Stressmanagement als wesentlicher Bestandteil in der Karriereberatung Sabine Walch, www.kognitive-beratung.de Soeben hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. Ursula von der Leyen, den „Stressreport Deutschland 2012“ veröffentlicht und wieder einmal ist es amtlich: Arbeit bietet Sinn, Bereicherung und positive Erfahrungen für jeden Einzelnen für uns. Auf der anderen Seite brennen immer mehr Menschen während des Berufslebens seelisch aus, oft gerade diejenigen, die ihren Beruf mit viel Leidenschaft ausüben. Seelische Leiden sind mittlerweile für 41% der Frühberentungen verantwortlich, das Alter der Betroffenen liegt im Durchschnitt bei 48 Jahren! Es liegt auf der Hand, dass eine Karriereberatung im Sinne einer beruflichen Entwicklungsberatung nicht nur die Analyse der für die Person geeigneten Tätigkeit umfassen kann. Für langfristige Zufriedenheit und Erfolg im Job müssen drei Faktoren beachtet werden: 1. Wahl der richtigen Tätigkeit und die Ausübungsform (z.B. Fach- oder Führungskraft, Angestellt oder Selbständig) 2. Ressourcenschonende Tagesablaufgestaltung (Stichwort „Selbstmanagement“) 3. Gesunder Umgang mit schwierigen Umständen (emotionale Resilienz erlernen) Dies alles erarbeitet der Coach bei einer „Karriereberatung“ individuell mit dem Klienten. Da erfahrungsgemäß nahezu alle Klienten, die einen Veränderungs- bzw. Entwicklungswunsch im Beruf haben, auch unter Symptomen von Stress und Belastung leiden, soll in diesem Beitrag der Fokus auf die Punkte 2 und 3 gelegt werden: nämlich den eigenen, steuerbaren Beitrag zur Stressvermeidung bzw. zum Stressabbau. Die zentrale Frage ist: Kann man überhaupt Karriere machen, ohne dauerhaft gestresst zu sein? Um es vorneweg zu nehmen, die Antwort auf die Frage ist ein klares: JA! Wir fühlen so, wie wir denken Ja, man kann Karriere machen und sich beruflich weiterentwickeln, ohne an den Folgen von Stress psychisch und körperlich zu erkranken. Andersherum gesagt: es sind NICHT die Umstände (der Chef!* die Kollegen! der Kunde! die ständige Erreichbarkeit! endlose Meetings! ständige Umstrukturierungen! zu viele Aufgaben! usw.), die krank machen, „ausbrennen“ lassen. Das ist einerseits eine schlechte Nachricht, denn... wenn die "Anderen“ und die „schwierigen Umstände“ nicht den Stress in uns erzeugen, wer oder was denn dann...? Diese Frage lässt sich mit logischem Denken überprüfen: es müssten alle Menschen das gleiche Leid empfinden, wenn beispielsweise der Chef unfreundlich zu seinen Mitarbeitern ist, ungerechte Dinge sagt oder tut und nicht umsetzbare Anforderungen stellt. *) Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag nur die männliche Sprachform verwendet. Selbstverständlich gelten alle Ausführungen auch für die weibliche Form. DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., GS Überlingen, Hofstatt 2-4, 88662 Überlingen – Germany DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., c/o Dr. Julia Funke, Kleiner Hirschgraben 10-12, 60311 Frankfurt - Germany Ganz offensichtlich tun sie es jedoch nicht. Der Eine ärgert sich maßlos über den Chef; der Andere ist verzweifelt, dass der Chef nicht sieht, wie man sich doch so sehr anstrengt, um alles zu erledigen, und wird irgendwann depressiv; und wieder ein Anderer ist lediglich unzufrieden, er kann das Verhalten des Vorgesetzten bedingungslos akzeptieren –- ohne es jedoch zu mögen –-, sich emotional distanzieren und dann und wann sogar schlagfertige Rückmeldungen geben. Letzteres sind die Menschen, die ihre Souveränität