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INTERNATIONAL BUSINESS GUIDES
Bezborodov, Alexander
Grinberg, Ruslan
Karibov, Kamil
Kuzmishin, Alexey
Mamedova, Bilgeis
Schmidt, Hannelore
Slepov, Andrey
Steinborn, Andreas
Tischendorf, Falk
Wedde, Rainer
RUSSLAND: NAVIGATING THE CRISIS – DIE KRISE BESTEHEN
Die Autoren
RUSSLAND: NAVIGATING THE CRISIS –
DIE KRISE BESTEHEN
Falk Tischendorf/ Rainer Wedde (Hrsg.)
www.owc.de
ISBN: 978-3-939717-18-8
www.owc.de
BUSINESS GUIDE
RUSSLAND: NAVIGATING THE CRISIS –
DIE KRISE BESTEHEN
Ein Leitfaden für Praktiker
Falk Tischendorf/ Rainer Wedde
Berlin 2015/2016
Russland: Navigating the crisis – Die Krise bestehen
Impressum
Herausgeber: Falk Tischendorf, Prof. Dr. Rainer Wedde
Verlag: Institut für Außenwirtschaft GmbH
Ein Unternehmen der
OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH
Ritterstraße 2 B
10969 Berlin
[email protected]
www.owc.de
Geschäftsführer: Dr. Jutta Falkner, Ulf Schneider
Gestaltung: Birgit Meyer
Grafiken: Udo Zelmer
Druck: merkur Print & Service Group, Detmold
Titelbild: OWC
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der
engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und
Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Haftungsschluss: Die vorliegenden Angaben wurden unter Einhaltung höchster Sorgfalt recherchiert.
Dieser Business Guide dient der allgemeinen Information über Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in
Russland und ersetzt nicht eine fachkompetente Beratung in Einzelfällen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für nach Drucklegung erfolgte Änderungen können die Autoren und die
Herausgeber keine Haftung übernehmen.
© 2015 Institut für Außenwirtschaft GmbH
ISBN: 978-3-939717-18-8 © 2015 Institut für Außenwirtschaft GmbH
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Grußwort
4
Vorwort
6
Einführung
Allgemeine Wirtschaftslage
Sanktionen
Russland im Spiegel der Analysten
8
8
12
15
Vertragsmanagement
Prüfung des Vertragspartners
Vertragsgestaltung
Absicherung
Kreditversicherung
Factoring
Vertragsmanagement in der Krise
Umgang mit Vertragspartnern
18
18
28
32
41
48
50
54
Gesellschaftsrechtliche Fragen
59
Immobilien
65
Arbeitsrechtliche Besonderheiten
73
Personalmanagement
78
Verhalten bei Rechtsstreitigkeiten
Rechtsstreitigkeiten in Russland
Vollstreckungsverfahren
Verhalten bei Insolvenz des Partners
83
83
86
90
Fazit
98
Autoren
99
3
Russland: Navigating the crisis – Die Krise bestehen
· PROF. DR. RUSLAN GRINBERG ·
Liebe Leserinnen und Leser,
Was hat sich nicht alles getan im deutsch-russischen Wirtschaftsverkehr? Man
kann kaum Schritt halten, so rasch vollziehen sich die Veränderungen vor unseren Augen.
Das Jahr 2013 war für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen noch ein Rekordjahr. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise schien überwunden, der
bilaterale Handelsaustausch erreichte beinahe 80 Mrd. Euro; zahlreiche Investitionen im jeweils anderen Land wurden begonnen oder projektiert.
Seitdem begann die Entwicklung des russischen Marktes an Dynamik zu verlieren: Russland ist in eine wirtschaftliche Krise geraten, die ihre Wurzeln in einer
verpassten Modernisierung der eigenen Wirtschaft und damit auch heute noch
immer bestehenden Abhängigkeit von Rohstoffexporten, insbesondere von
Erdöl und Erdgas findet. Die Regierung hat es versäumt, in den Jahren raschen
Wachstums erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um die starke Abhängigkeit vom Marktpreis für Erdöl zu überwinden.
Der seit 2014 anwachsende politische Konflikt zwischen Russland und dem
Westen um die Ukraine hat die Wirtschaftsbeziehungen ebenfalls nicht unberührt gelassen. Die Sanktionspolitik aller beteiligten Staaten verunsichert
Unternehmen und wirkt sich nachhaltig negativ auf vertrauensvoll gewachsene
Handelsbeziehungen aus.
