„Kennen Sie Frau gewieft“.

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KAPITEL 1 – ALS DIE IT NOCH EDV WAR...
KENNEN SIE FRAU GEWIEFT?
TEXT CHRISTOF LANGER
EIN BELIEBIGER DONNERSTAGMORGEN IM JAHR 2015,
MORGENS GEGEN 9:00 UHR
Der Geschäftsführer Herr Müller kommt in die Firma (Weitblick GmbH) und beginnt:
„Guten Morgen Frau Gewieft, danke für den Tee. Bitte bereiten Sie mir wie immer meine
Entscheidungsmappe vor!“ Was Herr Müller als Chef alter Schule wirklich meint: „Organisieren
Sie mir meinen Tag!“
Frau Gewieft, ebenfalls klassische Sekretärin vom „alten Schlag“ und noch gewöhnt, Protokolle mit zu stenografieren, versteht sofort, was ihr Chef will. Wenig später ruft Herr Müller aus
seinem Zimmer: „Ich brauche alle Unterlagen zum Projekt ‚IT-Zukunft‘“!
Frau Gewieft, die erneut sofort weiß, was ihr Chef meint, wird aktiv: Sie öffnet das vor
Jahren eingeführte Programm zur Verwaltung der Kundendaten und sieht nach, welche Kontakte zum Kunden stattgefunden haben. Leider muss sie feststellen, dass das letzte Angebot
dort (noch) nicht hinterlegt ist. Der Vertriebsinnendienst hat das verbindliche Angebot auf den
letzten Moment (termingerecht) per Fax an den Kunden geschickt. Frau Gewieft öffnet also die
unternehmensweit eingesetzte Fax-Software – immerhin werden die Faxe bereits nur noch digital verwaltet – und sucht sich das Angebot heraus.
Auf dem Flur erfährt sie durch Zufall, dass der Vertriebsleiter Herr Schulze im Laufe der
vergangenen Woche den Kunden besuchen wollte. Sie findet aber kein Besuchsprotokoll, da
die elektronische Kundendatenverwaltung nur intern im Unternehmen verfügbar ist, nicht von
außen online einsehbar ist. Zudem ist Herr Schulze noch auf Geschäftsreise.
Also ruft sie ihn an. Da sie ihn aber nicht erreichen kann, bittet sie Ihn mit der Rückruffunktion der Mailbox seines Handys („…wenn Sie einen Rückruf wünschen, drücken Sie bitte
die 1…“) um Rückruf. Nachdem er sein anderes Telefonat beendet hat, ruft Herr Schulze wenig
später zurück.
15 Minuten nachdem sie alles erledigt und die Informationen mühsam zusammengesammelt hat, kommt Herr Müller mit einem weiteren Anliegen. Er ruft durch die offene Tür zwischen
seinem und ihrem Büro: „Frau Gewieft, leider ist der ganz alte Wartungsvertrag nicht in den
Unterlagen, der vor etwa sieben Jahren abgeschlossen wurde und der aus meiner Erinnerung
noch gültig ist. Bitte besorgen sie ihn mir.“
PERSPEKTIV
LESHCEW
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Frau Gewieft sagt: „Moment, auch den habe ich in 5 Minuten“.
Sie sucht im elektronischen Dokumentenablagesystem am Computer das nachträglich
digitalisierte Dokument heraus. Hier muss sie sich noch mit ihrem Passwort einloggen (natürlich hat sie alle Passwörter für Ihre zahlreichen Computerprogramme im Kopf, denn ein unternehmensweites zentrales Passwort über alle verteilten einzelnen Computerprogramme gibt es
noch nicht).
Bei ihrer Suche freut sie sich darüber, dass sie nicht von Ihrem Arbeitsplatz – wie noch
vor fünf Jahren – einige Stockwerke tiefer ins Papierarchiv in den Keller muss, um die bereits
archivierte Akte herauszusuchen.
