Verkehrssicherheit

Verkehrssicherheit
Unfallentwicklung
Allgemeine Unfallentwicklung
im deutschen Straßenverkehr
Der Rückgang der Unfall- und Verunglücktenzahlen aus den Jahren 2012 und 2013 konnte sich
2014 witterungsbedingt nicht fortsetzen. Sowohl
die Zahl der Unfälle mit Personenschaden als
auch die Zahl der Verunglückten ist erstmals seit
dem Jahr 2011 wieder angestiegen.
Unfallentwicklung der tödlich
Verletzten im Straßenverkehr
Gegenüber 2013 ist 2014 die Zahl der Verkehrstoten um rund 1,1 Prozent (38 Personen)
von 3 339 auf 3 377 angestiegen. Trotz des
Anstiegs liegt diese Zahl unter dem Niveau von
2012, als 3 600 Verkehrstote zu beklagen waren. Die meisten Verkehrstoten waren mit einem
Anteil von 59,8 Prozent (2013: 57,9 Prozent)
auf Landstraßen zu verzeichnen. Der Anteil
innerorts getöteter Personen betrug 29,1 Prozent
(2013: 29,3 Prozent). Auf Autobahnen kamen
11,1 Prozent (2013: 12,8 Prozent) der bei Straßenunfällen getöteten Menschen ums Leben.
Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ist der Anstieg der Getöteten fast ausschließlich auf den Anstieg getöteter Nutzer von
Zweirädern im Straßenverkehr zurückzuführen.
Vor allem die relativ milden Wintermonate und
das sehr warme, trockene Frühlingswetter hätten
zu einem starken Ansteigen der tödlichen Unfälle
geführt. Bei günstigen Witterungsbedingungen
seien mehr ungeschützte Verkehrsteilnehmer
wie Fußgänger und Zweiradfahrer unterwegs.
Außerdem werde mehr und schneller gefahren,
wodurch die Schwere der Unfälle steige.
So ist bei den getöteten Motorradfahrern 2014
gegenüber 2013 ein Anstieg um 19 Personen
von 568 auf 587 Getötete zu verzeichnen, was
einer Zunahme um 3,3 Prozent entspricht. Die
Anzahl getöteter Radfahrer im Straßenverkehr
stieg im gleichen Zeitraum um 11,9 Prozent
(42 Personen) von 354 auf 396. Im Jahr 2013
war gegenüber dem Vorjahr noch ein Rückgang
von 13 Prozent verzeichnet worden.
Rückblickend lag 2014 die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland auf dem bisher zweitniedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen
im Jahre 1950. Gegenüber dem Jahr 1970, mit
einem Höchststand von 21 332 Getöteten, ging
die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr um
mehr als 84 Prozent zurück! Als Getötete gelten
in der amtlichen deutschen Unfallstatistik „Personen, die innerhalb von 30 Tagen nach dem
Unfall an den Unfallfolgen sterben“.
Die insgesamt positive Entwicklung in der Verkehrssicherheit lässt sich aus dem bevölkerungsbezogenen Risiko, im Straßenverkehr getötet zu
werden, ableiten. Dieses hat sich im Laufe der
Jahre überdeutlich verringert: von im Bundesdurchschnitt 140 Getöteten je 1 Mio. Einwohner
im Jahr 1991 (dem ersten Jahr der statistischen
Erfassung Gesamtdeutschlands nach der
deutschen Einheit) auf 41 im Jahr 2013 bzw.
42 Getötete je 1 Mio. Einwohner im Jahr 2014.
Bei dieser Gesamtbilanz darf jedoch nicht aus
den Augen verloren werden, dass sich hinter
jedem Unfall tragische menschliche Schicksale
verbergen. Für den BGL gilt deshalb in der Verkehrssicherheitsarbeit die „Vision Zero“: Jedes
Unfallopfer im Straßenverkehr ist eines zuviel!
Ziele des „Nationalen Verkehrssicherheits­
programms 2011“ erreichbar?
Die Bundesregierung hat sich mit ihrem Verkehrssicherheitsprogramm 2011 zum Ziel gesetzt, die Anzahl der Todesopfer im Straßenverkehr im Zeitraum
von 2011 bis 2020 um 40 Prozent zu senken.
Ausgehend von 4 009 Todesopfern im Jahr 2011
wurde im Jahr 2014 eine Senkung der Getötetenzahl um ca. 16 Prozent erreicht. Nach Auffassung
des BGL deutet dieser Rückgang darauf hin, dass
101
das gesetzte Ziel ohne weitere Anstrengungen
nicht erreicht werden kann. So sind aus Sicht des
BGL bessere Sicherheitssysteme für Kraftfahrzeuge, das Vorhalten einer sicherheitsoptimierten
Infrastruktur sowie die Entwicklung intelligenter
Verkehrs-, Kommunikations- und Informationssysteme unabdingbar. Neue Impulse für die Verkehrssicherheit sieht der BGL in der ab 01.11.2015
verpflichtenden Ausrüstung neu zugelassener
Kraftfahrzeuge mit den Fahrerassistenzsystemen
AEBS (Advanced Emergency Braking System) und
LDWS (Lane Departure Warning Systems).
Unfallentwicklung der Verletzten
im Straßenverkehr
Allzeittief von 759 Personen. In der historischen
Gesamtbetrachtung der Verkehrsstatistik hat sich
damit die Zahl der bei Lkw-Unfällen ums Leben
gekommenen Menschen seit 1992 (dem Jahr der
ersten statistischen Erfassung für Gesamtdeutschland) um 59,7 Prozent verringert!
