Rezension Nelson Mandela - Casino

Nelson Mandela – ein Reisebericht
Eine Reise zu Südafrikas Stimme der guten Hoffnung – so bezeichnete Nadja Rechsteiner
ihre für die Casino-Gesellschaft zusammengestellte Lesung, die am Sonntag in der
Bibliothek Herisau gehalten wurde. Es lasen Diana Dengler, Boglarka Horvat und Hans
Rudolf Spühler vom Theater St.Gallen.
„Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind. Unsere tiefste Angst ist, dass wir
machtvoll sind. Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.“ Dieser Satz
aus der Antrittsrede Nelson Mandelas als Präsident 1994, hatte Nadja Rechsteiner berührt
und geweckt und auf eine Reise nach Südafrika gelockt. Ihr Bericht nahm nun auch die
zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine Reise zum Kap der Hoffnung. Es ist
allerdings keine billige Hoffnung, von der man hörte, sie wächst aus der Bereitschaft zum
Kampf – mit allen persönlichen Konsequenzen und der Bereitschaft zur Versöhnung. „Mein
Leben lang habe ich mich diesem Kampf des afrikanischen Volks gewidmet. Ich habe gegen
weisse Vorherrschaft gekämpft, und ich habe gegen schwarze Vorherrschaft gekämpft. Ich
habe das Ideal der Demokratie und der freien Gesellschaft hochgehalten.“ So verteidigte
Nelson Mandela sein Handeln im Rivonia-Prozess im Juni 1964. Es trug ihm lebenslängliche
Haft ein. Beinahe drei Jahrzehnte hat der Häftling 46664 auf Robben Island abgeleistet und
er ließ sich nicht brechen, blieb „captain of my soul“. Es sind solche Sätze, die sich den
Zuhörenden ins Innere bohrten und festsetzten – und die Frage weckten, wie das ein
Mensch nur aushalten kann? Nelson Mandela: „Die Zelle ist der ideale Ort, um sich selbst
kennenzulernen, realistisch und regelmässig die Entwicklung der eigenen Gedanken und
Gefühle zu erforschen.“ Und er fügt für uns gewöhnlich Sterbliche hinzu: „Vergessen wir nie,
dass ein Heiliger ein Sünder ist, der am Ball bleibt.“
Es ist diese Menschlichkeit – der Wille sich nicht zum Opfer machen zu lassen - und der
Humor Mandelas, die in einem Hoffnung weckt. Hier liegt wohl auch der Grund für seine
Bereitschaft zur Versöhnung auf dem langen Weg zur Freiheit. Sie wächst aus dem
Bewusstsein, dass beide Unterdrücker und Unterdrückte nicht frei sind, beide sind ihrer
Menschlichkeit beraubt. „Wir haben nicht den letzten Schritt unserer Wanderung getan,
sondern den ersten Schritt auf einem längeren, noch schwierigeren Weg. Denn um frei zu
sein, genügt es nicht, nur einfach die Ketten abzuwerfen, sondern man muss so leben, dass
man die Freiheit des anderen respektiert und fördert.“
Die Zuhörenden in der Bibliothek sind hoffnungsgestärkt nach Hause gegangen.
Norbert Hochreutener