéon Haute Couture Text: Thilo Plaesser; Fotos: LÉgende Gute Nachrichten! Es gibt eine erfreuliche Nachricht in der Akkordeonwelt. Eine neue Akkordeonfirma ist entstanden. LÉGENDE ist ihr Name. Die Firmengründer Laurent Ropars und Pascal Lebourg sind gemeinsam mit Chef-Designer Claude Cavagnolo dieses Abenteuer eingegangen in einer Zeit, in der andere Akkordeonfabriken schließen. „L’Accordéon Haute Couture“ bedeutet, keine Kompromisse einzugehen. Verwendet werden nur erlesene Ma terialien. Höchste Qualität zeichnet dieses Instrument aus. Perfekte handwerkliche Kunst aus Frankreich. Es handelt sich um keine Massenproduktion und um den Qualitätsstandard zu gewährleisten, werden nur ca. 15 bis 20 Instrumente pro Jahr gebaut. ChefDesigner Claude Cavagnolo (geb. 1939) ist mittlerweile selbst eine Legende. Viele Errungenschaften im Akkordeonbau, die heute selbstver ständlich sind, gehen auf ihn zurück. Sein Vater und Onkel bauten schon im Jahre 1904 die ersten Instrumente, damals noch in Vercelli/Italien. Das Interview mit dem Chef-Designer der Firma LÉGENDE, Claude Cava gnolo, führte Thilo Plaesser. —— Was war Ihre Motivation, noch einmal mit dem Akkordeonbau zu starten? Ich hatte große gesundheitliche Probleme mit dem Herzen. Herz2 akkordeon magazin #47 krankheiten betreffen unsere ganze Familie. Sie sind alle recht früh gestorben. Mein Großvater starb mit 53 Jahren, mein Onkel mit 56 und mein Vater mit 58 Jahren. Da ich lange gesundheitlich eingeschränkt war, konnte ich mich nicht mehr um meine Firma kümmern. Das führte letztlich dazu, dass ich dieses traditionsreiche Unternehmen schließen und verkaufen musste. Als die Firma wieder zum Verkauf stand, wollte ich sie zurückerwerben. Leider hat das nicht funk tioniert, sodass ich nicht nur die Firma, sondern auch die Rechte an dem Firmennamen verlor. —— Wie kam es dann zu der neuen Firma? Ich habe zwei gute Freunde, Lau rent Ropars und Pascal Lebourg. Sie haben zu mir gesagt: „Claude, das kann nicht das Ende sein, wir drei machen etwas Neues!“ Die beiden gründeten eine neue Firma und machten mich zum Chef-Designer und Entwickler dieser Instrumente. Sie nannten die Firma LÉGENDE, denn Instrumente von Cavagnolo sind legendär. Die Idee war, ein Akkordeon zu bauen, das sich von dem anderer Hersteller unterscheidet. Es sollte etwas Besonderes werden, ein Luxusinstrument – ein französisches Luxusprodukt wie zum Beispiel Produkte der Firmen Vuitton oder Dior. In puncto Qualität gehen wir keine Kompro misse ein. Wir verwenden nur die erlesensten Materialien und verwenden natürlich A-mano-Stimmen. Diese werden, wie bei fast allen Instrumenten auf der Welt, in Italien hergestellt. Alles andere bauen wir in Frankreich selbst. Auch die typischen Mechaniken auf der Diskant- und Bassseite! Das Besondere der Bassmechanik ist, dass man sie nach dem Lösen von vier Schrauben einfach aus dem Gehäuse herausnehmen kann. Das ist sehr wartungsfreundlich. Das Gehäuse ist aus Vollholz. Auch auf der Rückseite, wo normalerweise eine Metallplatte eingesetzt ist, besteht das Gehäuse aus massivem Holz. —— Was ist der Unterschied zwischen ihren früheren Cavagnolo-Instrumenten und den Instrumenten heute? – lange Pause – lacht... Das ist eine gute Frage, um nicht zu sagen: Eine sehr gute, aber nicht leicht zu beantwortende Frage! Die früheren Cavagnolos hatten grundsätzlich keine A-mano-Stimmen. Es waren sehr gute Stimmen, aber keine A-mano-Stimmen. Natürlich konnte man diese auf Wunsch bekommen. Die LÉGENDE-Instru mente werden ausschließlich mit A-mano-Stimmen gebaut. Da gibt es keine andere Option. Ich arbeite ja seit über 50 Jahren an und mit diesen Instrumenten, daher wurde ein schon Porträt sehr gutes Instrument im Detail noch verbessert, zum Beispiel bei der Mechanik, die wir selbst konstruiert haben. Odyssée 