1 Sommer 1997 Kannten die alten Ägypter das Geheimnis des Fliegens? Hallo Jungs und Mädels, da sind wir wieder! Meine Klausuren sind vorbei, und es ist mir gelungen, endlich mal wieder eine Ausgabe der WBB News zusammenzustoppeln. Ihr ahnt schon, was jetzt kommt: Ich brauche Beiträge von Euch, und zwar dringend! Wie wär’s mit Berichten von Modellbau-Messen oder vom Vereinsausflug zum Frankfurter Flughafen? Wer schreibt die Highlights des Vogesen-Trips nieder? Was ist mit Testberichten von neuen Modellen? Also, Griffel in die Hand und ein paar Zeilen zu Papier gebracht! Und noch was: Für Cartoons aus dem Bereich des Fliegens bin ich auch dankbar; meine Sammlung geht langsam zuende. Auch Fotos sind willkommen! Wir beginnen mit einem etwas unerfreulichen Thema, nämlich der Sicherheit beim Modellflug: Dumm geloffen? – Einige (selbst-) kritische Anmerkungen aus aktuellem Anlaß – 2 Ostermontag nachmittag. Der Frühling ist endlich ausgebrochen: Motorräder und Cabrios sind aus dem Winterschlaf erwacht und durchstreifen allein oder in Rudeln die Asphalt-Wildnis; auch die Modellflugzeuge haben ihre Nester verlassen und ziehen mit ihren Besitzern hinaus zum frohen Spiel in Mutter Natur. Wie jedes Jahr sind auch einige Küken geschlüpft und werden jetzt rasch flügge. So auch meine Version des JONATHAN – ihr wißt schon, die mit V-Leitwerk und SD 7037-Profilierung. Es war wirklich ein herrlicher Tag, unter anderem tummelten sich vier JONATHANVersionen (auch Thomas’ Maschine ist inzwischen fertig) in den ersten guten Bärten des Jahres. Etwa gegen fünf Uhr nachmittags legte mein JONATHAN in ca. 80 m Höhe eigenartige heftige Zuckungen an den Tag, die mich veranlaßten, den Flug abzubrechen. Aber schon beim Abbauen der Höhe traten so schwere Funktionsstörungen der Anlage auf, daß mir nichts Gutes schwante. Zu allem Überfluß begannen just in dem Moment, als ich mit der bockenden Maschine zu Landung ansetzte, ein paar Spaziergänger aus Richtung Edergrube über den Platz heraufzulaufen. Unser Geschrei konnte sie nicht anhalten; offenbar realisierten sie überhaupt nicht, was gerade geschah. Um die Gefahr für sie zu verringern, holte ich – inzwischen schon in Adrenalin gebadet – über dem Acker Richtung Söllingen etwas weiter aus, und in diesem Moment setzte die Anlage endgültig aus. Die Maschine, ohnehin schon mit Überfahrt geflogen, schlug in einer Steilkurve aus 15 m Höhe im Acker ein. Ergebnis: Der Rumpf mehrfach gebrochen (Totalschaden), das Flächenmittestück im Bereich der Störklappe schwer gestaucht. An Thomas’ Ladegerät war die Ursache schnell gefunden: Der Akku war komplett leer. Was war geschehen? Die Zellen (1400 mAh Cadnica; Mignonähnlich) waren praktisch unbenutzt; ich hatte sie eigens für den JONATHAN gekauft. Sie waren mit fachkundiger Hilfe (von den beiden Thomassen) gelötet und von Thomas Schorb in der Nacht zuvor mit 100 mAh geladen worden. Thomas war aufgefallen, daß die Akkus beim Schnelladen nicht die volle Kapazität erreichten – scheinbar nichts Ungewöhnliches bei diesem Zellentyp; Christian Carlsson berichtete von einem ähnlichen Phänomen. Deshalb hatte Thomas die Zellen nochmals langsam geladen, danach waren sie „duddelvoll“. Auf dem Flugfeld zogen wir verschiedene Ursachen in Erwägung: Einerseits wurden die Multiplex Micro-mc-Servos, die als „Stromfresser“ verschrieen sind, andererseits aber auch