Legende der Detailkarten Hauptroute Fussweg / Wanderweg zur Hauptroute Zufahrt mit dem Auto Beobachtungspunkt Veloroute / Veloweg Grenzübergang / Zoll Bushaltestelle Feuerstelle 24 Autorinnen und Autoren aus den Reihen der Naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen zeigen kenntnisreich die Essenz ihrer jahrelangen Naturbeobachtung. Sie laden ein zu 24 Exkursionen: auf den Randen, in den Klettgau, in den Reiat, an den Rhein und in die Stadt Schaffhausen. Gehen Sie auf Entdeckungsreisen zu den Orchideen auf dem Tannbüel, zu den Schmetterlingen der Magerwiesen auf den Randenhöhen und zu den fliegenden Leuchtkäfern im Waldfriedhof. Leicht verständlich und reich bebildert präsentiert dieser Naturführer die jeweiligen Orte. Zahlreiche Karten mit Be schreibung erleichtern die Orientierung. Zudem bietet das Buch eine Übersicht, zu welcher Jahreszeit welche Exkursionen am lohnendsten sind. www.ott-verlag.ch/naturpark-schaffhausen Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen, Demmerle (Hrsg.) Regionaler Naturpark Schaffhausen Regionaler Naturpark Schaffhausen Den Regionalen Naturpark Schaffhausen kennen viele nur vom Hörensagen. Die liebliche, waldreiche Region im Nord osten der Schweiz ist erst auf den zweiten Blick spektakulär. Es gibt hier weder Gletscher noch tiefe Schluchten und hohe Berge – dafür aber eine ausserordentliche Vielfalt an Pflanzen und Insekten sowie Versteinerungen aus dem Jurameer und die einzigartige Flusslandschaft des Hochrheins. Dieser Naturführer lädt dazu ein, genauer hinzuschauen und die Schätze der Natur im Jahresverlauf zu entdecken. Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen, Susi Demmerle (Hrsg.) Zufahrt mit dem Auto Hütte Parkplatz Bahnhof Restaurant Wanderweg Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__Umschlag__[DRUCK].indd 1 Der Natur auf der Spur Der Natur- und Exkursionsführer für den Regionalen Naturpark Schaffhausen 14.03.2016 16:39:17 Inhalt Vorwort 7 Der Regionale Naturpark Schaffhausen 11 Grundlagen 13 A Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit 15 B Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt? 19 Erkundungsthemen 23 1 Tannbüel: Orchideen 25 2 Lichter Föhrenwaldsaum: Der Hasebuck 35 3 Blütenpracht: Oberberghalde, Hemmental 45 4 Kleintiere in Magerwiesen: Grätenweg, Merishausen 53 5 Wo Wald auf Wiese trifft: Schmetterlinge der Randenwiesen 61 6 Meistersängerin auf dem Randen: Die Heidelerche 81 7 Der Randen als Apotheke: Heilpflanzen 85 8 Aus dem Jurameer: Versteinerungen 91 9 Von Gletschern und Wassern modelliert: Eiszeiten formten unsere Landschaft 99 10 Eiszeitliche Schluchten heute: Langloch–Churzloch 101 11 Zeugen der Eiszeit: Findlinge 109 Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 5 12.03.2016 12:57:08 6 Inhalt 12 Versteckte Vielfalt vor der Haustüre: Moose im Felsentäli 113 13 Nächtliche Jäger: Fledermäuse 123 14 Nächtliche Irrlichter: Leuchtkäfer in der Stadt Schaffhausen 127 15 Nicht nur für Touristen: Der Rheinfall 131 16 Am Radweg beim Schmerlat: Zauneidechsen 137 17 Wutachtal: Das Auenwaldreservat 141 18 An der Wutach: Vögel im Auenwaldreservat 149 19 Artenvielfalt inmitten von Landwirtschaft: Widen bei Neunkirch 151 20 Ein lokaler Bodenschatz: Bohnerz 159 21 Aus Bohnerzlöchern wird ein Amphibienparadies: Winterihau 165 22 Wo der Mittelspecht wohnt: Eichenwälder 171 23 Natur aus Menschenhand: Im See, Wangental 177 24 Alter Rhein: Rüdlingen 185 Welche Jahreszeit? 