4 Auch als Odyssée Kit erhältlich —— Sie bieten mit der Odyssée 4 auch ein digitales Instrument an. Was denken Sie im allgemeinen über digitale Instrumente? – wieder eine lange Pause. Das ist eine noch schwierigere Frage... (lacht) Das Akkordeon ist ja ein traditionelles Instrument. Die jungen Leute spielen lieber E-Gitarre oder Schlagzeug. Ich denke, dass es einen neuen Weg geben muss, jungen Menschen das Akkordeon näherzubringen. Ein großes Problem ist der Preis. Eine Gitarre kann man schon für unter 100 Euro bekommen. Ein vernünftiges Akkordeon hingegen kostet gleich mehrere tausend Euro. Ich war immerhin der erste auf der Welt, der ein digitales Akkordeon gebaut hat! Das war vor mehr als 30 Jahren. Dieses Instrument mit Namen Odyssée habe ich damals auf der Frankfurter Musikmesse vorgestellt. Es war eine Revolution. Die Firma Cavagnolo war in vielen Bereichen Vorreiter bei Ent- wicklungen im Akkordeonbau, die heute selbstverständlich sind. Ich bin nicht Nostradamus, deshalb kann ich nicht voraussagen, wie die Entwicklung der digitalen Instrumente weitergeht. Viele Musiker sind jedoch skeptisch, was die Zukunft des Akkordeons in der Musik betrifft. Es kann sein, dass man durch die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Instrumente Musiker erreicht, die sonst kein Interesse für das Akkordeon zeigen würden. Es mag auch sein, dass diese später dann auch den Weg zum akustischen Instrument finden. —— Haben Musiker den typischen Cavagnoloklang beeinflusst? Nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Jahren 1946/1947, haben mein Vater und mein Onkel ganz neue Instrument herausgebracht, so wie wir sie heute kennen. Es war eine neue Form, ein neues Design, aber in erster Linie ein vollkommen neuer Klang. Und dieser neue Klang (Musette, aber auch der weiche Cassottoklang) hat die Musiker zu ihrer Musik inspiriert. Es war also eigentlich andersherum. Der neue Klang inspirierte die Musiker. —— Es fing also alles schon mit Ihrem Vater an? Meine Familie hat damals ganz einfach begonnen. Die Instrumente wurden auf dem Küchentisch gebaut. Wenn es Zeit für das Abendessen war, wurde einfach die Tischplatte mit den Werkzeugen und Akkordeonteilen herausgezogen und eine neue für das Essen eingesetzt. Mein Onkel war mehr Handwerker und Techniker, mein Vater hatte die Gabe, die Instrumente zu verkaufen. Die Besonderheiten der LÉGENDE-Instrumente: Es handelt sich um Knopfinstrumente mit gestuftem Griffbrett auf der Diskant- und Bassseite. Alle Modelle haben vier Chöre, 66 Knöpfe auf fünf Reihen mit einem Tonumfang von Ré# – Mi. Die Instrumente verfügen außerdem über ein zweifaches Cas sotto und haben 96 Standardbässe. Die genaue Disposition und Stimmung (Musette, Américain, double basson en double boîte de résonance usw.) kann der Kunde bestimmen. Der Einheitspreis beträgt 13 900 Euro. Im Vergleich zu vielen anderen Instrumenten ist das meines Erachtens ein mehr als angemessenes Angebot. Man erhält dafür nicht nur ein seltenes und außergewöhnliches Instrument, sondern auch ein Akkordeon, das preislich höher angesetzte Instrumente qualitativ bei weitem übertrifft. Die Gehäuse bestehen aus Vollholz, auch auf der Rückseite, hinter der Klaviatur, wo sonst Metall oder Kunststoff verwendet wird. Die Hölzer werden einem mehrjährigen, natürlichen Trocknungsprozess unterzogen. Neben der edlen Optik bieten die Holzgehäuse eine enorme Stabilität und unterstützen die klanglichen Eigenschaften der Instrumente. Unter folgenden Holzarten können Sie wählen: Esche, Eiche, Eiche koloriert, Wenge, Walnuss, Kirsche. Die Stimmstöcke werden aus massivem Holz gefertigt und bieten dadurch eine ideale Grundlage für die Stimmplatten. Die Instrumente der Firma LÉGENDE. Das Ergebnis einer fruchtbaren Zusammenarbeit von drei akkordeonbegeisterten