meine Ruderspalt-Abdichtbänder verdächtigt, die ein wenig auf die Ruder drücken und sie dadurch bei Ausschlag nach unten etwas schwergängiger machen. Als Thomas den Akku genauer untersuchte, stellte sich zunächst eine viel einfachere Erklärung heraus: Eine der Akkuzellen hatte ihren Geist aufgegeben; der Akku brachte statt der regulären 1400 mAh nur knapp 700. Ich hatte den JONATHAN (wie ich dies mit allen Fliegern machte) den ganzen Nachmittag über eingeschaltet gelas- 3 sen. Nachmittags um fünf war dann die noch vorhandene Kapazität erschöpft. Damit aber nicht genug: Mithilfe von Thomas’ Meßgerät untersuchten wir den Stromverbrauch der Micro-mc-Servos in Ruhelage, unter Last und bei Ruderbewegungen. Dabei zeigte sich Erschütterndes: Die Servos verbrauchen unter Last und bei Ausschlägen ca. 30 bis 40 % mehr Strom als die konventionellen Flächenservos, die Thomas an seinem JONATHAN einsetzt. Wenn alle vier Servos laufen, fließen teilweise deutlich über 1000 mAh Strom. Was sich ganz erheblich auswirkt, ist das bekannte „Brummen“ der Servos: Dabei fließt – auch wenn keine besondere Last auf dem Servo liegt – glatt doppelt so viel Strom wie wenn alles ruhig ist. Dieses so vertraute Brummen, dem ich bisher keine große Bedeutung beigemessen habe, wirkt sich also massiv auf den Stromverbrauch aus. Das gilt natürlich vor allem dann, wenn man (wie ich Rindvieh) den Flieger am Boden eingeschaltet vor sich hinbrummen läßt. Der Einfluß der Abdichtbänder scheint dagegen gering zu sein: Der Ruhestrom meiner Servos unterschied sich nicht wesentlich von dem von Thomas’ Servos. Am Boden wirken die Abdichtbänder der Schwerkraft der Ruder entgegen und verringern daher den Stromverbrauch; im Flug sind die Ausschläge nach unten (außer im Hochstart) klein. Warum erzähle ich das Ganze so ausführlich? Weil ich im Nachhinein immer wieder darüber nachdenke, was hätte passieren können, wenn die Anlage ein paar Sekunden früher ausgesetzt hätte, nämlich als ich über den Weg flog, auf dem die Spaziergänger liefen. Da gibt’s gar nicht viel zu überlegen: Wenn eine Maschine mit 4 kg Fluggewicht und einer Geschwindigkeit von vielleicht 80 km/h jemanden unglücklich trifft, dann kann der ohne weiteres sterben; jedenfalls wird er schwer verletzt werden. Man würde seines Lebens nicht mehr froh. Von einer Strafverfolgung und davon, daß der Verein höchstwahrscheinlich das Fluggelände verlieren würde, brauchen wir gar nicht zu reden. Nun muß man natürlich die Kirche im Dorf lassen: Gewiß ist ein solcher Unfall extrem unwahrscheinlich. Aber damit allein kann man sich nicht beruhigen: Das Risiko steigt mit der Anzahl der Maschinen, der Flüge und der Leute, die sich in der Nähe des Fluggeländes aufhalten (ein Flieger kann ja auch einen Piloten oder ein Familienmitglied treffen). Wir müssen einfach alles tun, um derartige Abstürze zu vermeiden. Wie schwierig das ist, zeigt gerade dieser Fall oder auch der (nach wie vor ungeklärte) Absturz von Thomas’ 4 mElektrosegler vor einiger Zeit. Beide Maschinen waren in einwandfreiem, neuwertigen Zustand; gerade Thomas’ Flieger war in Sachen Verarbeitung und Pflege vorbildlich (seine Akkus waren in Ordnung). Also noch einmal: Was tun? Ich denke zur Zeit darüber nach, wie ich in den neuen JONATHAN, den ich (wenn ich Zeit habe) irgendwann bauen werde, eine doppelte Empfängerstromversorgung einbauen kann. Gar