Emotion Emotion D N I L A HER . . . h c i m t b i Es schre Sie war das „Superweib“, die „Zauberfrau“ – und sie ist und bleibt: „Herzgesteuert“. Ein Gespräch mit Hera Lind, deren „Humor nicht tot zu kriegen ist“, wie sie sagt. Text Angelica Pral-Haidbauer Fotos Max Bosse W ir treffen die Autorin auf der Steinterrasse vor der prächtigen Kulisse der Salzburger Altstadt. Mit 13 Millionen verkauften Büchern, in 17 Sprachen übersetzt, hat sie sich längst in die Herzen ihrer LeserInnen geschrieben. Dabei liest sich ihr eigenes Leben wie ein Roman: Herlind Wartenberg, die Tochter eines Arztes und einer Musikpädagogin studierte Theologie und Germanistik, später Gesang, und feierte als Solistin international große Erfolge. Aus Langeweile in ihrer ersten Schwangerschaft schrieb sie „Ein Mann für jede Tonart“ – ein Bestseller. Es folgten eigene TV-Shows, große Erfolge - aber auch schmerzliche Tiefschläge. look: Lehren einem so viele Gaben Dankbarkeit? Hera Lind: Absolut, ich bin sehr, sehr dankbar. Die Krönung aller Gottesgeschenke ist aber, in Salzburg leben zu dürfen. AUF DER STEINTERRASSE. Gleich um die Ecke hat die BestsellerAutorin ihre Heimat gefunden. look! 88 „ICH FANGE MANCHMAL MIT EINEM GANZ ANDEREN VORSATZ AN, ALS WAS DANN HERAUS KOMMT. DIE PERSONEN ERZÄHLEN SICH MIR SELBST. AUCH DAFÜR BIN ICH DANKBAR.“ look: Wie seid Ihr überhaupt nach Salzburg gekommen? Hera Lind: In den 1980er Jahren habe ich regelmäßig die Meisterkurse am Mozarteum besucht und träumte davon, einmal im Festspielhaus singen zu dürfen. Viele Jahre später, als mein Leben sich komplett anders entwickelt hatte, lernte ich zwischen Dubai und Bombay einen Salzburger kennen – meinen jetzigen Mann – und bin durch ihn mitsamt Familie in Salzburg gelandet. look: Woher nimmst du die Ideen für deine Bücher? Hera Lind: Aus dem prallen, wahren, reichen Leben. look: ... und aus autobiografischen Erfahrungen? Hera Lind: Besonders meine ersten Romane waren sehr stark autobiografisch. Der „Mann für jede Tonart“ spielte im Musikerund Sänger-Milieu und tatsächlich musste ich mich damals in den 80ern zwischen zwei Männern entscheiden: Dur oder Moll (lacht). look: Der Kölner Arzt Ulrich Heidenreich war welche Tonart? Hera Lind: Der war Dur – und Vater meiner vier Kinder: Felix (27), ist ein erfolgreicher Golf-Manager; Florian (25) ist Arzt, Franzi (19) studiert Journalismus in Berlin, und Fritzi (17) maturiert gerade am Musischen Gymnasium Salzburg. look: Es sind bereits acht Tatsachenromane erschienen. In „Der Mann, der wirklich liebte“ will ein Ehemann das von den Ärzten verhängte Todesurteil über seine Frau nicht akzeptieren. Nun gibt es in der Literaturwissenschaft den Begriff des „healing act of writing“... Hera Lind: Der Protagonist hatte mir seine Geschichte selbst erzählt und ich regte an, er möge sie aufschreiben, damit ich einen 400 Seiten Tatsachenroman draus machen konnte. Alle meine Protagonisten sagen, dass das Niederschreiben ihrer Geschichte ein sehr heilsamer Prozess für sie war. Ich mache dann daraus mit Handwerk, Erfahrung und Professionalität einen lesenswerten Roman. look: Michael Röhrdanz’ Frau hat es dann nicht geschafft ... Hera Lind: Ja, sie ist letztlich verstorben. Aber durch dieses Buch, das ja ein Bestseller wurde, und im DianaVerlag erschienen, hat er eine Frau kennen gelernt, die zufällig Diana heißt. Er hat sie geheiratet und wurde wieder glücklich. Also das Leben selbst schrieb ein Happy End. look: Romane, wie z.B. „Wenn nur dein Lächeln bleibt“ berichten von schweren Schicksalsschlägen ... Hera Lind: Als ich diese Geschichte schrieb, war ich der betroffenen Mutter sehr nahe. Sie musste in der damaligen DDR alleine ein schwerstbehindertes Kind groß ziehen. In dieser Zeit habe ich meinen Blick gegenüber Müttern mit behinderten Kindern völlig