Erneuerbare Energien und Energiestruktur in Sachsen

Stand: 1. Juli 2015
Erneuerbare Energien und Energiestruktur in Sachsen-Anhalt
Die erneuerbaren Energien spielten in Sachsen-Anhalt bis 1997 keine Rolle in der
Energieversorgung. Wie Bild 1a und 1b zeigen, hat sich der Anteil der erneuerbaren
Energien am Energieverbrauch und an der Stromerzeugung jedoch seit 2002 stetig erhöht.
Der Primärenergieverbrauch (PEV) aus erneuerbaren Energien (Strom, Wärme,
Kraftstoffe) stieg 2013 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 6 % an. Bei leicht fallendem
Gesamt-PEV konnte der Anteil der erneuerbaren Energien auf 18,1 % weiter erhöht werden.
Nach wie vor überflügelt die Biomasse die Windenergie deutlich: Wenn man Strom aus
fester, gasförmiger und flüssiger Biomasse, Wärme aus Biomasse und Biotreibstoffe addiert,
dominiert die Biomasse den Regenerativanteil am PEV mit 69,4 %. Bedingt durch das im
langjährigen Vergleich relativ schwache Windjahr 2013 stieg der Anteil der Biomasse am
PEV damit um 1,6 % im Vergleich zum Jahr 2012 an.
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Im Jahr 2013 wurden im Land 46,8 % der Nettostromerzeugung aus erneuerbaren
Energien erbracht (Bundesdurchschnitt ca. 25 %). An der Bruttostromerzeugung entsprach
die eingespeiste Energiemenge einem Anteil von 44,8 % (Bundesdurchschnitt 23,4 %).
In Bezug auf den Stromverbrauch in Sachsen-Anhalt 2012 (Letztverbraucherabsatz
15,3 TWh) entspricht das einem Anteil von mehr als 66 %. Dabei muss man allerdings
beachten, das diese Zahl rein bilanziell ist: Bei Starkwind-Wetterlagen wird ein nicht
unbedeutender Anteil des regenerativ erzeugten Stroms aus Sachsen-Anhalt exportiert und
trägt somit nicht zur Deckung des Strombedarfs im Land bei. Der hohe Ausbaustand der
regenerativen Energien in Sachsen-Anhalt übertrifft jetzt bereits die Ziele der Bundesziele für
das Jahr 2035.
Die
Windkraft
dominierte
2013
mit
einem
Anteil
von
58,8 %
weiterhin
die
Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Damit ist – bedingt durch das schwache
Windjahr (siehe oben) im Vergleich zum Jahr 2012 ein Rückgang um zirka 4 % zu
verzeichnen. Ende 2013 waren in Sachsen-Anhalt 2.501 Windenergieanlagen mit einer
Gesamtleistung von 4.048 MW installiert. Das bedeutet weiterhin den dritten Platz unter den
Bundesländern bei der installierten Leistung und den achten Platz beim Zubau.
Der Anteil der Biomasse an der Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien
insgesamt stieg 2013 leicht auf zirka 26,6 %. Die erzeugte Strommenge stieg dabei im
Vergleich zum Vorjahr absolut um zirka 8 %.
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Im Bereich der Photovoltaik, d.h. der Stromerzeugung aus Sonnenenergie, konnte die
erzeugte Strommenge 2013 gegenüber 2012 um 38 % gesteigert werden. Der Anteil an der
Regenerativstromerzeugung im Land betrug damit 2013 12,9 % (Vorjahr 9,6 %).
Die Stromerzeugung aus Wasserkraft konnte im Jahr 2012 um 12,8 % gesteigert werden
und lag damit über dem Niveau des guten Ertragsjahres 2010. Mit einem Anteil an der
Regenerativstromerzeugung von knapp einem Prozent spielt die Wasserkraft in SachsenAnhalt jedoch nur eine untergeordnete Rolle.
Die energetische Nutzung von Klär- und Deponiegas zur Stromerzeugung ging im
Vergleich zum Jahr 2012 um rund 8 % zurück. Mit einem Anteil von unter einem Prozent an
der Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien spielt sie auch weiterhin nur eine
untergeordnete Rolle.
Die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ging 2013 gegenüber dem Vorjahr
um 7 % zurück, der Anteil betrug 22,9 % an der Bruttostromerzeugung (Vorjahr 23,7 %). Das
zeigt, dass vor allem Gaskraftwerke zunehmend einer Zurückdrängung am Strommarkt
ausgesetzt sind. Dies ist auf den Merit-Order-Effekt an der Strombörse zurückzuführen: Die
durch das EEG geförderten steigenden Strommengen aus erneuerbaren Energien gehen mit
variablen Kosten Null an die Börse und verdrängen somit teuer produzierende Kraftwerke.