Dennoch dauert es ein paar Minuten – für Herrn Müller eine gefühlte „Ewigkeit“.
Während also Frau Gewieft das Dokument heraussucht, wartet Herr Müller neben ihr.
Er war zwischenzeitlich zu ihr gelaufen, denn ihm dauerte das alles schon viel zu lange und
daher schaut er nun genervt aus dem Fenster – ohne seine Sekretärin wäre er hilflos. Zunächst
erwischte sie leider den falschen Vertrag, da der Azubi damals bei der Digitalisierung des Dokumentes bei der Hinterlegung von Suchbegriffen nicht sehr sorgfältig arbeitete.
Während er wartet denkt Herr Müller: „Warum tue ich mir das auf meine „alten Tage“ noch
an? Ich könnte stattdessen auch mein Golf-Handicap verbessern!“.
Frau Gewieft hat inzwischen noch schnell Herrn Meier aus der IT-Abteilung angerufen und
gebeten, die Tonerkartusche des Multifunktionsgerätes (Drucker, Scanner, Kopierer, Fax) auszutauschen, die unglücklicherweise beim gestrigen Serienbrief am späten Abend verbraucht
wurde. Praktisch könnte sie das zwar selbst, aber sie hat nicht die Berechtigungen dazu. Das
kann nur die IT-Abteilung.
Auch das verlängert Ihre Wartezeit – und die Ihres Chefs – um weitere zehn Minuten.
Nachdem ihm Frau Gewieft endlich die Unterlagen ausgedruckt und übergegeben hat,
verschwindet er mit einem kurzen „Danke“ erneut ins Chefbüro und studiert die zusammengestellte Papierakte des Projektes „IT-Zukunft“.
Zehn Minuten später ruft Herr Müller nun merklich genervt aus seinem Zimmer durch die
offene Tür: „Frau Gewieft, ich steige nicht ganz durch. War nun der Vertriebsleiter Herr Schulze
diese Woche beim Kunden oder nicht? Was wurde besprochen? Wie ist der (Projekt-)Status?
Können wir wie besprochen agieren?“
Er kommt so langsam in Rage: „Ach ja und noch etwas: Ich stelle gerade fest, dass das
Angebot zum Kunden an die falsche Fax-Nummer geschickt wurde. Der Kunde hat das vermutlich noch gar nicht gesehen. Es hätte nicht an die Filiale in Frankfurt, sondern nach Hamburg
gemusst – Sch...! Welcher Idiot hat das wieder gemacht? Wer pflegt eigentlich die Adressen bei
uns? Wir haben doch da ein tolles Programm. Warum klappt das denn nicht?“
...und spätestens ab diesem Zeitpunkt ist sein ganzer Tag „hinüber“...
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3 JAHRE SPÄTER 2018 – DER GLEICHE DONNERSTAGMORGEN,
WIEDER GEGEN 9 UHR MORGENS
Nach langem Zögern hat sich die Firma „Weitblick GmbH“ Ende 2015 entschlossen, ein
spezialisiertes IT-Unternehmen zu beauftragen, um die bekannten Probleme zu lösen. Beim
Mittagessen in der Firmenkantine hatte sich Herr Müller damals mit dem Leiter der IT-Abteilung
unterhalten und sich genervt über die damals aktuelle Situation bei der Datenverarbeitung
und der Informationstechnologie gezeigt. Der IT-Leiter hatte die Punkte mit in seine Abteilung
genommen. Auch ihn nervte die Verwaltung von gefühlt unzähligen Programmen mit noch
mehr Schnittstellen.
