AHG Klinik Tönisstein Kurzzeittherapie

AHG Klinik Tönisstein
KurzzeittherapieKonzept
FT 08.11
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copyright AHG Klinik Tönisstein
Inhalt
Einleitung
Lage der Klinik und Ausstattung
Träger der Klinik
Leistungsträger
Therapeutisches Team
3
4
4
5
5
Qualitätsmanagement
Dokumentation und Qualitätssicherung
5
6
Indikation
Kontraindikation
Ziel der medizinischen Rehabilitation
Diagnostik
8
8
9
9
Medizinische Behandlung
Psychotherapeutisch-edukative Angebote
10
10
Durchführung der Entwöhnungsbehandlung
Aufnahmegruppenphase
Stammgruppenphase
12
12
13
Konzepterweiterung: Behandlung von Tabakabhängigkeit
Konzepterweiterung: Berufsbezogene Maßnahmen
16
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Kombinationsbehandlung mit der Fachambulanz
des Caritasverbandes für die Stadt Bonn e. V.
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Aufnahmemodalitäten
Kontakt
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Einleitung
Die AHG Klinik Tönisstein ist eine Rehabilitationsklinik für Abhängigkeitserkrankungen bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. Seit 1974 werden unsere Patienten mit einem einzigartigen, wissenschaftlich begründeten KurzzeittherapieIntensivprogramm behandelt. Damit verfügt die AHG Klinik Tönisstein über eine
einzigartige, jahrzehntelange Erfahrung in der Durchführung von Kurzzeitentwöhnungsbehandlungen in der Bundesrepublik Deutschland. Die gesamte Infrastruktur
sowie das therapeutische Vorgehen sind ausschließlich auf Kurzzeittherapie ausgerichtet.
Die Entwöhnungsbehandlung eignet sich besonders für beruflich und sozial gut
integrierte Patienten und zeichnet sich durch eine besonders hohe Dichte an psychotherapeutischen Angeboten aus. Seit Anfang 2006 bieten wir zusätzlich Entwöhnungsbehandlungen für Patienten an, die ebenfalls beruflich und sozial gut
integriert sind und eine Abhängigkeit von Cannabis, Kokain oder sonstigen Lifestyle-Drogen aufweisen.
Die Entwöhnungsbehandlung in der Fachklinik Tönisstein findet über einen Zeitraum von insgesamt 8 Wochen statt und erfolgt nach einem verhaltenstherapeutischen Konzept. Die Behandlung beinhaltet zum einen standardisierte Therapiebausteine, wie z. B. Gruppentherapie, Einzelgespräche, themenzentrierte Gruppen, therapeutische Vorträge, sowie zum anderen individualisierte Therapiebausteine, wie z.
B. indikative Gruppen, Einzeltherapie, Angehörigenseminare. Unterstützend wirken
Sport- und Bewegungstherapie sowie sozialarbeiterische Angebote.
Zugunsten der intensiven Psychotherapie treten entsprechend dem Rehabilitationsbedarf der Patienten arbeitstherapeutische, tagesstrukturierende oder ergotherapeutische Maßnahmen in den Hintergrund. Wegen der besonderen Bedeutung berufsintegrierender Maßnahmen erfolgen andererseits einzeltherapeutische und
gruppentherapeutische Maßnahmen zur Stabilisierung der Arbeitsplatzsituation
und der Berufstätigkeit sowie gezielte Maßnahmen zur Arbeitsplatzfindung bei
vorliegender Arbeitslosigkeit. Der gesamte Rehabilitationsprozess wird dabei als
aktive Auseinandersetzung des Rehabilitanden mit der Abhängigkeit und deren Folgeproblemen verstanden. Über die Einsicht und das Verstehen bisheriger Entwicklungen hinaus wird der Rehabilitationsprozess dann als erfolgreich angesehen,
wenn notwendige Verhaltensänderungen identifiziert und unmittelbar im Rehabilitationsprozess umgesetzt werden können.
Neben der Suchterkrankung werden zusätzliche psychische und auch physische
Begleiterkrankungen mitbehandelt. Die medizinische Versorgung der Patienten ist
durch eine umfassende somatische Diagnostik und Behandlung sichergestellt.
Fortschritte in der Entwöhnungsbehandlung und der allgemeinen Psychotherapie
finden sich auch in der Entwicklung der Konzeption der AHG Klinik Tönisstein wieder. Die Behandlungsangebote durchlaufen einen Prozess von zunehmender ProfesFT08.11
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sionalisierung und Individualisierung. Einen hohen Stellenwert besitzen Transparenz
und empirische Überprüfbarkeit der Angebote sowie die aktive Einbeziehung der
Rehabilitanden in die Rehabilitationszielplanung und die Umsetzung der vereinbarten Rehabilitationsziele.
Lage der Klinik und Ausstattung
Die AHG Klinik Tönisstein liegt zwischen Bonn und Koblenz im Kurort Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Kurort bietet alle Annehmlichkeiten in medizinischer und kultureller Hinsicht sowie eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten. Bad NeuenahrAhrweiler wurde jüngst als bester Kurort Deutschlands prämiert. Der Ort ist sowohl
mit dem PKW als auch mit dem Zug bequem erreichbar. Der Flughafen Köln-Bonn
ist 40 Autominuten entfernt. Die Städte Bonn, Köln und Koblenz sind mit dem Auto
in 30 bis 45 Minuten zu erreichen. Bad Neuenahr-Ahrweiler besteht aus 2 Ortsteilen: Bad Neuenahr als mondäner Kurort und Ahrweiler als schöner mittelalterlicher
Ortsteil. Das Ahrtal ist landschaftlich besonders reizvoll und bietet viele Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten (Spaziergänge, Walken, Joggen, Fahrrad fahren).
Der Rhein ist nur 8 km entfernt und hat ebenfalls einen hohen Freizeitwert.
Die Klinik hat insgesamt 128 Behandlungsplätze. Sie ist komplett barrierefrei und
bietet ausschließlich Einzelzimmer in einem gehobenen Standard. Die Zimmer haben z. T. begehbare Kleiderschränke, Safe sowie wahlweise Fernseher. Einige Zimmer haben besondere barrierefreie Nasszellen. Darüber hinaus bieten wir spezielle
Allergiker-Zimmer an.
Neben den Patientenzimmern hat die AHG Klinik Tönisstein eine Vielzahl von Therapie-, Aufenthalts- und Schulungsräumen sowie Räumlichkeiten für Sport- und
Bewegungstherapie mit einem großen Hallenbad (20 x 10 m), einer Gymnastikhalle
und einem Fitnessraum.
Unser medizinischer Bereich ist u. a. ausgestattet mit EKG, Lichttherapie bei Depressionen, Reizstrombehandlung, Ultraschalldiagnostik, Lungenfunktionsdiagnostik, Defibrillator, Kohlenmonoxydmessgerät, Alkoholtestgeräten.
Träger der Klinik
Der Träger der Fachklinik Tönisstein ist die AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft AG
mit Sitz in Düsseldorf. Zur AHG AG gehören 47 Einrichtungen der medizinischen
Rehabilitation. Ihr Behandlungsschwerpunkt ist die medizinische Rehabilitation von
Patienten im Bereich Sucht und Psychosomatik. Im Rahmen des Klinikverbundes der
AHG AG wird ein intensiver Austausch des fachspezifischen Wissens unter den einzelnen Kliniken gefördert. Ausführliche Informationen erhalten Sie unter
www.ahg.de.
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Leistungsträger
Beleger der AHG Klinik Tönisstein sind alle Rentenversicherungen, gesetzliche Krankenversicherungen, private Krankenversicherungen und Selbstzahler. Der Hauptbeleger ist die DRV Bund. Die AHG Klinik Tönisstein ist eine Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V, die Vorraussetzungen der §§ 6 und 7 der Beihilfeverordnung sind erfüllt; deshalb ist die Klinik beihilfefähig.
