Beschluss der Mitgliederversammlung des FDP-Kreisverbandes Bremerhaven vom 15.3.2016 Mut machen statt Missmanagement Qualifizieren: Aktivieren, nicht aufgeben Die Wirtschaftsförderung in Bremerhaven rühmt sich: Maritimes Logistikzentrum, Spitzenpositition in der Fisch- und Lebensmittelverarbeitung, Wirtschaftsfaktor maritimer Tourismus, größte Stadt an der deutschen Nordseeküsten – viel Potenzial, das für Wirtschaft und Arbeitsmarkt brach liegt. Gleichgültigkeit und Demotivation – so begegnet hiesige Politik Arbeitslosen in Bremerhaven. Die Entscheidung von Siemens für Cuxhaven war für viele Menschen in Bremerhaven ein Schlag ins Gesicht. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Entwicklung der neuen Windkraftbranche ist gleich null. Viele haben vor vier bis fünf Jahren gehofft, an der Ansiedlung der Offshore-Industrie und Firmen wie Areva und PowerBlades partizipieren zu können. Millionen Euro wurden in die Qualifizierung von Arbeitslosen gesteckt, viel Geld wurde verbrannt. Erhoffte Entwicklungen und erwünschte Effekte blieben jedoch aus. Viele Arbeitslose, die sich für die Arbeit in der Offshore-Industrie haben qualifizieren lassen, konnten nach Maßnahmeende direkt wieder zum Jobcenter gehen und Transferleistungen beantragen – die Betriebe waren bereits mit dem Personalabbau beschäftigt, von Neueinstellungen keine Rede mehr. Der Hype Offshore gehört damit in die Geschichtsbücher von Bremerhaven, und sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Auf Kosten vieler Arbeitsloser, Arbeitssuchender und Langzeitarbeitsloser wurden Erwartungen gesetzt, die sich nicht erfüllten. Bis Mitte 2017 will Siemens bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze einrichten und viele weitere sollen durch die zu erwartenden sekundären Beschäftigungseffekte bei Zulieferern hinzukommen. Davon muss auch Bremerhaven profitieren! Bremerhavener Arbeitspolitik muss alles tun, um hier die Weichen zu stellen und Menschen aus der Stadt in Beschäftigung zu bringen. Politik, die selber resigniert hat, ist aber nicht in der Lage, Menschen zu motivieren und Vertrauen aufzubauen. Resignation ist hier fehl am Platze. Die FDP in Bremerhaven will dafür Sorge leisten, dass die Wirtschaft in Bremerhaven von der SiemensAnsiedelung so viel wie möglich profitiert und entsprechende Rahmenbedingen schaffen. Vor allem setzen wir uns dafür ein, dass Qualifizierungsprojekte sorgsam geprüft werden, bevor sechsstellige Fördergelder verschleudert werden und Arbeitsmarktpolitik verspricht, was sie nicht halten kann. Wir nehmen die Menschen, die hier leben, und ihre Sorgen ernst. Den Menschen, die hier leben, und gerne leben, wollen wir Mut machen, weiter an sich zu arbeiten und ihre Ziele für den Job und für die sichere Beschäftigung nicht aus den Augen zu verlieren. Politik, die zur Motivation nicht in der Lage ist, kann von der Bevölkerung keine Gegenleistung erwarten. Qualifizierungsmaßnahmen, die die berufliche Integration fördern, sollen grundsätzlich zielführend und nachhaltig sein. So fordern wir beispielsweise auch für diejenigen, die wollen, aber aufgrund von Grundlagendefiziten nicht können, dass diese Defizite im Rahmen der gängigen Maßnahmen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters als Vermittlungshemmnisse aufgegriffen und beseitig werden. Denn Studien belegen: mit jeder Kompetenzstufe erhöhen sich die Chancen von Beschäftigung. Damit ist belegt, dass Bildung das wirksamste Mittel gegen Armut ist. Jeder Bildungsprozess setzt auf den vorherigen Erwerb an. Je mehr man auf einer Stufe gelernt hat, desto effektiver lernt man auf der anschließenden Stufe. Wenn aber das Grundlagenwissen fehlt, kann aufbauendes Wissen nicht anknüpfen – ein Umstand, der Bildungsbiografien erheblich erschwert bzw. erleichtert, wenn die Basis vorhanden ist. Laissez faire heißt Gleichgültigkeit Fast nirgendwo in Deutschland ist der Anteil von Hartz-IV-Empfängern an der Bevölkerung so groß wie in Bremerhaven. Zugleich werden die Leistungen in Bremerhaven so selten gekürzt wie sonst nur im Saarland und in Hessen. Uns ist bewusst, dass wir mit den Sanktionen in Bremerhaven vermintes Gelände betreten. Wir tun es aber trotzdem. Denn unserer Meinung passt da etwas nicht: die meisten Langzeitarbeitslosen – die wenigsten Sanktionen, Miss-Matching der Superlative. Wir erwarten von Bremerhavener Arbeitspolitik, dass sie Zugänge und Anreize schafft, um die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu reduzieren. Laissez-faire beschreibt hier kein pädagogisches Konzept, sondern Gleichgültigkeit. Die Leitidee von Hartz-IV heißt aber Fördern und Fordern. Wo ist ein Langzeitarbeitsloser gefordert, der dem Sozialpädagogen in der Maßnahme auf den Kopf zusagt, er habe vor Sanktionen keine Angst, weil er diese permanent in sein Budget mit einrechnet und trotzdem gut über die Runden kommt? Wir fragen uns, welche Ansätze Bremerhaven ergreift, um die Gruppe deren, die können, aber nicht wollen in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Unserer Meinung ist hier eine gesunde Balance von Autorität und Empathie notwendig, die zu leicht und häufig zu Gunsten von Verständnis nicht einmal versucht wird. Dass Bremerhaven auf breiter Front das Schlusslicht ist, kann man nicht weiter einfach so hinnehmen. Der letzte Platz in Armut, Arbeitslosigkeit, Bildung – und in den Sanktionen. Jeder, der Kinder hat, weiß, dass der leichteste Weg nicht per se der richtige ist. Den Menschen ist nicht geholfen, wenn Konflikten grundsätzlich aus dem Weg gegangen wird. Es scheint fast so, als hätten alle beteiligten Akteure jegliche Hoffnung aufgegeben. Wir fordern mehr Engagement im Fallmanagement, konstruktive Auseinandersetzung mit den Betroffenen und den Einsatz von Sanktionen, wenn sie – sorgfältig geprüft - angebracht sind. Das Leitprinzip des Wohlfahrtsstaates lautet Geben und Nehmen, und ist reziprok, also wechselseitig, und nicht auf einseitiges Nehmen ausgerichtet. Firmen in Bremerhaven müssen Anreize geboten werden, Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit eine Chance zu geben. Betroffenen muss man auch mal innovative Ansätze bieten, um den Weg aus der Lethargie zu schaffen. Eine Redewendung lautet: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vor dem Hintergrund der Äußerung von Oberbürgermeister Melf Grantz, Bremerhaven muss sich auf 20 % Arbeitslose einstellen, hat man den Eindruck, in Bremerhaven sei bereits jetzt schon Hopfen und Malz verloren. Das ist unserer Meinung keine Grundlage zum konstruktiven Handeln und Wirken.
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