Die Anzahl der Schwerverletzten bei Unfällen
mit Lkw-Beteiligung hat sich 2014 gegenüber
dem Vorjahr gemäß der allgemeinen Trendentwicklung um 2,8 Prozent erhöht, und zwar
von 7 031 auf 7 234 Personen. Im Vergleich zu
13 345 Schwerverletzten im Jahr 1992 ist dies
dennoch ein Rückgang um 45,8 Prozent. Der im
Jahr 2013 erreichte bisherige Tiefststand entspricht einem Rückgang von 47,3 Prozent.
Die Zahl der Personen, die bei Unfällen schwer
oder leicht verletzt wurden, erhöhte sich im Jahr
2014 gegenüber 2013 um 4,1 Prozent auf
392 912. Im Jahr 2013 war gegenüber dem
Vorjahr noch ein Rückgang um 2,7 Prozent auf
377 481 zu verzeichnen. Eine amtliche Definition
für „Verletzte“ existiert nicht. Lediglich „Schwerverletzte“ sind in der amtlichen deutschen Unfallstatistik definiert als „Personen, die unmittelbar zur
stationären Behandlung (mindestens 24 Stunden)
in einem Krankenhaus aufgenommen wurden“.
Ein Abgleich der Unfallzahlen mit der Verkehrs­
entwicklung in Deutschland führt zu folgender
Erkenntnis: Im Zeitraum 1992 bis 2014 stieg
die Transportleistung auf deutschen Straßen von
252,3 Mrd. tkm auf 467,5 Mrd. tkm (geschätzt),
was einer Zunahme von 85,3 Prozent entspricht.
Gegenüber 2013 wuchs die Transportleistung
2014 um ca. 13,9 Mrd. tkm, was einer Zunahme von 3,1 Prozent entspricht. Damit liegt die
2,8-prozentige Zunahme der Schwerverletzten in
diesem Zeitraum knapp unter der prozentualen
Zunahme der Transportleistung.
Straßenverkehrsunfälle mit
Sach- und Personenschaden
Die Zahl der auf die Transportleistung bezogenen tödlichen Unfälle, also die Anzahl Getöteter
pro 1 Mrd. tkm, sank seit 1992 von rechnerisch
7,5 Personen auf 1,6 Personen im Jahr 2014,
was einen markanten Rückgang um 78,7 Prozent bedeutet. Diese Zahl markiert einen absoluten Tiefststand.
Die Gesamtzahl der polizeilich erfassten Unfälle
ging im Jahr 2014 gegenüber 2013 leicht um
0,3 Prozent auf rund 2,4 Mio. zurück. Diese
Abnahme ist laut Statistischem Bundesamt auf
den Rückgang von Unfällen zurückzuführen,
bei denen ausschließlich Sachschaden entstand.
Diese verringerten sich gegenüber 2013 um
0,9 Prozent auf 2,1 Mio. Unfälle. 2013 waren
in der Statistik noch 2,414 Mio. und 2012 noch
2,401 Mio. Unfälle zu verzeichnen.
Unfallentwicklung im Straßen­
güterverkehr
Entgegen dem allgemeinen Anstieg der Getöteten in Verkehrsunfällen verharrte die Zahl
der Verkehrstoten mit Lkw-Beteiligung auf dem
102
Trotz erheblicher Zunahme der Transportleistung
ist demzufolge in den letzten 22 Jahren die Zahl
der Getöteten und Schwerverletzten bei Unfällen
mit Lkw-Beteiligung stark zurückgegangen. Abbildung 3 stellt diesen Sachverhalt für den Zeitraum
1992 bis 2014 dar. Für den BGL ist dies ein
ermutigendes Zeichen dafür, dass die Verkehrssicherheitsarbeit für den Gütertransport auf dem
richtigen Wege ist. Weitergehende Potentiale zur
Verbesserung gibt es jetzt noch auf den Feldern
Mensch-Fahrzeug-Infrastruktur zu heben. Einen
wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Reduzierung des Unfallgeschehens sieht der BGL in der
Getötete bei Lkw-Unfällen auf deutschen Straßen
je 1 Milliarde Tonnenkilometer
Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München und Berechnungen des BGL
Schwerverletzte bei Lkw-Unfällen auf deutschen Straßen
je 1 Milliarde Tonnenkilometer
Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München und Berechnungen des BGL
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Getötete und Schwerverletzte bei Lkw-Unfällen auf deutschen Staßen
im Vergleich zur Lkw-Transportleistung (1992 – 2014)
Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München und Berechnungen des BGL
obligatorischen Einführung und Weiterentwicklung von sicheren und erprobten Fahrerassistenzund Fahrerinformationssystemen sowie in der
Einführung intelligenter Verkehrstechnik.
Verkehrssicherheit in Europa
Die Zahl der Verkehrstoten innerhalb der Europäischen Union (EU) hat sich 2014 gegenüber
2013 um ein Prozent verringert. Damit wurde
der niedrigste Stand seit Beginn der statistischen
Datenerhebung im Jahr 2001 erreicht. Der nur
leichte Rückgang stellt einen Einbruch gegenüber der sehr positiven Entwicklung der beiden
Vorjahre 2013 und 2012 dar. Dort wurde ein
Rückgang der Verkehrstoten um jeweils acht
Prozent verzeichnet. Insgesamt kamen 2014
in der EU bei Straßenverkehrsunfällen 25 700
Menschen ums Leben. 2013 waren noch 26 025
Todesopfer zu beklagen.
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Verkehrssicherheit auf europä­
ischen Autobahnen
Erfreuliches gibt es über die Verkehrssicherheit auf
europäischen Autobahnen zu berichten. Zwischen
2004 und 2013 konnte die Anzahl der Todesopfer auf Autobahnen in der EU durchschnittlich um
8,2 Prozent jährlich verringert werden. In Deutschland war im gleichen Zeitraum ein jährlicher Rückgang um 6,6 Prozent festzustellen. Bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen starben 2013 europaweit
ca. 1 900 Menschen. Dies sind 7,3 Prozent aller
getöteten Unfallopfer in der EU. Auf Deutschlands
Autobahnen kamen 375 Menschen ums Leben.
