(GKV-‐VSG) am 11. Juni im Bundestag beschlossen Der

GKV-­‐Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-­‐VSG) am 11. Juni im Bundestag beschlossen Der Bundestag hat am 11. Juni 2015 das Gesetz einschließlich der 57 Änderungsanträge in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Zuvor hatte der Gesundheitsausschuss den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen am 10.06.2015 beraten. Die Änderungsanträge der Opposition zur erneuerten Bedarfsplanung in der medizinischen Versorgung, zur Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV) als Vollversicherung, zur Stärkung der Kommunen bei der Planung, Steuerung und Gestaltung der gesundheitlichen Versorgung, zu Anreizen für sektorübergreifende Versorgungsmodelle und zur Transparenz der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen wurden bereits im Gesundheitsausschuss abgelehnt. Das Gesetz enthält zahlreiche neue und veränderte Regelungen für die ambulante Versorgung. Von einigen Regelungen ist auch die ambulante psychotherapeutische Versorgung betroffen. Auf diese möchten wir nachfolgend hinweisen: -­‐ Delegation psychotherapeutischer Behandlung (§ 28 SGB V): Die gesetzlichen Regelungen zur Delegation von Leistungen an Praxismitarbeiter gelten nun auch für Psychotherapeuten (PP/KJP). Damit sind also nicht psychotherapeutische Leistungen im engeren Sinne gemeint, allerdings können jetzt administrative Tätigkeiten sowie vorbereitende und behandlungsergänzende Maßnahmen von PP/KJP ähnlich wie bei Ärzten an entsprechend qualifizierte Assistenzpersonen delegiert werden. -­‐ Nichtärztliche Leistungen für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (§ 43 b SGB V): Klarstellungen zu den Leistungsansprüchen Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen haben Anspruch auf nichtärztliche sozialmedizinische Leistungen, insbesondere auf psychologische, therapeutische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung durch ein medizinisches Behandlungszentrum nach § 119c erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen.“ -­‐ Befugniserweiterung für Psychotherapeuten (PP/KJP) (§ 73 SGB V): Die Befugnisse der Psychotherapeuten werden auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation, die Verordnung von Krankentransporten, die Verordnung von Krankenhausbehandlung sowie die Verordnung von Soziotherapie erweitert. Das Nähere hierzu wird der Gemeinsame Bundesausschuss (G-­‐BA) in den entsprechenden Richtlinien bestimmen. -­‐ Einbeziehung psychotherapeutischer Versorgung in die neu zu schaffenden Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (§ 75 SGBV): Die Regelungen zur Vermittlung eines zeitnahen Facharzttermins gelten auch für die Vermittlung von psychotherapeutischen Sprechstunden (im ersten Entwurf des GKV-­‐VSG vom vergangenen Herbst waren die Terminservicestellen nicht für Psychotherapeuten vorgesehen). Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben 6 Monate Zeit, die Terminservicestellen aufzubauen. Bis diese auch Termine beim Psychotherapeuten vermitteln, soll es etwa Ende 2016 werden (Beschlussfassung ist dem GB-­‐A für den 30. Juni 2016 vorgegeben). Über den Evaluationsauftrag (Termin 30. Juni 2017), sofern er methodisch adäquat und nach Fachgruppen differenziert ausgeführt wird, könne ggf. kurzfristig ein Überblick über mögliche Kapazitätsengpässe in der psychotherapeutischen Versorgung geschaffen werden. -­‐ Getrennte Abstimmung und Stimmenparität in der Vertreterversammlung der KBV (§ 79 SGB V): Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stimmt künftig nach den Versorgungsbereichen hausärztliche und fachärztliche Versorgung getrennt ab. Die grundsätzliche Problematik hierzu, wann eine Entscheidung der Vertreterversammlung ausschließlich hausärztliche oder fachärztliche Versorgung betrifft, ist allerdings weiterhin ungeklärt. Über die Stimmengewichtung ist bei gemeinsamen Abstimmungen Stimmenparität zwischen Hausärzten und Fachärzten zu gewährleisten. Was das für die Stimmen der PsychotherapeutInnen bedeutet, ist noch nicht abzusehen. -­‐ Fachausschüsse für Psychotherapie (§ 79b SGB V): Die Wählbarkeitsvoraussetzung für die Vertreter der Ärzte im beratenden Fachausschuss für Psychotherapie wird gestrichen. Ursprünglich war im Gesetzentwurf als Wählbarkeitsvoraussetzung vorgesehen, dass sie überwiegend psychotherapeutisch tätig sein müssen. Das wurde im parlamentarischen Verfahren mit einem Änderungsantrag wieder ersatzlos gestrichen. -­‐ Überarbeitung der Psychotherapie-­‐Richtlinie (§ 92 SGB V): Der Auftrag an den G-­‐BA, seine Psychotherapie-­‐Richtlinie bis zum 30. Juni 2016 zu überarbeiten, wird konkretisiert. -­‐ Medizinische Versorgungszentren (§ 95 SGB V): Die Rechtsformwahl für MVZ wird erweitert (möglich sind alle öffentlich-­‐rechtlichen Rechtsformen). Die Gründereigenschaften von ehemals zugelassenen Vertragsärzten bleibt bestehen, wenn der Vertragsarzt zugunsten seiner Anstellung im MVZ auf seine Zulassung verzichtet. -­‐ Bedarfsplanung (§ 101 SGB V): Ausnahmeregelung