Raiffeisenbank schließt im Juni 2016 acht Filialen

DONAU-POST
Mittwoch, 18. November 2015
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Raiffeisenbank schließt im Juni 2016 acht Filialen
Dauerhafte Niedrigzinspolitik und überbordende Bürokratie lassen Gewinne einbrechen
L a n d k re i s . „Durch größere
Teams kommen unsere Mitglieder
und Kunden in den Genuss von
mehr Beratungskompetenz, flexiblerer Terminvereinbarung und nicht
zuletzt einem größeren Leistungsangebot“, so der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Oberpfalz
Süd, Johann Pernpeintner. Der
Grund für diese optimistische Darstellung der Situation der Raiffeisenbanken ist allerdings wenig erfreulich - sowohl für die Banker als
auch für ihre Kundschaft: Zum 30.
Juni 2016 werden acht der insgesamt 24 Filialen im südlichen Landkreis
Regensburg
geschlossen.
Gründe sind eine ausufernde Bürokratie sowie die rigide Zinspolitik
der Europäischen Zentralbank.
„Seit der Finanzmarktkrise 2008
machen uns die Reaktionen der Europäischen Zentralbank (EZB) das
Leben schwer“, klagt Pernpeintner.
Die langanhaltende Niedrigzinspolitik zum einen und eine überbordende Bürokratie zum anderen seien die Faktoren, die ihm und seinen
Vorstandskollegen keine andere
Wahl mehr ließen, als die Kosten für
den Betrieb der Filialen zu senken.
Das wird zum 30. Juni 2016 durch
die Schließung von insgesamt acht
so genannten Kleinstgeschäftsstellen geschehen. Betroffen seien die
Filialen in Bach, Eggmühl, Illkofen,
Köfering, Oberisling, Riekofen,
Schönach und in Wallkofen (Landkreis Straubing-Bogen).
| Immer weniger Besucher
„Wir haben uns viel Arbeit gemacht und genau den Zustand der
einzelnen Filialen geprüft, um herauszufinden, wie viele und welche
wir schließen müssen“, berichtet
Pernpeintners Vorstandskollege Josef Geserer. Beide stammen aus
Der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Oberpfalz Süd, Johann Pernpeintner (rechts), und Vorstandsmitglied Josef
Geserer erläutern die Gründe für die Schließung von acht Filialen im Landkreis zum 30. Juni 2016. – Auch die so genannte
Kleinstgeschäftsstelle im Bacher Rathaus (rechts) ist von der Schließung betroffen.
(Fotos: mox)
kleinen Ortschaften, sind auf dem
flachen Land verwurzelt und haben
jahrzehntelang in kleinen Filialen
ihr Handwerk gelernt. „Die Bank
von heute hat mit der von früher
nichts mehr zu tun“, analysiert Geserer. Die Anforderungen an die
Mitarbeiter seien vielfältiger geworden, das Kundenverhalten habe
sich unter anderem dahingehend
geändert, dass viele, auch ältere
Menschen, ihre Geschäfte zunehmend online abwickeln. „Dadurch
ist die Besucherfrequenz in den Filialen deutlich zurückgegangen“,
erklärt Pernpeintner.
Das Gravierendste aber seien die
Auswirkungen des niedrigen Zinsniveaus. Zwar hätten gerade die Regionalbanken wie Volksbank, Raiffeisenbank oder die Sparkassen mit
der Auslösung der Finanzkrise
überhaupt nichts zu tun gehabt.
„Wir verleihen das Geld unserer
Kunden ausschließlich an regionale
Betriebe und investieren nicht in risikoreiche Überseegeschäfte“, so
Geserer. Dennoch müssten gerade
diese kleinen Banken nun die Suppe
auslöffeln, weil sie überwiegend von
den Zinsmargen lebten. „Wir sind
von einem Zinsniveau von fünf,
sechs Prozent auf heute ein bis zwei
Prozent gefallen“, rechnet Geserer
vor. Früher sei die Marge bei zwei
Prozent gelegen, jetzt habe sie sich
auf ein Prozent halbiert.
| Ständig steigende Kosten
Weil man zudem immer mehr Personal alleine dafür einstellen müsse,
die bürokratischen Vorgaben zu erfüllen, sei die Kostenspirale an einem Punkt angelangt, der gegenüber der Aufsicht führenden Bundesbank nicht mehr zu vertreten sei.
Hochrechnungen über die Rentabilität der einzelnen Filialen über einen Zeitraum von fünf Jahren hät-
ten zu den Geschäftsstellen geführt,
die nun geschlossen werden müssten, sagt Pernpeintner. Kriterien für
die Hochrechnung seien unter anderem die Einwohnerzahl, die Einkaufsmöglichkeiten,
berufliche
Wanderströme und Kaufkraft gewesen. Naturgemäß seien daher
kleine Gemeinden von den Schließungen betroffen.
Dennoch: „Trotz der Schließungen haben wir noch immer das engmaschigste Netz von Filialen in der
Region“, so der Vorstandsvorsitzende. Die Kunden würden deshalb
keinerlei Einbußen bei der Qualität
der Beratung oder beim Service zu
gewärtigen haben, zumal die persönlichen Berater oft in die nächstgelegene Geschäftsstelle übersiedelten. Außerdem verfüge die Raiffeisenbank über ein hochqualifiziertes Kundenservicecenter in Mintraching, wo 14 Mitarbeiter tagtäglich
von 8 bis 18 Uhr von der Kontoabfrage bis zur Auslandsüberweisung
alles telefonisch erledigten. In den
Ortschaften, deren Filialen geschlossen werden, garantiert Geserer in Extremfällen sogar die persönliche Überbringung von Bargeld, etwa bei bettlägerigen Menschen.
Beide Banker legen Wert auf die
Feststellung, dass mit den Schließungen keinerlei betriebsbedingte
Kündigungen verbunden seien. Bereits vor zwei Jahren, als die Entwicklung abzusehen gewesen sei,
habe man unter anderem mit Altersteilzeitangeboten die betroffenen zehn Mitarbeiter auf die sichere
Seite gebracht. Trotzdem: „Wir entfernen uns immer mehr von unseren
Wurzeln - und das tut weh“, sagt
Geserer. Und Pernpeintner fügt hinzu: „Wir würden viel lieber neue
Geschäftsstellen eröffnen, als alte
zuzusperren.“
Die Kunden der Raiffeisenbank
werden alle noch persönlich über
die Schließungen informiert, mit
den genossenschaftlichen Vertretern und den Bürgermeistern vor
Ort seien bereits persönliche Gespräche geführt worden. „Es wäre
auch verantwortungslos gegenüber
unserem Nachwuchs gewesen, die
Bank nicht auf die Erfordernisse
der Zukunft einzustellen“, gibt der
Vorstandsvorsitzende zum Abschluss noch zu bedenken. -mox-