Therapeutisches Team
Das therapeutische Team umfasst Ärzte, Diplom-Psychologen, postgraduierte Diplom-Psychologen, Diplom-Sozialarbeiter, Sporttherapeutin, Physiotherapeutin,
Krankenschwestern und –pfleger.
Die erweiterte Klinikleitung besteht aus Chefarzt, Oberarzt, Verwaltungsdirektor,
und Leitendem Psychologen.
Qualitätsmanagement
Im Vordergrund unserer Unternehmenskultur stehen die Qualität unserer Behandlungskonzepte sowie deren professionelle Umsetzung. Mit einem zielorientierten
Qualitätsmanagement gewährleisten wir die ständige Überprüfung unserer Arbeit
sowie die Weiterentwicklung unserer Angebote.
Qualität umfasst im Wesentlichen:
-
Behandlungsqualität der medizinisch - therapeutischen Maßnahmen
Konzeptqualität
Ergebnisqualität im Sinne anhaltender Wirksamkeit der Behandlung
Qualität der Systemintegration im Rahmen der Gesamtrehabilitation
Servicequalität
Wirtschaftliche Qualität
Servicequalität
Imagequalität aller Teile des Unternehmens
In der AHG Klinik Tönisstein gibt es ein umfassendes Qualitätsmanagement, das den
gesetzlichen Vorgaben und dem Ziel einer optimalen Qualität der Patientenversorgung Rechnung trägt. Qualitätssicherung findet statt über ein internes sowie externes Qualitätsmanagement.
Interne Qualitätssicherung findet insbesondere statt über:
- Zertifizierung nach ISO 9001-2008 und DEGEMED seit 2001
- Entlassfragebögen
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-
Katamneseerhebungen
Verbesserungsmanagement
Mitarbeiterbefragungen
Zur externen Qualitätssicherung nimmt die AHG Klinik Tönisstein an Qualitätssicherungsverfahren der Rentenversicherer teil: Peer-Review, Strukturerhebungen, Kontrolle der Laufzeit von Entlassberichten, Patientenbefragungen, Visitationen durch
die DRV Bund etc.
Dokumentation und Qualitätssicherung
Das Kennzeichen guter Arbeit besteht nicht nur darin, dass sie geleistet wird, sondern auch in der Form ihrer Dokumentation und der in- und externen Kontrollsysteme. Eine Reihe solcher Maßnahmen bestehen in der AHG Klinik Tönisstein seit
vielen Jahren und sind zur Evaluation und Entwicklung des Therapiekonzeptes herangezogen worden. Darauf aufbauend sind durch die Teilnahme an externen Qualitätssicherungsprogrammen weitere Dokumentations- und Evaluationssysteme hinzugekommen, und es ist insgesamt zu einer Systematisierung und Standardisierung
der Qualitätssicherungsmaßnahme gekommen. Von übergeordneter Bedeutung sind
dabei sicherlich das Qualitätssicherungsprogramm der Rentenversicherungsträger
sowie die Zertifizierung nach ISO 9001-2008 und Degemed. Während das Qualitätssicherungsprogramm der Rentenversicherung vorwiegend den medizinischtherapeutischen Bereich betrifft, bezieht sich die Zertifizierung auf die gesamte
Klinikstruktur. Die im Folgenden erläuterten Maßnahmen sind exemplarisch und
beziehen sich vor allem auf den therapeutischen Bereich und die unmittelbare Dokumentation patientenbezogener Maßnahmen.
Der Entlassbericht enthält neben der dezidierten Dokumentation des Rehabilitationsverlaufes alle Informationen und Grundlagen, die die jeweiligen Rehabilitationsziele und deren Umsetzung begründen. Bezogen auf die Teilhabe am Erwerbsleben,
nimmt die sozial-medizinische Beurteilung eine zentrale Stellung ein. In die sozialmedizinische Beurteilung fließen die Längsschnitt-Erfahrungen mit Rehabilitanden
in unterschiedlichen Lebensbereichen ein. So ist es auf der Grundlage der jeweiligen
Diagnosen möglich, durch Beteiligung der Rehabilitanden am Therapieprogramm
einzuschätzen, inwieweit diese z. B. Konzentration und kognitive Leistungsfähigkeit
aufrechterhalten können. Diese Beobachtungen werden durch eine entsprechende
Diagnostik verifiziert. Die Sport- und Bewegungstherapie gibt Aufschluss über körperliche Belastbarkeit. Dabei ist es insbesondere hilfreich, Rehabilitanden auch im
Freizeitsport zu beobachten und daraus Rückschlüsse auf evtl. sozialmedizinisch
relevante Funktionsstörungen ziehen zu können.
Da der Entlassbericht die zentrale Arbeit mit dem Patienten dokumentiert, ist er von
unmittelbarer Relevanz für die Beurteilung der Qualität unserer Arbeit. Zu dem Anforderungsprofil der Behandler gehört es daher, neben theoretischem Wissen und
methodischen Fähigkeiten auch über die Fähigkeit zu verfügen, die Arbeit mit den
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Patienten und die Behandlungsergebnisse zu dokumentieren. Zahlreiche Maßnahmen der internen Qualitätssicherung der letzten Jahre waren auf die Förderung
dieser Fähigkeiten bei den Mitarbeitern ausgerichtet. Im Qualitätssicherungsprogramm der DRV Bund ist über das Peer Review-Verfahren darüber hinaus eine Methodik eingeführt worden, die die Qualität der Entlassberichte entlang einer umfangreichen Kriterienliste beurteilt und die Ergebnisse der Klinik in einen direkten
Bezug zu den Ergebnissen anderer Kliniken setzt. Dank der hohen internen Qualität
zeigt sich auch in den Peer Review Daten, dass die Arbeit der AHG Klinik Tönisstein
und die Dokumentation dieser Arbeit überdurchschnittlich gut eingeschätzt werden
darf.
Sowohl grundlegend als auch ergänzend zum Entlassbericht können die vor allem
zu statistischen Auswertungen vorgesehenen Basisdokumentationen Sucht (BADO)
sowie der Katalog therapeutischer Maßnahmen (KTL) verstanden werden. Hier werden zu jedem Patienten soziodemographische Daten sowie dezidierte Beschreibungen einzelnen Lebenskontexte wie Familie und Beruf erhoben. Dokumentiert wird
auch, welche Maßnahmen ein Patient in Anspruch genommen hat und zu welchen
Ergebnissen diese Maßnahmen geführt haben. Mit Hilfe der Kennzahlen der Basisdokumentation können Angaben zu unserer Patientenstruktur gemacht werden. Wir
können z. B. Aussagen darüber machen, wie viel Prozent der Patienten verheiratet
oder getrennt lebend sind, ob eine Suchterkrankung in der Herkunftsfamilie bestand, von welchen Einkommensquellen die Patienten leben, wie ausgeprägt die
AU-Zeiten vor der Therapie waren und wie die Arbeitsfähigkeit am Ende der Therapie eingeschätzt wird.
Die Daten der Basisdokumentation werden ergänzt durch den Entlassfragebogen, in
dem Patienten aus ihrer Sicht den Verlauf der Rehabilitation bewerten. Kernstück
dieses Fragebogens sind Zufriedenheitseinschätzungen der unterschiedlichen Bereiche der Klinik sowie Einschätzungen des Behandlungsergebnisses. Dieser Entlassfragebogen hat sich insbesondere als internes Qualitätsinstrument bewährt, da die
Auswertung monatlich erfolgt, in Bezug zu den Vormonaten und Vorjahren gesetzt
wird und entsprechende Referenzdaten aus strukturähnlichen Kliniken vorliegen.