Europäisches Ziel: Halbierung
der Anzahl Getöteter im Straßenverkehr
Nach der Zielsetzung des europäischen Verkehrssicherheitsprogramms für die Dekade 2010
bis 2020 soll die Anzahl Getöteter im Straßenverkehr von 31 400 auf 15 700 halbiert werden.
Der bis einschließlich 2014 erfolgte Rückgang
auf 25 700 Todesopfer entspricht einer bisherigen
Minderung um 18,2 Prozent.
Mit der Diskrepanz zur positiven Entwicklung
der beiden Vorjahre ist nunmehr ein gewisser
Pessimismus eingetreten, soweit es das Erreichen
der 50-prozentigen Zielvorgabe betrifft. So wertet die EU-Kommissarin für Verkehr, Violeta Bulc,
diese Entwicklung als europäischen Weckruf für
weitere Anstrengungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf nationaler und lokaler Ebene.
Die EU-Kommission will hierzu selbst einen Beitrag leisten. So ist u. a. für Herbst 2015 eine Studie zur Verringerung schwerer Verletzungen im
Straßenverkehr in der EU geplant. Ferner sollen
die Vorschriften für die Schulung und Qualifikation von Berufskraftfahrern überprüft werden. Ein
entsprechender Vorschlag der Kommission soll
bis Ende 2016 verabschiedet werden. Weiterhin
will sich die Kommission mit dem Sicherheitsmanagement für die Infrastruktur näher auseinandersetzen. Ein entsprechender Vorschlag wird für
spätestens Ende 2016 in Aussicht gestellt.
Im EU-Durchschnitt wurden 2014 insgesamt ca.
51 Menschen je einer Million Einwohner bei
Straßenverkehrsunfällen getötet. 2013 lag dieser
Wert bei 52 und 2001 bei 113. Die jeweilige
Verkehrsentwicklung in den Mitgliedsstaaten
bleibt dabei unberücksichtigt, was eine tiefergehende Ursachenforschung nicht möglich macht.
Deutschland liegt nach diesem Bewertungsmaßstab – wie bereits zuvor erwähnt – mit 42 (2014)
bzw. 41 Todesopfern je 1 Mio. Einwohner
(2013) unter dem EU-Durchschnitt und befindet
sich gegenüber 2012 unverändert an achter
Stelle aller 28 EU-Mitgliedsstaaten.
Aktivitäten auf dem Gebiet der
Straßenverkehrssicherheit
Fehlverhalten im Fokus der
Verkehrssicherheitsarbeit
Bezogen auf das gesamte Unfallgeschehen sind
Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie eine
der Verkehrssituation nicht angepasste Geschwin-
digkeit Hauptunfallursachen im Straßenverkehr.
Unfallforscher gehen davon aus, dass viele
Geschwindigkeitsunfälle auf ein Fehlverhalten
infolge von Abgelenktheit oder Unachtsamkeit
des Fahrers zurückzuführen sind. In der amtlichen
Unfallstatistik wird diese Art des Fehlverhaltens
nicht erfasst. Bei der polizeilichen Unfallaufnahme sind diese Unfallursachen vor Ort kaum
auszumachen. Sie werden deshalb häufig im
Unfallmeldebogen unter der Schlüsselnummer 49
als „Andere Fehler beim Fahrzeugführer“ erfasst.
Nach Einschätzung von Verkehrsexperten benutzt
fast jeder zweite Autofahrer gelegentlich ein Mobiltelefon während der Fahrt, auch ohne Freisprechanlage. Nach Beobachtungen der Polizei werden
Smartphones während der Fahrt im Internet-OnlineBetrieb betätigt. Die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen wird daher als Ursache für mittlerweile
jeden dritten Verkehrsunfall angesehen.
Müdigkeit am Steuer
Unfallursache Müdigkeit am Steuer
Abgelenktheit und Unachtsamkeit hinter dem
Steuer kann auch müdigkeitsbedingt sein. Nach
Untersuchungen der BASt aus dem Jahr 2003
sind ca. 40 Prozent aller schweren Unfälle sowie
ca. 20 bis 30 Prozent aller tödlichen Unfälle
mit Beteiligung von Lkw über 7,5 t zulässiger
Gesamtmasse (zGM) der Ursache „Müdigkeit
am Steuer“ zuzuordnen.
Mit zunehmender Ermüdung eines Fahrzeuglenkers steigt zwangsläufig auch dessen Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr. Der Auffahrunfall am
Stauende oder das ungebremste Abkommen von
der Fahrbahn sind dafür typische Unfallgeschehen.
Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen leiden Berufskraftfahrer überproportional häufig an Stress.
Darüber hinaus kann die Monotonie des Fahrens
zu einer arbeitsbedingt erhöhten Schläfrigkeit am
Steuer führen. Ein grundsätzliches Problem stellt
die Wahrnehmung eines Fahrers über die eigene
Aufmerksamkeit (Wachheit) hinter dem Steuer dar.
Besonders problematisch ist, dass die Fähigkeit zur
Selbsteinschätzung mit zunehmender Fahrtdauer
abnimmt. Adäquate Gegenmaßnahmen erfolgen
daher oftmals verspätet oder überhaupt nicht.