Zusätzlich wird der Anteil der KWK an der installierten Erzeugerleistung bemessen. Bei
steigendem Zubau der erneuerbaren Energien und gleichbleibender KWK-Kapazität sinkt der
Anteil prozentual.
Bild 2 zeigt die Nettostromerzeugung des Landes nach Energieträgern, also den so
genannten Strommix. Im Jahr 2010 überstieg erstmals die Stromerzeugung aus
erneuerbaren Energien die bis dahin führende Braunkohlenverstromung. Dieser Trend
konnte 2013 fortgesetzt und ausgebaut werden.
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Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energiestruktur des Landes wird von den
Statistikern dem PEV zugeordnet. Primärenergie sind die eingesetzten Energieträger wie
Kohle, Öl und Gas, aus denen Endenergie wie Strom und Wärme oder auch Produkte
gewonnen werden. Die Struktur des PEV zeigt Bild 3. Insgesamt sank der PEV 2013
gegenüber 2012 um zirka 0,2 %. Wie Bild 3 zeigt, spielen die fossilen Brennstoffe,
insbesondere Erdgas und Mineralöle, die wichtigste Rolle beim PEV. Im Jahr 2013 gab es
gegenüber dem Vorjahr einen leicht steigenden Einsatz von Erdöl sowie einen sinkenden
Einsatz von Erdgas bei insgesamt leicht sinkendem Stromexport.
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Nicht die gesamte Primärenergie gelangt als Endenergie zum Verbraucher. Zur Ermittlung
des Endenergieverbrauchs müssen, wie Bild 4 zeigt, der Eigenverbrauch und die Verluste
bei
der
Energieumwandlung
in
den
Kraftwerken
und
Heizwerken
sowie
der
Energieverbrauch bei der Herstellung von chemischen Produkten aus Kohle und
insbesondere Erdöl abgezogen werden. Der PEV ist 2013 gegenüber 2012 geringfügig
gesunken (siehe oben). Einer weiteren deutlichen Absenkung des Verbrauchs im
Umwandlungsbereich steht dabei eine leichte Steigerung im nichtenergetischen Bereich
gegenüber.
Wie Bild 5 zeigt, ist der Sektor Industrie der größte Verbraucher an Endenergie. Seit 1996
hat sich durch den wirtschaftlichen Aufholprozess der Endenergieverbrauch der Industrie im
Land
mehr
als
verdoppelt,
Haushalte/Gewerbe/Handel/Dienstleistungen/Übrige
so
beim
dass
Verbrauch
der
an
Sektor
Nutzenergie
deutlich überholt wurde.
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In Bild 6 werden die sektoralen Entwicklungen des Endenergieverbrauchs des Landes
dargestellt. Der Endenergieverbrauch der Industrie stieg von 1996 bis 2007 stetig an. Nach
dem durch die Wirtschafts- und Finanzkrise bedingten Rückgang in den Jahren 2008 und
2009 ist im Zuge des wirtschaftlichen Erholungsprozesses der Endenergieverbrauch von
2010 bis 2012 wieder angestiegen. Im Jahr 2013 ging der Verbrauch in etwa wieder auf das
Niveau von 2011 zurück.
Der Endenergieverbrauch des Sektors Haushalte/Gewerbe/Handel/Dienstleistungen/Übrige
blieb
2013
in
etwa
auf
dem
Niveau
des
Vorjahres,
während
dessen
der
Endenergieverbrauch des Verkehrssektors im Vergleich zu 2012 um mehr als 2 %
angestiegen ist.
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Bild 7 zeigt die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Sachsen-Anhalt nach fossilen
Energieträgern und erneuerbaren Energien.
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Der Trend des stetigen Anstiegs des Primärenergieverbrauchs wurde im Jahr 2013 zunächst
gestoppt. Zugleich konnte durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien der Verbrauch
fossiler Energieträger zurückgefahren werden. Zudem zeigt sich ein wachsender Anteil
Überschussenergie, der auch 2012 zu einem deutlich negativen Stromaustauschsaldo
geführt hat.
Energie-Indikatoren spielen bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Energieeinsatzes
eine zunehmende Rolle. Die wichtigsten Indikatoren sind die Energieproduktivität, die
Energieintensität und der Primärenergieverbrauch je Einwohner. Diese Werte sind dabei
stark von der wirtschaftlichen Struktur eines Landes abhängig.
Deutlich ist der wirtschaftliche Nachholprozess in den 1990er Jahren zu erkennen, der zu
einem deutlichen Anstieg der Effizienz unserer modernen Wirtschaft beigetragen hat.