Vor allem die Ergebnisqualität wird mit der standardmäßig durchgeführten Katamnese erfasst. Hierzu werden alle Patienten ein Jahr nach der Behandlung angeschrieben oder bei fehlender Rückmeldung angerufen und gebeten, ihre derzeitige
Lebenssituation sowie ihren Umgang mit Suchtmitteln, inklusive Nikotin, zu beschreiben. Mit Hilfe der hier erhobenen Daten lassen sich Rehabilitationsbehandlungen legitimieren; z. B. dann, wenn ca. 70 Prozent der behandelten Patienten ein
Jahr nach der Rehabilitation abstinent leben, sich die Arbeitsunfähigkeiten signifikant reduziert haben, Patienten ihre berufliche Situation stabilisiert haben und lückenlose Beitragszahler in die Sozialversicherungskassen geworden sind.
Die AHG Klinik Tönisstein hat eine gute Tradition in der Dokumentation ihrer Behandlungskonzepte und stellt diese regelmäßig einer breiten Fachöffentlichkeit in
der Form von Vorträgen oder Publikationen zur Diskussion. Damit verbunden ist die
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Kooperation mit Hochschulen (Dozententätigkeit, Betreuung von Diplomarbeiten,
Masterarbeiten, Dissertationen) und die Kooperation und Mitarbeit in diversen
Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie, Deutsche suchtmedizinische Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie, Fachverband Sucht).
Indikation
Schwerpunkt der AHG Klinik Tönisstein ist die Behandlung alkohol- und medikamentenabhängiger Männer und Frauen ab 18 Jahren. Darüber hinaus besteht ein
Behandlungsangebot für gut beruflich und sozial integrierte Abhängige von Cannabis, Kokain und Lifestyle-Drogen. Hierzu existiert ein eigenes Konzept. Eine Kurzzeitbehandlung ist indiziert bei rehabilitationsfähigen Patienten mit einer ausreichenden beruflichen und sozialen Integration bzw. Ressourcen in diesen Bereichen.
Durch das umfangreiche ärztliche und therapeutische Angebot erfolgt eine Mitbehandlung von Komorbiditäten und suchtbedingten Folgeerkrankungen. Neben der
Tabakabhängigkeit, welche sich bei unseren Patienten zu etwa 70% diagnostizieren
lässt, finden sich hier zahlreiche psychische und körperliche Erkrankungen. Die häufigsten psychiatrischen Diagnosen sind hier Depressionen, Ängste, Posttraumatische
Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen, Zwänge und/oder psychosomatische
Störungen, sowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Besondere Therapieangebote bestehen unter anderem für Patienten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen oder Burnout als Komorbidität. Das Spektrum der
körperlichen Erkrankungen umfasst alle Suchtfolgeerkrankungen. Es besteht eine
enge Vernetzung mit den lokalen Ärzten und Krankenhäusern.
Bei Bedarf können wir auch Paarbehandlungen durchführen. Angehörige und Partner werden im Rahmen von Angehörigenseminaren und Paar- oder Familiengesprächen in die Behandlung einbezogen werden.
Kontraindikation
Das Behandlungsangebot kann im Regelfall nicht den besonderen Anforderungen
von Patienten mit einer ausgeprägten sozialen und beruflichen Desintegration, welche umfassende soziotherapeutische Maßnahmen erforderlich machen, gerecht
werden.
Außerdem können Patienten mit schweren akuten körperlichen Erkrankungen,
schweren akuten Psychosen, schwerer Intelligenzminderung, Entwicklungsstörungen und Patienten mit ausgeprägten dissozialen und kriminellen Neigungen nicht
aufgenommen werden, da zum einen die Rehabilitationsfähigkeit nicht gegeben ist,
zum anderen die Behandlung innerhalb einer Kurzzeittherapie nicht sinnvoll erscheint.
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Ziele in der medizinischen Rehabilitation
Die Zielsetzung der medizinischen Rehabilitation ergibt sich aus den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen und deren Übertragung auf den Bereich der Abhängigkeitserkrankungen. Zentrales Anliegen dabei ist es, den Patienten ein selbstbestimmtes
Leben zu ermöglichen und die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass er am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann, hier insbesondere in seinem direkten sozialen
Umfeld integriert bleibt und gemäß dem besonderen Anliegen der Rentenversicherer aktiv in das Erwerbsleben integriert wird bzw. die Integration in das Erwerbsleben dauerhaft gesichert werden kann. Diese Zielsetzungen bedingen, dass Patienten
durch die Kurzzeitentwöhnung eine umfassende psychische und physische Gesundung erreichen. Zentrale Voraussetzung für einen solchen Gesundungsprozess ist
das Erreichen der Suchtmittelabstinenz. Dazu werden Patienten in der Behandlung
darin unterstützt, eine langfristig stabile Abstinenzentscheidung zu erarbeiten. Zur
Vermeidung, aber auch zur adäquaten Bewältigung möglicher Suchtmittelrückfälligkeit werden Strategien zur Rückfallbewältigung eingeübt. Um eine nachhaltige
Stabilisierung der Patienten zu erreichen, werden im Allgemeinen die folgenden
Ziele fokussiert:
-
Konsolidierung der Abstinenzmotivation
Stabilisierung der rationalen Krankheitseinsicht
Entwicklung von emotionaler Krankheitsakzeptanz
Aufarbeitung der Suchtentwicklung
Identifikation der Funktionalität des Suchtmittelkonsums
Aufbau von Rückfallbewältigungskompetenzen
Vorbereitung der Rückkehr an den Arbeitsplatz bzw. Entwicklung einer beruflichen Perspektive
Entwicklung eines angemessenen Freizeitverhaltens
Entwicklung einer Motivation zur Teilnahme an einer poststationären Nachsorgebehandlung sowie an Selbsthilfegruppen
Diagnostik
Zu Beginn der Behandlung erfolgt eine umfassende medizinische, psychologische
und soziale sowie berufliche Diagnostik, um dem Patienten entsprechende Unterstützungsangebote machen zu können. Wichtig ist zunächst die Differentialdiagnose der Abhängigkeit sowie eine Erfassung der psychischen, sozialen und somatischen Begleitsymptomatik. Die eingesetzten Verfahren werden, soweit es die Differentialdiagnose der Abhängigkeit und die umfassende somatische Diagnostik betrifft, bei allen Patienten angewandt. Fakultativ werden zur Vervollständigung der
klinischen Urteilsbildung im Bereich der psychischen Störungen spezielle psychometrische Verfahren und klinische Interviews sowie eine umfangreiche Leistungsdiagnostik durchgeführt. Im Bereich der somatischen Erkrankungen werden weiter
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führende Laboruntersuchungen, apparative Diagnostik und fachspezifische Konsile
hinzugezogen. Die soziale Situation wird von unseren Sozialarbeitern erfasst, zur
beruflichen Diagnostik setzen wird standardmäßig den AVEM ein.
Medizinische Behandlung
Eine umfassende somatische Versorgung ist Grundlage der medizinische Rehabilitation und Voraussetzung für die zu erarbeitenden Verhaltensmodifikationen. Bei
grundsätzlich vorhandener Rehabilitationsfähigkeit muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen der Abhängigkeit sowie auch
darüber hinausgehende Erkrankungen behandelt werden müssen. Besondere Aufmerksamkeit erfährt z. B. in diesem Zusammenhang der Diabetes mellitus. Aufgrund
der umfangreichen Stoffwechselerkrankungen haben die Diätberatung, Ernährungsberatung und Lehrküche einen besonders hohen Stellenwert. Zur Behandlung und
Optimierung der medizinischen Behandlung stehen bei Bedarf Fachärzte und Fachkrankenhäuser für die unterschiedlichen Indikationsbereiche konsiliarisch am Ort in
unmittelbarer Nähe zur Verfügung.
