Regionaler Naturpark Schaffhausen

Legende der Detailkarten
Hauptroute
Fussweg / Wanderweg zur Hauptroute
Zufahrt mit dem Auto
Beobachtungspunkt
Veloroute / Veloweg
Grenzübergang / Zoll
Bushaltestelle
Feuerstelle
24 Autorinnen und Autoren aus den Reihen der Naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen zeigen kenntnisreich
die Essenz ihrer jahrelangen Naturbeobachtung. Sie laden
ein zu 24 Exkursionen: auf den Randen, in den Klettgau,
in den Reiat, an den Rhein und in die Stadt Schaffhausen.
Gehen Sie auf Entdeckungsreisen zu den Orchideen auf
dem Tannbüel, zu den Schmetterlingen der Magerwiesen
auf den Randenhöhen und zu den fliegenden Leuchtkäfern
im Waldfriedhof.
Leicht verständlich und reich bebildert präsentiert dieser
Naturführer die jeweiligen Orte. Zahlreiche Karten mit Be­
schreibung erleichtern die Orientierung. Zudem bietet das
Buch eine Übersicht, zu welcher Jahreszeit welche Exkursionen am lohnendsten sind.
www.ott-verlag.ch/naturpark-schaffhausen
Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen, Demmerle (Hrsg.)
Regionaler Naturpark
Schaffhausen
Regionaler Naturpark Schaffhausen
Den Regionalen Naturpark Schaffhausen kennen viele nur
vom Hörensagen. Die liebliche, waldreiche Region im Nord­
osten der Schweiz ist erst auf den zweiten Blick spektakulär.
Es gibt hier weder Gletscher noch tiefe Schluchten und hohe
Berge – dafür aber eine ausserordentliche Vielfalt an Pflanzen und Insekten sowie Versteinerungen aus dem Jurameer
und die einzigartige Flusslandschaft des Hochrheins. Dieser
Naturführer lädt dazu ein, genauer hinzuschauen und die
Schätze der Natur im Jahresverlauf zu entdecken.
Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen,
Susi Demmerle (Hrsg.)
Zufahrt mit dem Auto
Hütte
Parkplatz
Bahnhof
Restaurant
Wanderweg
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Der Natur auf der Spur
Der Natur- und Exkursionsführer
für den Regionalen Naturpark Schaffhausen
14.03.2016 16:39:17
Inhalt
Vorwort 7
Der Regionale Naturpark Schaffhausen 11
Grundlagen 13
 A   Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit 15
 B   Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt? 19
Erkundungsthemen 23
  1 Tannbüel: Orchideen 25
  2 Lichter Föhrenwaldsaum: Der Hasebuck 35
  3 Blütenpracht: Oberberghalde, Hemmental 45
  4 Kleintiere in Magerwiesen: Grätenweg, Merishausen 53
  5 Wo Wald auf Wiese trifft: Schmetterlinge der Randenwiesen 61
  6 Meistersängerin auf dem Randen: Die Heidelerche 81
  7 Der Randen als Apotheke: Heilpflanzen 85
  8 Aus dem Jurameer: Versteinerungen 91
  9 Von Gletschern und Wassern modelliert: Eiszeiten formten unsere Landschaft 99
10 Eiszeitliche Schluchten heute: Langloch–Churzloch 101
11 Zeugen der Eiszeit: Findlinge 109
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6 Inhalt
12 Versteckte Vielfalt vor der Haustüre: Moose im Felsentäli 113
13 Nächtliche Jäger: Fledermäuse 123
14 Nächtliche Irrlichter: Leuchtkäfer in der Stadt Schaffhausen 127
15 Nicht nur für Touristen: Der Rheinfall 131
16 Am Radweg beim Schmerlat: Zauneidechsen 137
17 Wutachtal: Das Auenwaldreservat 141
18 An der Wutach: Vögel im Auenwaldreservat 149
19 Artenvielfalt inmitten von Landwirtschaft: Widen bei Neunkirch 151