192 Abbildungsverzeichnis 195 Literaturverzeichnis 197 Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 6 12.03.2016 12:57:08 7 Vorwort Unvergessliche Naturerlebnisse Wollen Sie Fossilien von längst ausgestorbenen Lebewesen suchen? Wollen Sie durch ein Meer von Orchideen wandern und die vielseitige und unübertreffbare Blumenpracht des Randens geniessen? Wollen Sie in den Bohnerzlöchern nach Bohnerz Ausschau halten? Wollen Sie seltene Vögel, wie beispielsweise die Heidelerche, singen hören oder sie gar mit dem Feldstecher entdecken? Wollen Sie die eindrücklichen Vulkankegel des Hegau bestaunen? Wollen Sie durch Auenwälder schweifen oder den Zaun eidechsen beim Sonnenbaden zusehen? Wollen Sie die nächtlichen Flugbewegungen der Fledermäuse verfolgen? Wollen Sie seltene Moose entdecken oder wollen Sie des Nachts durch einen Wald voller Leuchtkäfer schweifen? Wenn Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten, dann halten Sie den richtigen Führer in Ihren Händen. Mit seiner Hilfe wird Ihr Ausflug zu einem unvergesslichen Naturerlebnis. Er gibt Ihnen bei Ihren Entdeckungsreisen die ausschlaggebenden Tipps. Möglich gemacht haben dies orts- und fachkundige Autorinnen und Autoren, die sich dank grossem Interesse und oft jahrelangen Beobachtungen der Natur auf ihrem Gebiet fundierte Kenntnisse angeeignet haben. Sie werden diese Erfahrung spüren, aber auch die damit verbundene Begeisterung und das Herzblut, das die Autorinnen und Autoren in ihre Beiträge gesteckt haben. Beachten Sie auch die fantastischen Abbildungen, mit denen der Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 7 Naturführer an Ausstrahlungskraft gewonnen hat. Talentierte Fotografen und Naturliebhaberinnen haben ihre besten Werke für diesen Führer zur Verfügung gestellt. Blättern Sie den Führer durch, und Sie werden anhand der Bilder schnell den Reichtum der Natur erkennen. Sie werden entdecken, dass der Kanton Schaffhausen ein äusserst wertvolles Gebiet für zahlreiche vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere ist. Die Gründe für diese Einzigartigkeit liegen in den speziellen geologischen, klimatischen und kulturgeschichtlichen Verhältnissen. In diesem Führer erfahren Sie mehr darüber. Machen Sie diesen Führer zum Wegweiser für Ihre eigenen Entdeckungen. Wenn Sie staunen, ist das Ziel erreicht. Ich danke der Initiantin, treibenden Kraft und Herausgeberin Susi Demmerle, ihrem Redaktionskollegen Jakob Walter, allen Autorinnen und Autoren sowie den Fotografinnen und Fotografen dafür, dass sie ihr Fachwissen in diesem Führer zur Verfügung stellen. Nur dank dem Mitwirken von zahlreichen Akteuren aus dem Kreis der Naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen ist es gelungen, die Natur im Kanton aus derart verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Wir danken dem ott verlag und dem Regio nalen Naturpark Schaffhausen für die wertvolle und gute Zusammenarbeit. Dr. Kurt Seiler, Präsident Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen NGSH Postfach, 8201 Schaffhausen, [email protected], www.ngsh.ch 12.03.2016 12:57:08 8 Vorwort Die Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen (NGSH) Die Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen (NGSH) will das Interesse an den Naturwissenschaften und an der Technik fördern, naturwissenschaftliche Zusammenhänge erklären und Verständnis für