Psychotherapeutisch-edukative Angebote
In der Aufnahmephase (erste Behandlungswoche) stehen zunächst edukative Angebote im Vordergrund, die die Integration der Patienten in das Behandlungssetting
sowie die Motivation und die Krankheitseinsicht festigen. Zum Einsatz kommen
zahlreiche Arbeitsmaterialien, die ein grundlegendes Krankheitsverständnis vermitteln und es Patienten ermöglichen, dieses auf ihre Lebens- bzw. Krankheitserfahrung zu übertragen. Wichtig dabei ist, dass vom ersten Tag an eine vertrauensvolle
Arbeitsatmosphäre geschaffen wird, die die zielgerichtete aktive Mitarbeit der Patienten einfordert. Die in dieser Phase erstellte Diagnostik dient der differentiellen
Rehabilitationsplanung.
Im Stammgruppenbereich (sieben Behandlungswochen) werden die edukativen Angebote ergänzt und erweitert durch psychotherapeutische Angebote, die ausgerichtet sind auf Krankheitsakzeptanz und konkrete Verhaltensänderungen. Wesentliche
Voraussetzungen für die Veränderungsprozesse sind eine mit dem Patienten abgestimmte Rehabilitationszielplanung. Auf der Grundlage der erstellten Diagnostik,
der individuellen Lebenssituation unter besonderer Berücksichtigung sozialer Stützsysteme und der beruflichen Aspekte werden Rehabilitationsziele konkretisiert. Zusätzliche Transparenz erhalten die Rehabilitationsziele, in dem sie schriftlich festgelegt werden, die jeweilige Zielerreichung überprüft und in einem fortlaufenden
Prozess bis hin zu dem noch bestehenden Entwicklungsbedarf am Ende der Rehabilitation evaluiert werden. In der Operationalisierung der jeweiligen Rehabilitationsziele wird darauf geachtet, dass diese nach Möglichkeit unmittelbar während der
Rehabilitation umgesetzt werden und diese Umsetzung mit Erfolgserlebnissen verbunden ist, die das Selbstwirksamkeitserleben der Patienten erhöhen.
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Neben den Einzelgesprächen mit Patienten erweist sich die Gruppentherapie als
wirkungsvollstes Instrumentarium in der Entwöhnungsbehandlung. Über die in der
Gruppe etablierten sozialen Normen und Werte zur konstruktiven Bewältigung der
Abhängigkeitserkrankung werden die unterschiedlichen Verhaltensweisen dem therapeutischen Prozess zugänglich gemacht. Die therapeutisch notwendigen Verhaltensänderungen werden durch die soziale Unterstützung in der Gruppe begleitet.
Um den sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen der Patienten in Bezug auf
Alter, Geschlecht, Sozialisationsbedingungen, Beruf, soziales Umfeld, körperliche
Belastbarkeit und Gesundheitsverhalten gerecht zu werden, werden über verschiedene Themenbereiche diverse indikative Angebote zur Verfügung gestellt. Am
stärksten vertreten sind hierbei berufliche Angebote, die berufstätigen Patienten
dazu dienen, ihre Situation und ihre Arbeitsfähigkeit am Arbeitsplatz zu stabilisieren, und Angebote, die Patienten, die arbeitslos sind oder deren Arbeitsplatz gefährdet ist, unterstützen, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten so ausweiten, dass es
zu einer Stabilisierung der Arbeitsfähigkeit und der Stabilisierung des Arbeitsplatzes
kommt.
Die familienbezogenen Angebote beziehen sich insbesondere auf die Herkunftsfamilie und die eigene Partnerschaft sowie spezielle Aspekte der Elternrolle.
Bei den Angeboten zu anderen Süchten dominiert die Tabakentwöhnung, wichtige
Informationen und Handlungsanleitungen finden sich aber auch in der Medikamentengruppe.
In der speziellen Gesundheitsförderung werden spezifische Gesundheitsrisiken, wie
Übergewicht, Ernährung (Diätberatung) und Diabetes angesprochen. Für den Bereich der Entspannung werden das autogene Training sowie die progressive Muskelentspannung eingeübt.
Ergänzt werden die indikativen Gruppen durch ein seelsorgerisch-spirituelles Angebot, in dem Fragen der Sinnfindung, Sinngebung und des Selbstwerterlebens im
Mittelpunkt stehen.
Zur Förderung einer aktiven Freizeitgestaltung werden kulturelle Aktivitäten entfaltet, Ausflüge geplant oder Wanderungen durchgeführt. Im Bereich Sport- und
Bewegungstherapie finden sich Angebote zur Rückenschule, Walking, Jogging wie
auch eine spezielle Form des Aquatrainings im hauseigenen Hallenbad.
Der besonderen Bedeutung des sozialen Stützsystems mit dem Ziel der Teilhabe an
der Gesellschaft wird insbesondere im Rahmen des Angehörigenseminars Rechnung
getragen. Vorbereitet durch eine ausführliche Diagnostik wird durch die Einbeziehung von Angehörigen, vorwiegend Partnern, der Therapieerfolg der Patienten stabilisiert. Angehörige werden in ihrem Bemühen um Hilfestellung zur Bewältigung
der chronischen Erkrankung des Betroffenen unterstützt, partnerschaftliche Kommunikationsstrukturen werden reflektiert und es werden Empfehlungen für das
weitere Zusammenleben gegeben, was insgesamt zu einer Stärkung des sozialen
Stützsystems führt.
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Ergänzt werden die therapeutischen Angebote durch zahlreiche therapeutische und
ärztliche Vorträge, suchtbezogene Filmangebote sowie einen themenspezifischen
Büchertisch und diverse Arbeitsmaterialien für Patienten.
In der Abteilung der therapiebegleitenden Sozialarbeit werden finanzielle Probleme,
Wohnungsprobleme und berufsbezogene Probleme individuell betreut. Außerdem
unterstützt diese Abteilung die Gruppentherapie darin, adäquate Nachsorgeangebote zu planen und zu beantragen. Darüber hinaus hält diese Abteilung Kontakte zu
ehemaligen Patienten, z. B. bei Jahrestreffen, durch Besuche der Veranstaltungen
von Selbsthilfegruppen oder über die Klinikzeitung „Wir Tönissteiner“.
Schließlich tragen die Angebote der Sport- und Bewegungstherapie dazu bei, dem
ganzheitlichen Anspruch der Rehabilitationsbehandlung gerecht zu werden. In der
Turnhalle, dem Schwimmbad oder im Freigelände wird sowohl die Körperwahrnehmung sensibilisiert als auch die physische Belastbarkeit der Patienten erhöht. Aus
dem Verhalten der Patienten in der Sport- und Bewegungstherapie, aber auch dem
gesamten Verhalten in den unterschiedlichen therapeutischen Kontexten werden
Rückschlüsse auf die sozialmedizinische Beurteilung und damit auf die berufliche
Belastbarkeit und Einsetzbarkeit abgeleitet. So findet mindestens einmal pro Woche
und Patient eine sozial-medizinische Behandlungskonferenz unter Einbeziehung
von Therapeuten, Sporttherapeuten, Pflegepersonal, behandelndem Arzt und Klinikleitung statt. Darüber hinaus findet einmal pro Woche eine sozial-medizinische
Sprechstunde durch den Chefarzt statt.
Durchführung der Entwöhnungsbehandlung
Die Fachklinik Tönisstein verfügt über 128 Betten. 110 Patienten befinden sich in
der so genannten Stammgruppe, durchschnittlich 18 Patienten in der so genannten
Aufnahmegruppe.
Aufnahmegruppenphase
Die erste Behandlungswoche findet in der Aufnahmegruppe statt. Hier erfolgt nach
den entsprechenden Abläufen die medizinisch-ärztliche Aufnahmeuntersuchung.
