Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Düsseldorf, den 18.12.2015 Große Feuerwehrrechtsreform in NRW beschlossen Liebe Freundinnen und Freunde, über 81.000 Personen in den Freiwilligen Feuerwehren, 19.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der anerkannten Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz und rund 13.000 hauptamtliche Feuerwehrleute in Nordrhein-Westfalen sorgen für unsere Sicherheit. Sie leisten einen besonderen Dienst, der mit großen Herausforderungen und Gefahren verbunden ist. Ihnen gebührt für diese Arbeit unser Dank. Zugleich ist anzumerken, dass obgleich dieser elementaren Bedeutung des Feuerwehrwesens für unsere Sicherheit das Feuerwehrrecht seit knapp 20 Jahren nicht an die veränderten Einsatzbedingungen angepasst wurde. Der Reformstau war groß. Angesichts dessen hat die Landesregierung im März 2015 einen Gesetzentwurf zur Reform des Feuerwehrrechts in den Landtag eingebracht. Am Mittwoch, den 16. Dezember, hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) beschlossen. Vorausgegangen waren eine umfassende Verbändeanhörung durch das Innenministerium und eine parlamentarische Anhörung im Landtag. Sowohl die Reform des Feuerwehrrechts als auch das umfangreiche Beteiligungsverfahren im Vorfeld haben zu Recht viel Lob erfahren. Viele Anregungen aus den Verbänden konnten mit dem Reformvorhaben aufgegriffen werden und finden sich nun im BHKG wieder. Zu loben ist auch der fraktionsübergreifende Wille, gemeinsam mit der CDU zu einer Verbesserung des Gesetzvorhabens durch gemeinsame Änderungsanträge beizutragen sowie unsere Wertschätzung für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte zum Ausdruck zu bringen und den Katastrophenschutz kontinuierlich weiterzuentwickeln (Entschließungsantrag). I. Was wird mit dem BHKG anders? Das BHKG wird mit Inkrafttreten das bisher gültige Feuerwehrgesetz FSHG (Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung) ablösen. Das FSHG wurde seit dem Jahr 1998 nahezu nicht geändert. Deshalb entspricht das FSHG auch nicht mehr dem heutigen Entwicklungsstand des Brandund Katastrophenschutzes in Nordrhein-Westfalen. Aus diesem Grund war eine umfassende inhaltliche und strukturelle Reform des Feuerwehrrechts notwendig. Das BHKG wird im Wesentlichen Änderungen in folgenden Bereichen bringen: 1. Verbesserung und Aufwertung des Katastrophenschutzes Der Katastrophenschutz wird durch das Gesetz deutlich aufgewertet und neben dem Brandschutz und der Hilfeleistung als gleichrangiger Aufgabenbereich des Gesetzes verankert. Damit wird der gestiegenen Bedeutung des Katastrophenschutzes Rechnung getragen. Wir GRÜNE begrüßen diese Aufwertung, da wir davon ausgehen, dass beispielsweise die Gefahr von Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels steigt. Um den Katastrophenschutz fortlaufend an künftige Anforderungen anzupassen, haben wir die Landesregierung zudem in unserem Entschließungsantrag aufgefordert, einen entsprechenden Prozess mit den am Katastrophenschutz Beteiligten zu initiieren. Nachfolgende Punkte werden durch das Gesetz neu geregelt: a) Mitwirkung von Hilfsorganisationen Die Voraussetzungen zur Mitwirkung von Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz werden präzisiert. Ihre Eignung muss künftig durch das Land festgestellt werden, zudem muss ein tatsächlicher Bedarf für ihre Mitwirkung bestehen. b) Krisenmanagement bei Katastrophen Das bislang im Erlasswege geregelte Krisenmanagement wird gesetzlich verankert. Es müssen Krisenstäbe auf allen Verwaltungsebenen eingerichtet werden. Zusätzlich müssen auf Kreisebene und Ebene der kreisfreien Städte Einsatzleitungen im Katastrophenfall aktiviert werden. c) Überörtliche Hilfe