nicht so einfach bei so einem engen Rumpf! Wenn jemand einen guten Tip hätte, wäre ich dankbar – es soll eine sehr kompakte Lösung mit Silberoxid-Batterien geben. Jedenfalls werde ich die Empfangsanlage in Zukunft nach jedem Flug ausschalten, mag das auch (Haube abschrauben etc.) mühsam sein. Vielleicht sollte man auch einen neuen Akkupack mindestens ein halbes Dutzend mal laden und entladen, bevor man zum erstenmal Fliegen geht; wenn dabei der Akku nicht seine volle Kapazität erreicht oder sich sonstwie eigenartig benimmt, sollte man ihn vorsichtshalber wieder ausbauen. 4 Überhaupt sollte die Fernsteuerung zu Beginn einer neuen Saison gründlich und kritisch unter die Lupe genommen werden – in dieser Beziehung war ich selbst z.B. bisher ziemlich nachlässig. Und es ist wohl nicht übertrieben, an eine absolute Selbstverständlichkeit zu erinnern: Bevor die Anlage eingeschaltet wird, vergwissert man sich, daß der Kanal frei ist und trägt sich in die Pilotenlisten ein. Hand-Launched Gliders - oder: Der Spaßflieger als Herausforderung "Big is beautiful" - das war in den 80er Jahren die einzig seligmachende Doktrin im Modellflug. Es schien keine Grenzen zu geben - Flieger mit 6 m Spannweite oder mehr und teilweise über 20 kg Gewicht waren das Maß aller Dinge - man denke etwa an den monströsen Twin Astir von Werner Zerahn aus Mosbach oder die legendäre 2-Mot von Helmut Nagel aus Graben, deren Absturz in die Stromleitung traurig-spektakulärer Höhepunkt des letzten Flugtages auf dem WBB war. So eindrucksvoll diese Maschinen als technische Leistungen waren und sind, Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen werden wir Abstürze aber nicht ganz vermeiden können, dafür ist wiederum der Absturz von Thomas’ E-Segler ein Beispiel. Deshalb müssen wir Flüge über Wöschbach wohl oder übel vermeiden, auch wenn es dort bei Ostwind am besten trägt. so ungünstig ist jedoch das Verhältnis von Aufwand und Flugspaß, das sie bieten. Jugendliche und andere Kleinverdiener können sich diese Wunderwerke von vornherein aus dem Kopf schlagen. Es war deshalb nicht überraschend, daß die Trendwende Anfang der 90er Jahre einmal mehr von England ausging. Dort ist das verfügbare Einkommen generell wesentlich niedriger, der Modellflugsport andererseits aber weiter verbreitet. Mit anderen Worten: In England hat die Kunst, mit wenig Aufwand witzige Flieger zu bauen, eine lange Tradition; Computeranlagen und Voll GfK-Segler sind (auch wenn sie langsam an Boden gewinnen) immer noch ein bißchen verpönt. Vielleicht ist auch einfach das Bedürfnis, anderen mit einem Riesenflieger zu imponieren, dort im Schnitt etwas weniger ausgeprägt als hier. 5 Wie dem auch sei, die Idee der Wurfgleiter kommt aus England und Amerika. Dort gibt es schon lange Wettbewerbe in dieser Disziplin, die - das liegt auf der Hand - eine ausgeprägt sportliche Komponente haben. Die Regeln, die inzwischen auch in Deutschland übernommen worden sind, spiegeln das Motto "so einfach wie möglich" wider: Maximale Spannweite 1,52 m (= 60 inch), maximal 2 Servos, Wurfstart, innerhalb einer Rahmenzeit möglichst lange Flugzeit. Die Praxis hat bezeigt, daß die Modelle für einen solchen Wettbewerb sehr einfach aufgebaut werden können und dennoch konkurrenzfähig sind; ein gutes Beispiel ist die „Libelle“ von Höllein. Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings ein guter Wurf, der das Fliegerchen auf eine Höhe bringt, in der Thermik gesucht und genutzt werden kann. Damit diejenigen, die sich den leichtathletischen Anforderungen des Schleuderns nicht gewachsen sehen, nicht ausgegrenzt werden, wurde daneben eine zweite Art von Wettbewerb entwickelt, bei dem die Flieger (für die dieselben Beschränkungen gelten) mit einem Mini-Bungee (5 m Gummi, 15 m Seil) in die Höhe geschossen werden. Obwohl also der Bau von konkrruenzfähigen HLGs verhältnismäßig wenig Aufwand erfordert, stellt die Flugaufgabe dieser Gleiter, nämlich Wurfstart und Dauerflug, erhebliche Anforderungen an ihre aerodynamische Auslegung. Die Ausgangssituation ist ähnlich wie bei einer F3B-Maschine: Ein HLG muß sowohl für den Start und damit für den Schnellflug als auch für den Langsamflug beim Abgleiten der Höhe optimiert werden. Beim Schleuderstart werden Auftriebsbeiwerte von nahe Null geflogen; damit der Flieger die Fahrt lange hält, sollte der Widerstand des Profils bei diesem Auftriebsbeiwert gering sein. Andererseits sollte das Profil für den anschließenden Thermikflug hohen Auftrieb bei ebenfalls kleinem Widerstand erzeugen. Nun ist es aber leider so, daß man ein Profil zwar für eine bestimmte Geschwindigkeit optimieren kann, daß diese Optimierung aber auf Kosten der Leistung im restlichen Geschwindigkeitsbereich geht. Mit anderen Worten: Ein gutes Langsamflugprofil ist meist im Schnellflug schlecht, ein gutes Schnellflugprofil bringt in der Regel keine guten Leistungen im Langsamflug. Insoweit ist die Situation tatsächlich ähnlich derjenigen in F3B. Das Problem, das an sich schon vertrackt genug ist, wird aber durch zwei Umstände noch verschärft, die speziell bei HLGs vorliegen: Zum einen können HLGs durch die Beschränkung der Servozahl keine Wölbklappen einsetzen, die an sich ein probates Mittel zur Verbreiterung des Geschwindigkeitsbereichs eines Profils sind. Zum anderen arbeiten die Tragflächen der HLGs wegen deren geringen Gewichts und geringer Flügeltiefe bei sehr niedrigen Re-Zahlen; realistisch sind etwa 50.000 (zum Vergleich: Bei einem F3B-Modell herrschen schon im Langsamflug ReZahlen von knapp 100.000). Bei derart niedrigen Re-Zahlen treten bei fast allen herkömmlichen Profilen große laminare Ablöseblasen auf, die ihre Leistung dramatisch verschlechtern. Als Faustformel kann man sagen, daß das Risiko von Ablöseblasen bei dünnen, schwach gewölbten Profilen am geringsten ist. Aber es gibt nichts umsonst auf dieser Welt: Je dünner ein Profil ist, desto schmaler wird sein Geschwindigkeitsbereich, d.h. man geht wieder das Risiko ein, daß das Profil entweder beim Start oder im Dauerflug nicht effektiv arbeitet. 6 Gibt es Auswege aus diesem Dilemma? Nun, es bieten sich doch einige Möglichkeiten an, die aber jeweils auch ihre Nachteile haben. Zunächst einmal kann man einfach auf die „natürliche“ Turbulenz vertrauen, die an einer klassischen Rippenfläche entsteht. Wenn die Beplankung auf der Oberseite am Hauptholm endet oder wenn sogar ganz auf eine Beplankung verzichtet wird, dann fällt die Bespannung dort, wo sie nicht mehr auf dem Holz aufliegt, schlagartig etwas ein; der entstehende Absatz kann als Turbulator wirken, und turbulente Strömung löst sich nicht so schnell ab. Der Nachteil fällt ins Auge: Die schlechte Profiltreue erzeugt Widerstand in der Phase, wo man ihn am wenigsten