Während der ca. einwöchigen Aufnahmephase werden die Patienten unmittelbar
durch den Oberarzt der Klinik medizinisch betreut. Hier erfolgt eine gründliche medizinische internistische, neurologische und psychiatrische Untersuchung sowie die
Klärung der Rehabilitationsfähigkeit und auch die Klärung suchtmittelabhängiger
bzw. -unabhängiger Begleit- und Folgeerkrankungen. Gleichzeitig wird in der Aufnahmephase die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten auch unter zu Hilfenahme weiterer Untersuchungen, wie z. B. Elektrokardiogramm und Ultraschallungersuchungen statt. Dabei wird die Indikation evtl. weiterer zusätzlicher Untersuchungen durch mitbehandelnde Konsiliarärzte gestellt. Zusätzlich erfolgen die entsprechenden Laboruntersuchungen in enger Kooperation mit dem unmittelbar beFT08.11
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nachbarten Akutkrankenhaus. Dadurch sind Laboruntersuchungen rund um die Uhr
möglich.
In der Aufnahmegruppe nehmen die Patienten täglich, auch am Wochenende, an
einem so genannten psycho-edukativen Aufnahmeprogramm teil. In diesem Aufnahmeprogramm werden die Patienten angeleitet, eine Eigendiagnostik, eine entsprechende rationale Krankheitseinsicht und beginnende emotionale Krankheitsakzeptanz zu erarbeiten. Dies geschieht teilweise in Gruppen, teilweise durch einzeltherapeutische Interventionen, durch schriftliche Ausarbeitungen und in Form standardisierter Fragebögen. Durch diese einwöchige Behandlungsphase erhalten wir
viele zusätzliche Informationen über den Patienten. Zusätzliche komorbide Störungen und Begleitprobleme können erkannt werden, die in die individuelle Reha-ZielPlanung mit den Patienten einfließen. Diese Informationen dienen auch der Zuteilung in die entsprechenden Stammgruppen. Am folgenden Montag nach der Aufnahme der neuen Patienten findet dann die so genannte Verlegungskonferenz mit
allen Mitarbeitern aus dem Stammgruppenbereich statt. Hier werden die Patienten
mit ihren jeweiligen Besonderheiten vorgestellt und ab Mittwoch in die entsprechenden Gruppen verlegt. Die Zuteilung in die Stammgruppen findet durch das
Aufnahmeteam (zwei Dipl.-Psychologen, Teamleiter, Oberarzt) statt.
Stammgruppenphase
Nach der Aufnahmegruppe kommen die Patienten in eine von zehn Stammgruppen.
Diese Stammgruppen gliedern sich in fünf so genannte Units. Es gibt also Unit A, B,
C, D oder E und entsprechend die Gruppen A1 und A2, B1 und B2, C1 und C2, D1,
usw. Der Therapeut A1 ist gleichzeitig Co-Therapeut in A2 und umgekehrt. Die
Gruppen finden täglich zeitversetzt zwischen 9.00 Uhr und 10.30 Uhr und 11.00
Uhr und 12.30 Uhr statt. Somit ist gewährleistet, dass im Vertretungsfall keine Therapie ausfällt. Jeder Therapeut der einen Gruppe kennt auch die Patienten der anderen Gruppe seiner Unit. Jeder Unit sind ein Bezugsarzt und ein postgraduierter Psychologe zugeordnet.
Schwerpunkt der Psychotherapie ist die Gruppentherapie. Ergänzt wird diese durch
Einzelgespräche, deren Frequenz bei entsprechendem Bedarf erhöht werden kann.
Sollten bei komorbiden Störungen, wie z. B. Depressionen oder posttraumatischen
Belastungsstörungen, umfangreichere Einzeltherapien erforderlich sein, so finden
diese in der Regel nicht beim Gruppentherapeuten, sondern bei einem Therapeuten
aus der Nachbargruppe oder einem Mitglied der Klinikleitung statt.
Einige der Stammgruppen sind auf die Behandlung verschiedener Schwerpunkte
spezialisiert. So gibt es eine Gruppe für Patienten, die zur weiteren Stabilisierung
nach einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einem ähnlichen traumatisierenden Ereignis einer speziellen Behandlung bedürfen. Eine weitere besondere
Stammgruppe ist die Gruppe zur Behandlung beruflich und sozial gut integrierter
Abhängiger von Cannabis, Kokain oder Lifestyle-Drogen. Dieses besondere BehandFT08.11
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lungskonzept zielt auf Patienten, die neben einer Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit oder unabhängig von dieser einen problematischen Umgang mit Cannabis, Kokain oder Lifestyle-Drogen aufweisen bzw. bei denen eine Abhängigkeit von
diesen Substanzen vorliegt. Mindestens eine Abhängigkeitsdiagnose muss klar gestellt sein. In dieser Gruppe werden also typischerweise Patienten behandelt, die
auch sonst vom sozialen, beruflichen und sonstigem Lebenshintergrund, wie Familienstand, Alter, soziale Bindung etc. vergleichbar sind mit den anderen Patienten,
die wir in der Kurzzeittherapie behandeln.
Die Gruppentherapie findet einmal täglich statt. Zusätzlich nehmen die Patienten
einmal täglich an einer themenzentrierten Gruppe teil. Der Therapietag beginnt mit
einer krankengymnastischen Übung, genannt „Frühstart“. Anschließend hören alle
Patienten täglich morgens und abends einen therapeutischen Vortrag zu therapierelevanten Themen. Freitags finden Arztvorträge im Sinne des Gesundheitsmanagements der DRV Bund statt. Das Therapieprogramm erstreckt sich auch auf das
Wochenende. Am Samstag sowie am Sonntag findet eine therapeutisch angeleitete
themenzentrierte Gruppe statt. Eingerahmt wird das Programm durch regelmäßige
Besuche von Selbsthilfegruppen im Haus, die ihre Arbeit vorstellen. Die Teilnahme
an diesen Selbsthilfegruppen ist für die Patienten mindestens viermal verpflichtend.
Neben diesem festen Rahmenprogramm findet mit dem Patienten zu Beginn der
Stammgruppenphase eine individuelle Reha-Ziel-Planung statt. Je nach den vorhandenen komorbiden Störungen oder spezifischen Problembereichen werden die
Patienten in indikative Gruppen eingeteilt.
Die indikativen Gruppen decken die Bereiche Beruf (z. B. Jobcoaching, Job-aktiv),
Familie (z. B. Partnerschaft und Familie), Psychische Störungen (z. B. Umgang mit
Depressionen, Stabilisierung nach belastenden Ereignissen), weitere Suchtprobleme
(z. B. Nichtrauchertraining) und Gesundheitsförderung (z. B. Ernährungsberatung,
Umgang mit Schlafstörungen) ab. Hier existiert ein eigenes Konzept „Indikative
Gruppen“.
Nach der entsprechenden medizinischen Einschätzung der Patienten in der Aufnahmegruppe findet in Kooperation mit der Sport- und der Physiotherapeutin eine
individuelle Leistungsbeurteilung einzelner Patienten statt. Danach erst werden
Patienten bestimmten Sportgruppen, die dem jeweiligen Leistungsvermögen Rechnung tragen, zugeteilt. Auch die Angebote der Sport- und Bewegungstherapie sind
im Konzept „Indikative Gruppen“ enthalten.
In der 4. Woche der Stammgruppentherapie findet eine Einschätzung von Therapeut
und Patient bzgl. der bisherigen Erreichung seiner Reha-Ziele statt. Je nach Ergebnis werden möglicherweise andere Behandlungsmaßnahmen geplant. Zum Ende der
Therapie findet eine Bilanzierung der Erreichung der Therapie-Ziele zusammen mit
Therapeut und Patient statt. Bei Nichterreichen oder nur teilweise Erreichen von
Therapiezielen wird eine Weiterbehandlung nach dem stationären Aufenthalt empfohlen und eingeleitet.
