Kannten die alten Ägypter das Geheimnis des Fliegens?

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Sommer 1997
Kannten
die alten
Ägypter
das
Geheimnis
des
Fliegens?
Hallo Jungs und Mädels, da sind wir
wieder! Meine Klausuren sind vorbei,
und es ist mir gelungen, endlich mal
wieder eine Ausgabe der WBB News
zusammenzustoppeln. Ihr ahnt schon,
was jetzt kommt: Ich brauche Beiträge
von Euch, und zwar dringend! Wie wär’s
mit Berichten von Modellbau-Messen
oder
vom
Vereinsausflug
zum
Frankfurter Flughafen? Wer schreibt
die Highlights des Vogesen-Trips nieder? Was ist mit Testberichten von
neuen Modellen? Also, Griffel in die
Hand und ein paar Zeilen zu Papier
gebracht! Und noch was: Für Cartoons
aus dem Bereich des Fliegens bin ich
auch dankbar; meine Sammlung geht
langsam zuende. Auch Fotos sind
willkommen!
Wir beginnen mit einem etwas unerfreulichen Thema, nämlich der Sicherheit beim Modellflug:
Dumm geloffen?
– Einige (selbst-) kritische Anmerkungen
aus aktuellem Anlaß –
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Ostermontag nachmittag. Der Frühling
ist endlich ausgebrochen: Motorräder
und Cabrios sind aus dem Winterschlaf
erwacht und durchstreifen allein oder in
Rudeln die Asphalt-Wildnis; auch die
Modellflugzeuge haben ihre Nester
verlassen und ziehen mit ihren Besitzern
hinaus zum frohen Spiel in Mutter Natur.
Wie jedes Jahr sind auch einige Küken
geschlüpft und werden jetzt rasch flügge.
So auch meine Version des JONATHAN –
ihr wißt schon, die mit V-Leitwerk und
SD 7037-Profilierung. Es war wirklich
ein herrlicher Tag, unter anderem
tummelten
sich
vier
JONATHANVersionen (auch Thomas’ Maschine ist
inzwischen fertig) in den ersten guten
Bärten des Jahres. Etwa gegen fünf Uhr
nachmittags legte mein JONATHAN in ca.
80 m Höhe eigenartige heftige
Zuckungen an den Tag, die mich veranlaßten, den Flug abzubrechen. Aber
schon beim Abbauen der Höhe traten so
schwere Funktionsstörungen der Anlage
auf, daß mir nichts Gutes schwante.
Zu allem Überfluß begannen just in dem
Moment, als ich mit der bockenden
Maschine zu Landung ansetzte, ein paar
Spaziergänger aus Richtung Edergrube
über den Platz heraufzulaufen. Unser
Geschrei konnte sie nicht anhalten;
offenbar realisierten sie überhaupt nicht,
was gerade geschah. Um die Gefahr für
sie zu verringern, holte ich – inzwischen
schon in Adrenalin gebadet – über dem
Acker Richtung Söllingen etwas weiter
aus, und in diesem Moment setzte die
Anlage endgültig aus. Die Maschine,
ohnehin schon mit Überfahrt geflogen,
schlug in einer Steilkurve aus 15 m
Höhe im Acker ein. Ergebnis: Der
Rumpf mehrfach gebrochen (Totalschaden), das Flächenmittestück im
Bereich der Störklappe
schwer
gestaucht.
An Thomas’ Ladegerät war die Ursache
schnell gefunden: Der Akku war
komplett leer. Was war geschehen? Die
Zellen (1400 mAh Cadnica; Mignonähnlich) waren praktisch unbenutzt; ich
hatte sie eigens für den JONATHAN
gekauft. Sie waren mit fachkundiger
Hilfe (von den beiden Thomassen)
gelötet und von Thomas Schorb in der
Nacht zuvor mit 100 mAh geladen
worden. Thomas war aufgefallen, daß
die Akkus beim Schnelladen nicht die
volle Kapazität erreichten – scheinbar
nichts Ungewöhnliches bei diesem
Zellentyp; Christian Carlsson berichtete
von einem ähnlichen Phänomen.