Das BHKG regelt auch die sogenannte überörtliche Hilfe neu: Danach muss die Hilfeleistungen unmittelbar benachbarter Gemeinden und Kreise über die jeweiligen Leitstellen direkt angefordert werden. Wohingegen die landesweit koordinierte Hilfe über die obere Aufsichtsbehörde (Bezirksregierung) anzufordern ist. Gänzlich neu geregelt wird auch die sogenannte auswärtige Hilfe. Einsätze außerhalb des Landes bedürfen der unverzüglichen Anzeige. Einsätze im Ausland bedürfen der vorherigen Zustimmung der obersten Aufsichtsbehörde (Bezirksregierung). Soweit das Land die zentrale Koordinierung von Einsätzen außerhalb des Landes übernommen hat, dürfen Hilfeleistungen nur noch nach Anordnung oder Zustimmung durch das Land erfolgen. In diesem Fall wird eine Kostenerstattung durch das Land gemäß den Grundsätzen der Amtshilfe erfolgen. Ausgenommen von der Zustimmungspflicht des Landes für Einsätze im Ausland sind Hilfeleistungen aufgrund des „Anholter Abkommens“ (Niederlande) oder des „Mainzer Abkommens“ (Belgien). d) Zusätzliche Personenauskunftsstelle des Landes (PASS NRW) In der Vergangenheit hat sich bei Schadensereignissen wiederholt ein Bedarf für eine zusätzliche Personenauskunftsstelle des Landes für die Unterstützung der kommunalen Aufgabenträger gezeigt. Aufgabe der PASS ist es, die Auskunftsstellen der Kreise und kreisfreien Städte im Bedarfsfall zu unterstützen. Die Pflicht des Landes, diese Auskunftsstelle vorzuhalten, wird nunmehr gesetzlich festgeschrieben. e) Zusammenarbeit im Gesundheitswesen Bei einer Vielzahl von Einsätzen des Katastrophenschutzes spielt die medizinische Versorgung der Bevölkerung eine ganz wesentliche Rolle. Um in diesen Fällen eine effektive Gefahrenabwehr gewährleisten zu können, ist es erforderlich, dass sich die verschiedenen Aufgabenträger aus den Bereichen des Katastrophenschutzes und des Gesundheitswesens frühzeitig eng miteinander abstimmen. Dies geschah bisher vornehmlich auf freiwilliger Basis. Dies reicht zur Sicherstellung einer flächendeckenden funktionierenden Zusammenarbeit nicht aus. Daher wird eine neue gesetzliche Regelung der Zusammenarbeit des Katastrophenschutzes mit dem Gesundheitswesen geschaffen. f) Schutz Kritischer Infrastrukturen Im BHKG wird verankert, dass Unternehmen, die die örtliche Energie- und Wasserversorgung sicherstellen, gegenüber den Gemeinden und Kreisen verpflichtet sind, sowohl über Ort und Lage der Kritischen Infrastrukturen als auch zeitnah über die räumliche Ausdehnung von Versorgungsausfällen und deren voraussichtliche Dauer Auskunft zu geben haben. So soll sichergestellt werden, dass Feuerwehren und Katastrophenschutzbehörde Kenntnis über Kritische Infrastrukturen und Kenntnis über Versorgungsausfälle erlangen, um gegebenenfalls eigene Maßnahmen ergreifen zu können. 2. Verbesserung des Brandschutzes Im Bereich des Brandschutzes werden einige Regelungen angepasst und ergänzt. Bereits vor der Einbringung des Gesetzentwurfes in den Landtag konnten durch den breiten Beteiligungsprozess wichtige Kompromisse zwischen den Interessen von haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleuten geschaffen werden. Daraus ergeben sich zahlreiche Verbesserungen: a) Einrichtung von Berufsfeuerwehren in großen kreisangehörigen Gemeinden In der Vergangenheit haben lediglich große kreisangehörige Gemeinden von der Möglichkeit zur Einrichtung einer Berufsfeuerwehr tatsächlich Gebrauch gemacht. Daher soll die Option zur Einrichtung einer Berufsfeuerwehr auf diese beschränkt werden. Kreisangehörige und mittlere kreisangehörige Gemeinden haben auch weiterhin die Möglichkeit, in ihrer Freiwilligen Feuerwehr hauptamtliche Kräfte in einer ständig besetzten Feuerwache zu beschäftigen. Mittlere