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Jeder Stammgruppe ist ein Bezugsarzt (mit entsprechender Vertretungsregelung)
fest zugeordnet. Unter oberärztlicher Supervision werden also je zwei Gruppen von
einem Arzt behandelt. Es gibt eine tägliche Sprechstunde und eine feste Visitenzeit
pro Woche. Darüber hinaus finden mindestens einmal wöchentlich pro Gruppe multiprofessionelle Kleinteamsitzungen mit Therapeut, Pflegepersonal, Sporttherapeut,
Sozialtherapeut und einem Mitglied der therapeutischen und ärztlichen Leitung
statt. Hier werden neben aktuellen Fragen der Therapie auch sozialmedizinische
Fragestellungen erörtert. Gerade im Bereich der Sozialmedizin gelingt es so, verschiedene Sichtweisen und Beobachtungen des Patienten bezüglich seiner Leistungsfähigkeit im Alltag, in der Psychotherapie, wie z. B. auch der Sport- und Bewegungstherapie zusammenzutragen.
Ergänzt wird die Stammgruppentherapie durch ein dreitägiges AngehörigenSeminar. Schon in der Aufnahmephase können Patienten die für sie wichtigen Angehörigen (Ehepartner, Elternteile, Kinder, hier erst allerdings ab fortgeschrittenen
Pubertätsalter, oder andere Personen) einladen.
Zusätzlich müssen Patienten bestimmte suchtbezogene Themen schriftliche ausarbeiten und Fragebögen bearbeiten, z. B. zur Arbeitsplatzzufriedenheit, zur Einschätzung ihrer partnerschaftlichen Situation oder zu ihrer Suchterkrankung. Darüber
hinaus ist der Patient verpflichtet, über jeden in der Therapie erlebten Tag einen
Tagesbericht zu verfassen, der bis 8.30 Uhr am nächsten Morgen seinem Therapeuten vorliegen muss. So kann der Therapeut noch vor der ersten Gruppentherapiestunde auf wichtige Veränderungen in der Befindlichkeit einzelner Patienten reagieren bzw. besondere Themen in der Gruppentherapie oder Einzeltherapie berücksichtigen.
Die therapiebegleitende Sozialarbeit konzentriert sich auf sozialtherapeutische,
aber insbesondere auch berufsbezogene Maßnahmen. Aufgaben der therapiebegleitenden Sozialarbeit liegen in der Durchführung von EDV-Basistrainings, der Vorbereitung auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz, auf entsprechenden Maßnahmen zur
Arbeitsplatzstabilisierung oder –suche. Außerdem können gezielt Belastungserprobungen durchgeführt werden. Unsere Mitarbeiter stehen in engem Kontakt zu betrieblichen Ansprechpartnern und führen bei Bedarf Gespräche mit dem Patienten,
seinem Arbeitgeber oder Betriebsarzt. Auch zwischen Klinikärzten und Betriebsärzten kann es zur Kontaktaufnahme kommen, wenn es erforderlich erscheint.
Zusätzlich bereitet die therapiebegleitende Sozialarbeit die Patienten auf die Zeit
nach der Therapie vor, d. h. sie ist bei der Vermittelung entsprechender Einrichtungen zur Durchführung der ambulanten Nachsorge (ambulante Reha Sucht), wenn
diese indiziert ist, unterstützend tätig. Ebenso wird, falls dieser Kontakt noch nicht
am Heimatort gebahnt wurde, über das Angebot von Selbsthilfegruppen am Heimatort informiert.
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Gerade die spätere Aktivität in der Selbsthilfegruppe wird in der Klinik sehr hoch
eingeschätzt. Aus diesem Grunde besuchen zweimal wöchentlich verschiedene
Selbsthilfegruppen die Klinik und stellen ihre Arbeit vor. Die Teilnahme an diesen
Vorstellungen ist für jeden Patienten mindestens viermal während der Therapie
verpflichtend. In der Regel werden die Angebote aber deutlich öfter wahr genommen.
Konzepterweiterung: Behandlung von Tabakabhängigkeit
Die Tabakentwöhnung gehört seit vielen Jahren zu den indikativen Angeboten der
AHG Klinik Tönisstein und ist in den letzten Jahren zu einem Behandlungsschwerpunkt ausgebaut worden. Die Fokussierung wurde notwendig, da die tabakassoziierten Schädigungen gerade für Suchtpatienten lange unterschätzt und
auch das Abhängigkeitspotential des Tabakkonsums im Rahmen der Entwöhnungsbehandlung zu wenig Beachtung fand. Daher wurde die lange gehegte Allianz zwischen Behandelnden und Patienten mit der nie bewiesenen Auffassung: „Die
gleichzeitig Abstinenz von Alkohol und Tabak stellt eine Überforderung für die Patienten dar!“ aufgebrochen. Die Begründung für eine intensive Beschäftigung mit der
Tabakentwöhnung im Rahmen der Entwöhnungsbehandlung lässt sich aus folgenden Argumenten ableiten:
1. In der Gruppe der Alkoholabhängigen der AHG-Klinik Tönisstein befinden sich
ca. 70 % Patienten, die gleichzeitig tabakabhängig sind. Dies ist eine viel höhere Zahl als in der Gesamtbevölkerung (30 – 40%). Bezogen auf das Individuum,
aber auch gesellschaftlich betrachtet, ist Tabak gerade für die körperliche Gesundheit das gefährlichste Suchtmittel, was z. B. durch ca. 120.000 „Tabaktote“
im Jahr zum Ausdruck kommt.
2. Die gesundheitlichen Risiken des Tabakkonsums werden durch den gleichzeitigen Konsum von Alkohol in der Regel potenziert. So wird das erhöhte Risiko für
Speiseröhrenkrebs bzw. Kehlkopfkrebs bei Alkoholabhängigen mit 15 % angegeben, bei Tabakabhängigen mit 15 %. Die Kombination beider Suchtmittel ergibt eine Risikoerhöhung auf 55 %.
3. Im Verlauf und Erleben der Alkohol- und Tabakabhängigkeit finden sich zahlreiche Parallelen im phänomenologischen Bereich, evtl. kann sogar von parallelen
Suchtstrukturen der zugrunde liegenden biochemischen Prozesse ausgegangen
werden.
4. Zwischen beiden Abhängigkeiten lassen sich nicht nur Parallelen feststellen,
sondern es muss auch im Suchtpotential, dem Suchterleben und dem Suchtverhalten von einer gegenseitigen Verstärkung der beiden Abhängigkeiten ausgegangen werden. Dies würde auch die empirisch berichteten Befunde erklären,
nach denen durch das Einstellen des Konsums beider Suchtmittel – entgegen
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des landläufigen Stereotyps – die Abstinenzprognose für beide Abhängigkeiten
verbessert wird.
Alle diese Argumente unterstreichen die Notwendigkeit der Tabakentwöhnung, machen sie über die fachliche Position hinaus aus ethisch-moralischer Sicht unverzichtbar.
Trotz dieser Eindeutigkeit der Argumentation für die Raucherentwöhnung, zeigt die
therapeutische Praxis, dass Patienten nur sehr schwer zu einer Veränderung oder
gar Einstellung ihres Rauchverhaltens zu bewegen sind. So geben ca. 50 % unserer
Patienten zu Beginn der Therapie an, dass sie ihr Rauchverhalten nicht verändern
wollen. Allerdings sagen auch ca. 25 %, dass sie mit dem Rauchen aufhören wollen
und etwas über 20 % sind zu einer Reduktion bereit. Diese relativ schwierige motivationale Ausgangssituation ist zum einen in dem süchtigen Charakter des Rauchens begründet, zum anderen aber auch darin, dass Patienten bei Eintritt in die
Entwöhnungsbehandlung in der Regel weder in ihrer eigenen Wahrnehmung, noch
durch die Vorbereitung der einweisenden Stellen auf die Raucherentwöhnung vorbereitet sind. Diese Ausgangsposition aufgreifend umfasst das Konzept der Raucherentwöhnung folgende Interventionsschritte:
Im Klinikgebäude und über weite Bereiche des Klinikgeländes ist bis auf einen ausgewiesenen Raucherbereich das Rauchen untersagt. Auf die Einhaltung der entsprechenden Regeln achtet das gesamte Klinikpersonal einschließlich der Hauswirtschaft, und diese Regeln werden auch erfolgreich durchgesetzt.