Deshalb hatte Thomas die Zellen
nochmals langsam geladen, danach
waren sie „duddelvoll“. Auf dem Flugfeld
zogen wir verschiedene Ursachen in
Erwägung: Einerseits wurden die
Multiplex Micro-mc-Servos, die als
„Stromfresser“
verschrieen
sind,
andererseits
aber
auch
meine
Ruderspalt-Abdichtbänder verdächtigt,
die ein wenig auf die Ruder drücken und
sie dadurch bei Ausschlag nach unten
etwas schwergängiger machen.
Als Thomas den Akku genauer untersuchte, stellte sich zunächst eine viel
einfachere Erklärung heraus: Eine der
Akkuzellen hatte ihren Geist aufgegeben; der Akku brachte statt der
regulären 1400 mAh nur knapp 700. Ich
hatte den JONATHAN (wie ich dies mit
allen Fliegern machte) den ganzen
Nachmittag über eingeschaltet gelas-
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sen. Nachmittags um fünf war dann die
noch vorhandene Kapazität erschöpft.
Damit aber nicht genug: Mithilfe von
Thomas’ Meßgerät untersuchten wir den
Stromverbrauch der Micro-mc-Servos in
Ruhelage,
unter
Last
und
bei
Ruderbewegungen. Dabei zeigte sich
Erschütterndes: Die Servos verbrauchen
unter Last und bei Ausschlägen ca. 30
bis 40 % mehr Strom als die
konventionellen Flächenservos, die
Thomas an seinem JONATHAN einsetzt.
Wenn alle vier Servos laufen, fließen
teilweise deutlich über 1000 mAh Strom.
Was sich ganz erheblich auswirkt, ist
das bekannte „Brummen“ der Servos:
Dabei fließt – auch wenn keine
besondere Last auf dem Servo liegt –
glatt doppelt so viel Strom wie wenn
alles ruhig ist. Dieses so vertraute
Brummen, dem ich bisher keine große
Bedeutung beigemessen habe, wirkt
sich also massiv auf den Stromverbrauch aus. Das gilt natürlich vor
allem dann, wenn man (wie ich Rindvieh)
den Flieger am Boden eingeschaltet vor
sich hinbrummen läßt. Der Einfluß der
Abdichtbänder scheint dagegen gering
zu sein: Der Ruhestrom meiner Servos
unterschied sich nicht wesentlich von
dem von Thomas’ Servos. Am Boden
wirken
die
Abdichtbänder
der
Schwerkraft der Ruder entgegen und
verringern daher den Stromverbrauch;
im Flug sind die Ausschläge nach unten
(außer im Hochstart) klein.
Warum erzähle ich das Ganze so
ausführlich? Weil ich im Nachhinein
immer wieder darüber nachdenke, was
hätte passieren können, wenn die
Anlage ein paar Sekunden früher ausgesetzt hätte, nämlich als ich über den
Weg flog, auf dem die Spaziergänger
liefen. Da gibt’s gar nicht viel zu überlegen: Wenn eine Maschine mit 4 kg
Fluggewicht und einer Geschwindigkeit
von vielleicht 80 km/h jemanden
unglücklich trifft, dann kann der ohne
weiteres sterben; jedenfalls wird er
schwer verletzt werden. Man würde
seines Lebens nicht mehr froh. Von
einer Strafverfolgung und davon, daß
der Verein höchstwahrscheinlich das
Fluggelände verlieren würde, brauchen
wir gar nicht zu reden.
Nun muß man natürlich die Kirche im
Dorf lassen: Gewiß ist ein solcher Unfall
extrem unwahrscheinlich. Aber damit
allein kann man sich nicht beruhigen:
Das Risiko steigt mit der Anzahl der
Maschinen, der Flüge und der Leute, die
sich in der Nähe des Fluggeländes
aufhalten (ein Flieger kann ja auch einen
Piloten oder ein Familienmitglied
treffen). Wir müssen einfach alles tun,
um derartige Abstürze zu vermeiden.
Wie schwierig das ist, zeigt gerade
dieser Fall oder auch der (nach wie vor
ungeklärte) Absturz von Thomas’ 4 mElektrosegler vor einiger Zeit. Beide
Maschinen waren in einwandfreiem,
neuwertigen Zustand; gerade Thomas’
Flieger war in Sachen Verarbeitung und
Pflege vorbildlich (seine Akkus waren in
Ordnung).