brauchen kann, nämlich beim Wurf. Kompensiert wird dieser Effekt zumindest teilweise durch das geringe Gewicht einer solchen Flächenkonstruktion, denn das Gewicht spielt für die Wurfhöhe eine entscheidende Rolle. Es ist aber auch nicht gewährleistet, daß sich an einer Rippenfläche keine laminaren Ablösungen bilden; gerade bei der Thermiksuche haben Flieger in offener Rippenbauweise erfahrungsgemäß Nachteile. Eine zweite Möglichkeit ist der Blasturbulator, den wir am JUMO V eingesetzt haben (vgl. WBB News 1). Er hat den Vorteil, einerseits für einen sicheren Umschlag zu sorgen, andererseits aber - bei geschickter Positionierung der Versorgungslöcher auf der Unterseite - sich im Schnellflug, wo man ihn nicht braucht, automatisch „abzuschalten“. Dies hängt mit der unterschiedlichen Druckverteilung am Profil im Schnell- und Langsamflug zusammen. Der Nachteil des Blasturbulators ist seine relativ aufwendige Herstellung: Die Fläche muß dicht, voll beplankt und möglichst mit Glas beschichtet sein; all dies kostet auch wieder Gewicht. Neuerdings werden deshalb spezielle Profile für HLGs entwickelt, die besonders wenig anfällig für laminare Ablösungen sein sollen. Sie sind ziemlich dünn und weisen einen harmonischen Druckverlauf auf. Das erste dieser Profile stammt wieder einmal von Michael Selig, dem amerikanischen Profil-Guru. Das S 4083 erinnert mit seiner konkaven Unterseite ein wenig an ein Freiflug-Profil; dennoch ist es nach Angaben von Selig eher für windige Wetterlagen gedacht. Das Profil erfreut sich zur Zeit großer Beliebtheit in der HLG-Szene. Trotzdem kann man wahrscheinlich noch bessere Profile entwickeln. Denn bei den neuesten Windkanalmessungen in Illinois hat sich gezeigt, daß bei Re-Zahlen von 60.000 bereits deutliche Strömungsablösungen stattfinden, die auch vom EpplerProgramm vorhergesagt werden. Auch Norbert Habe, der in den letzten jahren mit einer ganzen Reihe von Profilentwicklungen an die Öffentlichkeit getreten ist, hat einige Profile für HLGs entwickelt. Die mit dem EpplerProgramm ermittelten Polaren sehen recht ordentlich aus, doch sagt das Programm auch hier bei niedrigen ReZahlen Ablöseblasen voraus. Praktische Erfahrungen mit diesen Profilen liegen meines Wissens noch nicht vor. Schließlich habe ich selbst mich auch noch an dieser Aufgabe versucht. Ausgehend vom bewährten SD 7037, habe ich eine ganze Reihe von Modifikationen mit dem Eppler-Programm durchgerechnet. Herausgekommen ist ein ziemlich dünnes Profil (7,5%), das nach den theoretischen Polaren nur geringe Anfälligkeit für Ablöseblasen hat. Dabei ist die Leistung im Schnellflug (Wurf) und im schnellen Gleiten besser als die der Profile von Norbert 7 Habe; das Profil erreicht aber nicht ganz die Langsamflugleistung des S 4083, ist also eher für den Wurf und für gutes Gleiten bei etwas Wind ausgelegt. Doch Vorsicht, all das sind nur die Berechnungen des Eppler-Programms. Wieweit sie der Wirklichkeit entsprechen, bleibt noch zu erproben. Für die Experimentierfreudigen habe ich die Koordinaten des Profils im Anhang ebenso veröffentlicht wie die des S 4083 und die des (wohl besten) NorbertHabe-Profils HN-1033. Das Geniale an HLGs ist, daß man ohne großen Aufwand experimentieren kann! Hinsichtlich der Flügelform hat sich ein Mehrfachtrapezflügel mit doppelter oder 4-facher V-Form am besten bewährt. Am einfachsten erscheint