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14.11.2015
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Betreff: Leitfaden zur Eigenversorgung
BHKW, EEG - Umlage
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einiger Verwunderung verfolgen wir zur Zeit die Entwicklung, wie sich die Politik dem
Thema BHKW zuwendet. Einerseits soll diese Form der Energieerzeugung zu Recht einen
Teil der Energiewende stemmen, da das BHKW aufgrund seiner sehr hohen Effizienz und
der Möglichkeit, es auch noch mit 100% Biogas und somit CO2-neutral zu betreiben,
durchaus das Potenzial dafür hat. Andererseits wird die wirtschaftliche und rechtliche
Grundlage zum Betrieb eines BHKW Stück für Stück derartig erschwert, dass es bald nur
noch Profis zugemutet werden kann, Einheiten mit zwei oder mehr Abnehmern mit
Strom und Wärme zu versorgen. Wenn sich hier nicht bald etwas ändert, steht das
BHKW vor dem Aus, da sich nicht bei jeder Einheit, die mehr als zwei Personern versorgt,
ein energieversorgungsunternehmen mit sämtlichen Rechten und Pflichten gründen
kann.
Zudem ist es völlig unverständlich, weshalb der eigengenutzte BHKW-Strom durch das
neue EEG 2014 mit einem 30-40%tigen Anteil an der EEG-Umlage belegt wird. Man
möchte zwar eine gerechtere Umlage der Kosten aus der Energiewende auf alle am
Strommarkt Beteiligten erreichen, aber kann es deshalb sinnvoll sein, einem Privatmann
seinen Eimer Erdbeeren zu besteuern, den er im eigenen Garten geerntet hat? Wo liegt
die Grenze der Besteuerung? Warum wird nicht nur der ins Netz eingespeiste Stromanteil der EEG – Umlage unterworfen?
Wenn man die Vergangenheit betrachtet, dann haben sich im großen Stil z.B. Gas- und
Ölbrennwertsysteme durchgesetzt, die man im positiven Sinne einbaut und vergisst. Mit
der Bewertung der Haustechnik durch Einführung der Primärenergiefaktoren sowie Anlagenaufwandszahlen in der Energieeinsparverordnung (EnEV) wird die Haustechnik
nun politisch gewollt auf eine erheblich komplexere Ebene gehoben. Nun werden
Wärmepumpen durch die positive Bewertung des Primärenergiefaktors von Strom in der
EnEV gefördert, von denen die wenigsten so energieeffizient arbeiten, wie auf dem Papier vom Hersteller berechnet (siehe VW). Allein mit Umstellung auf die geplante neue
EnEV 2016 wird eine Stromheizung wie z.B. eine Wärmepumpe auf dem Papier 25% effizienter bewertet als jedes andere System! Es werden Pelletanlagen durch den sehr
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günstigen Primärenergiefaktor mit einem grünen Image belegt, das bei genauerer Betrachtung zweifelhaft ist. So gingen zuletzt Berichte durch die Medien, dass das angeblich laut Etikett deutsche Holz aus Naturschutzgebieten in Bulgarien stammte. Deutschland kann meines Erachtens bei einer großmaßstäblichen Realisierung von Pelletanlagen den Brennstoffbedarf aus eigenen Ressourcen nicht decken.
Mit einem konventionellen Gas – Brennwertsystem, was jeder Heizungsbauer zu warten
versteht, kann man die zukünftige EnEV nur noch mit allergrößten Anstrengungen und
weiteren Hilfsmitteln erreichen. Diese Gas – Brennwertanlage mit Biogas betrieben kann
auch ein sehr stimmiges Konzept sein. Es kann aber reinen Gewissens nur im eigenen
Energieausweis des selbstgenutzten Hauses angewendet werden, um Manipulationsmöglichkeiten an dem Energieausweis durch eine Nutzung fossilen Erdgases auszuschließen.
Was an ausgereifter Haustechnik nun noch bleibt, ist das BHKW. Wir haben in den letzten Jahren einige BHKW – Anlagen im Wohnungsbau umgesetzt und auch zwei eigene
in Betrieb. Die Komplexität, ein BHKW zu betreiben, steigt erheblich an, je wirtschaftlicher es betrieben werden soll. Eine 100%tige Stromeinspeisung oder der Allgemeinstrom
- Eigenverbrauch macht nur innerhalb der ersten 10 Betriebsjahre Sinn, da die KWKZulage für diesen Zeitraum greift. Die wirtschaftlich sinnvollste Nutzung eines BHKW besteht in der möglichst umfänglichen Eigenstromnutzung, besonders in größeren Anlagen. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass zudem das Stromnetz stabilisiert wird.
