Basel.Stadt.Land.Region. | Samstag, 10. Oktober 2015 | Seite 11 Frage des Tages Das Ergebnis der Frage von gestern: Sollen Spitex-Leistungsaufträge ausgeschrieben werden? Stadt subventioniert Spitex Basel – andere Organisationen müssen sich dem Markt stellen Basel. Vor zwei Jahren wollte Vreni Aeschlimann ihren damals 92 Jahre alten Gatten nach einem Aufenthalt im Felix-Platter-Spital nach Hause holen. Die gehbehinderte Frau brauchte sofort jemanden, da sie die Pflege ihres bettlägerigen Mannes nicht alleine schaffte. Die Spitex Basel winkte ab, frühestens in sechs Wochen könne man helfen. Bei der privaten Acura AG fand sie schliesslich Unterstützung. Nach einem weiteren Spitalaufenthalt ihres Mannes war Vreni Aeschlimann wieder auf die Hilfe der Spitex angewiesen. Weil sie sich frühzeitig angemeldet hatte, war die Spitex Basel jetzt verfügbar. So hat sie mit einer subventionierten und einer privaten Organisation gearbeitet. Bei beiden seien die Mitarbeiterinnen sehr gut. Doch es gebe bei beiden Vor- und Nachteile. «Bei der Spitex Basel wechseln die Betreuerinnen häufiger, die privaten Organisationen sind dafür viel mehr unter finanziellem Druck.» Genau das will Tina Sasse, Geschäftsführerin der privaten Spitex Acura AG, ändern. «Wir sind gegenüber staatlichen Organisationen klar benachteiligt», sagt sie. Die Spitex Basel sei zweifach privilegiert: Erstens erhalten sie staatliche Subventionen, zweitens müssen sie keine Mehrwertsteuer bezahlen. «Das ist eine klare Wettbewerbsverzerrung», sagt Sasse. «So müssen wir in einem extrem erschwerten Markt bestehen.» Jede Gemeinde und jede Stadt hat sicherzustellen, das ihre Bürger bei Bedarf ambulante Pflege erhalten. Das heisst, dass die Spitex auch für unrentable Einsätze ausrücken muss. Dafür bezahlt der Staat Subventionen. In Basel-Stadt erhält die öffentliche Spitex sechs Millionen Franken pro Jahr. Auf Monopol auch im Kanton Baselland Liestal. im Kanton Baselland stehen die gemeinden in der Verantwortung, der Bevölkerung ambulante Pflege und Betreuung zu Hause zu garantieren. auch sie greifen auf die Dienste der gemeinnützigen (öffentlichen) SpitexOrganisationen zurück und übergeben ihnen den Versorgungsauftrag ohne öffentliche ausschreibung. Dies ist in der ganzen Schweiz Brauch. Einzig in den solothurnischen gemeinden grindel und Erschwil wurde der Versorgungsauftrag öffentlich ausgeschrieben. Die gemeinnützige Spitex Baselland beschäftigt rund 450 Mitarbeitende und betreut pro Jahr 9500 Kunden mit 430 000 Pflege- und Betreuungsstunden. Die Einnahmen betragen rund 50 Millionen Franken, davon bezahlt die öffentliche Hand 19,3 Millionen Franken. ffl anzEigE In den Nationalrat Heinrich Sebastian bisher Roland R. Ueberwasser Frehner Ruf Patrick Hafner Eduard Rutschmann Frei bleiben – SVP wählen. www.svp-basel.ch Liste 12 Spitex Basel mit Spezialdiensten Eine öffentliche Ausschreibung würde Dorothea Zeltner, Geschäftsführerin der Spitex Basel, keine schlaflosen Nächte bereiten. Sie gibt aber zu bedenken, dass das Leistungsportfolio genau geprüft und verglichen werden müsste: «Wir haben im Vergleich zu anderen Anbietern auch Spezialdienste wie die Onko-Spitex, die Kinder-Spitex, den Spitex-Express oder das mobile Palliativ-Care-Team.» Das seien kostenintensive, spezialisierte