Also noch einmal: Was tun? Ich denke
zur Zeit darüber nach, wie ich in den
neuen JONATHAN, den ich (wenn ich Zeit
habe) irgendwann bauen werde, eine
doppelte
Empfängerstromversorgung
einbauen kann. Gar nicht so einfach bei
so einem engen Rumpf! Wenn jemand
einen guten Tip hätte, wäre ich dankbar
– es soll eine sehr kompakte Lösung mit
Silberoxid-Batterien geben. Jedenfalls
werde ich die Empfangsanlage in
Zukunft nach jedem Flug ausschalten,
mag das auch (Haube abschrauben
etc.) mühsam sein. Vielleicht sollte man
auch einen neuen Akkupack mindestens
ein halbes Dutzend mal laden und entladen, bevor man zum erstenmal Fliegen
geht; wenn dabei der Akku nicht seine
volle Kapazität erreicht oder sich
sonstwie eigenartig benimmt, sollte man
ihn vorsichtshalber wieder ausbauen.
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Überhaupt sollte die Fernsteuerung zu
Beginn einer neuen Saison gründlich
und kritisch unter die Lupe genommen
werden – in dieser Beziehung war ich
selbst z.B. bisher ziemlich nachlässig.
Und es ist wohl nicht übertrieben, an
eine absolute Selbstverständlichkeit zu
erinnern:
Bevor
die
Anlage
eingeschaltet wird, vergwissert man
sich, daß der Kanal frei ist und trägt sich
in die Pilotenlisten ein.
Hand-Launched Gliders
- oder: Der Spaßflieger als Herausforderung "Big is beautiful" - das war in den 80er
Jahren die einzig seligmachende
Doktrin im Modellflug. Es schien keine
Grenzen zu geben - Flieger mit 6 m
Spannweite oder mehr und teilweise
über 20 kg Gewicht waren das Maß aller
Dinge - man denke etwa an den
monströsen Twin Astir von Werner
Zerahn aus Mosbach oder die legendäre 2-Mot von Helmut Nagel aus
Graben, deren Absturz in die Stromleitung traurig-spektakulärer Höhepunkt
des letzten Flugtages auf dem WBB
war.
So eindrucksvoll diese Maschinen als
technische Leistungen waren und sind,
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen werden
wir Abstürze aber nicht ganz vermeiden
können, dafür ist wiederum der Absturz
von Thomas’ E-Segler ein Beispiel.
Deshalb müssen wir Flüge über
Wöschbach wohl oder übel vermeiden,
auch wenn es dort bei Ostwind am
besten
trägt.
so ungünstig ist jedoch das Verhältnis
von Aufwand und Flugspaß, das sie
bieten. Jugendliche und andere Kleinverdiener können sich diese Wunderwerke von vornherein aus dem Kopf
schlagen. Es war deshalb nicht überraschend, daß die Trendwende Anfang
der 90er Jahre einmal mehr von England ausging. Dort ist das verfügbare
Einkommen generell wesentlich niedriger, der Modellflugsport andererseits
aber weiter verbreitet. Mit anderen
Worten: In England hat die Kunst, mit
wenig Aufwand witzige Flieger zu
bauen, eine lange Tradition; Computeranlagen und Voll GfK-Segler sind
(auch wenn sie langsam an Boden
gewinnen) immer noch ein bißchen
verpönt. Vielleicht ist auch einfach das
Bedürfnis, anderen mit einem Riesenflieger zu imponieren, dort im Schnitt
etwas weniger ausgeprägt als hier.
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Wie dem auch sei, die Idee der Wurfgleiter kommt aus England und Amerika. Dort gibt es schon lange Wettbewerbe in dieser Disziplin, die - das liegt
auf der Hand - eine ausgeprägt
sportliche Komponente haben. Die
Regeln, die inzwischen auch in
Deutschland übernommen worden sind,
spiegeln das Motto "so einfach wie
möglich" wider: Maximale Spannweite
1,52 m (= 60 inch), maximal 2 Servos,
Wurfstart, innerhalb einer Rahmenzeit
möglichst lange Flugzeit. Die Praxis hat
bezeigt, daß die Modelle für einen
solchen Wettbewerb sehr einfach
aufgebaut werden können und dennoch
konkurrenzfähig sind; ein gutes Beispiel
ist die „Libelle“ von Höllein.
Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings ein guter Wurf, der das Fliegerchen auf eine Höhe bringt, in der
Thermik gesucht und genutzt werden
kann. Damit diejenigen, die sich den
leichtathletischen Anforderungen des
Schleuderns nicht gewachsen sehen,
nicht ausgegrenzt werden, wurde
daneben eine zweite Art von Wettbewerb entwickelt, bei dem die Flieger (für
die dieselben Beschränkungen gelten)
mit einem Mini-Bungee (5 m Gummi, 15
m Seil) in die Höhe geschossen werden.
Obwohl also der Bau von konkrruenzfähigen HLGs verhältnismäßig wenig
Aufwand erfordert, stellt die Flugaufgabe
dieser Gleiter, nämlich Wurfstart und
Dauerflug, erhebliche Anforderungen an
ihre aerodynamische Auslegung.
Die Ausgangssituation ist ähnlich wie
bei einer F3B-Maschine: Ein HLG muß
sowohl für den Start und damit für den
Schnellflug als auch für den Langsamflug
beim Abgleiten der Höhe optimiert
werden. Beim Schleuderstart werden
Auftriebsbeiwerte von nahe Null geflogen; damit der Flieger die Fahrt lange
hält, sollte der Widerstand des Profils
bei diesem Auftriebsbeiwert gering
sein. Andererseits sollte das Profil für
den anschließenden Thermikflug hohen
Auftrieb
bei
ebenfalls
kleinem
Widerstand erzeugen. Nun ist es aber
leider so, daß man ein Profil zwar für
eine bestimmte Geschwindigkeit optimieren kann, daß diese Optimierung
aber auf Kosten der Leistung im restlichen Geschwindigkeitsbereich geht.
Mit anderen Worten: Ein gutes Langsamflugprofil ist meist im Schnellflug
schlecht, ein gutes Schnellflugprofil
bringt in der Regel keine guten Leistungen im Langsamflug. Insoweit ist die
Situation tatsächlich ähnlich derjenigen
in F3B.
Das Problem, das an sich schon vertrackt genug ist, wird aber durch zwei
Umstände noch verschärft, die speziell
bei HLGs vorliegen: Zum einen können
HLGs durch die Beschränkung der
Servozahl keine Wölbklappen einsetzen,
die an sich ein probates Mittel zur
Verbreiterung des Geschwindigkeitsbereichs eines Profils sind. Zum anderen arbeiten die Tragflächen der HLGs
wegen deren geringen Gewichts und
geringer Flügeltiefe bei sehr niedrigen
Re-Zahlen; realistisch sind etwa 50.000
(zum Vergleich: Bei einem F3B-Modell
herrschen schon im Langsamflug ReZahlen von knapp 100.000). Bei derart
niedrigen Re-Zahlen treten bei fast allen
herkömmlichen Profilen große laminare
Ablöseblasen auf, die ihre Leistung
dramatisch verschlechtern.
Als Faustformel kann man sagen, daß
das Risiko von Ablöseblasen bei dünnen, schwach gewölbten Profilen am
geringsten ist. Aber es gibt nichts umsonst auf dieser Welt: Je dünner ein
Profil ist, desto schmaler wird sein
Geschwindigkeitsbereich, d.h. man geht
wieder das Risiko ein, daß das Profil
entweder beim Start oder im Dauerflug
nicht effektiv arbeitet.
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Gibt es Auswege aus diesem
Dilemma? Nun, es bieten sich doch
einige Möglichkeiten an, die aber
jeweils auch ihre Nachteile haben.
Zunächst einmal kann man einfach auf
die „natürliche“ Turbulenz vertrauen, die
an einer klassischen Rippenfläche
entsteht. Wenn die Beplankung auf der
Oberseite am Hauptholm endet oder
wenn sogar ganz auf eine Beplankung
verzichtet
wird,
dann
fällt
die
Bespannung dort, wo sie nicht mehr auf
dem Holz aufliegt, schlagartig etwas ein;
der entstehende Absatz kann als
Turbulator wirken, und turbulente
Strömung löst sich nicht so schnell ab.
Der Nachteil fällt ins Auge: Die
schlechte Profiltreue erzeugt Widerstand
in der Phase, wo man ihn am wenigsten
brauchen kann, nämlich beim Wurf.