Die Wirtschaft in beiden Ländern kann diesen Konflikt nicht lösen, sie kann
aber eine wichtige Rolle spielen, um den Vertrauensverlust zu verhindern
oder zumindest zu begrenzen. Erfolgreiches Wirtschaften erfordert ein flexib-
4
Grußwort
les Anpassen an sich rasch verändernde Situationen und die Bereitschaft zum
Kompromiss. Genau diese Einstellung ist in der gegenwärtigen Zeit ungeheuer
wichtig. Handel und Investitionen können helfen, Vorbehalte ab- und Vertrauen (wieder) aufzubauen.
Denn die positiven Grundvoraussetzungen für die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen bleiben stabil. Russland kann die für Deutschland notwendigen Energieträger und andere Rohstoffe liefern; Deutschland verfügt über
das Know-how für die Modernisierung der russischen Wirtschaft. Die gegenwärtigen Zahlen spiegeln diese fundamentale Komplementarität leider nicht
mehr ausreichend wider.
In der Krise benötigen Unternehmen vor allem verlässliche Informationen.
Daran fehlt es leider häufig, zumal sich die Rahmenbedingungen beinahe
täglich ändern. Insofern ist es ein besonderes Verdienst der Herausgeber und
Autoren, allesamt langjährige Praktiker im deutsch-russischen Wirtschaftsverkehr, die wichtigsten Leitlinien für den Umgang mit der Krise zusammenzufassen. Ich hoffe sehr, dass dieses kleine Buch einen wichtigen Mosaikstein für die
deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen bilden kann. Übrigens wäre ein
spiegelbildliches Buch zum Umgang mit der Krise für russische Unternehmen
in russischer Sprache sicher auch wünschenswert.
Prof. Dr. Ruslan Grinberg
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Russland: Navigating the crisis – Die Krise bestehen
· FALK TISCHENDORF · RAINER WEDDE ·
Liebe Leserinnen und Leser,
Seit Jahrzehnten investieren deutsche Unternehmen sehr erfolgreich in Russland. Sie vertreiben ihre Produkte im Land, gründen russische Vertretungen und
Tochtergesellschaften, realisieren mit russischen Partnern Joint-Venture-Projekte und errichten Werke und Produktionsstätten in Russland. In nahezu
allen Regionen des größten Landes dieser Erde sind deutsche Unternehmen
vertreten; keine andere ausländische Kaufmannschaft ist in Russland so breit
aufgestellt.
Der mittlerweile schon über ein Jahr dauernde politische Konflikt zwischen
der EU bzw. Deutschland einerseits und Russland andererseits sowie der niedrige Ölpreis wirken sich unmittelbar auf die wirtschaftlichen Beziehungen aus.
Der Wertverfall des Rubels verschärft die Situation für viele Unternehmen. Die
wechselseitige Verlängerung der Sanktionen, die Maßnahmen zur Lokalisierung und die Hinwendung Russlands zu Asien belasten den wirtschaftlichen
Austausch zwischen Deutschland und Russland. Der bilaterale Handel ist im
ersten Halbjahr 2015 um etwa ein Drittel eingebrochen.
Deutsche Unternehmen sind hiervon unmittelbar betroffen. Sie stehen vor der
Frage, wie diese Entwicklung sich auf bestehende Vertragsbeziehungen auswirkt, was bei Neuverträgen zu beachten ist und welche Sicherheiten vor Zahlungsausfällen schützen können. Immer mehr Investitionsvorhaben sind von
der russischen Lokalisierungspolitik betroffen.
Deutsche Unternehmen können von der gegenwärtigen Situation aber auch
profitieren, da Russland seine Wirtschaft dringend modernisieren und diversifizieren muss. Ungeachtet der Krise sind die allgemeinen Rahmenbedingungen
6
Vorwort
stabil. In konkreten Fragen gibt es Fortschritte. So ist es Russland gelungen, sich
im „Ease of Doing Business Report“ der Weltbank innerhalb von drei Jahren
von Platz 122 auf Platz 51 zu steigern. Gleichzeitig bewerben sich nach wie vor
die Regionen des Landes aktiv um ausländische Investitionen.