Teams. Ausserdem müsse man sämtliche Kunden annehmen und unrentable Einsätze leisten. Mehr als 70 Prozent der Einsätze würden nicht länger als 30 Minuten dauern. «Das ist nichts, das wir nicht auch leisten könnten», sagt Tina Sasse, die sich als ehemalige Linienpilotin gewohnt ist, mit Drucksituationen umzugehen. Bis anhin sei es aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen, gewisse Spezialleistungen zu erbringen. «Wir müssten dafür auch das Geld bekommen.» Sie könnte sich jedoch vorstellen, diese Spezialdienste im Verbund mit anderen Organisationen abzudecken. Auch Paul Fritz, Geschäftsführer der Seniorenbetreuung Home Instead, ist nicht glücklich über die wettbewerbsverzerrende Situation im SpitexBereich. So kann die Spitex Basel die hauswirtschaftlichen Dienste aufgrund der Subventionierung durch den Staat für 36 Franken pro Stunde anbieten. «Wir müssten für die gleiche Leistung 48 Franken verlangen. Das ist eine ungerechte Situation, die zulasten der Allgemeinheit geht», sagt Fritz. Tatsächlich erhält die öffentliche Spitex für die Hauswirtschaft zusätzlich 4,15 Millionen Franken von der Stadt. Diese Monopolstellung kommt auch der Stadt nicht zugute, denn erwiesenermassen arbeiten die schweizerischen Monopolorganisationen teurer als die privaten. Das hat ein Forschungsteam der Uni Basel festgestellt. Unter der Leitung von Wirtschaftsprofessor Stefan Felder präsentierte es erstmals Zahlen über Leistungen von staatlichen und privaten Spitex-Organisationen. Auf die ganze Schweiz gesehen arbeiten 66% Nein (310) Anklage gegen Behring steht Financier wird Prozess gemacht Basel/Bern. Die Bundesanwaltschaft die jährlich geleisteten rund 260 000 Stunden umgerechnet, sind dies 23 Franken pro Stunde. Hinzu kommt die Restfinanzierung der Pflege, die jedoch nach Leistungsstunden abgerechnet wird und welche die privaten Organisationen auch erhalten. Sie beträgt 17 Franken pro Stunde. Die öffentliche Spitex erhält somit 40 Franken Subvention von der Stadt, während die private nur mit 17 Franken in der Stunde subventioniert wird. Bei der öffentlichen Spitex betragen die Subventionen 37 Prozent der Gesamteinnahmen. Acura will das Monopol knacken Bislang wurden die lukrativen, subventionierten Leistungsaufträge ohne Ausschreibung direkt an die Spitex Basel vergeben. «In keinem anderen Wirtschaftsbereich geht eine solche Praxis durch», sagt Sasse. Die Acura kämpft nun darum, dass das Monopol aufgebrochen wird. «In Grindel haben wir erreicht, dass der Leistungsauftrag öffentlich ausgeschrieben wurde, und haben den Zuschlag erhalten, was für eine gute Qualität spricht.» Doch auch der Stadt Basel scheint es mit dem jetzigen Zustand nicht mehr ganz wohl zu sein. Zumindest formuliert man Verhandlungsbereitschaft: «Bisher hat man von einer Ausschreibung abgesehen, da nach der Einführung der neuen Pflegefinanzierung keine andere Spitex-Organisation in der Lage war, die Grundversorgung der basel-städtischen Wohnbevölkerung adäquat abzudecken», sagt Anne Tschudin, Mediensprecherin des Gesundheitsdepartements. Doch sie weist auf Perspektiven hin: «Aufgrund der Entwicklung der SpitexOrganisationen seit Einführung der neuen Pflegefinanzierung prüfen wir derzeit, ob wir künftig eine Ausschreibung durchführen.» 