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Projekt „Alertnessmanagement
im Straßen­güterverkehr“
Die Hochschule Heilbronn und das SteinbeisInnovationszentrum Logistik und Nachhaltigkeit
haben sich des Problems der subjektiven Müdigkeitserkennung auf Seiten des Fahrpersonals
angenommen. Im Rahmen eines Feldversuchs
unter wissenschaftlicher Begleitung soll gezeigt
werden, dass bereits einfache Maßnahmen zum
„Alertness-Management“, also zum Erkennen und
Behandeln von Aufmerksamkeitsdefiziten, umsetzbar sind. Zielgruppe bildet das Fahrpersonal
des Transportlogistikgewerbes. Der Feldversuch
findet an Raststätten und Lkw-Parkplätzen entlang
des baden-württembergischen Autobahnabschnitts der BAB 6 (Bundesautobahn 6) zwischen
Mannheim und der Landesgrenze Bayerns statt.
Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg weisen diese Strecke als wesentlichen
Schwerpunkt von Lkw-Unfällen aus. Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass die Unfälle unter LkwBeteiligung zu einem erheblichen Anteil müdigkeitsbedingt sein könnten. In den Feldversuch
sollen ca. 300 Lkw-Fahrer auf freiwilliger Basis
einbezogen werden. Im Rahmen mehrerer anonymer Fahrerbefragungen sowie begleitender Untersuchungen zum jeweiligen Müdigkeitszustand
sollen praktikable Maßnahmen zur Verhinderung
von Müdigkeit am Steuer erarbeitet werden. Der
Projektstart ist für den Herbst 2015 geplant. Die
Projektdauer ist auf ca. neun Monate ausgelegt.
Der BGL begleitet das Projekt und hat angeregt,
auch auf das Unfallvermeidungspotenzial der
Fahrerassistenzsysteme „Spurverlassens-Warner“
(LDWS) und „vorausschauendes Notbremssystem“ (AEBS) für die Unfallursache Müdigkeit am
Steuer einzugehen.
Bereits seit Jahren widmet sich der BGL in seiner
Verkehrssicherheitsarbeit der Prävention müdigkeitsbedingter Unfälle. In diesem Zusammenhang
wurde in der BGL/DVR/BWVL-Schriftenreihe
„Tipps für Profis“ in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft für Verkehr und Transportwirtschaft (BG Verkehr) der Profi-Tipp „Fit am Steuer“
erstellt (DVR: Deutscher Verkehrssicherheitsrat;
BWVL: Bundesverband für Wirtschaft, Verkehr
und Logistik). Dieser greift zusätzliche Aspekte
wie die richtige Ernährung und den Einfluss von
Medikamenten auf die Ermüdung auf.
106
Lkw-Rechtsabbiegeunfälle
Noch kein Abbiegeassistent
in Sicht
Der BGL bedauert, dass trotz nunmehr zweier Runder Tische „Abbiegeassistent für Lkw“
des BMVI (Bundesministerium für Verkehr und
digitale Infrastruktur) im Jahr 2012 und 2014
von den Fahrzeugherstellern nach wie vor kein
serienreifer Abbiegeassistent zur europaweiten
obligatorischen Markteinführung entwickelt
werden konnte. Seit dem Jahr 2008 befinden
sich die Fahrzeughersteller auf dem Stand der
Prototypen-Entwicklung. Um die Entwicklung zu
forcieren, hat die BASt im Auftrag des BMVI im
Dezember 2014 Grundlagen für ein Testverfahren für einen Lkw-Abbiegeassistenten erstellt. Das
Testverfahren soll nach einer Validierungsphase
bei der UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) in Genf zur europaweiten
Anerkennung vorgestellt werden. Damit könnte
ein wichtiger Grundstein für die einheitliche Wirkungsweise von Abbiegeassistenten geschaffen
werden.
In Anbetracht der Euphorie und mannigfaltiger
Presseberichte zum automatisierten und autonomen Fahren ist es aus Sicht des neutralen
Betrachters nur schwer nachvollziehbar, warum
bis dato kein funktionsfähiger und verlässlicher
Abbiegeassistent zur Verfügung steht. Aus dieser
Tatsache heraus lässt sich im Umkehrschluss folgern, wie zukunftsfern das automatisierte und autonome Fahren derzeit noch ist. Der BGL bedauert die Dissonanz zwischen Realität und Vision
und mahnt realistische und marktreife Entwicklungen an, da es heute und nicht erst in 15 – 20
Jahren um die Rettung von Menschenleben geht.
Ein besonderer Appell richtet sich an Fahrzeughersteller und Zulieferer, die Entwicklung von
Abbiegeassistenzsystemen mit höchster Priorität
voranzutreiben. Aufgrund der fortbestehenden
Brisanz von Lkw-Rechtsabbiegeunfällen rät der
BGL weiterhin Radfahrern, an einem wartenden
oder stehenden Lkw nicht rechts vorbeizufahren.
Bundesweite Aktionen zum
Thema Toter Winkel
Der BGL begrüßt die mittlerweile bundesweit
stattfindenden Aktionen zum Thema „Toter Winkel“ und Lkw-Rechtsabbiegeunfälle an Schulen
und Kindergärten. Darüber hinaus wird das Thema immer wieder im Rahmen von Verkehrssicherheitstagen auf lokaler Ebene mit Unterstützung
des Transportlogistikgewerbes aufgegriffen. So
wird bspw. der „tote Winkel“ im Rahmen des
jährlich vom DVR initiierten Tages der Verkehrssicherheit vielerorts thematisiert, bei den bundesweit stattfindenden Fernfahrerstammtischen
ist der „tote Winkel“ ein Dauerthema. Auf den
vom BGL bereits im Jahr 2001 gemeinsam mit
dem DVR und dem BWVL verfassten „Profi-Tipp“
zum Thema „Freie Sicht – Sichtfeld“ wird bei
diesen Veranstaltungen gerne zurückgegriffen.
Der Profi-Tipp steht auf der Homepage des BGL
unter http://www.bgl-ev.de/web/initiativen/
sicher_tipps.htm zum kostenlosen Download zur
Verfügung.