kreisangehörige Gemeinden sind hierzu sogar grundsätzlich verpflichtet. b) Einfluss der Kommunen bei der Bestellung der Leiter*innen der Freiwilligen Feuerwehr Vor der Bestellung der Leitung der Freiwilligen Feuerwehr durch den Rat führt künftig die Gemeinde die Anhörung der Feuerwehr durch. Mit der Leitung der Freiwilligen Feuerwehr nehmen die Wehrführerin oder der Wehrführer eine kommunale Aufgabe wahr. Es obliegt daher der Gemeinde, nicht nur die Entscheidung zu treffen, sondern auch das Verfahren zur Besetzung der Funktionen durchzuführen. Die Übertragung der bisherigen Zuständigkeit für diese Aufgabe weg von den Kreisbrandmeister*innen hin zur Gemeinde, stellt für die Kreisbrandmeister*innen eine Entlastung dar. c) Aufwandsentschädigung für hauptamtliche Kräfte Wird die Funktion der Leitung der Feuerwehr hauptamtlich wahrgenommen, können die kommunalen Aufgabenträger auch in diesem Fall künftig eine Aufwandsentschädigung gewähren. d) Einbindung der Leitung der hauptamtlichen Kräfte in die Wehrleitung Die Leiterin oder der Leiter einer ständig mit mindestens sechs hauptamtlichen Funktionen besetzten Feuerwehrwache einer Freiwilligen Feuerwehr wird in die Wehrleitung eingebunden. In Gemeinden, die über eine ständig besetzte Feuerwache dieser Größenordnung verfügen, kommt deren Leiterin bzw. deren Leiter eine wesentliche Position, Funktion und Verantwortung in der alltäglichen Aufgabenwahrnehmung der gesamten Freiwilligen Feuerwehr zu. Um eine einheitliche Führung der Freiwilligen Feuerwehr zu gewährleisten, soll diese Person daher pflichtig in die Wehrleitung eingebunden sein. Welche Funktion sie in der Wehrleitung wahrnimmt, bleibt der Entscheidung in der Freiwilligen Feuerwehr überlassen. e) Einbindung der Sprecher*innen der Freiwilligen Feuerwehr in die Führungsorganisation Besteht neben der Freiwilligen Feuerwehr eine Berufsfeuerwehr, muss sichergestellt werden, dass die Sprecher*innen der Freiwilligen Feuerwehr die Belange der Freiwilligen Feuerwehr umfassend sachgerecht wahrnehmen können. Die/der Sprecher*in der Freiwilligen Feuerwehr, die neben einer Berufsfeuerwehr besteht, wird daher verpflichtend Mitglied der Führungsorganisation der Feuerwehr und muss in alle wesentlichen Entscheidungen einbezogen werden. f) Einführung der Option zur Benennung von Kreisbrandmeister*innen in hauptamtlicher Funktion Neben der fortbestehenden Möglichkeit zur Benennung einer ehrenamtlichen Kreisbrandmeisterin bzw. eines ehrenamtlichen Kreisbrandmeisters wird zusätzlich die Option einer hauptamtlichen Kreisbrandmeisterin bzw. eines hauptamtlichen Kreisbrandmeisters geschaffen. Den Kreisen wird so ermöglicht, eine an ihre örtlichen Bedingungen angepasste Entscheidung über die haupt- oder die ehrenamtliche Wahrnehmung des Amtes treffen zu können. Die Aufgaben der Kreisbrandmeister*innen als Fachberater*innen für die Kreisverwaltung bei der Aufsicht über die Freiwilligen Feuerwehren sind substantiell und vor allem vom Zeitaufwand her stark gestiegen. Bereits heute ist die überwiegende Zahl der Kreisbrandmeister*innen bei öffentlichen Arbeitgeber*innen beschäftigt, welche diese dann für ihre ehrenamtliche Tätigkeit freistellen. Wird die Funktion der Kreisbrandmeisterin bzw. des Kreisbrandmeisters hauptamtlich wahrgenommen, können die kommunalen Aufgabenträger auch in diesem Fall künftig eine Aufwandsentschädigung gewähren. Voraussetzungen für die hauptamtliche Kreisbrandmeisterin bzw. den hauptamtlichen Kreisbrandmeister sind eine der Befähigung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst vergleichbare feuerwehrtechnische Qualifikation sowie die Qualifikation zur Wehrführerin bzw. zum Wehrführer. Ausnahmsweise soll es für die Bestellung