Kompensiert
wird
dieser
Effekt
zumindest teilweise durch das geringe
Gewicht
einer
solchen
Flächenkonstruktion, denn das Gewicht
spielt für die Wurfhöhe eine entscheidende Rolle. Es ist aber auch nicht
gewährleistet, daß sich an einer
Rippenfläche keine laminaren Ablösungen bilden; gerade bei der Thermiksuche haben Flieger in offener
Rippenbauweise
erfahrungsgemäß
Nachteile.
Eine zweite Möglichkeit ist der
Blasturbulator, den wir am JUMO V
eingesetzt haben (vgl. WBB News 1). Er
hat den Vorteil, einerseits für einen
sicheren
Umschlag
zu
sorgen,
andererseits aber - bei geschickter
Positionierung der Versorgungslöcher
auf der Unterseite - sich im Schnellflug,
wo man ihn nicht braucht, automatisch
„abzuschalten“. Dies hängt mit der
unterschiedlichen Druckverteilung am
Profil im Schnell- und Langsamflug
zusammen. Der Nachteil des Blasturbulators ist seine relativ aufwendige
Herstellung: Die Fläche muß dicht, voll
beplankt und möglichst mit Glas
beschichtet sein; all dies kostet auch
wieder Gewicht.
Neuerdings werden deshalb spezielle
Profile für HLGs entwickelt, die besonders wenig anfällig für laminare Ablösungen sein sollen. Sie sind ziemlich
dünn und weisen einen harmonischen
Druckverlauf auf. Das erste dieser
Profile stammt wieder einmal von
Michael Selig, dem amerikanischen
Profil-Guru. Das S 4083 erinnert mit
seiner konkaven Unterseite ein wenig an
ein Freiflug-Profil; dennoch ist es nach
Angaben von Selig eher für windige
Wetterlagen gedacht. Das Profil erfreut
sich zur Zeit großer Beliebtheit in der
HLG-Szene. Trotzdem kann man
wahrscheinlich noch bessere Profile
entwickeln. Denn bei den neuesten
Windkanalmessungen in Illinois hat sich
gezeigt, daß bei Re-Zahlen von 60.000
bereits deutliche Strömungsablösungen
stattfinden, die auch vom EpplerProgramm vorhergesagt werden.
Auch Norbert Habe, der in den letzten
jahren mit einer ganzen Reihe von
Profilentwicklungen an die Öffentlichkeit
getreten ist, hat einige Profile für HLGs
entwickelt. Die mit dem EpplerProgramm ermittelten Polaren sehen
recht ordentlich aus, doch sagt das
Programm auch hier bei niedrigen ReZahlen Ablöseblasen voraus. Praktische
Erfahrungen mit diesen Profilen liegen
meines Wissens noch nicht vor.
Schließlich habe ich selbst mich auch
noch an dieser Aufgabe versucht.
Ausgehend vom bewährten SD 7037,
habe ich eine ganze Reihe von Modifikationen mit dem Eppler-Programm
durchgerechnet. Herausgekommen ist
ein ziemlich dünnes Profil (7,5%), das
nach den theoretischen Polaren nur
geringe Anfälligkeit für Ablöseblasen
hat. Dabei ist die Leistung im Schnellflug (Wurf) und im schnellen Gleiten
besser als die der Profile von Norbert
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Habe; das Profil erreicht aber nicht ganz
die Langsamflugleistung des S 4083, ist
also eher für den Wurf und für gutes
Gleiten bei etwas Wind ausgelegt. Doch
Vorsicht, all das sind nur die
Berechnungen des Eppler-Programms.
Wieweit
sie
der
Wirklichkeit
entsprechen, bleibt noch zu erproben.
Für die Experimentierfreudigen habe ich
die Koordinaten des Profils im Anhang
ebenso veröffentlicht wie die des S
4083 und die des (wohl besten) NorbertHabe-Profils HN-1033. Das Geniale an
HLGs ist, daß man ohne großen
Aufwand experimentieren kann!
Hinsichtlich der Flügelform hat sich ein
Mehrfachtrapezflügel mit doppelter oder
4-facher V-Form am besten bewährt.
Am einfachsten erscheint mir, einen
sauberen
Kern
aus
feinporigem
Styropor zu schneiden und diesen mit
zwei (im Mittelstück vielleicht drei) Lagen 44g/m2-Gewebe zu beschichten.
