Vorpommern Kurier Seite 16 Dienstag, 15. September 2015 Marco Kramber vom Ingenieurbüro Neuhaus und Partner erklärte den Bau des neuen Kreisverkehrs. FOTOS: ANNE-MARIE MAASS Eine Radtour zwischen Baustelle und Biogas Von Anne-Marie Maaß Wen wundert das noch bei den vielen Baustellen in der Stadt? Das Rad wird in Anklam immer beliebter. Erst recht wenn Rathaus-Chef und Bürgervorsteher gemeinsam einladen, in die Pedale zu treten. Und die Teilnehmer der Tour konnten am Wochenende jede Menge Neues in und um die Stadt erfahren. Seien wir ehrlich: „Spielt das Wetter in diesem Jahr mit?“ Das dürfte wohl eine der wichtigsten Fragen gewesen sein, die sich viele Anklamer am Sonntagmittag stellten. Am Ende konnten die Wolken doch nicht schrecken. Immerhin rund 80 Einwohner der Stadt schnappten sich ihr Fahrrad und trafen sich am frühen Sonntagnachmittag auf dem Marktplatz zur gemeinsamen Radtour. Bereits zum sechsten Mal lud Bürgermeister Michael Galander und in diesem Jahr Bürgervorsteher Andreas Brüsch zur Rundtour durch Anklam ein. Und da gab es weit mehr ANKLAM. Der Einladung der Anklamer Chef-Politik folgten am Sonntag rund 80 Bürger auf 160 Rädern. zu entdecken, als Baustellen und Bagger. Dennoch: Die bange Frage nach dem Wetter war nicht ganz unbegründet: Im vergangenen Jahr kam im strömenden Regen nur eine Handvoll Mutiger zum festgelegten Treffpunkt. Die Tour wurde kurzerhand abgesagt. Nass waren die Mutigen trotzdem. Diesmal sollte also alles besser werden. Für die Tour fand man in der Stadtverwaltung dann auch einen hochtrabenden Namen: Auf die „Energieroute“ wollte der Rathaus-Chef die Anklamer durch ihre Stadt mitnehmen. Mit eingeplanten Haltestellen, an denen man auf einem normalen Familienausf lug mitunter nicht unbedingt rasten würde. Trotz des markigen Titels: Die meisten der Radler kamen übrigen ganz ohne elektrische Unterstützung aus. Muskelkraft statt E-Fahrrad. Die erste Etappe führte noch in die seit einigen Jahren unberührte Natur. Allerdings auf frisch geteerten Wegen. Entlang des neuen Radweges an der Grünen Wiese ging es zum Vogelbeobachtungspunkt in Richtung Görke hinaus. Für einige Fahrer die erste Fahrt auf der erst vor Kurzem fertiggestellten Asphaltpiste. Am Beobachtungspunkt selbst gab es einen beeindruckenden Blick auf die gef luteten Polderf lächen vor Anklam, samt Kormoranen, weißen Reihern und Schwänen. Bodo Krüger, im Rathaus zuständig für die kommunale Infrastruktur, erklärte anhand des gef luteten Polders die Folgen des Hochwassers aus dem Jahr 2002. Nach dem kurzen Vortrag ging es zunächst zurück nach Anklam – und da wurden nicht nur viele Baustellen passiert, sondern auch haltgemacht. An der Baustelle zum neuen Kreisverkehr an der Kreuzung Marienkirchplatz/ Demminer Straße/ Ostseestraße erklärte Marco Kramber vom Ingenieurbüro Neuhaus und Partner den aktuellen Stand der Bauarbeiten in der Innenstadt. An der besagten Kreuzung entsteht derzeit der letzte Anschluss zur Anklamer Ortsumgehung. Auch dort ist ein Ende der Bauphase bereits abzusehen: Ende Oktober soll der Kreisverkehr samt sechs Meter hoher Neptunstatue eingeweiht werden und der Verkehr zumindest an dieser Stelle wieder rollen. Die Radfahrer indes rollten vom entstehenden Kreisverkehr aus, durch den Stadtpark zum ersten eigentlichen Energiehöhepunkt der Route – dem Heizhaus der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft Anklam (GWA) in der Anklamer Südstadt. Hier konnten auch die Radler erst mal