Die Rückkehr des

Die Rückkehr des
Bergstocks
Die Wiederentdeckung eines treuen Begleiters
Bei Alpenstange und Alpenstock denkt man als Wanderer und Bergsteiger an Haselnuss, an Jäger mit
Büchse und Gamsbart, an Hermann von Barth oder an das historische Depot des Alpenvereins. Im Bergsport ist der Alpenstock seit fast 100 Jahren verschwunden. Zu Unrecht, davon ist Josef Schmied aus
Ebensee überzeugt. Der Sportlehrer arbeitet seit mehr als 10 Jahren konsequent an der Renaissance
des einst treuen Begleiters vieler Bergsteiger und Wanderer. Michael Larcher
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Bergauf | Bericht
Am Schoberstein, im Hintergrund die Schafberg-Nordseite, Attersee und Mondsee mit Drachenwand.
| Fotos: J. Schmied
obachtens, Vergleichens und
Bewusstmachens. Die häufig
beobachtete Überforderung
der Doppelbergstockgeher am
anspruchsvollen Steig und im
unruhigen Gelände gab mir die
Gewissheit, dass unsere Vorfah­
ren nicht falsch lagen, wenn sie
sich mit einem mannshohen
Einzelstock das Bewegen am
Berg erleichterten.
Was gab für Sie den Ausschlag, die Einstockmethode für Bergsteigerinnen und
Bergsteiger neu zu erfinden?
Mein guter alter Stachösteck’n
aus Haselnuss war während
einer tiefen Depression mein
treuester Freund und Thera­
peut. Weitab von der Zivilisa­
tion, im abschüssigen Gelände,
fühlte ich Kraft und Selbstbe­
wusstsein, ich staunte, welches
Terrain ich da spielend bewäl­
tigte. Es schien, als wollte der
Stock mir sagen: „Gehe, stei­
ge, springe und vergiss deine
Probleme – ich bin imstande,
mit dir noch Berge zu verset­
zen.“ Es folgte eine Zeit des Be­
Auch der alpine Skilauf begann mit einem Stock – heute kaum vorstellbar. Und auch
beim Bergwandern wurde die
Einstockmethode abgelöst.
War diese Entwicklung ein
Irrtum?
Es wäre ganz schön vermessen,
von einem Irrtum zu sprechen.
Man muss differenzieren: Am
breiten, sanften Wanderweg
ist das Gehen – „Walken“ – be­
stimmt durch einen zyk­
lischen, sich regelmäßig
wiederholenden Bewe­
gungsablauf. Zwei Stöcke
lassen sich mittels Diago­
nalbewegung sehr gut in
den Ablauf integrieren. Das
Steigen am anspruchsvol­
len Berg ist jedoch durch
azyklische Bewegungsab­
läufe gekennzeichnet. Der
Koordination von Armen
und Beinen sind Grenzen
gesetzt. Hier setzt die Ein­
stockmethode, bei der ja im­
mer beide Hände am Stock
sind, an. Der schräg gestell­
te und an das Gelände an­
gepasste Stock wird zum
verlängerten Arm bzw. zum
dritten Bein. Der Stock wird
zur effektiven Steighilfe und
ist somit Garant für Sicher­
heit und Gelenkschonung.
Was unterscheidet die Alpenstange eines Hermann von
Barth anno 1832 vom Mountrainer®?
Die Composite-Hybridrohre aus
leichtem Carbon und Glasfiber
vereinen erstmals zwei Gegen­
sätze, nämlich Stabilität und Fle­
xibilität. Die patentierte SchnellTeleskopierung eröffnet neue
Bewegungsmöglichkeiten durch
die gar nicht seltene Längenan­
passung an das Gelände wäh­
rend des Gehens. Weitere Vor­
teile der Teleskopierung sind die
Rucksackmontage des Mountrai­
ner®, das einfache Verstauen im
Autokofferraum, die Einbeinsta­
tiv-Funktion. Der konische und
absolut lautlose Gummipuffer
bietet perfekte Bodenhaftung,
auch bei schräger bis waagrech­
ter Stockführung. Spikegummi­
puffer und Winterspitze sind je
nach Bodenbeschaffenheit opti­
onal einsetzbar.
Ein Motto hinter dem Mountrainer® lautet: Nicht UFO,
sondern OFU! Was ist damit
gemeint?