Wegen der geringen auftretenden
Belastungen kann man die Trapeze
stumpf oder mit einer kleinen BalsaZunge verbunden verkleben. Wem es
auf geringes Gewicht ankommt, der muß
die Fläche einteilig bauen; eine
Flächensteckung
bringt
Gewicht,
erleichtert aber den Transport gewaltig.
Als Leitwerk wird - wohl aus Gewichtsgründen - derzeit wie in allen anderen
Bereichen das V-Leitwerk bevorzugt. Ich
selbst würde aus Gründen, die ich schon
in den WBB News 3 dargelegt habe, ein
schlankes Kreuzleitwerk vorziehen.
Auch die Konstruktion des Rumpfes ist,
wenn man die Widerstandsbilanz
optimieren will, anspruchsvoll. Je kleiner
ein Modell ist, desto mehr Widerstand
erzeugt ein relativ „dicker“ Rumpf
(wiederum
eine
Re-Zahl-Frage).
Deshalb muß der Rumpf kompromißlos
eng
um
die
RC-Komponenten
herumgebaut werden, die ihrerseits
möglichst klein sein sollten. Angesagt
sind also Flächenservos und MiniEmpfänger, auch wegen des Gewichts.
Inzwischen haben die Firmen Becker
und Multiplex komplette Einheiten im
Programm, die einen Micro-Empfänger
und zwei Micro-Servoantriebe in einem
Gehäuse vereinigen; jegliches KabelGerödel entfällt also. Das MultiplexProdukt, das auf den sinnigen Namen
„Ein-Stein“ hört, ist für wirklich schmale
HLG-Rümpfe mit 31 mm wohl etwas zu
breit, bietet aber dafür 2 Servoantriebe
mit voller Zugkraft. An den Empfänger
können weitere Servos angeschlossen
werden. Ideal ist der Ein-Stein für kleine
Elektrosegler, die wegen der Flugakkus
ohnehin etwas mehr Platz im Rumpf
haben. Das Kombi-Gerät von Becker ist
ganze 16 mm schmal und damit aus
aerodynamischer Sicht optimal; die
linearen Servoantriebe ziehen jedoch
nur 100 bis 200 g; für den harten
Alltagsbetrieb wohl ein bißchen wenig.
Auch hier hat der Empfänger weitere
Servo-Ausgänge.
Außerdem bietet MPX jetzt endlich auch
einen wirklich schmalen (16 x 16 x 42
mm) Empfänger an, den Pico 4.
Zusammen mit den neuen, nur 11 mm
breiten (und nur 57.- DM teueren) MSX2-Servos lassen sich damit schöne
schlanke Rümpfe
realisieren. Gut
geeignet für HLGs ist auch der
Microempfänger von Conrad Electronic
(12 x 23 x 47 mm; FutabaSteckerleiste), der mit DM 124,90 auch
recht preiswert ist.
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Wie ich mir derzeit einen leistungsfähigen HLG vorstelle, zeigt die folgende
jemand das Fliegerchen nachbaute; ich
selbst werde mich daran machen,
Hau Wech!
Spannweite: 1520 mm
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Fläche: 22,1 dm
Streckung: 10,45
Profil: SD 7037 mod. 7,5%/2,4%
Skizze. Es würde mich freuen, wenn
Graben-Neudorf 97: Hitzewallungen und nasse Füße
Längst ist der Grabener „Doppel-Pack“
an Pfingsten zum Klassiker in der
nordbadischen
Modellflugszene
geworden: Am Pfingstsamstag der
Segelflugwettbewerb, am Pfingstsonntag dann der Flugtag. Wer die Veranstaltung kennt, weiß die nette, fröhliche
Atmosphäre, die gute Organisation und
(nicht zuletzt) die gute Bewirtung zu
schätzen. Um es vorwegzunehmen:
Auch dieses Jahr blieben die Grabener
nicht hinter dem gewohnten Standard
zurück.