Energie tanken. In form von Kaffee und Kuchen. Gleichzeitig gab es aber auch einen Einblick in die Anlage, die zahlreiche Wohnhäuser der Stadt mit Wärme versorgt. Weiter ging es von dort aus zur Biogasanlage. Den Abschluss fand die Radrundtour durch Anklam dann auf dem Gelände des Seesportvereins. Rund 18 Kilometer hatten die Radfahrer dort bereits hinter sich gebracht. Anklam erfahren – mal ganz anders. Kontakt zur Autorin [email protected] Negativ-Preis für das „Löwenportal“ Von Veronika Müller Anklam bekommt ein neues Gesicht - verliert es dabei seine historische Seite? Einige Einwohner sind sich sicher: Die Anklamer müssen aufpassen. ANKLAM. Eine kleine schwarze Schleife schmückt seit Sonntag den Bauzaun am Abrisshaus in der Wollweberstraße. Ein Gebäude, das um 1820 gebaut wurde und immer noch unter Denkmalschutz steht. „Wir hatten lange gehofft, dass es gelingt, den angekündigten Abriss zu verhindern. Doch leider hat die Stadt hier Tatsachen geschaffen“, sagt Gerlinde Ladwig von der Initiative „Bitte lächeln Altes Haus“ beim Stadtspaziergang zum Tag des offenen Denkmals. Die kleine Schleife soll mahnen: Passt auf unsere historischen Gebäude auf, sie sind auch Teil der Stadt, die derzeit rund um den Markt ein neues Antlitz erhält. „Das ist gut so, aber wir sollten AZ bewusster mit unserem Erbe umgehen“, so der Tenor in der Runde, die sich anschließend auf den Weg zum alten Gericht machte. Hier bietet sich dem Betrachter ein ebenfalls trauriges Bild. Seit Jahren dümpelt der Bau vor sich hin. Vorschläge und Ideen, es zu sanieren und sinnvoll zu nutzen, gab es viele, doch keine ist bisher in die Tat umgesetzt worden. Die Befürchtung ist groß, dass so lange in Untätigkeit verharrt wird, bis es zu spät ist und die Abrissbirne kommt. Insgesamt gibt es nach Angaben von Gerlinde Ladwig und Stadtarchäologin Andrea Popp etwa 45 private Häuser, die ebenfalls auf der Kippe stehen, weil sich niemand darum kümmert. Ganz anders sieht es in der Leipziger Allee aus. Dort hat der Eigentümer kurzen Prozess gemacht und das störende verfallene Haus abgerissen. Eine Mauer grenzt nun das freie Areal zur Straße hin ein, auf dem wohl ein Parkplatz entstehen soll. So jedenfalls vermuten es eini- Es ist „5 nach 12“: Ein Wecker zeigt es an. Der Negativpreis geht an den abgerissenen Bau in der Leipziger Allee. ge Anklamer. Die Einfahrt wird von zwei kleinen Löwen auf den Seitenpfeilern geziert. „Das ist der Gipfel“, waren sich die „Stadtspaziergänger“ einig. Dafür gab es den Anklamer Negativpreis „5 nach 12“, der zum ersten Mal verliehen wurde. Ein rosa Wecker ist der Wanderpokal, der künftig jedes Jahr für eine andere Denkmalbausünde vergeben werden soll. Ob das Signal bei den Besitzern ankommt, bleibt fraglich. „Aber wir kämpfen darum und werden nicht einfach zusehen, wie ein Teil der Geschichte Anklam sang- und klanglos verschwindet.“ Gerlinde Ladwig verweist noch einmal auf die Ruine in der Wollweberstraße. Das Haus sei nach Meinung der Denkmalschutzbehörde noch sanierungsfähig gewesen und befindet sich obendrein im Stadtkern – hätte also durchaus mit Städtebaufördermitteln gerettet werden können. „So etwas ist doch einfach nur traurig“, sagt Ladwig. Eine Trauerschleife für das abgerissene Haus in der Wollweberstraße: Bis zuletzt hatten die Mitglieder der Initiative „Bitte lächeln Altes Haus“ gehofft, das Gebäude zu retten, doch vergebens. FOTOS: VERONIKA MÜLLER
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