Beim Gehen oder Bergsteigen
ohne Stockunterstützung gilt
das UFO-Prinzip: Unterkörper
für Oberkörper! Durch unsere
automatisierte Arbeitswelt wird
der Oberkörper nicht mehr ge­
fordert, das heißt, der Bewe­
gungsapparat weist in diesem
Bereich häufig Mängel auf. Die
Physiotherapeuten können da­
von ein Lied singen. Die Bewe­
gungsformen des neuartigen
Mountrainings provozieren das
OFU-Prinzip. Hebeln, Drücken,
Stemmen, Stützen, Schieben, Zie­
hen, Körperspannen sind kör­
perliche Tätigkeiten, die gegen
Infos
zum Mountrainer
®
Technische Daten: Länge
1,01 m bis 1,79 m, Durchmesser Oberrohr: 25 mm, Unterrohr
30 mm, GFK/CFK Hybrid-Rohre
gewickelt; Gewicht: 600 g.
Bezugsquelle: Den Mountrainer® gibt es derzeit bei der Firma
Mountrainer in A-4802 Ebensee,
Kalvarienberggasse 3 und im
Internetshop unter:
www.mountrainer.at
Preis: EUR 299,00
Zur Person
Mag. Josef Schmied, Jahrgang 1956, wohnhaft in Eben-
see (Salzkammergut), verheiratet, 3 Kinder. Ausbildung: Lehramtsstudium für Bewegung und
Sport an der UNI Salzburg, Landesskilehrer, staatlich geprüfter
Skilehrer und staatlich geprüfter
Trainer für Kinder- und Jugendskirennlauf, zahlreiche Alpinkurse im Rahmen der vorgenannten
Ausbildungen.
Beruf: AHS-Lehrer für Bewegung und Sport, Begleiter auf
diversen Sommersportcamps,
Leiter zahlreicher Schulwandertage, Leiter von Sommer- und
Wintersportwochen.
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Bergauf | Bericht
bzw. mit dem Stock ausgeführt
werden. Die Oberkörperbelas­
tung führt zur willkommenen
Unterkörperentlastung, der
Mountrainer® wird zum „Trainer
am Berg“. Mit zwei Händen am
Stock hast du somit das „Kreuz“
mit dem Knie fest im Griff.
Wo sehen Sie als ausgebildeter Sportlehrer die Vorteile Ihres Teleskop-Bergstocks gegenüber zwei Stöcken?
Die Vorteile sind mannigfach:
Ausnützung von Stocklängs- und
Stockquerrichtung oder einer
Kombination aus beiden, große
Flexibilität bei der Anwendung,
viele Greifmöglichkeiten am
Stock, hohe Kraftentwicklung,
da der Stock permanent nahe
beim Körper geführt wird, Ein­
beziehung großer Teile der Ober­
körpermuskulatur, permanent
gerade gerichtete Wirbelsäule,
enorme Knieentlastung, effekti­
ve Gelenkschonung durch Auftei­
lung der Belastung, kein Verlust
des Gleichgewichtssinnes, ma­
ximale Sicherheit, das Stolpern
kann man beinahe ausschließen,
bei Bedarf hat man eine Hand
frei, Fokussierung nur auf einen
Stock ...
Wie reagieren Bergsportler
auf Ihre Idee? Mit Skepsis
oder Neugier? Hat man Ihnen auch schon den „Vogel“
gezeigt?
oben: Am Traunstein, Eldorado für den Mountrainer®,
im Hintergrund der Traunsee.
rechts: Hermann Freiherr von Barth verwendete schon vor mehr als
100 Jahren den Bergstock. | Fotograf unbekannt
© Alpenverein-Museum, Historische Laternbildsammlung 52/I/7
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„On Tour“ wird meine Art zu ge­
hen häufig mit den Worten kom­
mentiert: „So ist man doch frü­
her gegangen, heute geht man
wegen der Knieentlastung bes­
ser mit zwei Stöcken.“ Das an­
sprechende Design des Moun­
trainer ® und die ästhetische
Bewegungsart wecken häufig
Interesse und Neugierde. Jene
Leute, die sich auf Erklärun­
gen einlassen, sind dann vom
Allheilmittel der Doppelstöcke
nicht mehr so überzeugt. Skep­
sis taucht auf, wenn Leute in mir
den Ideenträger erkennen. Neu­
gierde lösen aber meine Kun­
den am Berg aus; sie erzählen
davon, dass sie den Stock nicht
mehr hergeben würden. Frau­
en öffnen sich der neuen Sache
mehr als Männer. Über Facebook
gibt es manchmal auch Gelächter
und geringe Wertschätzung. Die
Kommentare zeugen von völli­
ger Unkenntnis der Materie. n