die Umwelt, insbesondere im Raum Schaffhausen, wecken. Ihr Jahresprogramm besteht aus allgemein verständlichen Vorträgen, Besichtigungen und naturkundlichen Exkursionen. Naturwissenschaftliche Arbeiten werden alljährlich in den «Neujahrsblättern der NGSH» veröffentlicht und so den Mitgliedern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Gesellschaft unterhält verschiedene Sammlungen und unterstützt die naturkundliche Abteilung des Museums zu Allerheiligen. Sie betreibt zudem eine moderne Sternwarte mit Planetarium ( www.sternwarte-schaffhausen.ch). Die NGSH zählt über 700 Mitglieder. Detaillierte Informationen finden Sie im Internet unter www.ngsh.ch. Dort können Sie sich als Mitglied anmelden oder einen kostenlosen Newsletter abonnieren, der Sie in unregelmässigen Abständen über alle Aktivitäten informiert. Entdeckungsreisen zu den Kostbarkeiten unserer Natur Der Rheinfall, Stein am Rhein und die Stadt Schaffhausen sind vielen bekannt. Aber was hat die Region Schaffhausen sonst noch zu bieten? Ich wage zu behaupten: Sehr viel! Der Regionale Naturpark Schaffhausen vereint Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 8 eine reiche Kulturlandschaft, Dörfer mit einzigartigen Ortsbildern und eine Natur, die ihresgleichen sucht. Denken Sie nur an den Randen mit den wunderbar blühenden Trockenwiesen und den dazugehörigen Schmetterlingen. Oder die auch kulturhistorisch spannenden Bohnerzgruben auf dem Südranden, welche heute ausgezeichnete Biotope für Amphibien sind. Der Regionale Naturpark Schaffhausen ist ein Juwel. Auf den ersten Blick zwar wenig spektakulär: Keine Gletscher, keine hohen Berge, keine tiefen Canyons. Doch wer genauer hinschaut, dem eröffnet sich eine unglaublich faszinierende Welt. Zu jeder Jahreszeit gibt es Spannendes zu beobachten. Der vorliegende Führer soll Ihnen ein hilfreicher Begleiter sein, der Sie zu spannenden Exkursionen einlädt. Spezialistinnen und Spezialisten aus den Reihen der Naturforschenden Gesellschaft eröffnen Ihnen damit einen Blick in die Schatztruhen der Natur. Im Regionalen Naturpark Schaffhausen soll diese einzigartige Tier- und Pflanzenwelt in einer Koexistenz mit den Menschen leben. Durch eine traditionelle Bewirtschaftung von Feld und Wald durch den Menschen sind viele Biotope erst zu dem geworden, was sie heute sind. Nun gilt es, auf diese wertvollen Schätze unserer Heimat Rücksicht zu nehmen, denn sie sind Teil der Identität unserer Region. Dieses Miteinander von Natur, Gesellschaft und Wirtschaft wird im Regionalen Naturpark Schaffhausen gross geschrieben. Wir setzen uns für eine Region ein, die für Menschen, Tiere und Pflanzen lebenswert ist und auch noch über eine lange Zeit sein wird. Seien Sie herzlich willkommen im Regionalen Naturpark Schaffhausen! Ganz herzlichen Dank den Autorinnen und Autoren aus den Reihen der Naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen für ihre spannenden Texte, der Herausgeberin Susi Demmerle, 12.03.2016 12:57:08 Vorwort 9 dass sie die zahlreichen Fäden zusammengehalten hat, der Naturforschenden Gesellschaft für die Initiative zu diesem Werk und natürlich dem ott verlag. Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 9 Hans Rudolf Meier, Präsident Regionaler Naturpark Schaffhausen Hauptstrasse 45, 8217 Wilchingen, [email protected], www.naturpark-schaffhausen.ch 12.03.2016 12:57:08 11 Der Regionale Naturpark Schaffhausen Thomas Hofstetter «Pärke gehören zu den ursprünglichsten Natur- und Kulturlandschaften der Schweiz. Sie sind weitgehend intakte, vielfältige, dynamische und natürliche oder vom Menschen naturnah gestaltete Lebensräume. Die Bevölkerung der Parkgemeinden ist stolz auf ihr ausserordentliches natürliches und kulturelles Erbe. Sie verpflichtet sich, dieses zu erhalten und respektvoll zu nutzen. Die Bevölkerung erwartet von den Naturpärken eine Stärkung der Identität und des Zusammenhalts sowie eine Förderung der regionalen Wirtschaft. Pärke bieten den Besucherinnen und Besuchern echte Naturerlebnisse, faszinierende Geschichten, Kontakte zu einer naturverbundenen Bevölkerung und den Genuss regionaler Spezialitäten.» ( www.paerke.ch) Das Gebiet des Regionalen Naturparks Schaffhausen erstreckt sich über eine Fläche von knapp 200 Quadratkilometern. Es beinhaltet Gemeinden aus dem Klettgau, dem Randen, dem Reiat, dem unteren Kantonsteil mit Rüdlingen und Buchberg und die zwei deutschen Gemeinden Jestetten und Lottstetten. Zahlreiche gut erhaltene Ortsbilder mit Häusern in typischer Fachwerkbauweise, eine lebhafte Kultur, welche sich in einem regen Vereinsleben und zahlreichen Festivitäten niederschlägt und eine Landschaft, welche für viele Arten der Roten Liste einen Lebensraum bietet, zeichnen das Bild einer vielfältigen und lebhaften Region. Drei regionale Aspekte bilden die Grundpfeiler für den Regionalen Naturpark Schaffhausen: Der Randen, ein Ausläufer des Juras, Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 11 mit seiner typischen Kulturlandschaft, die Reben, welche die Region landschaftlich, aber auch wirtschaftlich und kulturell prägen, und der Rhein, der die Parkregion durchfliesst. Mit dem Naturpark werden folgende Ziele verfolgt: • Stärkung der regionalen Wertschöpfung durch regionale Produkte und Dienstleistungen in Landwirtschaft, Gewerbe und Tourismus. • Landschaft, Natur und Umwelt: Pflege und ökologische Aufwertung, Schonung natürlicher Ressourcen und Förderung erneuerbarer Energien. • Bildung für nachhaltige Entwicklung: Bündelung und Förderung entsprechender Angebote. • Natur- und kulturnaher Tourismus mit authentischen und ressourcenschonenden Angeboten. • Kulturelles Leben und Erbe: Erhalt und Förderung parkspezifischer Traditionen und kulturhistorischer Attraktionen. • Netzwerkbildung zwischen Akteuren und Organisationen. Damit stellt sich der Regionale Naturpark Schaffhausen der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region und dem Erhalt der Naturund Landschaftswerte zu finden. Die Bevöl kerung der Mitgliedergemeinden hat sich dazu entschlossen, sich aktiv mir der Zukunft der Region auseinanderzusetzen. 12.03.2016 12:57:08 Grundlagen Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 13 12.03.2016 12:57:08 Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 14 12.03.2016 12:57:09 15 A Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit Iwan Stössel-Sittig Schematische Darstellung der Schichtstufenlandschaft Wutach - Klettgau - Randen Ra nd en / Sü dr an d en Osten W ut a W ch un d Ei erk ch lin be ge rg n /L W itt ilc ic hi ha ng p er be f/Hu rg se //H m er al bu la ue ch rb er g Kl et tg au Westen we Kal ke Ha iche des Ges Kalk upt wei e Ma m wei tein de che u lm sch che e (v s L (vo G ( elk i v est rwi a G o o rwi s est rwi alk ein Ton ege e e e M g e i g n n end e, M e erg d el) nd To e Ton erg Evap ne, orit el) e, M e, erg