geändert. Hatte ich früher aus Höflichkeit oder Unwissenheit weggeschaut, so spreche ich sie heute an, und es ergeben sich Gespräche, die auch mich bereichern. look: Autoren erzählen, dass sich im Laufe des Schreibens Personen verselbstständigen. Hältst du immer die Fäden der Handlungen in der Hand oder galoppieren dir Persönlichkeiten auch mal durch? Hera Lind: Das ist eine ganz berechtigte Frage, denn ich sage manchmal „es schreibt mich“. Ich fange mit einem ganz anderen Vorsatz an, als was dann heraus kommt. Die Personen erzählen sich mir selbst. Auch dafür bin ich dankbar. look: Seit nunmehr 23 Jahren werden deine Bücher mit sehr prominenter Besetzung verfilmt. Redest du bei den Drehbüchern mit? Hera Lind: Genau hier auf dieser Steinterrasse sind vor kurzem zwei Drehbücher mit zwei verschiedenen Autoren aus Berlin entstanden. Für meine Schulkinder koche ich täglich. Direkt nach meiner 12 km Hellbrunn-Jogging-Runde sitze ich ganz glücklich beim Flöckner am Residenzplatz bei Kaffee und Wasser. Danach geht’s zur Billa, von dort bringe ich ganz viel frische Salate nach Hause, denn die Kinder sind Vegetarier. Das Kochen von Knödel, Gulasch und Schweinsbraten überlasse ich meinen Mann, der das viel besser kann als ich. look! 89 Emotion Emotion EINE HANDVOLL HELDINNEN. “Und wieder einmal beweist sich, dass Frauenfreundschaften mehr wiegen als jeder Macho dieser Welt.” HERA LIND IM EXKLUSIV-TALK mit Chefredakteurin Angelica Pral-Haidbauer Ich bringe mich jetzt sehr ein, denn zwischendurch gab es Filme, die mir gar nicht gefallen haben, sogar mit Fremdschämen angeschaut habe. Jetzt setze ich mich sehr für meine ProtagonistInnen ein, denn ich erzähle ja ihr Leben und bin dabei sozusagen das Treuhandkonto für ihre Geschichte. Diese gilt es auch sorgsam und verantwortungsvoll zu verwalten. look: Im Grunde geht es um die Suche nach dem Glück ... Hera Lind: Einer meiner Lieblingsfilme ist „Das Streben nach Glück“ mit Will Smith. Ich glaube, dieser Film wurde deshalb zu einem Klassiker, weil jeder Mensch nach Glück strebt. Insofern strebe ich in meinem Privatleben wie auch in meinen Büchern nach Glück. Meinen LeserInnen möchte ich dabei eine große Portion davon mitgeben. look! 90 look: Du selbst hast Verlust erlebt, den falschen Menschen vertraut, dein gesamtes, selbst verdientes Vermögen in einem zweistelligen Millionenbetrag mit Investitionen in Ost-Immobilien verloren. Wie sehr schmerzt die Tatsache, wie sich damals die Medien auf die Geschichte gestürzt haben, heute noch? Hera Lind: Es hat mich sehr geschmerzt, denn ich musste damals aus der Bild-Zeitung erfahren, dass ich „pleite“ bin. Eines meiner Kinder hat auf einer Klassenfahrt am Zeitungskiosk dies auf dem Titelblatt gesehen, und mir angeboten, die Fahrt abzubrechen und mir dieses Geld zu spenden. Das waren sehr schmerzliche Momente, die man nicht erfinden kann. Andererseits bin ich mittlerweile Profi genug, dass ich weiß, dass jene marktschreierischen Medien dich zuerst im Aufzug ganz nach oben fahren, dich dann volle Wäsche nach unten krachen lassen, um ihre eigenen Blätter zu füllen. Wenn man sich das vergegenwärtigt, dann tut es nicht mehr weh – und an dem Rest kann man ja arbeiten. look: Dabei hilft dir sogar ein Engel? Hera Lind: (lacht) Ja, mein heiß geliebter Engelbert, mit dem ich seit 13 Jahren glücklich verheiratet bin. Als damals diese sogenannte Katastrophe über uns hereinbrach, hat er mich über Jahre hindurch getragen, mich nicht nur moralisch und auch physisch gestützt, sondern mich mit seinem Optimismus, seiner Tatkraft und seiner Fröhlichkeit über diese Krise hinweg gebracht – und die Kinder auch. Dafür lieben wir ihn immer. look: Wie schwer war es, sich danach ein neues Leben einzurichten? Hera Lind: Mein damaliges großes Haus mit Garten und