Als am Samstag um halb zehn Uhr der
Anpfiff zum Segelflugwettbewerb mit 44
Piloten am Start erfolgte, war der
Himmel noch bedeckt, und es
herrschten recht angenehme Tempe-
sobald es meine Zeit zuläßt.
raturen. Die kurz gemähte Wiese war
noch feucht, und die Flieger der ersten
Teilnehmer rutschten gnadenlos durch
fast die gesamte „Eieruhr“ (das Landefeld) hindurch. Wie es geht, zeigte
wieder einmal Manfred Betschwar: Er
kam mit seinem nagelneuen „Esprit“ von
Euromodell
mit
Minimalfahrt
herangeschlichen und überzog die
Maschine kurz vor dem 100er-Feld, so
daß sie mit praktisch null Vorwärtsfahrt
in den Kreis platschte und liegenblieb.
Der eindrucksvollen Klettband-Formation, die er sich unter den Rumpf geklebt
hatte, hätte es gar nicht bedurft. Daß die
Zeit auch voll war, versteht sich von
selbst.
Mit diesem eindrucksvollen ersten
Durchgang hatte Manfred erneut seinen
Anspruch auf den Sieg in diesem
Wettbewerb angemeldet, zu dem er und
seine one-man-show schon seit Jahren
dazugehören wie das Salz zur Suppe.
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Er ist einfach ein Original, und fliegen
kann er wie’s Messer.
Inzwischen hatte es aufgerissen, und mit
jedem
Sonnenstrahl
stiegen
die
Temperaturen. Gegen Mittag war es
brütend heiß und schwül, und die Sonne
brannte erbarmungslos auf nackte
Körperteile und Bügelfolie, die auch
prompt mit „Brandblasen“ reagierte.
Ehrlich, eine derartige Hitze habe ich
lange nicht mehr erlebt. Wie die
gefühlskranken Schildkröten schlichen
wir über den Platz, um vor jedem Start
das Seil zu holen; der Getränkeverkauf
der Grabener florierte.
Nachdem die Wiese abgetrocknet war,
rutschten die Flieger nicht mehr so
extrem, so daß die Landung kein reines
Lotteriespiel mehr war. Viele Piloten,
darunter auch Christian und Thomas,
legten ihre Flieger punktgenau ins
Zentrum der Eieruhr. Die Landung ist
beim Grabener Wettbewerb allein
entscheidend, denn drei Minuten
Flugzeit
werden
von
heutigen
Leistungsseglern
eigentlich
immer
mühelos erreicht. Wir haben meist –
wenn nicht massives Saufen herrschte –
nach einer, spätestens anderthalb
Minuten Flugzeit angefangen, die Höhe
gewaltsam zu vernichten. Rein vom
fliegerischen Standpunkt her ist ein
solcher Wettbewerb nicht besonders
reizvoll (auch wenn natürlich die
zeitgenaue Ziellandung eine hohe Kunst
ist!), aber darauf kommt es letztlich gar
nicht an. Nicht wegen langer Flugzeiten,
sondern
wegen
der
relaxten
Atmosphäre, des Herumflachsens und
des Fachsimpelns zieht es jedes Jahr
wieder so viele Piloten nach Graben.
Als gegen halb eins der erste Durchgang immer noch nicht beendet war,
beschlossen die Organisatoren, ein
bißchen aufs Tempo zu drücken und
hielten die Piloten dazu an zu starten,
während ihr Vorgänger noch in der Luft
war. Wegen der kurzen Flugzeit klappte
dies aber nur begrenzt. Zu allem
Überfluß brach dann auch noch die
Hochstartwinde zusammen und war
nicht wieder zum Leben zu erwecken;
sie mußte durch Alex Straubs PowerWinde ersetzt werden. So kam es, daß
im letzten Durchgang nur noch 2 Minuten
geflogen wurden, was auf ein Programm
„Hochstart – Kunstflug – Ziellandung“
hinauslief.
Nach dem zweiten Durchgang lag der
Routinier Horst Weber mit zwei 100er
Landungen in Führung; Manfred Betschwar hatte sich im zweiten Durchgang
einen 90er „geleistet“. Und im dritten
Durchgang
brachte
Horst
das
Kunststück fertig: Er legte zum drittenmal 100 Landepunkte hin und machte
damit alle Hoffnungen seiner Verfolger
zunichte. Auf dem zweiten Platz landete
Manfred Betschwar, und Dritter wurde
Christian
Carlsson
mit
seinem
JONATHAN, der die drei Minuten Flugzeit
mit netten Rückenflug-Einlagen gefüllt
hatte. Knapp hinter ihm kam Thomas
(ebenfalls JONATHAN) auf den gar nicht
so undankbaren vierten Platz, Alex
wurde zehnter (der dritte JONATHAN) und
Euer
Schreiberling
(Die
Wucht)
siebzehnter.