34% Ja (160) Die Spitex Basel hat ein Monopol. Sollen Spitex-Leistungsaufträge in zukunft ausgeschrieben werden? www.baz.ch Private kämpfen gegen Diskriminierung Von Franziska Laur Kaufen Sie mit einfacherem Verfahren eher in Weil ein? hat gestern beim Bundesstrafgericht in Bellinzona Anklage gegen Dieter Behring erhoben. Fast auf den Tag genau elf Jahre nachdem der Börsenspekulant und vier seiner ehemaligen Mitstreiter verhaftet wurden, hat die Bundesanwaltschaft ein Etappenziel im Mammutverfahren erreicht. Dem Financier wird gewerbsmässiger Betrug sowie qualifizierte Geldwäscherei vorgeworfen. Das Verfahren dreht sich um das Anlagesystem des damals in Basel wohnhaften Behring. Der «Börsenguru», wie Behring genannt wurde, hatte von sich behauptet, den genetischen Code des Börsenhandels geknackt zu haben, und versprach hohe Renditen. In Wirklichkeit soll es sich laut Anklage um ein Schneeballsystem gehandelt haben. 2004 brach das Konstrukt in sich zusammen. Zurück blieb ein Loch von 800 bis 900 Millionen Franken. Während des Verfahrens meldeten sich 1200 Geschädigte bei der Bundesanwaltschaft, darunter auch viele Kleinanleger. Die lange Verfahrensdauer erklärte Bundesanwaltssprecher André Marty im Juli mit der Komplexität des Verfahrens. Im Zentrum steht nach seinen Angaben der Sachverhalt Anlagebetrug und daran anschliessende Geldwäscherei. Daneben hätten verschiedene Nebensachverhalte untersucht werden müssen. Insgesamt umfasst die Anklageschrift rund 200 Seiten und 14 000 Seiten Beilagen. Insgesamt füllen die Akten zum Fall Behring über 2000 Bundesordner. Will Chancengleichheit. Tina Sasse (61), geschäftsführerin acura ag und ehemalige Linienpilotin, kritisiert das Monopol der Spitex Basel. Foto Pino Covino diejenigen Organisationen, die Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, rund doppelt so teuer wie diejenigen, die dem freien Markt ausgesetzt sind. Ausserdem variieren die Ausgaben von Kanton zu Kanton stark. Während Basel-Stadt für Pflege und Betreuung in den eigenen Wänden pro Kopf 292 Franken ausgibt, kostet es im Aargau nicht einmal die Hälfte, nämlich 141 Franken pro Kopf. Stefan Felder überraschen die hohen Kosten in Basel denn auch gar nicht: «Ohne Ausschreibung zahlt die Stadt bisher drauf; die Spitex meldet, was es kostet, und die Stadt zahlt brav.» Genau dieser Mechanismus sei dafür verantwortlich, weshalb die Spitex in den vergangenen Jahren immer teurer geworden ist. Er rät den privaten Organisationen, vor Gericht zu gehen und gegen die Diskriminierung zu klagen. «Die Krankenpflegeleistungsverordnung sieht eine Gleichbehandlung aller in der Pflegefinanzierung vor, unabhängig von ihrer rechtlichen Trägerschaft», sagt er. Dass die private Spitex in BaselStadt nicht nur in der Pflege, sondern auch bei der Hauswirtschaft diskriminiert wird, scheine ein Unikum in der Schweiz zu sein. Dafür gebe es überhaupt keine Begründung. Die Geschäftsführerin der Spitex Basel relativiert: «Die Restfinanzierung erhalten in Basel-Stadt alle Organisationen. Wir erhalten lediglich höhere Beiträge, weil wir eben die Spezialdienste haben und die Einsätze unabhängig von deren finanziellen Rentabilität übernehmen müssen.» Dies mag in der Pflege noch durchgehen, bei den Haushaltsdiensten scheint die Subvention jedoch kaum gerechtfertigt. Dorothea