Bei der Suche nach einer Gesamtlösung war er auf ein Unternehmen gestoßen, das eine
ganzheitliche Lösung für die Software- und IT-Problematik hat. Dabei werden alle verschiedenen Prozesse und Programme auf einem Programm bzw. einer Benutzeroberfläche miteinander
verknüpft. Ein Zugriff auf alle wichtigen Informationen ist jetzt problemlos digital möglich…
Frau Gewieft ist jetzt seit einem Jahr in Ruhestand. Herr Müller nutzt mittlerweile einen
Tablet-PC. Den hatte er von seinem Sohn bekommen. Der ist nun seit knapp zwei Jahren als
Juniorchef in der Firma tätig und schenkte seinem Vater das Gerät am Tag seiner Einführung
als Geschäftsführer. („Papa, so etwas brauchst du. Ansonsten kann ich nicht mit dir zusammen
arbeiten.“) Herr Müller sen. loggt sich nun in das neue Programm ein, das sie intern „Fr. Gewieft“
nennen, und sichtet „auf einen Blick“ die gesamte Lage zum Projekt.
Er muss noch immer schmunzeln, dass das genutzte System genau den Namen seiner
ehemaligen Sekretärin erhalten hat, die ihn bei dem über 30-jährigen Unternehmensaufbau
immer vertraut, zuverlässig und treu zur Seite gestanden hat. Auch wenn er Frau Gewieft immer
noch vermisst, eine neue Sekretärin hat er nicht mehr eingestellt. Denn er kann jetzt erkennen,
dass das meiste ihm nun seine quasi neue „virtuelle Sekretärin“ fast genauso gut abnimmt.
Herr Schulze, der immer noch den Vertrieb leitet, legt natürlich immer sofort nach dem
Kundenbesuch direkt in „Fr. Gewieft“ eine Notiz zum Besuch ab. Mit dem neuen Projektstatus können nun die nächsten Aktivitäten für die einzubindenden Fachabteilungen und Kollegen abteilungsübergreifend gesteuert werden. Den ausführlichen Bericht erstellt er entweder
abends im Hotel oder spätestens an seinem nächsten Bürotag, wie üblich am Freitag. So ist
der Vorgang zum Projekt immer so vollständig wie möglich, jeder seiner Kollegen ist umfassend
informiert und es ist ohne zu suchen sofort klar, wer wann was als nächstes zu tun hat.
Die Mitarbeiter und leitenden Angestellten aus allen Abteilungen und insbesondere auch
die Geschäftsführung waren sehr erfreut, dass man im System „Fr. Gewieft“ sogar die firmeneigene Terminologie ganz leicht abbilden konnte. Es kann jetzt auch automatisch verhindert
werden, dass versehentlich Aktivitäten ausgeführt werden, die explizit nicht gewünscht sind.
Die Fehlerquote im Prozessablauf konnte so drastisch gesenkt werden.
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Selbstverständlich befindet sich nun auch (je)der alte Wartungsvertrag in der Projektakte
zum Projekt „IT-Zukunft“ und nicht nur im Archiv. Alle Informationen sind sozusagen an einem
zentralen Platz. Man arbeitet und organisiert sich und alle Projekte sowie Fälle nur noch im System „Fr. Gewieft“. Selbst der E-Mail-Verkehr wird darüber abgewickelt und direkt projektbezogen
dauerarchiviert. Die spontane Zusammenarbeit bzw. interne Abstimmungsprozesse erfolgen
über eine Smartphone-Applikation auf den Firmenhandys, die von einem anderen spezialisierten IT-Unternehmen zur Verfügung gestellt wird. Die dortige Kommunikation wird zusätzlich von
„Fr. Gewieft“ mitdokumentiert.
Der IT-Administrator Herr Meier ist auch sehr zufrieden, da er nicht mehr die unterschiedlichen IT-Systeme von verschiedenen Herstellern administrieren und er nun auch viel weniger
Schnittstellen verwalten und pflegen muss. Als großes mittelständisches Unternehmen wurde
innerhalb einer Untersuchung vor Einführung des neuen Systems festgestellt, dass unternehmensweit über 1.000 Schnittstellen zwischen unterschiedlichsten Programmen produktiv im
Einsatz waren. Er hatte lange für das Projekt gekämpft.