Schwimmteich in Mondsee wurde vor acht Jahren von einem Bild-Zeitungs-Leser gekauft, der mir einfach nur helfen wollte. Bis heute ist er nicht eingezogen. Es gibt also Engel, die in solchen Momenten vom Himmel fallen. Ich bin mit den Kindern in eine Salzburger Mietwohnung mitten in die Stadt gezogen, und erst dachte ich, das würde für sie ein Kulturschock. Heute wissen wir, dass es besser für uns nicht hätte passieren können. Wir können alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad machen, unser Leben hat sich qualitativ verbessert, in dem sich auch unsere Ansprüche geändert hatten. look: Es scheint, dass die gelebten Werte und Begabungen deiner Familie in dir zusammenfließen. Dazu gehört auch dein Engagement als Botschafterin der José Carreras Leukämie-Stiftung und Schirmherrin der Neurodermitis-Kampagne ... Hera Lind: Unterm Strich ist es uns immer unwahrscheinlich gut gegangen, daher ist es selbstverständlich, mich für soziale Projekte zu engagieren. So bin ich auch im Lions Club Amadea Salzburg, meine Tochter Franzi war ein halbes Jahr in Tansania in einem Busch Kindergarten, und mein Sohn ist als junger Arzt gerade in Katmandu um zu helfen. Ich empfinde die Verantwortung, in meinem Fall als prominenter Mensch, sich für jene einzusetzen, denen es nicht so gut geht. look: Und du singst auch wieder... Hera Lind: Genau, seit acht Jahren im Salzburger Bach-Chor, ein wirklich ganz tolles Profi Ensemble, das bei den Festsielen auftritt sowie auf Tournee geht. Ich durfte hier also auch meine gesangliche Vergangenheit wieder finden. look: Welche Werte möchtest du deinen Kindern mitgeben? Hera Lind: Die Dankbarkeit zieht sich als roter Faden durch unser Leben. Daraus resultieren Freundlichkeit, Her- „ICH EMPFINDE DIE VERANTWORTUNG, IN MEINEM FALL ALS PROMINENTER MENSCH, SICH FÜR JENE EINZUSETZEN, DENEN ES NICHT SO GUT GEHT.“ look! 91 zenswärme, ein Blick für das Elend anderer Menschen, Großzügigkeit, Gastfreundschaft, die ich von meinem Mann gelernt habe, Fürsorge - und was bei mir nicht tot zu kriegen ist, der Humor! look: Wie geht es weiter? Hera Lind: Zwei Bücher im Jahr, immer ein spannender Tatsachenroman nach einer wahren Geschichte im Herbst und ein heiterer Herzensroman im Frühling –das ist beruflich der Plan, den auch mein Verlag vertraglich abgesichert hat. Privat wünsche ich allen meinen Kindern Flügel, ohne ihre Wurzeln zu verlieren. Und natürlich möchte ich, wenn alle aus dem Nest geflogen sind, wieder mehr Zeit mit meinem Mann verbringen. look: Dein neues Buch „Eine Handvoll Heldinnen“ erzählt von fünf Frauen zwischen 17 und 93 Jahren, deren Geschichten du ineinander verwoben hast. Was ist für dich eine Heldin? Hera Lind: Heldinnen sind wir ganz normalen Frauen, indem wir uns mit einer Situation schnell anfreunden, schon um unserer Kinder willen. Indem wir die Ärmel hochkrempeln und da anfangen, wo wir unsanft gelandet sind. Indem wir wie die Trümmerfrauen, unsere Mütter und Großmütter, anpacken, das Glas halb voll sehen, auch wenn es halb leer ist. Indem wir zusammen halten, ehrlich miteinander sind, uns miteinander freuen, aber auch Schmerzen teilen. Indem wir das Leben genießen, so wie es ist. look: Dein Ehemann Engelbert Lainer ist seit drei Jahren Hoteldirektor auf dem steirischen Schloss Pichlarn. Tut die räumliche Distanz eurer Ehe gut? Hera Lind: Diese räumliche Distanz halte ich für unsere sehr spannende, gefühlvolle Ehe, sogar förderlich, denn wir haben uns immer noch etwas zu sagen, wir freuen uns aufeinander, es kann sich kein Alltag einstellen, der einer Beziehung den Glanz nimmt. Und wir sind beide sehr selbstständig, haben unseren eigenen Freundeskreis und Berufe, keiner beschneidet den anderen. Wir sind beide sehr stolz aufeinander.
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