Zeltner ist allerdings keine Freundin der Trennung von Hauswirtschaft und Pflege: «Unser Auftrag im Rahmen der Hauswirtschaft liegt nicht einfach beim Übernehmen der Aufgaben, sondern bei der Aktivierung der Kunden zur Stärkung deren Ressourcen. Dies beinhaltet auch eine grosse Komponente an Früherkennung. «Spielt das Zusammenspiel zwischen Pflege und Hauswirtschaft, werden finanzielle Ressourcen gespart.» Und noch etwas ist Zeltner wichtig zu betonen: «Auch die Spitex Basel ist eine private Organisation.» Man unterscheide sich lediglich dadurch, dass man eine gemeinnützige und keine kommerzielle Ausrichtung habe. Dies wirft jedoch noch mehr Fragen auf. Wohin fliessen die verwendeten Beträge, vor allem diejenigen aus Steuergeldern? Wie Tina Sasse ausführt, ist auch ihre Organisation darauf bedacht, dass die Angestellten eine Vergütung über dem gesetzlichen Mindestlohn haben und stetig eine Weiterbildung besuchen. Zeltner ist jedoch überzeugt: «Es sind die Kleinsteinsätze, die nur zehn bis zwanzig Minuten dauern wie Medikamente abgeben, Morgenessen zubereiten, eine Waschmaschine einfüllen oder Abfälle entsorgen.» Dieter Behring wehrt sich Dieter Behring selber hat sich vor zwei Monaten in einem Interview mit der BaZ erstmals zu den Vorwürfen geäussert. Er beschuldigte seine ehemaligen Geschäftspartner und sprach von einer Vorverurteilung: «Es stand von vornherein fest, dass ich der Hauptschuldige sein soll», sagte er. Tatsächlich hat die Bundesanwaltschaft vor einem Jahr beschlossen, ihre Ermittlungen auf Behring zu fokussieren und die weiteren Verdächtigen nur noch als Profiteure und nicht als mutmassliche Betrüger anzuschauen. Bis zum Beginn des Prozesses in Bellinzona dürfte noch einige Zeit verstreichen. Der organisatorische Aufwand für das Gericht bei der Vorbereitung eines solchen Mammutprozesses ist nicht zu unterschätzen. Zum Vergleich: 2006 hat das Baselbieter Strafgericht für den Millionen-Betrugsprozess Inter Capital ein halbes Jahr Vorbereitungszeit benötigt. Im Vergleich zu dem, was im Fall Behring auf die Richter zukommt, war Inter Capital kaum mehr als Bruchrechnen. Unklar ist, ob und welche Punkte mittlerweile verjährt sind. Bei Finanzdelikten muss bis spätestens 15 Jahre nach der Tat ein erstinstanzliches Urteil vorliegen. hys/SDA anzEigE LISTE 1 E i n nA h ME n DER S PiTE x in BAS EL Langzeitpflege öffentlich privat Subventionen BS (in Mio. CHF)* Davon Restfinanzierung (zu Normkosten BS)** Davon Stunden Subvention pro Stunde (in CHF) Total Einnahmen pro Stunde*** (in CHF) anteil Subventionen in % 10,38 4,37 258 888 40,1 108,0 37,1% 2,43 2,43 143 972 16,9 84,8 19,9% öffentlich privat 4,15 192 039 21,6 56,1 38,5% 0,00 94 821 0,0 47,8 0,0 Hauswirtschaft Subventionen BS (in Mio. CHF) anzahl Stunden Subventionen pro Stunde (in CHF) Total Einnahmen pro Stunde*** (in CHF) anteil Subventionen in % * Ohne Restfinanzierung der Gemeinden Riehen und Bettingen ** Wert geschätzt für die gemeinnützigen und öffentlich-rechtlichen Organisationen *** geschätzter Wert Quellen: Spitex Statistik 2013, Staatsrechnung 2013 Daniel Stolz wieder in den Nationalrat Bilaterale ja - deshalb 2x auf Ihre Liste! Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt – aus Liebe zu Basel
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