Kennen Sie Ihren Kunden? Know Your Customer (KYC) und die

Kennen Sie Ihren Kunden?
Know Your Customer (KYC) und die Auswirkungen auf die Compliance
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Ein Fachbeitrag von Dr. Steffen Gutjahr, Leiter Compliance Solutions der Cellent Finance Solutions
GmbH, veröffentlicht in der Online Ausgabe des Fachmagazins Compliance Manager v. 19.08.2015
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Mit der Verabschiedung der 4. EU–Geldwäscherichtlinie haben die Finanzinstitute
die Verpflichtung übernommen, für die komplette Dauer der Kundenbeziehung dem
Compliance–Risiko entsprechende Maßnahmen zu ergreifen um gegen Geldwäsche
vorzugehen. Diese sogenannten Sorgfaltspflichten, die im Wesentlichen durch die
Compliance-Abteilung verantwortet werden, haben signifikante Auswirkungen auf
die operativen Einheiten der Unternehmen. Dies verdeutlicht das Beispiel des KYCProzesses.
Gesetzliche Rahmenbedingungen fördern den risikoorientierten Ansatz
Am 25. Juni 2015 ist die 4. EU - Geldwäscherichtlinie in Kraft getreten, die den risikobasierten
Ansatz in der Finanzindustrie weiter stärkt. Die Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die
neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die weitreichendste Änderung betrifft den
risikobasierten Ansatz, der schon in der dritten EU – Geldwäscherichtlinie gefordert wurde und
jetzt eine deutliche Aufwertung erfährt. Aufgabe der Compliance ist es, das Risiko des
einzelnen Kunden bezogen auf Geldwäsche abzuschätzen und entsprechende
Sorgfaltspflichten zur Überwachung zu definieren. Die Daumenregel lautet in dem Fall: Je höher
das potenzielle Risiko des Kunden ist, desto engmaschiger muss er beobachtet werden.
Üblicherweise wird das damit verbundene Verfahren als KYC–Prozess bezeichnet, wobei
zwischen der Kundenannahme (Onboarding Customer Due Diligence) als einmaligem Vorfall
und der laufenden Überwachung (Ongoing Customer Due Diligence) unterschieden wird.
Onboarding Customer Due Diligence (CDD)
Die Aufnahme einer neuen Kundenbeziehung ist von jeher ein zentraler Baustein bei den Finanzinstituten. Neben den klassischen Themen wie Personenidentifikation, Bonitätsprüfung,
Embargo- und Sanktionslisten Check oder der Mittelherkunft der anzulegenden Gelder etc.,
werden mit der 4. EU – Geldwäscherichtlinie weitere Aspekte aufgegriffen.
Dazu gehört zum einen für die Unternehmenskunden der vollständige Nachweis der
wirtschaftlich Berechtigten, inklusive Art und Umfang der wirtschaftlichen Berechtigung. Zum
anderen werden durch den Wegfall von Positivlisten bei Drittländern oder die Reduktion der
Sonderstellung inländischer PEPs (Politisch exponierter Personen) Automatismen bei der
Beurteilung des Compliance–Risikos unterbunden, die eine individuelle Beurteilung notwendig
machen.
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Ein wichtiger Punkt ist die Erstellung eines SOLL-Profils, das, ausgehend von den zur Verfügung gestellten Informationen, das zukünftige Verhalten des Kunden widerspiegelt. Dort
werden Aussagen über die Anzahl und Höhe von Auslandstransaktionen, Art und Anzahl
zu nutzender Finanzprodukte etc. gespeichert.
Die im Rahmen dieses Prozesses erhobenen Daten, werden durch ein mathematisches
Modell zu einer Zahl verdichtet, die das Compliance – Risiko des Kunden quantifiziert.
Ausgehend von einer Einteilung in kleines, mittleres oder großes Risiko werden vereinfachte, allgemeine oder verstärkte Sorgfaltspflichten (Enhanced CDD) angewandt.
Ongoing Customer Due Diligence (CDD)
Die einmalige und wiederkehrende Neujustierung dieses Risikos findet Eingang in die
operativen Systeme und Prozesse des Instituts.
So ist bei der verstärkten Sorgfaltspflicht, die Überwachung des Transaktionsverhaltens zur
Entdeckung von Auffälligkeiten in Bezug auf Geldwäsche strenger und engmaschiger und die
Zeitzyklen für die regelmäßige Neukalkulation des Compliance – Risikos kürzer (vereinfachte
Sorgfaltspflicht bis zu 5 Jahren, verstärkte Sorgfaltspflicht bis zu 1 Jahr).