Freunden. akkordeon magazin #47 3 Heute – das LÉGENDE-TRIO Laurent Ropars Pascal Lebourg Claude Cavagnolo Gründer der Firma LÉGENDE. Er ist Marketing-Spezialist und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Durch seinen unermüdlichen Einsatz ist es dem talentierten Akkordeonisten zu verdanken, dass das Projekt LÉGENDE verwirklicht werden konnte. Akkordeonist, Pianist, Komponist, Arrangeur und Tontechniker. Er arbeitete unter anderem mit Jean-Michel Jarre und Mireille Mathieu. Zusammen mit s einem Freund Laurent Ropars ließ er die LÉGENDE Wirklichkeit werden. Chef-Designer der Firma LÉGENDE. Der legendäre Akkordeonbauer fand eine Synthese zwischen Tradition und Innovation, um die „Haute Couture“Kollektion zu entwerfen. Die Mechaniken sind überarbeitete, nochmals verbesserte Konstruktionen, wie man sie aus Cavagnolo-Instrumenten kennt. Sie zeichnen sich durch eine angenehme Spielweise, direkten Kontakt zum Ton und besondere Zuverlässigkeit bzw. Haltbarkeit aus. Außerdem sind sie sehr geräuscharm! Das Verdeck wurde von einem französischen Juwelier entworfen. Bei genauerem Hin sehen fällt auf, dass die geschwungenen Elemente die Namen der einzelnen Modelle ergeben: Vibration – Résonance – Premium Richard Galliano – Passion – French Touch. Und natürlich den Namen Légende. Die A-mano-Stimmplatten stammen als einzige Bauteile nicht aus Frankreich, sondern aus Italien. Sie garantieren bestmögliche Qualität. Ein edler Ton, eine e xzellente Ansprache sind gewährleistet. Typisch ist, dass die Stimmplatten nicht „gewachst“, sondern auf eine dünne Korkschicht „ genagelt“ werden. 4 akkordeon magazin #47 Der Klang ist nicht wirklich zu beschreiben. Er ist abhängig davon, welches Modell gewählt wird. Wer die früheren Cavagnolo-Instrumente kennt, weiß aber, was er zu erwarten hat. Aber mit diesen Instrumenten erhält man noch eine Steigerung... „Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile“ sagte schon der griechische Philosoph Aristoteles. Nicht die einzelnen Teile, sondern das Zusammenwirken aller Komponenten machen den Klang dieser Instrumente aus. Dazu gehört die gesamte Konstruktion und die idealen Maße. Deshalb gibt es die Instrumente auch „nur“ in einer Größe. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt. „Einfach ein paar Zentimeter größer“ bedeutet einen Eingriff in die gesamte Konstruk tion. Dies hätte zur Folge, dass sich der Klang negativ verändern würde. Musiker Zu den Musikern, die die neuen In strumente spielen bzw. die neue Marke unterstützen, gehören unter anderem: Richard Galliano, Marcel Azzola, Eric Bouvelle, Yvette Horner, Roland Romanelli und Alain Musichini. Akkordeon Musik Ritter Eng verbunden mit Claude Cavagnolo sind die „Ritters“. Franz Ritter und seine Frau Elisabeth Bettermann-Ritter Franz Ritter und seine Frau Elisabeth Bettermann-Ritter betreuen schon seit 1968 die deutschen Kunden. Sie sind auch die Ansprechpartner für Interessenten dieser Instrumente in Deutschland. Akkordeon Musik Ritter ist in Lindenberg/ Allgäu beheimatet. Weitere Auskünfte erteilen die Ritters gerne unter der Telefonnummer +49 (0) 8381 2350 oder per Mail unter: [email protected] Weitere Informationen zu den Instrumenten finden sie auf der LÉGENDEWebsite: www.accordeons-legende.fr CD-Empfehlung: L’Anthologie de l’Accordéon von Eric Bouwelle Auf sechs CDs stellt Eric Bouwelle die gesamte Bandbreite des französischen Akkordeons vor. Bekannte Stücke von Gus Viseur, Freddy Balta, Jean Corti, Richard Galliano und vielen anderen vermitteln nicht nur einen Eindruck über die typische französische Akkordeonmusik, sondern zeigen auch die Klangvielfalt der für die Aufnahme verwendeten Cavagnolo-Instrumente. Erhältlich bei: www.cdaccordeon.com akkordeon magazin #47 5
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