Johann Jascha - Eine Atelierstory

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Johann Jascha –
eine Atelierstory
Der oberösterreichische Maler, Zeichner, Skulpteur und Schreiaktivist Johann Jascha (73)
zählt seit mehr als vier Jahrzehnten zu den vielseitigsten Künstlern Österreichs.
Grund genug für uns, ihn – und seine bezaubernde Frau Charlotte –
in seinem Atelier in Wilhering bei Linz zu besuchen.
das atelier.
Hier entstehen Jaschas
starkfarbige Arbeiten.
Text: Maria Russ, Fotos: Anja Gubo
K
ünstler haben den Ruf, abgehoben, unnahbar und
überheblich zu sein. Das
mag durchaus auf viele zutreffen, jedoch gewiss
nicht auf Johann Jascha.
Der Oberösterreicher konzentriert sich
lieber auf das Wesentliche: seine Kunst.
Und das sehr erfolgreich seit den 1960erJahren. Sein Talent fiel einem Lehrer bereits in der Mittelschule auf, von 1963 bis
1967 studierte Jascha Malerei an der
Akademie der Bildenden Künste in
222 | Oberösterreicherin
Wien, schloss mit Diplom ab. 1975 folgte
das Diplom für Medailleurkunst, Kleinplastik und Reliefkunst und 1976 das Diplom für Zeichnung. Seit den 1970er-Jahren hat Jascha an rund 400 Ausstellungen
im In- und Ausland mitgewirkt, zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten und sich bei Auslandsaufenthalten,
die ihn nach Südafrika, Haiti, Bali, Thailand oder in die Karibik führten, Inspirationen für seine Bilder geholt. Erst 2013
erhielt der Künstler den Kulturpreis des
Landes Oberösterreich für Bildende
Kunst. Seine Plastiken, Bilder und Gra-
fiken befinden sich teilweise im öffentlichen Raum, etwa auf der Fassade der
PlusCity in Pasching oder an der Decke
der Linzer Taubenmarkt-Arkade. Bekannt wurde Johann Jascha auch durch
seine mimischen Auftritte und Schreiaktionen in den 1960er- und 1970er-Jahren
als Protest gegen die akademische Kunstszene.
Seit über 30 Jahren an Johann Jaschas
Seite steht seine Frau Charlotte, die als
Modedesignerin nicht nur für die perfekt
sitzenden Outfits ihres Mannes verantwortlich ist und seine größte UnterstütOberösterreicherin | 223
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zerin sowie stolzeste Bewunderin ist,
sondern auch seine schärfste Kritikerin:
„Ich hasse seine Schreiaktionen“, meint
sie keck, als sie uns das Video der neuesten Schreiaktion ihres Mannes zeigt, die
er bei der Eröffnung seiner aktuellen
Ausstellung in der Galerie ICON in Linz
aufführte.
Indien, Thailand, Ägypten, Tobago …
Sie waren viel im Ausland unterwegs.
Inwiefern haben fremde Länder und
Kulturen einen Einfluss auf Ihre Werke?
Ich bin in die exotischen Länder gefahren, um im Winter in einer nicht so
grauen Atmosphäre wie bei uns hier eine
andere Art von Inspiration zu finden, ein
Arbeitsklima, das von Wärme und Licht
durchflutet ist. Das Meer und die vielen
Farben in den südlichen Ländern haben
mich sehr beeinflusst, etwa die der indischen Saris. Die Farben entsprechen
ganz den Bedürfnissen meines Charakters.
Jedes Jahr fixieren meine Frau und ich
mindestens einmal im Jahr einen Monat
Arbeitsklausur in Ländern, in denen die
Sonne scheint. Dort gelingt eine Arbeitsdichte, die sonst in Wilhering aufgrund
der vielen Ablenkungen nicht möglich
ist. Das heißt, die wichtigste Arbeitsphase
im Jahr ist dieser Aufenthaltsaufenthalt.
Manche meiner Arbeiten sind „Dreikontinentenblätter“, weil ich sie immer wieder mitgenommen habe und daran weitergezeichnet habe, sodass die Einflüsse
von verschiedenen Kulturen in jeweils
einer Zeichnung passierten.
Gilt das auch für die Bilder der
aktuellen Ausstellung, die seit Anfang
Mai zu sehen ist?