mir, einen sauberen Kern aus feinporigem Styropor zu schneiden und diesen mit zwei (im Mittelstück vielleicht drei) Lagen 44g/m2-Gewebe zu beschichten. Wegen der geringen auftretenden Belastungen kann man die Trapeze stumpf oder mit einer kleinen BalsaZunge verbunden verkleben. Wem es auf geringes Gewicht ankommt, der muß die Fläche einteilig bauen; eine Flächensteckung bringt Gewicht, erleichtert aber den Transport gewaltig. Als Leitwerk wird - wohl aus Gewichtsgründen - derzeit wie in allen anderen Bereichen das V-Leitwerk bevorzugt. Ich selbst würde aus Gründen, die ich schon in den WBB News 3 dargelegt habe, ein schlankes Kreuzleitwerk vorziehen. Auch die Konstruktion des Rumpfes ist, wenn man die Widerstandsbilanz optimieren will, anspruchsvoll. Je kleiner ein Modell ist, desto mehr Widerstand erzeugt ein relativ „dicker“ Rumpf (wiederum eine Re-Zahl-Frage). Deshalb muß der Rumpf kompromißlos eng um die RC-Komponenten herumgebaut werden, die ihrerseits möglichst klein sein sollten. Angesagt sind also Flächenservos und MiniEmpfänger, auch wegen des Gewichts. Inzwischen haben die Firmen Becker und Multiplex komplette Einheiten im Programm, die einen Micro-Empfänger und zwei Micro-Servoantriebe in einem Gehäuse vereinigen; jegliches KabelGerödel entfällt also. Das MultiplexProdukt, das auf den sinnigen Namen „Ein-Stein“ hört, ist für wirklich schmale HLG-Rümpfe mit 31 mm wohl etwas zu breit, bietet aber dafür 2 Servoantriebe mit voller Zugkraft. An den Empfänger können weitere Servos angeschlossen werden. Ideal ist der Ein-Stein für kleine Elektrosegler, die wegen der Flugakkus ohnehin etwas mehr Platz im Rumpf haben. Das Kombi-Gerät von Becker ist ganze 16 mm schmal und damit aus aerodynamischer Sicht optimal; die linearen Servoantriebe ziehen jedoch nur 100 bis 200 g; für den harten Alltagsbetrieb wohl ein bißchen wenig. Auch hier hat der Empfänger weitere Servo-Ausgänge. Außerdem bietet MPX jetzt endlich auch einen wirklich schmalen (16 x 16 x 42 mm) Empfänger an, den Pico 4. Zusammen mit den neuen, nur 11 mm breiten (und nur 57.- DM teueren) MSX2-Servos lassen sich damit schöne schlanke Rümpfe realisieren. Gut geeignet für HLGs ist auch der Microempfänger von Conrad Electronic (12 x 23 x 47 mm; FutabaSteckerleiste), der mit DM 124,90 auch recht preiswert ist. 8 Wie ich mir derzeit einen leistungsfähigen HLG vorstelle, zeigt die folgende jemand das Fliegerchen nachbaute; ich selbst werde mich daran machen, Hau Wech! Spannweite: 1520 mm 2 Fläche: 22,1 dm Streckung: 10,45 Profil: SD 7037 mod. 7,5%/2,4% Skizze. Es würde mich freuen, wenn Graben-Neudorf 97: Hitzewallungen und nasse Füße Längst ist der Grabener „Doppel-Pack“ an Pfingsten zum Klassiker in der nordbadischen Modellflugszene geworden: Am Pfingstsamstag der Segelflugwettbewerb, am Pfingstsonntag dann der Flugtag. Wer die Veranstaltung kennt, weiß die nette, fröhliche Atmosphäre, die gute Organisation und (nicht zuletzt) die gute Bewirtung zu schätzen. Um es vorwegzunehmen: Auch dieses Jahr blieben die Grabener nicht hinter dem gewohnten Standard zurück. Als am Samstag um halb zehn Uhr der Anpfiff zum Segelflugwettbewerb mit 44 Piloten am Start erfolgte, war der Himmel noch bedeckt, und es herrschten recht angenehme Tempe- sobald es meine Zeit zuläßt. raturen. Die kurz gemähte Wiese war noch feucht, und die Flieger der ersten Teilnehmer