Interessant waren die in Graben eingesetzten Modelle; es waren einige
Maschinen der neuesten Generation am
Start. Da war zunächst der Thermik C,
eine reine F3J-Konstruktion. Die
Maschine ist gut verarbeitet und zeigte
gute, ausgeglichene Flugleistungen.
Noch mehr Eindruck hat mir der Esprit
von Euromodell gemacht. Die Verarbeitungsqualität ist kaum noch steigerungsfähig: Dünne Nähte, spiegelglatte
Oberfläche, messerscharfe Endleiste,
hervorragende Paßgenauigkeit aller
Teile, und all das bei sehr geringem
Gewicht.
Die
Anordnung
des
Flächenmittelstücks auf einem niedrigen
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Pylon,
ein
derzeit
„angesagtes“
Konstruktionsmerkmal, ist noch konsequenter ausgenutzt als beim Thermik
C: Es gibt nur eine durchgehende
Wölbklappe, die in der Mitte (Rumpfbereich) einen Ausschnitt für stark
positive Ausschläge hat und von einem
zentralen Servo, das im Pylon sitzt,
angetrieben wird. In der Luft macht die
relativ kleine Maschine (3,13 m
Spannweite) den Eindruck, als spräche
sie auch auf schwächste Thermik an; im
Endandlug mit Butterflystellung wird die
Kiste so langsam, daß man fast
nebenherlaufen kann. Ballastzugabe
dürfte schon bei geringem Wind im
Interesse der Gleitleistung sinnvoll sein.
Wer bereit ist, anderthalb Riesen für ein
3-m-Modell anzulegen, bekommt hier
einen
Segler
der
absoluten
Spitzenklasse.
Zu erwähnen sind noch zwei Maxxima
von Hänel und einige Meteors von DuoModellbau. Die letzteren gefielen durch
dynamische
Hochstarts,
großen
Geschwindigkeitsbereich und hohe
Wendigkeit. Auch auf den JONATHAN
wurden wir (das sei in aller Bescheidenheit bemerkt) mehrfach angesprochen. Ein ganz Eifriger wollte die Kiste
gleich abformen ...
Mit der Siegerehrung ging dann am
späten Nachmittag ein Wettbewerb
zuende, der trotz tropischer Temperaturen und einiger (sicher auch durch die
Hitze bedingten) Verzögerungen wohl
allen Beteiligten großen Spaß gemacht
hat. Ein schöner Sommerabend und die
Grabener Gastronomie luden zum
Bleiben und „Plauschen“ ein.
Am Pfingstsonntag schlug das Wetter
dann völlig um: Bedeckter Himmel,
kräftiger böiger Wind und gegen
Nachmittag sogar Schauer brachten den
Flugtag ein wenig um die PublikumsResonanz, die er eigentlich verdient
gehabt hätte. Denn es waren wieder
genügend Attraktionen geboten: Ein
unglaublicher, wohl im Maßstab 1:2
nachgebauter Fokker-Dreidecker (35
m2
rote
Folie
verarbeitet!!),
Experimentalmodelle, tolle Kunstflugvorführungen, Zerahns Speed Canard
und Quickie und vieles mehr. Viele
Piloten hatten mit der Böenwalze zu
kämpfen, die sich im Lee der
berüchtigten Pappelreihe bildete und
die Flieger besonders kurz nach dem
Start, also noch in geringer Höhe,
herumbeutelte;
größere
Unglücke
blieben aber zum Glück aus.
Alles in allem bleibt wie in jedem Jahr
festzustellen: Graben ist eine Reise
wert. Man muß die Leistung des
Vereins, eine solche Veranstaltung mit
all den vielfältigen Vorbereitungs-,
Durchführungs- und Aufräum-Arbeiten
durchzuziehen, einfach bewundern.
So viel für diesmal, Freunde. Denkt
daran, dem alten Zülch ein paar Zeilen
zu schicken! Meine Adresse:
Carsten Zülch, Nibelungenstr.3, 76185
Karlsruhe,
0721-558730,
e-mail:
[email protected]
Einen schönen Flugsommer wünscht
Euer Carsten.