Ja. Ich bin ein Künstler, der schon so
vieles in sich aufgenommen hat über Naturerlebnisse und Kulturerlebnisse, dass
mein Inneres voll ist mit Informationen
und Erlebnissen. Es geht darum, sich in
der künstlerischen Arbeit gedanklich
leer zu machen und das dann aus den eigenen Tiefen das herauszuholen im
schöpferischen Arbeitsprozess. Die erste
Ebene ist die Malerei auf Papier, die zwei224 | Oberösterreicherin
Charlotte Jascha ist seit über 30 Jahren die Frau an
Johann Jaschas Seite.
Mode beschäftigt sich stark mit dem äußeren
Erscheinungsbild und schaut, dass die Oberfläche – das Dressing – stimmt. Ich beschäftige
mich dagegen sozusagen mit den inneren Werten, versuche, allgemeine und tiefe Erkenntnisse
in Farbe und Zeichnung zu übertragen. Das
heißt, es geht um die Rhythmik des Lebens, das
Aufbauen der Welt … Ein Kunstwerk sollte so
sein, dass es immer gültig ist, nicht wie Mode,
die von den Modepäpsten immer wieder verändert wird. Es geht in der Kunst nicht um Trends
wie bei der Mode. Ich habe nie an Kunsttrends
gearbeitet. Das Bild sollte sich immer erneuern,
mit der Fantasie des Betrachters.
te Ebene ist die Zeichnung in diese gemalten Farbräume. So ergibt sich auch
eine gewisse Trennung von Zeichnung
und Malerei, der Hintergrund geht
räumlich in die Tiefe und die Zeichnung
in diesen Farbraum tanzt, schwebt, flirrt,
schwingt … Zu sehen ist das derzeit in
der Galerie ICON.
Was ist das Thema der Ausstellung?
Das Thema ist die abstrakte Kunst, die
Andeutungen zu Figur, Kopf, Gesicht,
Maske, Landschaft hat.
Charlotte Jascha wirft an dieser Stelle ein:
Man muss dazu sagen, Johann und ich kannten
Wie würden Sie Ihre Kunst in wenigen
Worten beschreiben?
Ich mache starkfarbige Arbeiten auf Papier, die sehr oft mehrere Horizonte in
sich tragen, wie Farbabfolgen, in denen
die Linienfiguren und Masken und Gesichter tanzen.
2008 heirateten Sie Ihre damalige
Lebensgefährtin Charlotte, die als
Modedesignerin ebenfalls kreativ
arbeitet. Was verbindet Sie
künstlerisch?
(Lacht) Es gibt mehr die Kontraste. Die
IN FOBOX
Aktuelle Ausstellung:
8. Mai bis 30. September 2015
ICON Galerie
Stahlstraße 14
4020 Linz
Malerei und Zeichnung
Lange Haare und Rauschebart: Johann
Jascha in den 1970er-Jahren
uns 2008 schon 25 Jahre lang und anstatt der
silbernen Hochzeit beschlossen wir zu heiraten.
Erwin Wurm hat in einem Interview einmal
gesagt: „Als Künstler kann man nicht in
Pension gehen.“ Teilen Sie seine Meinung?
Das gesetzliche Pensionsalter haben Sie ja
bereits erreicht …
Der Künstler geht in Pension, aber seine künstlerische Entwicklung nicht. Diese hört erst
dann auf, wenn einem nichts mehr einfällt.
Man braucht als Künstler einen Impetus, ein
inneres Brennen, um immer wieder Kunst zu
entwickeln. Der Pensionsübergang war unbemerkbar für mich.
Wie oft verweilen und arbeiten Sie hier in
Ihrem Atelier in Wilhering?
Wenn ich von der Kunst ermattet umfalle, gibt
hier im Atelier zwar eine Schlafgelegenheit, ich
wohne aber in Linz (schmunzelt). Der Blick in
die Natur, auf das Stift Wilhering ist traumhaft
… ein perfekter Ort, um Kunst zu schaffen. Ich
bin meistens hier. Mein Atelier in Wilhering ist eines der ganz wenigen für einen Künstler ausgebauten Ateliers. Es
wurde extra für den Künstler Fritz Fröhlich ausgebaut; ich habe es 2003 übernommen.
www.jascha.at
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