rutschten gnadenlos durch fast die gesamte „Eieruhr“ (das Landefeld) hindurch. Wie es geht, zeigte wieder einmal Manfred Betschwar: Er kam mit seinem nagelneuen „Esprit“ von Euromodell mit Minimalfahrt herangeschlichen und überzog die Maschine kurz vor dem 100er-Feld, so daß sie mit praktisch null Vorwärtsfahrt in den Kreis platschte und liegenblieb. Der eindrucksvollen Klettband-Formation, die er sich unter den Rumpf geklebt hatte, hätte es gar nicht bedurft. Daß die Zeit auch voll war, versteht sich von selbst. Mit diesem eindrucksvollen ersten Durchgang hatte Manfred erneut seinen Anspruch auf den Sieg in diesem Wettbewerb angemeldet, zu dem er und seine one-man-show schon seit Jahren dazugehören wie das Salz zur Suppe. 9 Er ist einfach ein Original, und fliegen kann er wie’s Messer. Inzwischen hatte es aufgerissen, und mit jedem Sonnenstrahl stiegen die Temperaturen. Gegen Mittag war es brütend heiß und schwül, und die Sonne brannte erbarmungslos auf nackte Körperteile und Bügelfolie, die auch prompt mit „Brandblasen“ reagierte. Ehrlich, eine derartige Hitze habe ich lange nicht mehr erlebt. Wie die gefühlskranken Schildkröten schlichen wir über den Platz, um vor jedem Start das Seil zu holen; der Getränkeverkauf der Grabener florierte. Nachdem die Wiese abgetrocknet war, rutschten die Flieger nicht mehr so extrem, so daß die Landung kein reines Lotteriespiel mehr war. Viele Piloten, darunter auch Christian und Thomas, legten ihre Flieger punktgenau ins Zentrum der Eieruhr. Die Landung ist beim Grabener Wettbewerb allein entscheidend, denn drei Minuten Flugzeit werden von heutigen Leistungsseglern eigentlich immer mühelos erreicht. Wir haben meist – wenn nicht massives Saufen herrschte – nach einer, spätestens anderthalb Minuten Flugzeit angefangen, die Höhe gewaltsam zu vernichten. Rein vom fliegerischen Standpunkt her ist ein solcher Wettbewerb nicht besonders reizvoll (auch wenn natürlich die zeitgenaue Ziellandung eine hohe Kunst ist!), aber darauf kommt es letztlich gar nicht an. Nicht wegen langer Flugzeiten, sondern wegen der relaxten Atmosphäre, des Herumflachsens und des Fachsimpelns zieht es jedes Jahr wieder so viele Piloten nach Graben. Als gegen halb eins der erste Durchgang immer noch nicht beendet war, beschlossen die Organisatoren, ein bißchen aufs Tempo zu drücken und hielten die Piloten dazu an zu starten, während ihr Vorgänger noch in der Luft war. Wegen der kurzen Flugzeit klappte dies aber nur begrenzt. Zu allem Überfluß brach dann auch noch die Hochstartwinde zusammen und war nicht wieder zum Leben zu erwecken; sie mußte durch Alex Straubs PowerWinde ersetzt werden. So kam es, daß im letzten Durchgang nur noch 2 Minuten geflogen wurden, was auf ein Programm „Hochstart – Kunstflug – Ziellandung“ hinauslief. Nach dem zweiten Durchgang lag der Routinier Horst Weber mit zwei 100er Landungen in Führung; Manfred Betschwar hatte sich im zweiten Durchgang einen 90er „geleistet“. Und im dritten Durchgang brachte Horst das Kunststück fertig: Er legte zum drittenmal 100 Landepunkte hin und machte damit alle Hoffnungen seiner Verfolger zunichte. Auf dem zweiten Platz landete Manfred Betschwar, und Dritter wurde Christian Carlsson mit seinem JONATHAN, der die drei Minuten Flugzeit mit netten Rückenflug-Einlagen gefüllt hatte. Knapp hinter ihm kam Thomas (ebenfalls JONATHAN) auf den gar