Erprobung von Kamera-MonitorSystemen
Die BG Verkehr hat einen Forschungsauftrag zur
Beurteilung des Unfallvermeidungspotenzials von
Kamera-Monitor-Systemen am Lkw vergeben.
Diese Systeme sollen eine Sichtfelderweiterung
und bessere Erkennung von Verkehrsteilnehmern
rund um den Lkw ermöglichen. Die Ergebnisse
werden für Ende 2015 erwartet.
Intelligente Verkehrssysteme im
Straßenverkehr
Der BGL teilt die Einschätzung der Bundesregierung, dass mit dem zunehmenden Einsatz
intelligenter Verkehrssysteme (IVS) die Verkehrssicherheit sowohl auf europäischer als
auch auf nationaler Ebene erheblich gesteigert
werden kann. Ebenso wie die Steigerung der
Verkehrseffizienz zur Minderung der negativen
Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt
zählen sicherheitsverbessernde Maßnahmen zu
den dringlichsten Aufgaben der Gegenwart.
Intelligente Verkehrssysteme verknüpfen dafür
die bislang getrennt voneinander betrachteten Einsatzgebiete Straßenverkehrstelematik,
Verkehrsinformationsdienste, Fahrerassistenzsysteme und kooperative Systeme. Der überarbeitete Aktionsplan Güterverkehr und Logistik
hat diese Thematik unter dem Stichwort „Digitalisierung im Mobilitätssektor“ aufgegriffen.
Zudem sollen 1,1 Milliarden Euro für Investitionen in die digitale Infrastruktur zur Verfügung
gestellt werden.
Digitales Testfeld auf der Bundesautobahn 9
Mit einem sogenannten digitalen Testfeld will
das BMVI Erkenntnisse sammeln, wie der Verkehr intelligent gestaltet und gesteuert werden
kann. Dazu wird auf der Bundesautobahn 9 ein
entsprechendes Testfeld eingerichtet. Forschungsschwerpunkt ist die Erprobung von Systemen, die
Fahrzeuge und Infrastruktur intelligent zu vernetzen und miteinander kommunizieren zu lassen.
Ferner sollen Fragestellungen zur Stauvermeidung und zur Harmonisierung des Verkehrsflusses untersucht werden. Besonders begrüßenswert
aus Sicht des BGL ist das Vorhaben, für den
Lkw-Verkehr Leit- und Informationstechniken zur
Parkplatzfindung einzurichten.
Streckenbezogene Geschwindigkeitskontrollen „Section Control“
Eine spezielle Anwendung intelligenter Verkehrstechniken zur Überwachung der Geschwindigkeit ist die streckenabschnittsbezogene
Geschwindigkeitskontrolle „Section Control“.
Das Prinzip von „Section Control“ besteht darin,
jedes Fahrzeugheck bei der Einfahrt in einen zu
überwachenden Streckenabschnitt fototechnisch
digital zu erfassen und mit einem eindeutigen
Dateinamen zu speichern. Bei der Ausfahrt
des Fahrzeugs aus dem Streckenabschnitt
wiederholt sich dieser Prozess. Anhand der Einund Ausfahrtzeiten wird die durchschnittliche
Geschwindigkeit ermittelt. Liegt diese über dem
für den Streckenabschnitt geltenden Geschwindigkeitslimit, liegt ein Geschwindigkeitsverstoß
vor, der automatisch der Polizei übermittelt und
geahndet wird.
107
Durch die Kontrolle der durchschnittlichen Geschwindigkeitsübertretung erhoffen sich Verkehrsplaner gegenüber stationären Blitzanlagen eine
allgemein höhere Akzeptanz von Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen. Weiterhin
wird infolge der Streckenabschnittskontrolle eine
Entzerrung im Verkehrsfluss erwartet. Ein bundesweiter Pilotversuch findet in Niedersachsen seit
Mitte 2015 auf der Bundesstraße 6 zwischen
Gleidingen und Laatzen auf einem drei Kilometer langen Abschnitt statt. Der Versuch ist auf
18 Monate befristet.
Der BGL steht dem Projekt grundsätzlich offen
gegenüber. Allerdings könnte diese Art der
Überwachung einen Eingriff in das Grundrecht
auf „informationelle Selbstbestimmung“ darstellen, der mit anderen Rechtsgütern abzuwägen
ist. Bei aller Euphorie zur Einführung neuer intelligenter Verkehrstechniken ist darauf zu achten,
dass diese nicht zu einem unbewussten Überwachungsstaat Orwell’scher Prägung führen.
So erfolgt bei „Section Control“ eine verdachtsund verschuldensunabhängige Erfassung aller
Verkehrsteilnehmer. Dieser Eingriff in garantierte
Freiheitsrechte ist nur verhältnismäßig, wenn es
gleichwertige und höherwertige Rechtsgüter zu
schützen gilt.
Automatisiertes Fahren
Die rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet intelligenter Verkehrstechniken und Informationssysteme sind den sich schnell entwickelnden Möglichkeiten der Informationstechnologie und der
Datenverarbeitung zuzuschreiben. Das schnelle
Internet hält mehr und mehr Einzug ins Fahrzeug
und schafft damit erst die Voraussetzungen für
automatisiertes Fahren. Mehr und mehr haben
Telekommunikationsfirmen ihre Marktchancen
auf dem Gebiet des automatisierten und autonomen Fahrens entdeckt und sind innovativ tätig.
Trotz allem sind technische Fortentwicklungen
allerdings noch kein Garant für fehlerfreies oder
unfallfreies Fahren. Sicherheitsgrenzen ergeben
sich aus den technischen Systemanfälligkeiten
und erlauben keine Null-Fehler-Toleranz. Der BGL
108
legt bei den automatisierten Systemen deshalb
nach wie vor besonderen Wert auf größtmögliche Verlässlichkeit, Systemredundanz und die
Sicherheit gegenüber äußeren Einwirkungen und
Störfällen. Der Fahrer muss jederzeit das System
übersteuern können und darf nicht die Rolle des
Statisten einnehmen.