genügen, wenn den Umständen nach anzunehmen ist, dass die betreffende Person die Qualifikation in angemessener Frist erwerben wird. Durch die Forderung nach einer der Befähigung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst vergleichbaren Qualifikation soll die Wahrnehmung des Amtes auch Personen ermöglicht werden, die ihre Qualifikation im Rahmen einer im Ehrenamt durchgeführten Ausbildung erworben haben („F-Ausbildung“). Die Möglichkeit zur Nachholung der Qualifikation richtet sich insbesondere an Personen, welche nicht über die eigentlich für die Wahrnehmung der Aufgabe erforderliche Stufe der Ausbildung verfügen. Die Bestellung der Kreisbrandmeisterin oder des Kreisbrandmeisters erfolgt unabhängig von der Form des Beschäftigungsverhältnisses durch den Rat. Die Ernennung durch die Landrätin oder den Landrat. g) Übertragung des Vorschlagsrecht auf Landrät*innen zur Ernennung der Kreisbrandmeisterin bzw. des Kreisbrandmeisters Das Vorschlagsrecht zur Ernennung der Kreisbrandmeisterin bzw. des Kreisbrandmeisters wird von der Bezirksbrandmeisterin bzw. dem Bezirksbandmeister auf die Landrätin bzw. den Landrat übertragen. Dies ist erforderlich, da sich das Vorschlagsrecht durch die Einführung der Option nicht allein auf die Person der künftigen Amtsinhaberin bzw. des künftigen Amtsinhabers bezieht, sondern auch auf die Frage der haupt- oder ehrenamtlichen Beschäftigung. Das Vorschlagsrecht der Bezirksbrandmeisterin bzw. des Bezirksbrandmeisters wird in eine Anhörung durch die Landrätin bzw. den Landrat umgewandelt. h) Begrenzung der Amtszeit bei ehrenamtlichen Kreisbrandmeister*innen Die Amtszeit der ehrenamtlichen Kreisbrandmeister*innen und ihrer Stellvertreter*innen wird auf die Zeit bis zum Erreichen der Höchstaltersgrenze für die Mitwirkung im aktiven Feuerwehrdienst ausgedehnt. Durch die Angleichung der Amtszeiten an jene der hauptamtlichen Kreisbrandmeister*innen sollen vergleichbare Rahmenbedingungen geschaffen und insbesondere eine Schlechterstellung der ehrenamtlichen Kreisbrandmeister*innen vermieden werden. Zugleich wird die Möglichkeit des vorzeitigen Rücktritts aus persönlichen oder aus wichtigem Grund eröffnet. i) Wiedereinführung der Betriebsfeuerwehren Mit dem BHKG erfolgt auch die Wiederaufnahme der Betriebsfeuerwehr in das Gesetz, um den von ihnen geleisteten positiven Beitrag für den Brandschutz und die Hilfeleistung in Betrieben zu fördern und das mit den Betriebsfeuerwehren verbundene Leistungspotential einzubinden. Die Einrichtung einer Betriebsfeuerwehr bleibt gleichwohl eine freiwillige Entscheidung des jeweiligen Betriebes oder der jeweiligen Einrichtung. Allerdings muss die Betriebsfeuerwehr geeignet sein, die vom Betrieb oder der Einrichtung ausgehenden Gefahren eines Brandes, einer Explosion oder eines Schadensereignisses, das eine große Anzahl von Personen gefährdet, wirksam zu bekämpfen. Die Gemeinde kann die Leistungsfähigkeit der Betriebsfeuerwehr überprüfen. Zudem untersteht die Betriebsfeuerwehr im Ereignisfall der gemeindlichen Einsatzleitung. j) Qualifikationsvoraussetzungen bei Tätigkeit in der Brandschutzdienststelle Für die Wahrnehmung der Aufgaben der Brandschutzdienststelle wird neben der feuerwehrtechnischen Ausbildung neu eine für die Wahrnehmung der Aufgabe ausreichende Qualifikation gefordert, da die erforderlichen Fachkenntnisse nicht im erforderlichen Umfang im Rahmen der feuerwehrtechnischen Ausbildung vermittelt werden. Welche Qualifikationen als ausreichend anzusehen sind, wird durch eine Ausbildungsvorschrift festgelegt. i) Keine Brandverhütungsschau durch hauptamtliche Kräfte Die Befugnis zur Durchführung einer Brandverhütungsschau durch hauptamtliche Kräfte der Feuerwehr als