Dennoch zeigt sich seit der Jahrtausendwende bei positivem Wirtschaftswachstum ein
gegenläufiger Trend der Energieproduktivität im Vergleich zum Bund und zu den anderen
Ländern, der insbesondere auf den weiteren Ausbau der Grundstoffindustrie zurückzuführen
ist.
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Die Entwicklung in Bild 9 bestätigt die Tendenz der steigenden Energieintensität und zeigt
einen über dem Bundesdurchschnitt liegenden spezifischen Primärenergieverbrauch durch
den wirtschaftlichen Ausbau des Landes bei gleichzeitig zurückgehenden Einwohnerzahlen.
Der Trend bei beiden Energieindikatoren zeigt eine Fortsetzung der Entwicklung SachsenAnhalts zu einer besonders energieintensiven Wirtschaft mit einem hohen Stromexportanteil.
Quellen für die verarbeiteten statistischen Daten:
Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt
Statistisches Bundesamt
Umweltbundesamt
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Erläuterung der verwendeten Begriffe
Biomasse
Unter Biomasse versteht man den biologisch abbaubaren Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und
Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft,
der Fischwirtschaft und damit verbundener Industriezweige sowie den biologisch abbaubaren Anteil
von Abfällen aus Industrie und Haushalten.
Bruttostromerzeugung
Die Bruttostromerzeugung einer Erzeugungsanlage ist die erzeugte elektrische Arbeit, gemessen an
den Generatorklemmen. Im Landesmaßstab beschreibt sie die Stromerzeugung ohne Abzug der
Verluste und Eigenverbrauche.
Endenergieverbrauch
Der Endenergieverbrauch ist die Summe der zur unmittelbaren Erzeugung der Nutzenergie
verwendeten Primär- und Sekundärenergieträger. In der Energiebilanz ist der Endenergieverbrauch
als letzte Stufe der Energieverwendung aufgeführt. Energetisch und energieökonomisch handelt es
sich jedoch noch nicht um die letzte Stufe der Energieverwendung. Es folgen noch die
Nutzenergiestufe (z. B. Nutzung als Licht, Wärme) und die Energiedienstleistungen.
Energieintensität
Die Energieintensität ist der Kehrwert der Energieproduktivität (siehe unten).
Energieproduktivität
Die Energieproduktivität dient als Maßstab für die Effizienz im Umgang mit den Energieressourcen.
Sie wird ausgedrückt als Verhältnis von BIP zum PEV und verdeutlicht die wirtschaftliche Leistung
eines Landes je Einheit verbrauchter Primärenergie. Bei einer Interpretation der Ergebnisse, vor allem
bei einem Ländervergleich, sind die unterschiedlichen wirtschaftlichen Strukturen der Länder zu
berücksichtigen, insbesondere die Existenz und die Bedeutung energieintensiver Wirtschaftsbereiche.
Energieträger
Energieträger sind Quellen, aus denen direkt oder durch Umwandlung Energie gewonnen wird.
Unterschieden wird nach Primär- oder Sekundärenergieträgern. Bei den Primärenergieträgern handelt
es sich um Energieträger, die keiner Umwandlung unterworfen wurden. Dies sind Stein- und
Braunkohlen (roh), Hartbraunkohle, Erdöl, Erdgas, Grubengas, die erneuerbaren Energieträger sowie
die Kernenergie. Sekundärenergieträger sind Energieträger, die aus Umwandlung von
Primärenergieträgern entstehen. Dies sind alle Stein- und Braunkohlenprodukte sowie
Mineralölprodukte, Gichtgas, Konvertergas, Kokerei-/Stadtgas, Strom und Fernwärme.
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Erneuerbare Energieträger
Erneuerbare Energieträger sind natürliche Energievorkommen, die auf permanent vorhandene oder
auf sich in überschaubaren Zeiträumen von wenigen Generationen regenerierende Energieströme
zurückzuführen sind. Zu den Erneuerbaren Energien zählen Klär- und Deponiegas, Wasserkraft (ohne
Pumpspeicher), Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Geothermie und Umgebungswärme.
Nettostromerzeugung
Die Nettostromerzeugung einer Erzeugungsanlage ist die um ihren Eigenverbrauch verminderte
Bruttostromerzeugung. Im Landesmaßstab ist die Bruttostromerzeugung abzüglich der Verluste und
Eigenverbrauche gemeint.
Primärenergieverbrauch
Der Primärenergieverbrauch ergibt sich aus der Summe der im Land gewonnenen
Primärenergieträger, den Bestandsveränderungen sowie dem Saldo aus Bezügen und Lieferungen
und umfasst die für die Umwandlung und den Endverbrauch benötigte Energie.
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