Zu den oben genannten Entwicklungen erreichen uns laufend Fragen von
Unternehmensvertretern. Viele dieser Fragen haben allgemeinen Charakter,
was für uns Anlass war, dieses kleine Buch zu erstellen. Es gibt einen Überblick
über die wesentlichen (rechtlichen) Aspekte, die gegenwärtig in Russland zu
beachten sind, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Erst bei
schwerer See zeigt sich, wer gut segeln kann!
Bei weiteren Fragen stehen Ihnen die Autoren gern zur Verfügung.
Falk Tischendorf
Rainer Wedde
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Russland: Navigating the crisis – Die Krise bestehen
· FALK TISCHENDORF · RAINER WEDDE ·
Allgemeine Wirtschaftslage
Die gegenwärtige Wirtschaftskrise in Russland hat viele Ursachen, von der
unterlassenen Modernisierung über den Preisrückgang bei Energieträgern
und Rohstoffen bis zu den politischen Divergenzen zwischen Russland und
der EU sowie den USA.
Die russische Wirtschaft erlebt in diesem Jahr einen heftigen Einbruch. Dabei
ist die Krise anders als 1998 oder 2008/2009 auch von politischen Streitigkei­
ten begleitet. Aber jede Krise bietet auch Chancen.
Wie entwickelt sich die russische Wirtschaft?
Russland befindet sich in einer Rezession; das Bruttosozialprodukt schrumpft.
Alle Experten sind sich einig, dass die russische Wirtschaftsleistung 2015
zurückgehen wird, lediglich zur Höhe des Rückgangs besteht keine Einigkeit.
Für 2016 wird allenfalls ein minimales Wachstum prognostiziert.
Zugleich schrumpft der Außenhandel deutlich; mit nahezu allen Ländern (auch
etwa mit China) ist ein merklicher Rückgang zu beobachten. Mit Deutschland
fiel der Handel 2015 gegenüber 2014 um etwa ein Drittel. Dabei war schon
2014 eine deutliche Einbuße gegenüber dem Rekordjahr 2013 zu beobachten.
Die russische Wirtschaftskrise hat viele Ursachen. So stellt der massive Rückgang des Weltmarktpreises für Rohöl und Gas das Land vor große Probleme.
Mit einer raschen Rückkehr dieses Preises in alte Höhen ist angesichts des
Überangebots am Markt in naher Zukunft nicht zu rechnen. Positive Impulse
sind von dort daher nicht zu erwarten.
8
Einführung
Entwicklung des BIP Russlands
Mrd. Euro
1.800
1.600
1.400
1.200
1.000
800
600
400
200
0
2006
Mrd. Rubel
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
80.000
70.000
60.000
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
0
Quelle: ROSSTAT (Rubel-Werte), AHK Russland, Russland in Zahlen (Euro-Werte)
http://www.gks.ru/wps/wcm/connect/rosstat_main/rosstat/ru/statistics/accounts/#
http://russland.ahk.de/fileadmin/ahk_russland/2015/Publikationen/RiZ/Russland_in_
Zahlen_1_2015_web.pdf
Der Rubel hat massiv an Wert verloren. Diese Entwicklung trägt zwar zur
Stabilisierung des Haushalts bei, weil die Erlöse aus dem Öl- und Gasexport
auf Rubelbasis kaum sinken. Dies erklärt auch die stabile Situation der Haushaltszahlen (auch wenn für 2015 ein geringes Defizit prognostiziert wird).
Zugleich verteuert der Rubelkurs die Importe signifikant und erschwert damit
den Zugang der russischen Wirtschaft zu moderner Technik und Know-how.
Neben diesen externen Faktoren hat die Krise aber auch Ursachen in der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre. Die immer wieder beschworene Modernisierung des Landes und die Diversifizierung der Wirtschaft fanden längst nicht
in dem notwendigen Maße statt. Nach wie vor besteht eine (zu) hohe Abhängigkeit von Öl und Gas.
Sind die Sanktionen an der Krise schuld?
Die wirtschaftlichen Probleme Russlands wurden bereits Ende 2013 sichtbar.
So gab es schon damals erste Einbrüche im bilateralen Handel, die aber in der
Jahresbilanz noch nicht deutlich wurden. Dies zeigt, dass die Schwierigkeiten
der russischen Wirtschaft nicht nur der politischen Krise geschuldet sind, sondern tiefer liegen.
