Mein Name ist Marco Laufenberg, ich bin seit rund 8 Jahren parteilos fahrradverkehrspolitisch in Köln aktiv. Lasst Euch nicht verarschen! Na gut, dies ist eine seriöse, offizielle und angemeldete Veranstaltung. Eine Demonstration! Auf dieser Bühne stand grad ein Politiker, es sind gebildete und angesehene Menschen, sogar Uniformträger anwesend, da sollte ich mich doch etwas gemäßigter ausdrücken: Lasst Euch nicht veräppeln! In diesen Tagen und schon seit einigen Monaten wird das „Radverkehrskonzept Innenstadt“ besprochen und geplant. Dazu hat der „Fahrradbeauftragte“, der leider heute zum –wie ich findewichtigsten fahrradpolitischen Tag des Jahres, der Fahrradsternfahrt, wie fast immer nicht persönlich anwesend ist, auch mich eingeladen. So wie verschiedene Bürger- und Verkehrsinitiativen, den ADFC und andere schlaue Menschen. Es wird geplant. Und gesprochen. Und geplant. Damit *irgendwann* das Fahrrad fahren in unserer schönen Stadt bequem ist. Und vielleicht sogar sicher. Das letzte Mal, das für den Radverkehr etwas geplant wurde, das war 1994. Da wurde der Verwaltung der Auftrag erteilt, eine linksrheinische Nord-Süd-Verbindung am Rheinufer zu finden. Die gibt es bis heute, das ist jetzt 21 Jahre her, noch nicht. Ich möchte Niemandem die Illusion nehmen, aber: lasst Euch nicht veräppeln! Während also geplant wird und zwar so, dass unsere Stadtoberen ein Alibi haben und sagen können „wir haben ja schließlich die Verbände und engagierten Menschen mit ins Boot geholt“, die aber freilich letztendlich nichts beschließen dürfen, werden ganz andere Dinge beschlossen und zügig umgesetzt: der Mediapark z.B., an dem es lediglich eine schikanierende, unübersichtliche und gefährdende Radverkehrsführung gibt, die den Namen „Infrastruktur „ nicht verdient hat, bekommt eine weitere Kfz-Spur! Damit die Autos noch schneller ins Parkhaus kommen können! Hurra! Lasst Euch nicht veräppeln! 1998 war es, als die allgemeine Radwegebenutzungspflicht in Deutschland fiel und Radwege nur noch in Ausnahmefällen, nämlich bei einer qualifizierten Gefahrenlage, benutzt werden mussten. Dazu müssen sie dann aber auch breit genug, sicher angelegt und überhaupt befahrbar sein. Laut unserem „Fahrradbeauftragten“ ist das in Köln ein einziger Radweg, nämlich der an der Aachener Straße. Und da wäre er sich auch nicht so sicher. Trotzdem und selbst wenn diese Wege Radfahrer eher gefährden anstatt zu schützen, was sie eigentlich sollten, werden die Schilder nicht oder nur auf Druck abgehängt, denn –und das ist ganz offensichtlich- jeder Radfahrer auf der Fahrbahn ist für unsere Verwaltung ein Hindernis! Willkommen in der autogerechten Stadt! Ich bin der Meinung, es wäre ein tolles Radverkehrskonzept, wenn man erst einmal die gesetzlichen Bestimmungen, die seit Oktober 1998 gelten, umsetzen würde! Die scheinbare Begründung für die Benutzungspflicht eines der miesesten Radwege unserer Stadt, der 96cm breite, quer durch die Außengastronomie führende Holperweg an den Ringen ist –Achtung!- die Ampelschaltung, die zu kurze Räumzeiten für Radfahrer hat! Es ist 2015, die Menschheit war auf dem Mond, lässt Sonden auf Kometen landen, baut halbwegs erfolgreich U-Bahnen und unser Verein spielt in der ersten und bald auch in der Europaliga – aber Ampelschaltungen? Daran scheitern wir?! Lasst Euch nicht veräppeln! Aber es wird doch was für uns Radfahrer getan! Es gibt doch beinahe wöchentlich Mitteilungen, Pressekonferenzen und Live-Ticker im Stadtanzeiger: Fahrradständer eingeweiht! Einbahnstraße geöffnet! Schutzstreifen aufgepinselt! Ja! TOLL! Was bringt uns ein sogenannter Schutzstreifen, wenn sich mit seiner Einrichtung das Amt für Straßen und Verkehrstechnik medienwirksam feiern lässt, dieser aber Autofahrer geradezu dazu einlädt, uns ohne jeglichen Sicherheitsabstand (der sollte mindestens 1,50 Meter betragen!) mit der Höchstgeschwindigkeit plus eingerechneter „Kulanz“, also gefährdend, zu überholen? Und wenn dieser Schutzstreifen dann gerade mal so eben die Mindestmaße einhält oder –wie hier direkt hier um die Ecke, an der Augustinerstraße- immer schmaler wird und Radfahrer noch mehr gefährdet, anstatt sie zu schützen? Und unsere Politiker finden das sogar toll, denn es wird mit dem Fahrradstreifen ja vorgegeben, was „für Radfahrer zu tun“ - ich sage: Lasst Euch nicht veräppeln! Geh- und Radwege werden zugeparkt. Ebenso wie diese Schutzstreifen, die uns überall als ach-sosicher verkauft werden. Das sind genau