Lkw-Parken an Bundesautobahnen
Die Parkplatzsituation für Lkw und der Mangel
an Lkw-Stellflächen an Deutschlands Autobahnen ist seit Jahren ein Dauerthema. Der BGL
betont immer wieder die hohe Bedeutung von
Lkw-Stellflächen entlang des Autobahnnetzes
für die Verkehrssicherheit und den Arbeits- und
Gesundheitsschutz des Fahrpersonals. Mangelnde Lkw-Stellflächenangebote führen zu
zeitraubenden Suchverkehren und veranlassen
Lkw-Fahrer in ihrer Not zum Parken auf dafür
nicht geeigneten Stellen, wie Zu- und Abfahrten
oder auf Seitenstreifen. Ein trauriger Beleg für
diese untragbare Situation ist der dramatische
Unfall im Dezember 2014 auf dem Parkplatz
Wachenburg an der BAB 5 bei Weinheim. Ein
Pkw fuhr auf einem überfüllten Parkplatz auf
einen in der Parkplatzzufahrt parkenden Lkw
und geriet dabei in Brand, wobei der Pkw-Fahrer
um sein Leben kam. Gegen den Lkw-Fahrer wird
wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die politische Verantwortung für die Parkplatzmisere wird
dagegen nicht hinterfragt.
Der BGL begrüßt daher außerordentlich, dass
sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag
zur 18. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU
und SPD („Deutschlands Zukunft gestalten“) klar
für den weiteren Aus-, Um- und Neubau von
Lkw-Parkplätzen ausgesprochen hat. Damit führt
sie eine der Zielsetzungen des Verkehrssicherheitsprogramms 2011 der Vorgängerregierung
fort. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, in
der 18. Legislaturperiode zusätzliche 6 000 LkwStellplätze zu schaffen. Der BGL weist jedoch
darauf hin, dass diese Zielvorgabe bei Weitem
hinter dem tatsächlichen Bedarf bis zum Jahr
2018 zurück bleibt.
Sicherheitsausstattung von
Lkw-Parkplätzen
Die Bereitstellung gesicherter Autobahnparkplätze durch den Bund wird gegenüber dem Neu-,
Aus- und Umbau von Lkw-Stellflächen als nachgeschaltete Maßnahme eingestuft. Dennoch ist
das BMVI bemüht, zukünftige Neubauten mit einer
Umzäunung und ausreichender Beleuchtung
während der Abend- und Nachtstunden auszustatten. Von einer Videokameraüberwachung im
öffentlichen Raum wird aus datenschutzrechtlichen Erwägungen vorerst Abstand genommen.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der
zunehmenden Kriminalität im Straßengütertransport sehen private Lkw-Parkplatzbetreiber
und Investoren vermehrt ein Geschäftsmodell in
der Schaffung von Sicherheitsparkplätzen. In
Deutschland stehen mit den Lkw-Parkplätzen in
Uhrsleben und Wörnitz nur zwei Sicherheitsparkplätze zur Verfügung, die dem europaweiten
SETPOS-Standard genügen (SETPOS: Secure European Truck Parking Operational Services; vgl.
BGL-Jahresbericht 2010/2011). Der BGL steht
in Kontakt mit privaten Autohofbetreibern und
potenziellen Investoren für Sicherheitsparkplätze.
Nach Auffassung des BGL sollte die Mindestausstattung eines Sicherheitsparkplatzes aus einer
Umzäunung, ausreichender Beleuchtung und
einer Videokameraüberwachung des privaten
Geländes bestehen. Darüber hinaus wurde zum
Ausdruck gebracht, dass das Vorhalten von
Sicherheitsparkplätzen nicht nur im Interesse
des Transportlogistikgewerbes sondern auch im
Interesse der Industrie und der verladenden Wirtschaft liegt. Der sichere Warentransport ist ein
wesentlicher Bestandteil der Logistikkette, wofür
alle Logistikpartner Verantwortung tragen.
Diebstahlprävention im Straßengüterverkehr
BGL-Initiativen zur Eindämmung
des Kraftstoffdiebstahls
Der sichere Warentransport ist für das Transportlogistikgewerbe von höchster Priorität. Sicher
heißt, dass durch den Transport niemand ge-
fährdet wird und Fahrer, Ladung und Fahrzeug
unbeschadet am Ziel ankommen. Dies schließt
neben der technischen Sicherheit auch die Sicherheit gegen kriminelle Handlungen ein. Eine
bereits im Herbst 2013 durchgeführte Erhebung
des BGL in Zusammenarbeit mit der International
Road Transport Union (IRU) kam zu dem erschreckenden Ergebnis, dass mehr als 80 Prozent der
teilnehmenden Transportunternehmen von Treibstoffdiebstählen betroffen waren. Ebenso stellte
sich heraus, dass viele der im Markt befindlichen
Schutzvorrichtungen gegen Treibstoffdiebstahl
nur bedingt praxistauglich sind. So werden
Tankschlösser oder Absaugsperren mit einfachen
Mitteln zerstört oder der Treibstoffbehälter wird
durchbohrt. Neben dem Verlust des Treibstoffs
entsteht dadurch noch ein zusätzlicher Sachschaden am Fahrzeug. Damit geht die Gefahr einer
umweltrelevanten Bodenverschmutzung einher.
Der BGL steht daher in engem Kontakt mit der
Nutzfahrzeugindustrie und Herstellern von
Systembauteilen zum Schutz gegen Treibstoffdiebstähle. Im Fokus steht die Entwicklung von
Füllstandssensoren, gekoppelt mit einer optischen
bzw. akustischen Alarmauslösung am Fahrzeug.