zur Begrenzung des Leistungsumfangs bei Psychotherapeuten (für psychotherapeutische Praxen soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden). Psychotherapeuten, die ein Jobsharing eingehen möchten bzw. eine/n Kollegen/Kollegin anstellen wollen, sind derzeit (genauso wie Ärzte) aufgrund der Regelung in der Bedarfsplanungs-­‐Richtlinie dazu verpflichtet, ihren Praxisumfang im Rahmen der Gemeinschaftspraxis nicht wesentlich zu erhöhen. Für Jobsharing-­‐Praxen ist bislang nur eine Steigerung von 3 % ihres bisherigen Praxisumfangs pro Jahr zulässig. Die neue gesetzliche Regelung soll ermöglichen, dass zukünftig Ausnahmeregelungen für Praxen geschaffen werden, deren Fallzahlen (Patienten pro Woche) unter dem sog. Fachgruppendurchschnitt liegen. Diese Praxen könnten dann im Rahmen eines Jobsharings bzw. im Falle einer Anstellung sogar über den Fachgruppendurchschnitt hinaus hochgefahren werden. Welche Kapazitätsobergrenze der Gemeinsame Bundesausschuss als zuständiges Gremium der Selbstverwaltung festlegen wird, ist derzeit noch offen. Das Jobsharing dürfte damit zukünftig auch eine attraktivere Möglichkeit darstellen, potentielle Praxisnachfolger schon frühzeitig in die Praxis mit aufzunehmen. Bislang können Praxen mit nur unterdurchschnittlichem Praxisumfang wegen der Begrenzung auf den Fachgruppendurchschnitt kaum eine für zwei KollegInnen finanziell tragfähige Gemeinschaftspraxis bilden. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-­‐BA) wird aufgegeben, die Bedarfsplanung weiterzuentwickeln und anzupassen. Er soll bis zum 31.12.2016 die Bedarfsplanung bedarfsgerechter und kleinräumiger regeln. Es soll geprüft werden, ob die Bedarfsplanung für einzelne Arztgruppen durch eine Anpassung der Verhältniszahlen oder der räumlichen Planung weiter verbessert werden kann. Bei der Bedarfsplanung soll auch die Veränderung der Sozial-­‐ und Morbiditätsstruktur berücksichtigt werden. -­‐ Aufkauf von Arzt-­‐ und Psychotherapeutensitzen (§ 103 SGB V): Bei einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ist weiterhin von einer Überversorgung auszugehen. Der Zulassungsausschuss kann unter bestimmten Voraussetzungen die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen. Bei einem Versorgungsgrad von 140 Prozent gilt eine „Soll-­‐
Regelung“. Nach den Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung könnten nach In-­‐Kraft-­‐Treten des so geplanten Gesetzes knapp 4.500 Praxen von Psychotherapeuten bundesweit nicht mehr besetzt werden. In jedem Falle muss der Zulassungsausschuss prüfen, ob die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen erforderlich ist. Obligatorische Privilegierung von Ärzten aus unterversorgten Regionen bei Nachweis von mind. fünfjähriger vertragsärztlicher Tätigkeit in einem unterversorgten Planungsbereich (für Neufälle). Bei dem Aufkauf eines Arztsitzes ist bei der Ermittlung des Verkehrswertes auf den Verkehrswert, der bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre, abzustellen. Konkretisierung der maßgebenden Kriterien im Gesetz. -­‐ Hochschulambulanzen und Ambulanzen an Psychotherapieausbildungsinstituten (§ 117 SGB V): Für die Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) gelten die bisherigen Regelungen, während die Regeln der Finanzierung von Hochschulambulanzen verändert wird, ebenso wie die Zuständigkeit über deren Zulassung/Ermächtigung. Der weitere Zeitplan für das Gesetzgebungsverfahren sieht wie folgt aus: 24. Juni 2015: Beratung im Gesundheitsausschuss des Bundesrates 10. Juli 2015: 2. Durchgang im Bundesrat Inkrafttreten: am Tag nach der Verkündung. Das Gesetz ist als nicht zustimmungspflichtig eingestuft. Bewertung: DGVT und DGVT-­‐Berufsverband hatten sich in mehreren Stellungnahmen insbesondere mit dem hochproblematischen Punkt des geplanten Abbaus von angeblicher Überversorgung im Psychotherapiebereich beschäftigt und gefordert, die Psychotherapeutensitze zunächst von der 110-­‐
%-­‐Regelung, dann von der 140-­‐%-­‐Regelung auszunehmen, solange keine neue Bedarfsplanung erarbeitet worden ist. Diese Empfehlung hatte auch der Sachverständigenrat Gesundheit ausgesprochen. Wir fordern deshalb nach wie vor, den Abbau von psychotherapeutischen Praxen solange auszusetzen, bis eine neue Bedarfsplanung, die ihren Namen verdient, vorliegt. Unabhängig von den nicht akzeptablen Regelungen zur Bedarfsplanung enthält das Gesetz tatsächlich auch eine Reihe von Regelungen bzw. Veränderungen, die wir positiv sehen: die Einführung einer psychotherapeutischen Sprechstunde, die Erweiterung der Befugnisse für Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder-­‐ und JugendlichenpsychotherapeutInnen sowie die Möglichkeit durch Jobsharing mehr Behandlungsstunden anzubieten. Gleichwohl steht zu befürchten, dass trotz dieser Verbesserungen die ambulante psychotherapeutische Versorgung insgesamt aufgrund des GKV-­‐VSG leiden wird, weil mehrere Tausend dringend notwendige psychotherapeutische Praxissitze in der Gefahr stehen abgebaut zu werden. Waltraud Deubert