Alternative zur Aufgabenwahrnehmung durch eine Brandschutztechnikerin oder einen Brandschutztechniker wird gestrichen, da aus fachlichen Gründen auf die entsprechende Qualifikation nicht verzichtet werden. j) Einführung einer Überarbeitungspflicht für Brandschutz- und Gefahrenabwehrpläne (neu: Katastrophenschutzplan) Für die sich bereits aus dem bestehenden Gesetz ergebende Pflicht der Gemeinden Brandschutzbedarfspläne sowie der Kreise und kreisfreien Städte Gefahrenabwehrpläne zu erstellen, wird eine Überarbeitungspflicht von maximal fünf Jahren eingeführt. Durch die Fortschreibungspflicht soll sichergestellt werden, dass sich der Aufgabenträger mindestens einmal in einer Wahlperiode des Rates oder des Kreistages mit dem Brandschutzbedarfs- bzw. Gefahrenabwehrplan auseinandersetzt. Bei Kreisen sind die kreisangehörigen Gemeinden zu beteiligen. Davon unabhängig bleibt der Anpassungsbedarf aufgrund wesentlicher Veränderungen des Gefahrenpotenzials in der Kommune bzw. dem Kreis oder der kreisfreien Stadt. Die Kenntnis der im Verantwortungsbereich bestehenden Gefahrenquellen und die daraus resultierende planerische Vorbereitung auf die Bewältigung von Schadensereignissen ist wesentliche Voraussetzung für eine schnelle und sachgerechte Gefahrenabwehr. Diese ist nur dann gewährleistet, wenn die zugrundeliegenden Planungen dem aktuellen Stand entsprechen. Daher müssen die dem Plan zugrundeliegenden Daten und daraus resultierenden Planungen in regelmäßigem Abstand überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. k) Einsatz von Löschbooten in kommunaler Trägerschaft auf dem Rhein Neu im Gesetz ist die Vorschrift über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz auf dem Rhein. Zur Sicherstellung des Brandschutzes, der Hilfeleistung und des Katastrophenschutzes auf dem Rhein ist der Einsatz von mehreren Feuerlöschbooten erforderlich. Die dafür vorgehaltenen Boote wurden in der Vergangenheit von einzelnen kommunalen Aufgabenträgern unterhalten. Im Zuge der anstehenden Neubeschaffung durch das Land wird eine Einbindung sämtlicher kommunaler Aufgabenträger angestrebt. Für die da zu erforderliche Organisation bedarf es einer gesetzlichen Regelung als Rechtsgrundlage. Die Organisation der Aufgabenwahrnehmung und insbesondere die Festlegung der regionalen Einsatzbereiche der Löschboote werden durch das zuständige Ministerium mittels Rechtsverordnung erfolgen. Anzahl und Größe der Einsatzbereiche bestimmen sich nach der Leistungsfähigkeit der Löschboote. Vor der Festlegung der Einsatzbereiche sind die kommunalen Spitzenverbände zu hören. Der Einsatzbereich eines Löschbootes umfasst in der Regel die Zuständigkeitsbereiche mehrerer Aufgabenträger. Für Einsatz, Betrieb und Unterhalt eines Löschbootes ist daher im Regelfall eine interkommunale Zusammenarbeit gemäß §§ 23 ff. des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG) erforderlich. Entsprechend der Notwendigkeit zur Zusammenarbeit soll diese in Anlehnung an §§ 23, 26 GKG als Pflichtregelung ausgestaltet werden. Die Zusammenarbeit in einer Trägergemeinschaft ist als Grundform vorgesehen. Dabei erfolgt die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung für alle Mitglieder der Trägergemeinschaft durch ein Mitglied der Trägergemeinschaft, den sogenannten Kernträger. Die zum Betrieb des Bootes zwischen den Mitgliedern der Trägergemeinschaft erforderlichen Absprachen und Vereinbarungen werden in der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung getroffen. Um den kommunalen Aufgabenträgern einen Handlungsspielraum für andere Formen der Zusammenarbeit zu eröffnen, ist daneben auch jede andere Form der Zusammenarbeit möglich, die den Vorgaben des GKG an eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung entspricht. Unabhängig von der gewählten Form muss bei Indienststellung des Löschboots durch das Land eine Vereinbarung getroffen worden sein. Soweit von den Aufgabenträgern keine Vereinbarung getroffen wurde, wird die Trägergemeinschaft als Grundform der Zusammenarbeit verpflichtend. 3. Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in den Freiwilligen Feuerwehren Der Brand- und Katastrophenschutz wird in Nordrhein-Westfalen überwiegend von Ehrenamtlichen geleistet. In 288 der insgesamt 396 Kommunen sind die Feuerwehren ausschließlich ehrenamtlich aufgestellt und auch die Kommunen mit Berufsfeuerwehr oder hauptamtlichen Feuerwehrangehörigen in der Freiwilligen Feuerwehr sind auf die ehrenamtlichen Feuerwehrleute angewiesen. Deshalb spielt die Stärkung des Ehrenamtes eine wesentliche Rolle in der Gesetzesnovelle. Unter anderem folgenden Punkte wurden beschlossen: a) Gesetzliche Verankerung der Kinderfeuerwehr und Änderungen bei der Jugendfeuerwehr Die Möglichkeit zur Einrichtung einer Kinderfeuerwehr (6. - 12. Lebensjahr) wurde gesetzlich verankert. Einige Feuerwehren in NRW haben bereits solche Kinderfeuerwehren eingeführt, um Kinder in einem Alter abzuholen, in dem sie sich für die Feuerwehr begeistern und noch nicht in Sportvereinen oder in der Musikschule gebunden sind. Zudem können über die Kinderfeuerwehren auch Angehörige der Kinder als neue Zielgruppen für die Freiwillige Feuerwehr angesprochen werden. Die Leitung von Jugend- und Kinderfeuerwehr wird unter die Voraussetzung einer entsprechenden Eignung und Befähigung zur Leitung von Jugendgruppen gestellt. Schließlich wird bei Jugendfeuerwehren ein Mindestalter für den Einsatz außerhalb des Gefahrenbereichs eingefügt (ab dem 16. Lebensjahr mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten). b) Vertrauensperson in der Freiwilligen Feuerwehr Neu eingeführt wird die Funktion der Vertrauensperson in Gruppen und Zügen. Diese sollen die Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr in der Wahrnehmung ihrer Führungsaufgaben unterstützen, die Integration des Einzelnen in die Feuerwehr fördern, Konflikten vorbeugen und soweit erforderlich, an ihrer Auflösung mitwirken und das soziale Miteinander fördern. Darüber hinaus können sie als Ansprechpartner*innen für neue Feuerwehrangehörige dienen. Eine besondere Ausbildung ist nicht erforderlich c) Erweiterung der berücksichtigungsfähigen Ruhezeiten Bisher war der Anspruch auf Freistellung und Entgelt auf die eigentliche Einsatzzeit begrenzt. Diese Zeit reichte aber nicht in jedem Fall aus, damit sich die Einsatzkräfte von den psychischen und physischen Belastungen des Einsatzes erholen konnten. Durch die Neuregelung wird die Möglichkeit eröffnet, den Erholungszeitraum über die Dauer des Einsatzes hinaus zu erstrecken. Da das Erfordernis einer solchen längeren Erholung allein anhand der konkreten ta tsächlichen Umstände des jeweiligen Einsatzes beurteilt werden kann, wird die Entscheidung hierüber der Einsatzleitung übertragen. d) Möglichkeit zur Kostenerstattung über den eigentlichen Verdienstausfall hinaus Den Gemeinden wird die Möglichkeit eröffnet, auf die Erstattung des Verdienstausfalls gegenüber privaten Arbeitgeber*innen eine ergänzende Zulage zu gewähren. Denn mit der Freistellung von ehrenamtlichen Hilfskräften entstehen häufig zusätzliche Organisationskosten, etwa zur Sicherstellung einer Vertretung. Zudem können zusätzliche Kosten für eine Ersatzkraft durch Überstundenzuschläge o.