9
Russland: Navigating the crisis – Die Krise bestehen
Allerdings tragen die Sanktionen natürlich zu den aktuellen Schwierigkeiten bei. Dabei sind es v.a. die Restriktionen auf dem Finanzsektor sowie die
Beschränkungen bei Dual-Use-Gütern, die für Probleme sorgen.
Umgekehrt bereiten die russischen Sanktionen im Lebensmittelbereich erhebliches Kopfzerbrechen. Auch die Politik der Importsubstitution und die Hinwendung nach Asien führen – zumindest auf kurze Sicht – erst einmal zu
wirtschaftlichen Nachteilen.
Welche Auswirkungen hat die Krise auf Unternehmen?
Viele deutsche Unternehmen sind in ihrem Russlandgeschäft von der Krise
unmittelbar betroffen. Umfragen zeigen, dass zahlreiche in Russland tätige
deutsche Investoren negative Folgen der Entwicklung verspüren.
Der Rückgang des Handels bedeutet weniger Geschäft. Der Rubelkurs führt zu
einer Verteuerung der (importierten) Produkte auf dem russischen Markt. Die
Sanktionen untersagen manche Geschäfte und führen zu einem Vertrauensverlust. Gleichzeitig haben immer mehr Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten;
die Insolvenzahlen in Russland steigen. Diese Entwicklung lässt alte Fragen
zum Umgang mit russischen Geschäftspartnern wieder aktuell werden.
Diese Fragen betreffen vor allem das Vertrags- und Kreditmanagement. Die
Gewährung von Zahlungszielen wird wichtiger, bedeutet allerdings auch
zusätzliche Anforderungen, um die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu
prüfen. Vertragliche Regelungen zu Wechselkursschwankungen und Vertragsbeendigungen im Falle von Änderungen wesentlicher wirtschaftlicher
Geschäftsgrundlagen spielen eine immer bedeutendere Rolle. Die Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten in den Bilanzen russischer Unternehmen werden
wie bereits in den Vorjahren vermutlich weiter wachsen. Der Bedarf und das
Interesse russischer Geschäftspartner, Zahlungsziele und Kredite insbesondere
von Lieferanten und Partnern aus Westeuropa zu erhalten, steigen angesichts
der aktuell enormen Schwierigkeiten und Kosten einer Finanzierung über russische Kreditinstitute.
Deutsche Unternehmen müssen die gestiegenen und erheblichen Risiken
beherrschbar halten, ohne auf die (langfristigen) Chancen des russischen
Marktes zu verzichten.
10
Einführung
„It‘s all about the money…“ – wie ist mein Projekt finanziert?
Eine der größten Herausforderungen ist gegenwärtig die Finanzierung von
Projekten. So stehen (russische) Unternehmen vor der wichtigen Frage, wie
sie ihre bereits abgeschlossenen Geschäfte finanzieren sollen. Den großen
russischen Banken fehlt der Zugang zu den Finanzmärkten, bei der Zentralbank Russlands gilt ein erhöhter Leitzinssatz von gegenwärtig elf Prozent p.a.
(03.08.2015, bestätigt am 11.09.2015). Damit fehlt es in Bezug auf die erforderliche Finanzierung nicht nur an Vertrauen, sondern auch an den entsprechenden Geldmitteln.
Bietet die Krise auch Chancen?
Wie in jeder Krise wird es auch in dieser Krise Gewinner geben. Es findet eine
Marktbereinigung statt, die den verbleibenden Akteuren zusätzliche Chancen
eröffnet. Die Erfahrung der Krisen von 1998 und 2008/09 zeigt, dass Unternehmen, die im Land geblieben sind, vom Aufschwung nach der Krise in
besonderem Maße profitieren konnten.
Die Krise eröffnet darüber hinaus die Chance, das eigene Unternehmen effizienter aufzustellen. Themen wie Mitarbeiterschulung, Prozessoptimierung
oder Kostenreduzierung, die beim Boom der Vergangenheit oft zu kurz kamen,
können jetzt in den Fokus rücken.
Die Politik der Importsubstituierung bietet durch Lokalisierung ausländischen Investoren Chancen, die bereits im Land produzieren oder dies planen.
Der gesunkene Rubelkurs macht den Export aus Russland auf den Weltmarkt
attraktiver.
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