el) Abb. A.1: Der schräggestellte Schichtstapel prägt die Landschaftsformen des Naturparks. Wie die Seiten eines gigantischen Buches liegen die Schichten der Ablagerungsgesteine in der Landschaft des Regionalen Naturparks Schaffhausen (Bild Innenseite hinten). Sie erzählen von den letzten rund 250 Millionen Jahren. Anders als beispielsweise im Faltenjura, liegen die Schichten eben da, unverfaltet und unterbrochen nur von wenigen Brüchen, wie zum Beispiel die Randenverwerfung bei Thayngen/Almenbühl. Dieses Buch der Erdgeschichte ist jedoch leicht verkippt und taucht flach gegen Südosten ab; gegen Nordwesten findet man daher die ältesten, gegen Südosten die jüngsten Kapitel dieses grossen Buches. Die Unterlage bildet das Kristallin des Schwarzwaldes. Es handelt sich um ein komplexes Gebilde von Schiefern, Gneisen und Graniten, also sogenannten kristallinen Gestei- Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 15 nen. Sie erzählen von wandernden Kontinenten, Kollisionen und dem Werden und Vergehen von Gebirgen in der fernen Vergangenheit. Die jüngste Gebirgsbildung, die diese Gesteine erlebten, liegt etwa 320 Millionen Jahre zurück. Vor 250 Millionen Jahren waren diese Gebirge längst eingeebnet. Ihre einst tief im Erdinnern geformten Fundamente lagen nun an der Erdoberfläche. Wüstensande, heute zu festem Sandstein verbacken, zeugen von trockenem Klima. Doch langsam und in mehreren Vorstössen wurde das Gebiet vom Meer überflutet. In flachen Meeresbecken bildete sich Gips, der in historischer Zeit entlang der Wutach abgebaut wurde. Später wurde das Meer tiefer, und es lagerten sich Kalke ab, die stellenweise reich an Fossilien 12.03.2016 12:57:09 16 Iwan Stössel-Sittig Abb. A.2: Kelche von Seelilien aus dem Gebiet von Wunderklingen an der Wutach. Was vom Namen her nach einer Pflanze klingt, ist der versteinerte Rest eines Meerestieres. sind. Spektakuläre Felswände entlang der Wutach gehen darauf zurück. Mit etwas Glück findet man versteinerte Stielglieder von Seelilien, Muscheln oder gar Reste von Krebsen. Noch einmal zog sich das Meer zurück. Eine flache Küstenebene mit Salzsümpfen prägte das Bild. In dieser Zeit scheinen auch die ersten Dinosaurier die Gegend durchstreift zu haben; vereinzelt wurden ihre zusammengeschwemmten Knochen rund um Hallau und Schleitheim gefunden. Vor rund 200 Millionen Jahren versank das Gebiet schliesslich für viele Jahrmillionen im Meer. In diesem Meer blühte das Leben. Berühmt sind die «Schneckensteine», Ammoniten. Es handelt sich um die versteinerten kalkigen Schalen von Verwandten unserer heutigen Tintenfische. Aber es gibt auch andere Tiere: Seelilien, Muscheln, Schnecken Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 16 sowie Wirbeltiere wie Meeressaurier oder Fische. Wer über die Hügelzüge des Naturparks wandert, hat genügend Gelegenheit, ihre Spuren zu finden ( Kapitel 8). Zunächst wurden von den umgebenden Festländern viel Ton und Schlick eingespült. Die Gesteine sind schwarz bis braun. Vor allem die tonreichen Schichten sind weich und verwittern stark, sodass man sie fast nur in Steinund Tongruben in frischem Zustand studieren kann. Vor rund 160 Millionen Jahren wurden die Ablagerungen zunehmend kalkiger. Sie hinterliessen die charakteristischen hellen Randenkalke. Sie bilden die Kanten und Rücken der heutigen Landschaft, sie bilden aber auch die Unterlage der mageren Böden des Randens. Der Meeresgrund wurde