Die o. g. Argumente für eine Fokussierung der Tabakabhängigkeit im Rahmen der
Entwöhnungsbehandlung werden zu Beginn der Behandlung mit verschiedenen
Methoden in unterschiedlichen Behandlungssettings patientengerecht kommuniziert. In der Aufnahmephase werden die Diagnosen Tabakabhängigkeit oder auch
schädlicher Gebrauch von Tabak mit dem Patienten ausführlich erörtert und an die
unbedingte Teilnahme an der Gruppe Nichtrauchertraining oder der Gruppe Tabakabhängigkeit – je nach vorliegender Motivation zum Rauchstopp – gekoppelt. Ziel
des Nichtrauchertrainings, das über ein verhaltenstherapeutisches Gruppenprogramm und/ oder aber über Einzelberatung umgesetzt wird, ist natürlich die Tabakabstinenz, hilfsweise wird diese über Zwischenschritte wie die Reduktion des Tabakkonsums angestrebt. Neben dem verhaltenstherapeutischen Gruppenprogramm
und Einzelgesprächen kommen auch Nikotinpflaster und Akupunktur unter ärztlicher Aufsicht zum Einsatz. Zentrale Elemente der Intervention sind das Schaffen
von Motivation, Informationen zur besonderen Parallelität der zu behandelnden
Abhängigkeiten, Beobachtungsverfahren zur Bestimmung der Baseline sowie die
Vereinbarung von Reduktions- und Abstinenzzielen mit der genauen Analyse der
Entscheidungssituation und der individuellen Gewichtung der Argumente für oder
gegen das Suchtverhalten. Ein verpflichtender sofortiger Rauchstopp ist nur dann
notwendig, wenn sich dies aus der bestehenden körperlichen Schädigung, wie z. B.
einer schwerwiegenden Gefäßschädigung oder einer Lungenerkrankung oder der
Anhäufung vielfältiger Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes mellitus, Gefäßschädi-
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gung, Adipositas etc. ergibt. In der Gruppe der Tabakabhängigkeit wird versucht,
zur Tabakabstinenz zu motivieren, wobei der Schwerpunkt auf der Informationsvermittlung liegt.
Die Erfahrungen mit der stärkeren Berücksichtigung der Tabakentwöhnung im
Rahmen der Entwöhnungsbehandlung lassen sich als durchaus ermutigend beschreiben. Am Ende der Therapie ist es bei ca. 30 % der Patienten zu einer signifikanten Reduktion (mindestens 30 %) gekommen, ca. 14 % der Patienten konnten
das Rauchen einstellen. Durch die Veränderung im Behandlungskonzept der Klinik
ist auch in der Einstellung und Bewertung der Patienten zur Raucherentwöhnung
eine Veränderung feststellbar. Sicherlich auch begünstigt durch die zunehmende
gesellschaftliche Ächtung des Rauchens insgesamt, ist die Tabakabstinenz bzw. die
Reduktion eine hoch positiv besetzte Zielsetzung, für welche diejenigen Patienten,
die dies anstreben und erreichen, nicht nur von Therapeuten, sondern auch von
Mitpatienten Anerkennung erhalten.
Entsprechend unserem Anspruch, Veränderungs- und Entwicklungsprozesse auch
längerfristig zu evaluieren, sind Fragen zum Rauchverhalten mittlerweile auch Bestandteil unserer Einjahres-Katamnese. Hier zeigt sich – neben der bereits erwähnten hochsignifikanten positiven gegenseitigen Beeinflussung der Alkohol- und Tabakabstinenz -, dass über die Hälfte der Rauchstopper ihre Tabakabstinenz erfolgreich aufrecht erhalten und immerhin ca. 5 % der Reduzierer und ca. 7 % derjenigen Patienten, die in der Behandlung noch keine Veränderung ihres Rauchverhaltens erzielten, nachträglich einen Rauchstopp erreichen.
Insgesamt betrachtet, unterstützen unsere Ergebnisse die Tatsache, dass es sinnvoll
ist, den Konsum aller Suchtmittel gleichzeitig einzustellen.
Berufsbezogene Maßnahmen
Im Mittelpunkt der berufsbezogenen Maßnahmen steht der Anspruch der Rehabilitation, Rehabilitanden die Teilhabe am Berufsleben zu ermöglichen bzw. die berufliche Tätigkeit zu stabilisieren. Dies beinhaltet einerseits die Wiederherstellung und
Stabilisierung einer grundsätzlichen Erwerbsfähigkeit, zum anderen aber auch Hilfestellung zur Wiedereingliederung in den Beruf, etwa bei Arbeitslosigkeit, und alle
Maßnahmen, die zum Erhalt eines Arbeitsplatzes beitragen. Über diese eher spezifischen, auch gesetzlich vorgegebenen Aufgaben der Rehabilitation, stellt der Beruf
im Gesamtkontext der Rehabilitation für den Rehabilitanden auch einen wichtigen
Lebenskontext dar, der eng mit der Abstinenzfähigkeit und Lebenszufriedenheit
verknüpft ist. Diese generellen Zusammenhänge lassen sich auch aus der allgemeinen Entwicklungspsychologie ableiten, woraus hervorgeht, dass sich berufliche und
persönliche Entwicklungen bedingen. Außerdem geben mittlerweile zahlreiche empirische Untersuchungen darüber Auskunft, inwieweit z. B. sich Arbeitslosigkeit
negativ auf die psychische und körperliche Gesundheit der Menschen auswirken
kann.
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Die berufsbezogenen Maßnahmen der AHG Klinik Tönisstein müssen auf die Bedürfnisse der von uns behandelten Patienten zugeschnitten sein. Die Daten unserer
Basisdokumentation zeigen, dass 96 % der Rehabilitanden mindestens über einen
Hauptschulabschluss verfügen, 10 % sogar ein Hochschulstudium abgeschlossen
haben. Dementsprechend sind 66 % der Rehabilitanden Angestellte bzw. Beamte,
21 % Facharbeiter und 9 % Selbständige. Die Arbeitslosenquote beträgt ca. 15 %,
und am Ende der Therapie werden 96 % der Patienten aus sozialmedizinischer Sicht
arbeitsfähig entlassen.
Entsprechend dieser Ausgangslage ergibt sich die Notwendigkeit, Arbeitslosen den
Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen und wenn der Arbeitsplatz vorhanden
ist, diesen zu sichern und zu stabilisieren. Das indikative Angebot Job-aktiv zielt auf
die Wiedereingliederung bei bestehender Arbeitslosigkeit. Neben der Vermittlung
direkter Kompetenzen im Bewerbungsverfahren stehen motivationale Faktoren sowie Handlungs- und Verhaltensstile der allgemeinen Lebensplanung im Vordergrund. In der konkreten Planung und Umsetzung von Bewerbungen erweist sich der
Zugang zu Datenbanken des Internet als hilfreich. Arbeitslose Patienten werden
zudem aufgefordert, alle relevanten Bewerbungsunterlagen mitzubringen. Hilfreich
und unterstützend ist auch die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt, den RehaBeratern und anderen Institutionen, wie dem Job-Shop, um die Bewerbungskompetenz unserer Rehabilitanden stärken. Zur Bearbeitung motivationaler Barrieren erweisen sich die umfassenden psychotherapeutischen Kompetenzen unserer Mitarbeiter als besonders förderlich. Damit können auch vielfältige emotionale Hemmnisse, die mitunter einer erfolgreichen Bewerbung im Wege stehen, aufgearbeitet
werden.