nicht so undankbaren vierten Platz, Alex wurde zehnter (der dritte JONATHAN) und Euer Schreiberling (Die Wucht) siebzehnter. Interessant waren die in Graben eingesetzten Modelle; es waren einige Maschinen der neuesten Generation am Start. Da war zunächst der Thermik C, eine reine F3J-Konstruktion. Die Maschine ist gut verarbeitet und zeigte gute, ausgeglichene Flugleistungen. Noch mehr Eindruck hat mir der Esprit von Euromodell gemacht. Die Verarbeitungsqualität ist kaum noch steigerungsfähig: Dünne Nähte, spiegelglatte Oberfläche, messerscharfe Endleiste, hervorragende Paßgenauigkeit aller Teile, und all das bei sehr geringem Gewicht. Die Anordnung des Flächenmittelstücks auf einem niedrigen 10 Pylon, ein derzeit „angesagtes“ Konstruktionsmerkmal, ist noch konsequenter ausgenutzt als beim Thermik C: Es gibt nur eine durchgehende Wölbklappe, die in der Mitte (Rumpfbereich) einen Ausschnitt für stark positive Ausschläge hat und von einem zentralen Servo, das im Pylon sitzt, angetrieben wird. In der Luft macht die relativ kleine Maschine (3,13 m Spannweite) den Eindruck, als spräche sie auch auf schwächste Thermik an; im Endandlug mit Butterflystellung wird die Kiste so langsam, daß man fast nebenherlaufen kann. Ballastzugabe dürfte schon bei geringem Wind im Interesse der Gleitleistung sinnvoll sein. Wer bereit ist, anderthalb Riesen für ein 3-m-Modell anzulegen, bekommt hier einen Segler der absoluten Spitzenklasse. Zu erwähnen sind noch zwei Maxxima von Hänel und einige Meteors von DuoModellbau. Die letzteren gefielen durch dynamische Hochstarts, großen Geschwindigkeitsbereich und hohe Wendigkeit. Auch auf den JONATHAN wurden wir (das sei in aller Bescheidenheit bemerkt) mehrfach angesprochen. Ein ganz Eifriger wollte die Kiste gleich abformen ... Mit der Siegerehrung ging dann am späten Nachmittag ein Wettbewerb zuende, der trotz tropischer Temperaturen und einiger (sicher auch durch die Hitze bedingten) Verzögerungen wohl allen Beteiligten großen Spaß gemacht hat. Ein schöner Sommerabend und die Grabener Gastronomie luden zum Bleiben und „Plauschen“ ein. Am Pfingstsonntag schlug das Wetter dann völlig um: Bedeckter Himmel, kräftiger böiger Wind und gegen Nachmittag sogar Schauer brachten den Flugtag ein wenig um die PublikumsResonanz, die er eigentlich verdient gehabt hätte. Denn es waren wieder genügend Attraktionen geboten: Ein unglaublicher, wohl im Maßstab 1:2 nachgebauter Fokker-Dreidecker (35 m2 rote Folie verarbeitet!!), Experimentalmodelle, tolle Kunstflugvorführungen, Zerahns Speed Canard und Quickie und vieles mehr. Viele Piloten hatten mit der Böenwalze zu kämpfen, die sich im Lee der berüchtigten Pappelreihe bildete und die Flieger besonders kurz nach dem Start, also noch in geringer Höhe, herumbeutelte; größere Unglücke blieben aber zum Glück aus. Alles in allem bleibt wie in jedem Jahr festzustellen: Graben ist eine Reise wert. Man muß die Leistung des Vereins, eine solche Veranstaltung mit all den vielfältigen Vorbereitungs-, Durchführungs- und Aufräum-Arbeiten durchzuziehen, einfach bewundern. So viel für diesmal, Freunde. Denkt daran, dem alten Zülch ein paar Zeilen zu schicken! Meine Adresse: Carsten Zülch, Nibelungenstr.3, 76185 Karlsruhe, 0721-558730, e-mail: [email protected] Einen schönen Flugsommer wünscht Euer Carsten.
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