von Schwammriffen besiedelt; einer Lebensgemeinschaft von Kieselschwämmen und Mikroben. Wir begegnen diesen Riffen heute beispielsweise am Rheinfallfelsen ( Kapitel 15). Von den nun folgenden 100 Millionen Jahren – also aus der Kreidezeit – fehlen die Seiten in unserem erdgeschichtlichen Buch. Unser Gebiet erhob sich in dieser Zeit wieder über den Meeresspiegel. Tiefgreifende Verwitterung unter tropischen Bedingungen hinterliess in Karstlöchern eingeschwemmten Boluston mit Bohnerz ( Kapitel 20). Später, vor etwa 40 Millionen Jahren, als weiter im Süden die Alpen aufgrund der Kollision von Kontinenten langsam dem Meer entstiegen und ihr Erosionsschutt nach Norden geschüttet wurde, geriet auch Schaffhausen in diesen Einflussbereich. Das feinere Material, das durch Flüsse und Meeresströmungen über grössere Distanzen transportiert werden konnte, gelangte bis in unsere Gegend. Festländische Ablagerungen (Ablagerungen von Flüssen, Überflutungsebenen und Seen) und 12.03.2016 12:57:14 A Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit 17 Abb. A.3: Die wasserdurchlässigen Randenkalke bilden die Unterlage der trockenen und mageren Böden des Randens. Abb. A.4: Ausblick in die Vulkanschlote des Hegau Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 17 12.03.2016 12:57:22 18 Iwan Stössel-Sittig jene eines flachen Meeresarmes wechselten sich ab ( Kapitel 9). Besonders eindrücklich sind auch die Quarzsande, die beim Cholfirst bei Benken früher abgebaut wurden. In diese Zeit fällt auch die Zeit des Hegau-Vulkanismus: Über mehrere Phasen entstanden entlang einer Schwächezone der Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 18 Erdkruste Vulkane, deren Schlote noch heute die Landschaft des Hegau prägen. Die Phase der vulkanischen Aktivität erstreckte sich über eine Zeit von etwa 16 Millionen bis rund 6 Millionen Jahren vor unserer Zeit. Die letzten 2.5 Millionen Jahre standen im Zeichen der Eiszeiten ( Kapitel 9). 12.03.2016 12:57:22 19 B Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt? Susi Demmerle Abb. B.1: Gräte, Merishausen um 1880: Die schmalen Felder sind gut sichtbar. Der Randen besteht aus dem ehemaligen Meeresboden der Jurazeit. Das Gestein ist sehr wasserdurchlässig, und deshalb ist der Aufbau einer Humusdecke eher schwierig, da auch der Wind die Ackerkrume leicht wegtragen kann. Wasser und Nährstoffe verschwinden zwischen den Spalten des Bodens schnell, es bleibt ein magerer, trockener und flachgründiger Boden zurück Auf den Randenhöhen wurde schon zur Zeit der Alemannen eine Dreifelderwirtschaft betrieben: Korn – Hafer – Brache. Über Jahrhunderte blieb diese extensive Form der Land- Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 19 wirtschaft erhalten. Dadurch verarmten die Böden immer mehr, sodass die Erträge sanken und der Ackerbau auf den Randenhöhen im 19. Jahrhundert aufgegeben wurde. Zeitweise wurden auch Viehherden auf dem Randen gesömmert, aber der Wassermangel und die wenigen nutzbaren Quellen machten das Unternehmen wenig ergiebig. Auch die Erbteilung spielte eine Rolle, denn die Parzellen wurden dadurch absurd s chmal und dadurch komplizierter zum Bearbeiten, zum Teil wurden auf dem Randen darum Föhren in diese Minigrundstücke eingesät. 