bewahren. Sie bleiben trotz der schwierigen Umstände bzw. hier im Beispiel trotz des schwierigen Verhaltens des Vorgesetzten ruhig, können mit klarem Kopf handeln und sich abgrenzen. Derjenige, der sich ärgert, hat hingegen keinen klaren Kopf mehr, wird in seiner Wut irgendwann explodieren und Dinge tun oder sagen, die für ihn selbstschädigend sind, und bei dauerhaftem Ärger und Verzweiflung psychosomatische Beschwerden (Bluthochdruck, Nacken- und Rückenschmerzen, Neurodermitis, Schlafstörungen, chronische Übermüdung, Immunsystemschwäche usw.) bekommen. Übrigens kann dieses Beispiel natürlich auch genau anders herum angewendet werden: der fleißige und bemühte Chef, der sich täglich mit schlecht gelaunten, sabotierenden, nicht mitdenkenden, hohe Ansprüche stellenden Mitarbeitern konfrontiert sieht! Oder der fordernde Kunde, der alles haben will und die Rechnungen nie pünktlich zahlt. Oder der Kollege am Nachbartisch, der nicht engagiert ist, ständig lauthals telefoniert und alle unangenehmen Arbeiten aussitzt.... –- und so weiter! Rational-Emotives Verhaltenstraining zur Stärkung der Resilienz Woran liegt es also, dass Menschen in der gleichen Situation unterschiedlich empfinden und reagieren? Es sind die individuellen Sichtweisen, Überzeugungen und Denkweisen bezüglich der Dinge. So wie wir denken, fühlen wir. So wie wir fühlen, handeln wir. Das ist die gute Nachricht! Jeder ist selbst verantwortlich, wie er fühlt und empfindet, d.h. auch für emotionalen „Stress“. Die noch viel bessere Nachricht ist, dass jeder (wieder) lernen kann, „gesund“ zu denken, funktionale und realitätsangepasste Sichtweisen auf die Dinge zu bekommen, und in den Gefühlszustand zu gelangen, in dem wir über das Verhalten des Chefs lediglich unzufrieden sind, jedoch ohne Ärger und Zorn. DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., GS Überlingen, Hofstatt 2-4, 88662 Überlingen – Germany DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., c/o Dr. Julia Funke, Kleiner Hirschgraben 10-12, 60311 Frankfurt - Germany Philosophische und praktische Erkenntnisse - Übung macht den Meister! Der stoische Philosoph Epiktet stellte bereits im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung fest: „Es sind nicht die Dinge an sich, die uns Leid verschaffen, es ist unsere Sichtweise auf die Dinge.“ Zwei Tendenzen im menschlichen Denken: gesunde und ungesunde Überzeugungen Wichtig zu verstehen ist, dass es zwei Tendenzen im menschlichen Denken gibt: die eine ist, gesund, funktional und realitätsentsprechend zu denken. Dazu gehört auch, Wünsche, Präferenzen, Neigungen, Pläne und Ziele zu haben. Die zweite Tendenz ist, ungesund, dysfunktional und nicht realitätsentsprechend zu denken, d.h. Wünsche in absolute Forderungen umzuwandeln, Risiken oder negative Ereignisse zu 100% Katastrophen zu übersteigern oder den eigenen Selbstwert unmittelbar mit der Erbringung von Leistung und dem Erhalt von Anerkennung zu verknüpfen. Ziel eines Rational-Emotiven Verhaltenstrainings ist es, den gesunden Anteil der persönlichen Wahrnehmungen und Wünsche zu bewahren bzw. zu erkennen, und sich vom ungesunden Anteil zu befreien. Die Konsequenz ist klar: gesundes Denken zieht gesunde negative Gefühle wie Unzufriedenheit oder Enttäuschung nach sich. Ungesundes Denken produziert ungesunde negative Gefühle wie Ärger, Ängste, Burn-Out. Es geht hier also nicht um positives Denken oder Schönreden einer schwierigen Situation, sondern um die Anerkennung der eigenen Präferenzen. Diese können oft