Zum Schutz des Fahrpersonals vor Überfällen
hat der BGL angeregt, die Fahrerhaustüren mit
Sicherheitsverschlüssen auszurüsten.
Maßnahmen auf politischer Ebene
Das BMVI hat inzwischen die Bedeutung der
Problematik von kriminellen Übergriffen auf Lkw
und auf das Fahrpersonal erkannt und in den
weiterentwickelten Aktionsplan Güterverkehr
und Logistik als Maßnahme 1g aufgenommen.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Arbeiten
des vom BMVI einberufenen Arbeitskreises „Sicherheit in der Lieferkette“ von BGL und weiteren
betroffenen Verbänden, Institutionen und Organisationen aktuelle Anforderungen an Maßnahmen
gegen die zunehmende Kriminalität erarbeitet.
Dazu zählen die Verbesserung des polizeilichen
und behördlichen Lagebildes, eine klare Regelung über die Zuständigkeitsverteilung zwischen
Bund und Ländern sowie eine Optimierung der
länderübergreifenden Koordinierung auf polizeilicher Ebene.
109
BGL-Fragebogenaktion
„Lkw-, Ladungs- und Treibstoffdiebstähle sowie kriminelle Übergriffe auf das Fahrpersonal“
Ein vom BAG veröffentlichter Marktbeobachtungsbericht geht aufgrund der behördlichen Erhebungsdefizite von einer hohen Anzahl polizeilich
nicht erfasster krimineller Übergriffe im Transportsektor aus. Um eine Hilfestellung zur Schließung
dieser Lücke zu leisten, hat der BGL im März
2015 unter den ihm angeschlossenen Mitgliedsverbänden und deren Mitgliedsunternehmen eine
Aktion zur Meldung von „Lkw-, Ladungs- und
Treibstoffdiebstählen sowie kriminellen Übergriffen auf das Fahrpersonal“ gestartet. Eine
belastbare Auswertung der Rückmeldungen ist
im Rahmen dieses Jahresberichtes noch nicht
möglich. Das BAG begrüßt diese Initiative als
positiven Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung im
Transportsektor.
„Verständnis“-Broschüre Lkw-Pkw
Die Sicherheit im Straßenverkehr wird wesentlich
vom partnerschaftlichen Verhalten der Verkehrsteilnehmer geprägt. Vor diesem Hintergrund hat
der BGL bereits vor Jahren in Zusammenarbeit
mit dem Allgemeinen Deutschen AutomobilClub (ADAC) das partnerschaftliche Verhalten
zwischen Lkw- und Pkw-Fahrern ins Bewusstsein gerückt. In der BGL/ADAC-Schriftenreihe
„Clever und Sicher“ wird bspw. auf das richtige
Verhalten in Baustellenbereichen sowie auf das
partnerschaftliche Miteinander von Lkw-Fahrern
und Führern von Caravan-Gespannen eingegangen. Die Schriftenreihe „Clever und Sicher“ steht
auf der Homepage des BGL zum kostenlosen
Download unter „http://www.bgl-ev.de/web/
initiativen/sicher_clever.htm“ zur Verfügung.
Auch im Rahmen der BMVI/DVR-Verkehrssicher­
heitskampagne „Runter vom Gas“ wurde das
Thema des partnerschaftlichen Umgangs zwischen Pkw- und Lkw-Fahrern aufgegriffen. Hierzu
wurde eine „Verständnisbroschüre Lkw-Pkw“ im
Layout der bekannten Langenscheidt-Wörterbücher verfasst. Darin wird aus der jeweiligen
Sicht der Pkw- und Lkw-Fahrer in Comic-Form
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dargestellt, wie im Straßenverkehr gegenseitige
Missverständnisse entstehen, und wie man diesen
entgegenwirken kann. Der BGL hat sich bei den
aufzunehmenden Problemfeldern gemeinsam mit
dem Bund Deutscher Berufskraftfahrer (BDBK) und
der BG Verkehr in die Erstellung der Broschüre
eingebracht. Diese wurde am 30.03.2015 auf
dem Autohof Mellrichstädter Höhe Ost an der
BAB 71 durch die Parlamentarische Staatssekretärin im BMVI, Dorothee Bär und den Hauptgeschäftsführer des DVR, Christian Kellner, offiziell
vorgestellt. Über die Osterfeiertage wurde die
Broschüre an rund 100 Rasthöfen der Autobahn
Tank & Rast GmbH kostenlos ausgelegt.
Ladungssicherung
Internationale Entwicklungen
zur Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen
Code of Practice for Packing
of Cargo Units (CTU Code)
Über die von UNECE, International Labour
Organisation (ILO) und International Maritime
Organisation (IMO) initiierte Überarbeitung
der CTU-Packrichtlinie (CTU: Cargo Transport
Unit; Beförderungseinheit) zum neuen „Code
of Practice for Packing of Cargo Units (CTU
Code)“ wurde bereits im vergangenen BGLJahresbericht 2013/2014 informiert. Die englische Fassung des CTU Code wurde im Januar
2014 auf der Homepage der UNECE veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung wird für den
Herbst 2015 erwartet. Der BGL brachte sich
als sachverständiges Mitglied der deutschen
Delegation des BMVI in die Überarbeitung der
CTU-Packrichtlinien ein.