Bei vorhandenem Arbeitsplatz bieten die Gruppen Jobcoaching und Rückkehr zum
Arbeitsplatz ein geeignetes Forum, den Arbeitsplatz zu sichern. In diesen Gruppen
werden die grundsätzliche Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit, mögliche
Veränderungen, aber auch Konflikte am Arbeitsplatz sowie der nicht zu unterschätzende Zusammenhang zwischen Verhalten und Erleben am Arbeitsplatz und Abhängigkeit thematisiert und durch gezielte Befragungen Problemfelder aufgedeckt. Die
Arbeit in den Gruppen führt dazu, dass sich Rehabilitanden für die Rückkehr zum
Arbeitsplatz gestärkt fühlen und 95 % berichten, dass ihre geistige und auch körperliche Leistungsfähigkeit deutlich zugenommen hat und sie für mögliche Problemfelder, wie Konflikte, Ermahnungen und Abmahnungen sowie den Umgang mit
der Abhängigkeit am Arbeitsplatz ausreichend vorbereitet und gerüstet sind. Zusätzlich finden gezielte einzeltherapeutische Maßnahmen statt.
In die Reihe berufsbezogener Angebote gehört auch die Schulung von EDVBasisfertigkeiten, Gedächtnistraining, letztendlich auch die Gruppe zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis, die eng mit der Frage der Mobilität der Arbeitnehmer
verbunden ist.
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Wie die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, hat die verstärkte Etablierung berufsbezogener Angebote dazu geführt, dass Rehabilitanden die Rehabilitation nicht nur
isoliert als Maßnahme zur Erlangung der Suchtmittelabstinenz begreifen, sondern
eng im Zusammenhang zu ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit sehen.
Insgesamt erscheint es perspektivisch notwendig, die Schnittstellen zwischen Rehabilitation und Arbeitswelt systematisch zu verbessern. Derzeit bestehen zahlreiche
Kontakte, in denen Sozialberater und Führungskräfte die Rehabilitanden kontaktieren, um das weitere Vorgehen am Arbeitsplatz abzustimmen. Wünschenswert sind
ein Ausbau und die Systematisierung dieser Kontakte, um mit Hilfe der fremdanamnestischen Daten, z. B. im Sinne eines Anforderungsprofils und einer Beschreibung von abhängigkeitsbedingten Konflikten, die Behandlung optimal auf die Anforderungen am Arbeitsplatz abstimmen zu können. Umgekehrt sollte von Seiten
der Klinik ein systematischer berufsbezogener Austausch erfolgen. Aus dieser Art
der Zusammenarbeit könnten ähnlich positive Effekte auf das Gesamtergebnis der
Rehabilitation erwartet werden, wie dies z. B. im Bereich der Angehörigenarbeit
schon jetzt der Fall ist.
Kombinationsbehandlung mit der Fachambulanz des Caritasverbandes für die Stadt Bonn e. V.
Gemeinsam mit unserem langjährigen Kooperationspartner, der Fachambulanz der
Caritas in Bonn, haben wir die Konzeption einer Kombinationsbehandlung entwickelt. Diese ist mittlerweile durch die Rentenversicherungsträger, die DRV Bund und
auch die Rheinische Arbeitsgemeinschaft anerkannt und steht damit den Versicherten zur Verfügung. Grundlegende Idee der Kombinationsbehandlung ist es, die Vorteile des ambulanten Settings mit den Vorteilen des stationären Settings optimal zu
verbinden. Voraussetzung für eine Kombinationsbehandlung ist ein Gesamtrehabilitationsplan, der zu Beginn der Kombinationsbehandlung zwischen den Behandlern und den Patienten vereinbart wird. In dem Gesamtbehandlungsplan werden die Rehabilitationsziele des jeweiligen Behandlungssettings herausgearbeitet
und verbindlich vereinbart.
Im Kombinationsmodell 1, vier bis sechs Wochen stationäre Behandlung und sechsmonatige ambulante Weiterbehandlung, kann z. B. im stationären Setting vor allem
die rationale Krankheitseinsicht und deren emotionale Akzeptanz erarbeitet werden,
im ambulanten Setting steht dann weitere Problembereiche wie z. B. ein chronifizierter Partnerschaftskonflikt im Vordergrund.
Das Kombinationsmodell 2, eine dreimonatige ambulante Behandlung, eine vier- bis
sechswöchige stationäre Behandlung und drei Monate ambulante Weiterbehandlung,
ist dann indiziert, wenn wesentliche Rehabilitationsziele wie Krankheitseinsicht und
Bearbeitung der Funktionalität des Trinkens im ambulanten Setting erreicht, eine Vertiefung spezieller Hintergründe der Abhängigkeit, wie z. B. traumatisierende Erfahrun-
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gen in der Herkunftsfamilie, im stationären Setting vertieft und aufgearbeitet werden
sollen.
Das Kombinationsmodell 3 richtet sich an Patienten, die auf Grund ihrer Ausgangssituation eine stationäre Langzeitbehandlung benötigen, wo es aber durch die Aufsplittung der Rehabilitationsziele möglich ist, den stationären Aufenthalt auf acht Wochen
zu verkürzen und die verbleibenden Rehabilitationsziele, wie z. B. Stabilisierung der
Abgrenzungsfähigkeit im familiären Bereich, ambulant weiter zu behandeln.
Der Vorteil dieser Kombinationsbehandlungen liegt auf der Hand. Durch die enge Kooperation zwischen ambulanter und stationärer Behandlungseinrichtung können Patienten optimal versorgt werden. Außerdem senken Kombinationsbehandlungen im
Gegensatz zu herkömmlichen Behandlungen insgesamt die Kosten um etwa 20-40 %.
Kombinationsbehandlung sind daher nicht nur inhaltlich sinnvoll, sondern auch eine
wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung.
Aufnahmemodalitäten
Um die Behandlung in unserer Einrichtung aufnehmen zu können, benötigen Patienten eine Kostenzusage ihres zuständigen Leistungsträgers. Dies ist üblicherweise
der Rentenversicherer, eine gesetzliche oder private Krankenversicherung oder aber
Patienten kommen als Selbstzahler.
Zur Beantragung einer Entwöhnungsbehandlung sind in der Regel ein Arztbericht
und ein Sozialbericht erforderlich. Bei der Vorbereitung auf die Therapie werden
Patienten durch Suchtberatungsstellen am Wohnort unterstützt. Selbstverständlich
können Anfragen oder Besonderheiten auch mit Mitarbeitern in unserem Hause
geklärt werden.
Bei unklarer Motivation oder bei Fragen, ob eine Kurzzeitbehandlung in unserer
Einrichtung tatsächlich für einen Patienten die optimale Behandlungsmöglichkeit
darstellt, bieten wir Vorgespräche mit therapeutischen Mitarbeitern an. Patienten
können so die Einrichtung und die Behandlungsangebote kennen lernen, unsere
Mitarbeiter lernen den entsprechenden Patienten kennen und können durch gezielte Fragen eruieren, ob eine Behandlung in unserem Hause sinnvoll ist.
Wenn eine stationäre Behandlung in unserem Hause angestrebt wird, erhalten unsere Patienten den genauen Aufnahmetermin. Da die Ankunft und Aufnahme in die
Klinik sowie die notwendigen Formalitäten und Untersuchungen Zeit benötigen,
empfehlen wir, zwischen 8:00 Uhr und 11:00 Uhr in der Klinik einzutreffen.
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Kontakt
Auch nach der stationären Entwöhnungsbehandlung besteht für Patienten die
Möglichkeit, mit unserer Klinik in Kontakt zu bleiben. Regelmäßig werden in unserem Hause so genannte Stabilisierungswochenenden durchgeführt, in denen Patienten ihre Therapieerfahrungen vertiefen oder aber in Krisensituationen Unterstützung erhalten können.
Außerdem finden regelmäßige Ehemaligentreffen im Sommer statt, auf denen Kontakte zu Therapeuten und auch anderen Patienten gepflegt werden können. Hier
bietet sich eine gute Gelegenheit, die Therapie und die sich daraus ergebenden Veränderungen im eigenen Leben zu reflektieren, hoffentlich als Beginn eines zufriedenen Lebens ohne Abhängigkeit und mit neuen Kräften für eine bessere Zukunft.
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