auch negativ sein, z.B. wenn man das schwierige Verhalten des Chefs nicht mag und es sehr wünschenswert wäre, er würde sich anders verhalten. Der wesentliche Punkt ist jedoch, sich aus der Frustration –- Wunsch und Realität passen nicht zusammen –- nicht noch DAZU emotionales Leid zu schaffen. Gesundes Denken: doppelter Vorteil im Selbstmanagement und als Führungsinstrument Das Verständnis für die kognitiven Abläufe im eigenen Gehirn ist der Ausgangspunkt für ein gutes Selbstmanagement. Wie man es dreht und wendet: wenn man seine eigenen Blockaden nicht „knackt“, kann man auch all die gut gemeinten Verhaltensratschläge nicht umsetzen: „nimm’s doch nicht so schwer, mach einfach mal zwischendurch fünf Minuten Pause, denk an was Schönes, mach mehr Sport zum Ausgleich, fahr in einen langen Urlaub“ usw. Und auch der Jobwechsel als Ultima Ratio löst nicht das Stressproblem: man nimmt seine dysfunktionalen Denkweisen mit und um die Ecke wartet der nächste unperfekte Chef oder Kollege oder Mitarbeiter, an dem man seine Ärger- und Verzweiflungsspirale weiter anwenden kann! Eine mit Rational-Emotivem Verhaltenstraining ausgebildete Führungskraft hat zudem den doppelten Vorteil, nicht nur sich selbst verstehen und steuern zu können, sondern auch bei den Mitarbeitern eventuelle Blockaden wahrzunehmen und sie qualitativ hochwertig führen zu können. Nur gesunde und motivierte Mitarbeiter können auf Dauer ihr Potential entfalten, Leistung für das Unternehmen bringen und einen positiven Beitrag zur Unternehmenskultur beitragen. Das gilt für jeden–- vom Sachbearbeiter bis zum Aufsichtsratsvorsitzenden. Jeder möchte gesund und zufrieden leben. DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., GS Überlingen, Hofstatt 2-4, 88662 Überlingen – Germany DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., c/o Dr. Julia Funke, Kleiner Hirschgraben 10-12, 60311 Frankfurt - Germany Fazit: Frustration gehört zum Leben - krank werden muss man daran aber nicht! Frustrare bedeutet im Lateinischen und Italienischen „täuschen, vereiteln“. Eine Frustration entsteht immer dann, wenn Wunsch und Realität nicht zusammenpassen und ein Bedürfnis nicht erfüllt wird. Es ist also ein natürlicher Vorgang. Und es ist der Moment, in dem der Mensch entscheidet, ob er sich zusätzlich zum praktischen Problem - der Frustration - ein emotionales Leid, wie, Ärger, Angst, BurnOut, durch seine Bewertungen und Einstellungen schafft, oder mit Hilfe gesunden Denkens flexibel, anpassungsfähig und gesund im Alltag bleibt und weiter an der Verfolgung seiner Ziele arbeiten kann. Und manchmal haben wir schlicht nicht die Wahl, ein problematisches Umfeld einfach zu verlassen, zu kündigen, wegzugehen. Genau dann ist es wichtig, gesund zu denken und seine körperlichen Ressourcen zu schonen. Übrigens: es MUSS nicht leicht sein, an seinen eigenen Bewertungen und Überzeugungen zu arbeiten. Aber es bringt auf Dauer Erfolg und Lebensqualität und lohnt sich deshalb unbedingt! _____________________________ Sabine Walch, dipl. oec., Stuttgart REVT-Beraterin Einführende Literatur in Rational-Emotives Verhaltenstraining: Ellis, Albert: Training der Gefühle -– Wie Sie sich hartnäckig weigern, unglücklich zu sein DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., GS Überlingen, Hofstatt 2-4, 88662 Überlingen – Germany DGfK - Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., c/o Dr. Julia Funke, Kleiner Hirschgraben 10-12, 60311 Frankfurt - Germany
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