12.03.2016 12:57:24 20 Susi Demmerle Magerwiesen Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen nun langsam blumenreiche Wiesen heran, die durch «Thomasmehl» (ein phosphathaltiges Nebenprodukt der früheren Eisenverhüttung) oder Mist leicht gedüngt wurden. Mit dem Aufkommen der Viehzucht in den Dörfern war dieses Heu als Ergänzung zu den Ernten im Talboden hoch willkommen. Das war die Blütezeit dieser farbenfrohen Wiesen, welche die zum Teil unbewaldete Randenhochfläche bedeckten. Sie zeichneten sich durch eine Vielfalt von Blumen und Gräsern aus, die spezialisiert waren auf karge, trockene Böden. Pro Quadratmeter wuchsen mehr als 40 verschiedene Pflanzenarten, der Ertrag für die Bauern war aber gering. Mitte des 20. Jahrhunderts, mit der Mechanisierung der Landwirtschaft, der Güterzusammenlegung, dem Aufkommen von Traktoren und der Subventionspraxis des Bundes, ging es den Magerwiesen rasch an den Kragen. Nun lohnte es sich wieder, Ackerbau auf den Randenflächen zu betreiben, denn der eingesetzte Kunstdünger ermöglichte ein ertragreicheres Wirtschaften als je zuvor. Aber wenn gedüngt wird, verschwindet die Artenvielfalt sofort: Pflanzen, die Nährstoffe gut verwerten können, gewinnen den Standortwettkampf gegen die langsamer wachsenden Blumen und Gräser, und das Resultat ist eine Fettwiese, die etwa viermal mehr Biomasse produziert, aber weniger Pflanzenarten enthält. Besonders die Orchideen ertragen Dünger ganz schlecht und verlieren ihren Standort an Fettwiesenpflanzen. Im Folgenden werden die absolut ungedüngten Wiesen (Trespenwiesen) und die Wiesen, die nur mit wenig Mist gedüngt werden dürfen (Fromentalwiesen) der Einfachheit Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 20 halber nicht unterschieden und als «Magerwiesen» bezeichnet. Die vielseitige Pflanzenwelt und die zum Teil schlechte Bedeckung des Bodens erzeugen viele unterschiedliche Lebensbedingungen auf kleinem Raum. Besonders für Insekten bedeutet das eine Chance für eine Vielfalt an Arten und Lebensweisen, und ein ganz inte ressantes Nahrungsnetz kann sich aufbauen. Blüten, Blätter oder auch Wurzeln dienen den verschiedensten Insekten als Nahrung und diese Tiere ihrerseits bilden dann die Nahrungsgrundlage für räuberische Insekten, für viele Vogelarten und auch für andere Wirbeltiere. Am auffälligsten sind die vielen verschiedenen Schmetterlinge, die an den farbigen Blüten saugen, sie sind aber nicht die inte ressantesten Gliedertiere an diesen Orten ( Kapitel 4)! Die farbigen Magerwiesen, die wir heute noch bestaunen können, werden von den Bauern also nicht mehr in erster Linie als Viehfutter genutzt. Sie bestehen noch, weil erkannt wurde, dass sie ein wertvolles Rückzugsgebiet für viele nützliche Insekten und vom Aussterben bedrohte Pflanzen darstellen. Sie wurden 1977 unter Schutz gestellt und zur «Schutzwürdigen Landschaft von nationaler Bedeutung» erklärt. Die noch bestehenden Wiesen werden heute bewusst und mit beträchtlichem Aufwand gepflegt, das heisst gemäht und entbuscht. Leider sind in den letzten 50 Jahren 90 Prozent dieser interessanten Biotope im Schweizer Mittelland zu Fettwiesen oder Äckern umgewandelt worden und darum wohl für immer verschwunden. Aber hier auf dem Randen können wir einige noch in ihrer ursprünglichen Pracht bewundern und erleben. Magerwiesen sind einzigartige Kulturgüter, die mit einer Bibliothek von seltenen Bü- 12.03.2016 12:57:24 B Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt? 21 Abb. B.2: Magerwiese chern verglichen werden können. Werden sie zerstört, können sie nur unter grösstem Aufwand wieder