Der neue CTU Code ist ein völkerrechtlich nicht
bindendes Rechtsinstrument. Nationale Regelungen besitzen also weiterhin uneingeschränkte
Gültigkeit. Ein anderer Sachverhalt liegt jedoch
beim Transport gefährlicher Güter vor. So soll
der CTU Code im Bereich des Transports gefährlicher Güter auf der Straße im Jahr 2017 im ADR
(Accord européen relatif au transport internatio-
nal des marchandises dangereuses par route) als
technische Regel für die Ladungssicherung in Bezug genommen werden. Beim Transport gefährlicher Güter auf See inklusive des Straßenvor- und
-nachlaufs soll der CTU Code zur Ladungssicherung ab dem 01.01.2017 freiwillig und ab dem
01.01.2018 verpflichtend werden.
Der CTU Code ersetzt somit zukünftig „formal“
die zurzeit beim Transport gefährlicher Güter
anzuwendende europäische Sicherungskräftenorm EN 12195-1 aus dem Jahr 2010 (EN:
Europäische Norm). „Formal“ deswegen, weil
der CTU Code zur Umsetzung der Ladungssicherung grundsätzlich auf die Anwendung der
europäischen Sicherungskräftenorm verweist.
Allerdings räumt er auch Abweichungen dazu
ein. So entfällt bspw. die Betrachtung einer zusätzlichen Beschleunigung für die Kippsicherung
einer Ladung.
Europäische Entwicklungen
zur Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen
Überarbeitung der Sicherungskräftenorm EN 12195-1
Für die Ladungssicherung im Straßentransport
von Nicht-Gefahrgütern ist in Deutschland die
Richtlinie VDI 2700 anzuwenden (VDI: Verein
deutscher Ingenieure). In Europa kommt die europäische Sicherungskräftenorm EN 12195-1,
Stand 2010, zur Anwendung. Angesichts
zusätzlicher gefahrgutrechtlicher Bestimmungen
gibt es ab dem Jahr 2017 damit drei technische Standards, die sich mit der Ladungssicherung befassen und in ihrem Sicherheitsniveau
voneinander unterscheiden. Wie vom BGL
erwartet, verstärkt der neue CTU Code den
Druck zur Überarbeitung der europäischen
Regelwerke. So regte das Deutsche Institut für
Normung e.V. (DIN) im Juli 2015 beim Europäischen Normungsinstitut CEN (Comité Européen de Normalisation) eine Überarbeitung
der europäischen Sicherungskräftenorm zur
Anpassung an den Stand der Technik an. Auf
internationaler Ebene stieß dieser Vorschlag
auf allgemeine Zustimmung.
Der BGL sieht in der Revision der mittlerweile selbst
unter europäischen Ladungssicherungsexperten
umstrittenen europäischen Sicherungskräftenorm
die große Chance, eine internationale Harmonisierung der Ladungssicherungsvorgaben herbeizuführen. Der BGL wird sich in diese Revisionsarbeiten
entsprechend einbringen. Besonderes Augenmerk
gilt dabei der Praktikabilität der normativen Inhalte
für das Transportlogistikgewerbe.
Nationale Entwicklungen zur
Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen
Fortschreibung der Richtlinie
VDI 2700
Parallel zur internationalen Fortschreibung des
Standes der Technik zur Ladungssicherung
erfolgt auf nationaler Ebene die Fortschreibung
der Richtlinie VDI 2700 „Ladungssicherung auf
Straßenfahrzeugen“. Im Rahmen dieser Arbeiten
werden vorrangig Fragestellungen zum Kippverhalten einer Ladung sowie der Ladungssicherung
von überbreiten Ladungen behandelt.
Darüber hinaus wurde die im Berichtszeitraum
2013/2014 aufgenommene Überarbeitung der
Richtlinien VDI 2700 Blatt 9 „Ladungssicherung
von hart gewickelten Papierrollen“ sowie VDI
2700 Blatt 6 „Ladungssicherung von Stückgut“
fortgeführt. Des Weiteren befindet sich die
Richtlinie VDI 2700 Blatt 18 „Ladungssicherung
von Weichverpackungen“ in Bearbeitung. Die
Erstellung dieser Richtlinie gestaltet sich aufgrund
der Komplexität der Sicherungsanforderungen
für weiche Ladegüter (bspw. Sackware) sehr
zeitintensiv.
Ebenso wie auf der internationalen Ebene beteiligt sich der BGL auf nationaler Ebene aktiv an
der Richtlinienarbeit des VDI. Größter Wert ist
darauf zu legen, dass die Vorgaben zur Ladungssicherung praxisgerecht und für den Anwender in
verständlicher Form aufbereitet werden.
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Erweiterung des BGL/
BG Verkehr Praxishandbuches
Laden und Sichern
Ladungssicherung von Altpapierballen auf Schubbodenfahrzeugen
Zur Fortschreibung des BGL/BG Verkehr Praxishandbuches Laden und Sichern befindet sich
die „Ladungssicherung von Altpapierballen auf
Schubbodenfahrzeugen“ in Bearbeitung. Damit
soll die im September 2013 veröffentlichte
Verladeempfehlung für Altpapierballen auf den
Anwendungsbereich für Fahrzeuge mit Schubboden ausgeweitet werden. Die Erstellung dieser
Verladeempfehlungen erfolgt in der bewährten
Kooperation mit den Verbänden Bundesverband
Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE),
Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN), Verband Verkehrswirtschaft und
Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL), Verband
Deutscher Papierfabriken (VDP), der BG Verkehr
sowie dem BAG und den Polizeien Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens. Die technischwissenschaftliche Begleitung erfolgt durch die
DEKRA Automobil GmbH, die TÜV NORD
Mobilität GmbH sowie das Fraunhofer-Institut für
Materialfluss und Logistik (IML). Aussagekräftige
Fahrversuche sind für Ende 2015 vorgesehen.
Die Verladeempfehlungen sollen nach Vorliegen
in das niedersächsische Kontrollhandbuch der
Polizei zur Ladungssicherung, das bundesweit
Anwendung findet, aufgenommen werden.
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