Der Seniorchef Herr Müller ist mit seiner ganzen Erfahrung nunmehr in der Lage, ganz
ohne Sekretärin alles sofort im Überblick zu haben und daher stehen auch in schwierigen
Situationen sofort die richtigen und aktuellen Informationen zur Verfügung zu haben und gute
Entscheidungen können getroffen werden.
HEUTE IST MAL WIEDER SO EINE SITUATION:
Herr Schulze hat Herrn Müller sen. eine Wiedervorlage in dem Anschlussprojekt „IT-Zukunft
2.0“ zur „eiligen Klärung“ vorgelegt, in der er nun eskalieren muss. Er ruft den Kunden direkt an
und klärt alles Notwendige. Vor drei Jahren hätte er etwa 15 Minuten auf seine Sekretärin warten müssen, die ihm die Informationen zusammengetragen hätte. Heute kann er sich in einer
Minute selbst vollumfänglich informieren. Er erfasst das Gesprächsergebnis selbst (manchmal
nutzt er dazu sein Smartphone und lädt die Datei dann in den Vorgang) und dokumentiert
seine Entscheidung und die Auswirkungen. Als nächstes gibt er die Wiedervorlage an Herrn
Schulze zurück und übergibt ihm damit erneut den Vorgang. Das dauert nur wenige Minuten
und er weiß, dass Herr Schulze nun mit allen Informationen sofort weiter arbeiten kann.
Herr Müller schaut danach zufrieden aus dem Fenster und denkt: „Ich glaube, ich gehe
jetzt Golf spielen und mein Handicap verbessern. So eine Effizienz erhöht meine Lebensqualität! Was für ein toller Tag!“ Herr Müller schmunzelt kurz nach Mittag und verlässt das Büro. Auch
die Firmensituation hat sich generell verbessert. Die Firma erwirtschaftet höhere Umsätze und
generiert gestiegene Gewinne. Weil sich die Überstunden in Grenzen halten, haben die Mitarbeiter keine Burnouts mehr.
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Da nun auch alle Compliance-Anforderungen umgesetzt und auch bestimmte Prozesse
kundenspezifisch angepasst werden können, hat sich auch das Kundenspektrum erweitert. Es
können nun auch Firmen beliefert werden, die explizit nur mit Unternehmen zusammenarbeiten dürfen, die Compliance-konform arbeiten. Die Weitblick GmbH ist mittlerweile ein gern
gesehener Zulieferer, auch bei sicherheitssensiblen Firmen und vor allem in regulatorischen
Bereichen.
WEITERE 2 JAHRE SPÄTER... 2020
Im Jahr 2020 erfolgt der Eintrag in den Duden. Im Vorjahr war „gewieft“ das „Business-Wort
des Jahres“ geworden. „Gewieft“ wird nun im Duden als „Synonym für höchst effizientes und
effektives Arbeiten mithilfe von perfekten IT-Services“ definiert. Junge Mitarbeiter und vor allem
Uniabsolventen erheben mittlerweile den Anspruch, nur noch in Unternehmen zu arbeiten, die
Services wie „Fr. Gewieft“ einsetzen. Denn wer will sich schon mit uneffektiven und nicht effizienten Arbeitsmethoden abfinden und einen stressreichen Arbeitstag erleben, wenn man einmal erfahren hat, wie einfach unternehmensweit einheitlich organisiertes Arbeiten sein kann?
Herr Müller hatte kürzlich sogar die Idee, den kompletten Verwaltungstrakt/-apparat
abzuschaffen und jeden Mitarbeiter von zu Hause bzw. vom Kunden aus operieren zu lassen.
Vernetzt seien ja eh alle, Besprechungen kann man ja auch virtuell oder am Telefon durchführen…Aber das ging ihm dann zunächst doch noch zu weit. Er möchte ja noch ein paar reale
Gesichter sehen, „haptisch“, denkt er. Für ihn kommt 100% virtuell nicht mehr in Frage. Aber was
sein Sohn zukünftig macht…
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