genommen neu gebaute Zweite-Reihe-Park-Streifen für PKW. Siehe Venloer Straße, siehe Bonner Straße, siehe Frankfurter Straße in Mülheim. Und viel mehr solcher Parkstreifen sind geplant. Aber wir haben ja einen Ordnungs- und Verkehrsdienst und die Polizei, die sich um sowas kümmern könnten. Ich habe einen Ordnungsamtsmitarbeiter zu einem beparkten Gehweg befragt. Seine Antwort war: „natürlich ist das verboten, aber im Vorort dulden wir das“. Das ist ein Zitat! Das braucht man wohl nicht weiter zu kommentieren! Ich habe es vom Ordnungsamt schriftlich: „auf Schutzstreifen parkende Transportunternehmen dienen ja“ –Achtung- „der Allgemeinheit“ . In Köln-Mülheim ist der –benutzungspflichtige- Radweg direkt vor der Polizeiwache zugeparkt. Jeden Tag. Rund um die Uhr. Ich bin da mal in Wache rein und nicht nur ich. Kommentar der Beamten: „Für ruhenden Verkehr sind wir nicht zuständig“ und „gehen Sie jetzt!“ Lasst Euch nicht veräppeln! Ihr solltet aber nun nicht denken, dass die Polizei untätig wäre, denn das ist sie nicht! Sie ist jeden Tag aktiv! Sehr aktiv sogar! Sie ist aktiv dabei, Radfahrer an unglücklichen, teils diskriminierenden Stellen der Infrastruktur anzuhalten und abzukassieren. Die Ampel an der Maybachstraße, am Museum für ostasiatische Kunst, die Holperwege an den Ringen und andere. „Abzocke“ nennen das einige. Ich nenne das „mit zweierlei Maß messen“. Eigentlich wäre die Polizei laut VwV-StVO bei „jeder sich bietenden Gelegenheit“ verpflichtet, Infrastruktur auf Benutzbarkeit zu überprüfen. Laut Polizeipräsident Herrn Albers ist das „die tägliche Arbeit“ der Polizei. Wollt Ihr wissen, was die Realität ist? Eine Antwort auf meine diesbezügliche Anfrage ist mir die Polizei seit 2 Monaten immer noch schuldig. Aber letztlich kenne ich die Antwort schon. Das interessiert die einfach nicht! Lasst Euch nicht veräppeln! Aber es gibt auch Licht, eigentlich sehr viel sogar. Und damit komme ich zu dem Thema, weswegen ich ein paar Minuten auf dieser schönen Bühne habe, denn eigentlich soll ich ja über „5 Jahre Critical Mass“ reden. In 5 Tagen, am Freitag, feiern wir das 5jährige Jubiläum unserer monatlichen Fahrradtour. Wir sind seit Juni 2000 stetig –anfangs 30, dann 80, dann 100, 200, 300 und bis zu 650wir sind immer mehr geworden, die freundlich, gesetzestreu und legal, friedlich durch unsere schöne Stadt fahren und dabei mit den Beinen abstimmen. Menschen aus allen Schichten, Altersklassen und politischen Gesinnungen, die sich nicht weiter veräppeln lassen wollen und anstatt zu reden, zu planen und weiterzureden, einfach Tatsachen schaffen: Köln ist kritisch und Köln ist eine Fahrradstadt! Wir treten in die Pedale und schaffen einfach Tatsachen. Der Radverkehr wird in Köln nicht immer mehr, weil man angeblich was für uns tut, sondern trotzdem! Die Bürger der schönsten Stadt Deutschlands reden nicht mehr rum, sie machen einfach! Setzt Euch aufs Rad und macht mit! Und erfüllt mir den Traum, dass wir nächsten Freitag um 17:30 Uhr das erste Mal mit 1000 Menschen und Fahrrädern am Rudolfplatz starten! Und dann: fahrt jeden Tag! So oft es geht! Ich bin stolz, ein ganz, ganz kleiner Teil dieser Bewegung zu sein und vor fünf Jahren den Dominostein mit angestoßen zu haben, dass endlich etwas passiert. Und seitdem dabei zu sein. Und das kannst Du, das kannst Du und Du auch! Ihr Alle! Und noch was, weil es mir ebenfalls sehr am Herzen liegt und weil es eine schöne Verbindung mit der Critical Mass gibt: wir haben wieder eine Lobby in Köln. Wir haben wieder einen adfc, der sich einsetzt und der relevant wird! Eine Interessenvertretung, die nicht einfach nur ein paar schöne Genusstouren fährt und sonst der Verwaltung, der Politik und der Polizei nachplappert, sondern sich engagiert, versiert Stellung bezieht und Fahrradpolitik macht! Mit schlauen, guten und engagierten und belastbaren Köpfen. Und ich bin mir sicher, dass die Critical Mass Bewegung mitgeholfen hat, den adfc in die richtige Richtung zu stupsen. Und das ist toll und unterstützenswert! Es ist sinnvoll, sich als adfc Mitglied anzumelden und diesen Menschen zu zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind - das geht direkt da vorne am Stand. In diesem Sinne: überlasst den Radverkehr nicht denen, die reden und planen und reden und planen, sondern werdet aktiv und fahrt alleine und zusammen einfach los! Und lasst Euch von denen nicht verarschen!!! Vielen Dank!
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