ä. anfallen. Auch weil diese Kosten nach der bisherigen gesetzlichen Regelung nicht voll ausgeglichen werden können, sinkt die Bereitschaft privater Arbeitgeber*innen, Arbeitskräfte für die Tätigkeit in der Freiwilligen Feuerwehr freizustellen. Es obliegt der Entscheidung des jeweiligen Aufgabenträgers, ob und in welcher Form er einen Zuschlag zum Verdienstausfall gewährt. e) Freiwillige Unterstützungsleistung durch Unfallkasse Durch eine Satzungsermächtigung im BHKG zugunsten der Unfallkasse, können diese Feuerwehrangehörigen auch bei sogenannten Vorschäden finanzielle Unterstützungsleistungen gewähren. Dadurch wird der Versicherungsschutz erweitert, da bislang bei Vorschäden kein Versicherungsschutz bestand. 4. Anpassung der Kostenregelungen Im Bereich der Kostenregelungen hat es ebenfalls einige Anpassungen gegeben: a) Kostenerstattung auch bei grober Fahrlässigkeit Die bestehende Kostenerstattungspflicht für das vorsätzliche Herbeiführen einer Gefahr oder eines Schadens (§ 41 Absatz 2 Nummer 1 FSHG) wird ebenso wie die vorsätzliche grundlose Alarmierung der Feuerwehr (§ 41 Absatz 2 Nummer 8 FSHG) um die Kostenpflicht für die grob fahrlässige Begehungsform erweitert. b) Ersatz der Kosten für Sonderlösch- und Einsatzmittel Es wird ein neuer Tatbestand für den Ersatz der Kosten für im Rahmen der Brandbekämpfung aufgewandte Sonderlösch- und Sondereinsatzmittel eingeführt. Entsprechende Mittel waren wiederholt zur Bekämpfung von Industriebränden erforderlich. Die Übertragung der Kosten auf die Eigentümerin oder den Eigentümer des Betriebes oder der Einrichtung entspricht dem Verursacherprinzip. c) Kostenersatz bei Hinzuziehung Dritter zur Ölspurbeseitigung Für viele Gemeinden ist die Anschaffung einer speziellen Maschine zur Beseitigung von Ölspuren wirtschaftlich nicht darstellbar, so dass sie alternativ auf die Hinzuziehung eines Dritten im Einzelfall angewiesen sind, welcher Gerätschaften zur maschinellen Nassreinigung als Reinigungsmittel vorhält. In der Vergangenheit wurde von Gerichten die Meinung vertreten, dass Kosten der Hinzuziehung Dritter aufgrund mangelnder gesetzlicher Regelung nicht abrechnungsfähig seien. Daher wird ein neuer Tatbestand für den Kostenersatzes bei Hinzuziehung Dritter in der Aufgabenerledigung eingeführt. Damit wird die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen übernommen (Oberverwaltungsgericht NordrheinWestfalen, Beschluss vom 16.05.2013, Az.: 9 A 198/11). II. Was ändert sich vor Ort? Das BHKG hat Auswirkungen auf die kommunale Aufgabenwahrnehmung. Es ergeben sich insbesondere folgende Änderungen für die Kommunen: Die Kommunen gewinnen an Einfluss bei der Bestellung und Ernennung der Leiter*innen der Freiwilligen Feuerwehren. Zudem können die Kommunen darüber entscheiden, ob diese im Falle einer hauptamtlichen Funktionswahrnehmung eine Aufwandsentschädigung bekommen sollen oder nicht. Künftig können die Kommunen ihre Kreisbrandmeister*innen auch hauptamtlich einstellen und erhalten auch hier mehr Einfluss im Einstellungsverfahren. Kommunen müssen künftig ihre Brandschutzbedarfspläne und Gefahrenabwehrpläne spätestens alle fünf Jahre überarbeiten. So wird sichergestellt, dass mindestens einmal in einer Wahlperiode eine Befassung stattfindet. Für die Kommunen von finanzieller Bedeutung ist die Erweiterung der Möglichkeiten für eine Kostenerstattung. So können die Kommunen die Kosten für eine Ölspurbeseitigung bei Beauftragung eines Dritten ersetzt bekommen. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten für den Einsatz von Löschmitteln bei Industriebränden. Hier können die Kosten von der Eigentümerin bzw. dem Eigentümer des Betriebs eingetrieben werden. Wer eine Gefahr oder einen Schaden grob fahrlässig verursacht, ist ebenfalls kostenerstattungspflichtig. Im Katastrophenschutz erfahren die Kommunen über die Einrichtung der neuen Personenauskunftstelle (PASS NRW) Unterstützung durch das Land. Liegt ein Fall der sogenannten landesweit koordinierten Hilfe vor, müssen Hilfeleistungen der Kommunen über die Bezirksregierung angefordert werden. Einsätze außerhalb des Landes (sogenannte auswärtige Hilfe) müssen unverzüglich der Bezirksregierung angezeigt werden. Einsätze im Ausland bedürfen der Zustimmung der Bezirksregierung. Übernimmt das Land die zentrale Koordinierung der Einsätze außerhalb des Landes, dürfen Hilfeleistungen nur noch nach Anordnung oder mit Zustimmung des Landes erfolgen. In diesem Fall werden die Kosten durch das Land erstattet. III. Welche offene Baustelle gibt es noch? Die Beseitigung von Ölspuren ist über Jahrzehnte eine Frage, die die Feuerwehren in NRW umtreibt und die bisher nicht zur Zufriedenheit der Feuerwehren gelöst werden konnte. Nach bislang gültiger Rechtslage im FSHG sind die Feuerwehren für die Beseitigung von Ölspuren zuständig. Damit einher ging eine starke Belastung der ehrenamtlichen Einsatzkräfte, die sowohl tagsüber als auch nachts technische Hilfeleistung bei der Beseitigung der Ölspuren erbringen mussten. Dieses wiederum konterkariert die Akzeptanz und Toleranz der Familien und die Bereitschaft der Arbeitgeber*innen zur Freistellung, um „die Straße zu fegen oder zu sichern“. Die Landesregierung hat die Frage der Zuständigkeit bei der Ölspurbeseitigung aufgegriffen und dahingehend gelöst, dass nunmehr vorrangig der in erster Linie zuständige Straßenbaulastträger Maßnahmen zur Ölspurbeseitigung vornehmen muss. Kann der Straßenbaulastträger jedoch nicht rechtzeitig vor Ort sein, um die Gefahr, die durch die Ölspur ausgeht, abzuwehren, bleibt es bei der Einsatzpflicht der Feuerwehr. Diese Rechtsänderung ist ein Schritt in die richtige Richtung zur Entlastung der Feuerwehren. Dieser Regelungsvorschlag der Landesregierung wurde auch im Rahmen der gesetzgeberischen Beratungen im Landtag unverändert beibehalten. Dem Wunsch der Verbände, die Ölspur vollständig aus den Anwendungsbereich des BHKG herauszunehmen wurde nicht entsprochen, da es sich bei der Ölspur faktisch um eine Gefahrenquelle handelt und diese aus diesem Grund nicht qua Gesetz künstlich verneint werden kann. Klar ist aber auch, dass sich praktisch vor Ort allein mit dieser neuen Regelung im BHKG für die Feuerwehren nicht viel ändern wird, wenn und solange die Straßenbaulastträger keine Ressourcen für die rechtzeitige Abwehr der Gefahr vorhalten. Denn auch in diesem Fall müssten die Einsatzkräfte der Feuerwehren ausrücken. Aus diesem Grund haben sich der Verband der Feuerwehren, die kommunalen Spitzenverbände, das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (verantwortlich für den Landesbetrieb Straßen NRW) und das Ministerium für Inneres und Kommunales darauf verständigt, Vorschläge für die nachhaltige Verbesserung der Situation zur Entlastung der Feuerwehren bei der Ölspurbeseitigung zu erarbeiten. Dazu wird eine Untersuchung durchgeführt, um praktikable und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Straßenbaulastträger in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten und der kommunalen Ebene vorschlagen zu können, die dann in der Praxis erprobt werden sollen. Hierfür ist ein Zeitraum bis Ende 2016 anvisiert. Bei Rückfragen zum BHKG, insbesondere zu einzelnen Regelungstatbeständen, stehen wir gerne zur Verfügung. Wir wünschen eine schöne Weihnachtszeit und eine guten Rutsch in das neue Jahr. Herzliche Grüße aus dem Landtag Verena Schäffer MdL Innenpolitische Sprecherin Tel.: 0211 - 884 4305 [email protected] www.verena-schaeffer.de Monika Düker MdL Flüchtlingspolitische Sprecherin Tel.: 0211 - 884 2560 [email protected] www.monika-dueker.de
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