zurückgeführt werden, und nicht alle früheren Pflanzen können sich wieder ansiedeln. Diese wertvollen Wiesen werden einerseits von Freiwilligen und anderseits mit Geldern von Bund, Kanton und Naturschutzvereinigungen von den Bauern als sogenannte «Ausgleichsflächen und Vernetzungsgebiete» bearbeitet. Dank diesen vereinten Anstrengungen bleibt uns die ganze Magerwiesen-Vielfalt erhalten. Die Schnittzeiten der Magerwiesen sind heute flexibel, an den meisten Orten geschieht das nicht am selben Tag sondern gestaffelt, sodass die Insekten auf ungemähte Wiesen ausweichen können. Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 21 Pflanzenwanderungen Nicht nur aus kulturgeschichtlichen Gründen weist der Kanton Schaffhausen eine spezielle Flora auf, geologische und klimatische Ursachen waren ebenfalls entscheidend. In der letzten Eiszeit war der Randen nicht von Eis bedeckt, die Vereisung endete in der Gegend von Thayngen bis Singen ( Kapitel 9). In der frühen Nacheiszeit wanderten bald alpine Pflanzen in die eisfreien, tundra-ähnlichen Gebiete ein: unter anderem der Frühlings-Enzian ( Abbildung 1.12), der Gelbe Enzian ( Abbildung 2.15), die Europäische Trollblume und die Pracht-Nelke. Mit der Erwärmung der Vorwärmezeit (zirka vor 10 000 bis 8500 Jahren) drangen der Kreuzblättrige Enzian, die Moosorchis ( Ab- 12.03.2016 12:57:25 22 Susi Demmerle bildung 2.13 und Abbildung 2.14), das Hügel-Windröschen ( Abbildung 2.3), die Gemeine Küchenschelle ( Abbildung 2.2) und weitere Pflanzen aus dem trockenen Osten, wohl der Donau entlang, zu uns vor. Aus dem Mittelmeergebiet erreichten uns, als das Klima feucht und warm wurde, die Sorbus-Bäume, zum Beispiel der Elsbeerbaum und der Mehlbeerbaum ( Abbildung 2.18 und Abbildung 2.19), viele Orchideenarten, unter anderem die Bocks-Riemenzunge ( Abbildung 3.6), die Fliegen-Ragwurz ( Abbildung 2.7) und die Waldvögelein-Arten. Wahrscheinlich waren auch die Ästige Graslilie ( Abbildung 3.15) und der prächtige Diptam ( Abbildung 22.3) unter den Einwanderern. Da die Alpen eine Barriere für eine direkte Einwanderung wärmeliebender Pflanzen aus dem Süden bildeten, sind diese sehr wahrscheinlich den Flüssen entlang eingewandert. Von Osten und Südosten her via die Donau und von Südwesten her via das Rhone-RheinFlusssystem. Diese «Wanderwege» kreuzten sich genau in unserer Gegend. Demmerle__Regionaler_Naturpark_Schaffhausen__[DRUCK].indd 22 Viele dieser sogenannten Relikt-Pflanzen wurden später durch den aufkommenden dunklen Buchenwald wieder verdrängt, einige davon sind aber geblieben und fühlen sich in den lichten Föhrenstreifen im Tannbüel ( Kapitel 1) und auf dem Hasebuck ( Kapitel 2), teilweise auch an anderen Orten immer noch heimisch. Aus den geschilderten Gründen sind der Kanton Schaffhausen und der Randen zu einer Gegend geworden, die für Botanikerinnen und Botaniker ausserordentlich interessant ist. Auch Insektenkundlerinnen und -kundler besuchen diesen Landstrich mit besonderem Interesse, denn in abhängiger Koexistenz mit den Pflanzen leben auch Schmetterlinge und andere seltene Insekten, die hier in grosser Fülle heimisch sind. Pflanzenwanderungen finden noch immer statt, wenn auch heute meist durch menschliche Aktivität: Bekannt sind das rosa blühende Drüsige Springkraut ( Abbildung 17.5), die Kanadische Goldrute und andere «invasive» Pflanzen. 12.03.2016 12:57:25
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