Die für die Eigenstromnutzung notwendigen energiesteuerrechtlichen Vorgaben sind
jedoch so kompliziert, dass hierdurch ein hohes Abschreckungspotenzial für eine breiter
gefächerte Umsetzung besteht und sich niemand freiwillig einen solchen Klotz ans Bein
binden möchte.
Der Betrieb von BHKWs sollte aber nicht nur aus idealistischen Gründen von einer kleinen
Personengruppe umgesetzt, sondern muss breiter aufgestellt werden, wenn er die Energiewende signifikant voranbringen will. Grundsätzlich macht es hierfür keinen Sinn, dies
mit KWK – oder sonstigen Zulagen künstlich am Leben zu halten, nach deren Ablauf
das BHKW aus betriebswirtschaftlicher Sicht eigentlich abgestellt werden müsste, da das
eingekaufte Gas für die Stromerzeugung teurer ist als der Ertrag für den verkauften
Strom. Die Kosten für eine Wiederherstellung der Förderbarkeit des BHKW liegen so
hoch, dass man sich die daraufhin geleistete KWK – Zulage gleich selbst auszahlen
kann.
Die Fotovoltaik hat sich richtigerweise von der politisch geförderten, aber für die Allgemeinheit sehr teuren reinen Einspeisung hin Richtung Eigenverbrauch entwickelt. Dies
muß auch das Ziel hinter der BHKW-Philosophie sein, sonst wird die BHKW-Technik ganz
schnell von der breiten Bildfläche verschwinden und nur noch in wenigen Spezialfällen
sinnvoll anwendbar sein.
Wie kann nun der Eigenverbrauch des BHKW – Stroms gefördert werden? Es geht hier
nicht um eine wirtschaftliche sondern um eine strukturelle „Förderung“ dieses Anlagenkonzeptes. Der Einbau und Betrieb eines BHKW muss so vereinfacht werden, dass man
die Anlage sozusagen „einbaut und vergisst“. Ein System, in dem zum Betrieb ein kompliziertes und teures Vertragswerk eines Spezialisten wie z.B. Energy Consulting Meyer
zusammen mit der Einbeziehung eines Rechtsanwalts und Steuerberaters nötig wird,
kann dauerhaft nicht funktionieren, da dieses System nur von einer verschwindend geringen Anzahl von Idealisten umgesetzt werden wird. Leider ist im Leitfaden zur Ei-
F:\projekte\000_Allgemein\007 Energie\BHKW\Stellungnahme zu Leitfaden zur Eigenstromversorgung.doc
genversorgung geplant, Mehrpersonenkonstellationen den Eigenverbrauch zu untersagen (S.24). Hiermit wird dem BHKW das letzte sowieso schon komplizierte Standbein geraubt!
Nun komme ich zum wichtigsten Punkt meines Schreibens: Wie kann dieser Entwicklung
entgegengetreten werden?
Hierfür wären meines Erachtens lediglich einzelne Ausnahmeregelungen im Steuerrecht
wie auch im Energierecht notwendig:
1) Vereinfachung des Stromverkaufs bei Eigenstromnutzung innerhalb eines Quartiers durch Wegfall sämtlicher Verpflichtungen von Energieversorgungsunternehmen wie z.B.
a) der Verpflichtung zur Einhaltung der energiewirtschaftlichen Regelungen,
wie sie von Energieversorgern zu erfüllen sind.
b) der Einholungpflicht der Versorgererlaubnis sowie jährlicher Stromsteuererklärungen
c) Der Anzeigepflicht der verkauften Strommengen nach §49EEG bis zum
31.05. des Folgejahres an Übertragungsnetzbetreiber
d) Besondere Vorschriften für Stromrechnungsinhalte wie z.B. Ausweisung anteiliger Netzentgelte, Stromzusammensetzungen oder Emissionen
e) Meldung der Belieferung von Haushaltskunden an die Bundesnetzagentur
f) Abrechnungs- und Bilanzierungsaufwand.
2) Betrieb des BHKW vereinfacht durch die WEG und nicht durch eine zu gründende GbR samt unsäglich kompliziertem Vertrags- und Abrechnungswerk zwischen
GbR, WEG, Mietern, Eigentümern etc.
Mit einer derartigen Förderung wäre es meines Erachtens sogar vertretbar, die KWK –
Zulage auf den eingespeisten Strom zu reduzieren. Um die dann wegfallende EEG – Umlage auf BHKW - Strom zu kompensieren, sollte nachgedacht werden, ob nicht die Ausnahmeregelungen von der EEG Umlage auf die Industrie erheblich reduziert werden
müßte und nur noch große Industrien wie Stahlwerke, Zementhersteller etc mit einem
reduzierten EEG-Umlagesatz zu belegen wären.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Freundlich grüßt Sie
Stefan Lang
Energieberater, Architekt
Dipl.-Ing. (FH), MSc
Architekturbüro Reisser GbR
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