Auch unterliegen Hochrisikokunden einer gewissen „Management – Attention“, indem die, vom
Kunden gewünschte Ausweitung der Geschäftsbeziehung bspw. durch die Hinzunahme neuer
Finanzprodukte oder Zahlungstransaktionen einem eigens dafür definierten Genehmigungsprozess unterliegen.
Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass jederzeit eine spontane Neuprüfung des Kunden
stattfinden kann. Dies kann bspw. verursacht werden durch die Aufnahme des Kunden auf
einer Embargo- oder Sanktionsliste oder durch Abweichungen des Kundenverhaltens von
seinem SOLL – Profil, insofern dies risikoerhöhenden Charakter hat.
IT-Unterstützung – kritischer Erfolgsfaktor?
Dieser Prozess muss für jeden Kunden durchgeführt werden: für den Privat- und Anlagekunden,
der ein Sparkonto eröffnen oder ein Darlehen aufnehmen möchte über den Wealth Management Kunden, der sein Vermögen weltweit investiert bis zum global agierenden
Unternehmen, das eine Vielzahl verschiedener Finanzprodukte und -dienstleistungen nutzt.
Sicherlich wird der CDD–Prozess vom jeweiligen Kundensegment abhängen und daher braucht
es entsprechend fachlich geschultes und erfahrenes Personal in der Compliance – Abteilung,
um die notwendigen Maßnahmen mit den operativen Vertriebseinheiten abzusprechen und auf
deren Belange einzugehen. Nur dann ist eine effiziente Umsetzung möglich. Im umgekehrten
Fall würde die Compliance schnell als „Vertriebsverhinderer“ wahrgenommen und auf
mangelnde Akzeptanz stoßen.
Es wird immer Vorgänge geben, die die Fachkenntnis der Compliance – Verantwortlichen
voraussetzt und daher nur manuell durchgeführt werden können.
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Aus diesem Grund ist die Tool-gestützte Implementierung des Prozesses wichtig, immer da wo
es möglich und sinnvoll ist, sonst ist der damit verbundene Aufwand nicht zu bewältigen.
Gerade für Retail–Banken mit mehreren Millionen Kunden ist die Automatisierung unvermeidlich
zur Sicherstellung der vollständigen Prüfung mit der dafür erforderlichen Qualität.
KYC als Chance
Wie so oft werden derartige, gesetzlich motivierte Aufgaben zu Beginn als „notwendiges Übel“
und damit eher unter Kosten- und nicht unter Nutzengesichtspunkten bewertet.
Durch die Erhebung der Vielzahl an Informationen und deren Betrachtung im Zeitverlauf
entsteht
aber
eine
neue
Betrachtungsweise
auf
den
Kunden,
der
unter
Reputationsgesichtspunkten hilft, möglichen Schaden vom Institut abzuwenden. Und die, in
der Öffentlichkeit publik gemachten Fälle der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass es sich
für viele Finanzunternehmen auch betriebswirtschaftlich lohnt, sich dieses Themas ernsthaft
zu stellen.
Fazit
Der KYC–Prozess wird die Finanzinstitute in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen.
Die „monolithische Insel“ der Compliance wird weiter aufgelöst, indem die Verzahnung mit den
operativen Einheiten voranschreitet und die Compliance als integraler Bestandteil des Risikomanagements eines Instituts wahrgenommen wird. Hier liegt die Chance, Compliance als
Thema gesamthaft in das Unternehmen zu transportieren und dort zu verankern.
Dabei können Unternehmen den sich bietenden Spielraum ausnutzen, den die gesetzgebenden Instanzen in der praktischen Umsetzung vorsehen. Sie sollten das Thema aber
durchaus ernst nehmen, denn bei einem Regelverstoß gegen die erweiterten Prüfpflichten
müssen Unternehmen künftig mit empfindlichen Sanktionen und Geldbußen (bis zu 5 Millionen
Euro oder 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes) rechnen; den damit verbundenen Reputationsverlust nicht eingerechnet.
Und die Prüfung wird nicht auf die Kunden beschränkt bleiben. Im Bereich der Korrespondenzbanken rückt das Thema „Know Your Customers Customer“ (Kenne die Kunden deines Kunden) immer stärker in den Fokus. Gleiches gilt für die Prüfung von Drittparteien (Lieferanten,
Dienstleistern, Joint-Venture Partnern etc.). Gesetzlich motiviert durch den UKBA (UK Bribery
Act) und den amerikanischen FCPA (Foreign Corrupt Practices Act) ist die Frage, mit wem das
(global agierende) Unternehmen zusammenarbeitet, aus Reputationsgesichtspunkten von
großer Bedeutung.
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AUTOR
Dr. Steffen Gutjahr, Leiter Compliance Solutions,
Cellent Finance Solutions GmbH, Stuttgart