20 Ein lokaler Bodenschatz: Bohnerz 159
21 Aus Bohnerzlöchern wird ein Amphibienparadies: Winterihau 165
22 Wo der Mittelspecht wohnt: Eichenwälder 171
23 Natur aus Menschenhand: Im See, Wangental 177
24 Alter Rhein: Rüdlingen 185
Welche Jahreszeit? 192
Abbildungsverzeichnis 195
Literaturverzeichnis 197
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7 Vorwort
Unvergessliche Naturerlebnisse
Wollen Sie Fossilien von längst ausgestorbenen Lebewesen suchen? Wollen Sie durch
ein Meer von Orchideen wandern und die
vielseitige und unübertreffbare Blumenpracht des Randens geniessen? Wollen Sie
in den Bohnerzlöchern nach Bohnerz Ausschau halten? Wollen Sie seltene Vögel, wie
beispielsweise die Heidelerche, singen hören
oder sie gar mit dem Feldstecher entdecken? Wollen Sie die eindrücklichen Vulkankegel des Hegau bestaunen? Wollen Sie
durch Auenwälder schweifen oder den Zaun­
­eidechsen beim Sonnenbaden zusehen?
Wollen Sie die nächtlichen Flugbewegungen
der Fledermäuse verfolgen? Wollen Sie seltene Moose entdecken oder wollen Sie des
Nachts durch einen Wald voller Leuchtkäfer
schweifen?
Wenn Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten, dann halten Sie den richtigen Führer in Ihren Händen. Mit seiner Hilfe wird Ihr
Ausflug zu einem unvergesslichen Naturerlebnis. Er gibt Ihnen bei Ihren Entdeckungsreisen die ausschlaggebenden Tipps. Möglich
gemacht haben dies orts- und fachkundige
Autorinnen und Autoren, die sich dank grossem Interesse und oft jahrelangen Beobachtungen der Natur auf ihrem Gebiet fundierte
Kenntnisse angeeignet haben. Sie werden
diese Erfahrung spüren, aber auch die damit
verbundene Begeisterung und das Herzblut,
das die Autorinnen und Autoren in ihre Beiträge gesteckt haben. Beachten Sie auch die
fantastischen Abbildungen, mit denen der
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Naturführer an Ausstrahlungskraft gewonnen
hat. Talentierte Fotografen und Naturliebhaberinnen haben ihre besten Werke für diesen
Führer zur Verfügung gestellt. Blättern Sie den
Führer durch, und Sie werden anhand der
Bilder schnell den Reichtum der Natur erkennen. Sie werden entdecken, dass der Kanton Schaffhausen ein äusserst wertvolles Gebiet für zahlreiche vom Aussterben bedrohte
Pflanzen und Tiere ist. Die Gründe für diese
Einzigartigkeit liegen in den speziellen geologischen, klimatischen und kulturgeschichtlichen Verhältnissen. In diesem Führer erfahren Sie mehr darüber. Machen Sie diesen
Führer zum Wegweiser für Ihre eigenen Entdeckungen. Wenn Sie staunen, ist das Ziel
erreicht.
Ich danke der Initiantin, treibenden Kraft
und Herausgeberin Susi Demmerle, ihrem Redaktionskollegen Jakob Walter, allen Autorinnen und Autoren sowie den Fotografinnen und
Fotografen dafür, dass sie ihr Fachwissen in
diesem Führer zur Verfügung stellen. Nur dank
dem Mitwirken von zahlreichen Akteuren aus
dem Kreis der Naturforschenden Gesellschaft
Schaffhausen ist es gelungen, die Natur im
Kanton aus derart verschiedenen Blickwinkeln
zu beleuchten.
Wir danken dem ott verlag und dem Regio­
nalen Naturpark Schaffhausen für die wertvolle
und gute Zusammenarbeit.
Dr. Kurt Seiler, Präsident Naturforschende
Gesellschaft Schaffhausen NGSH
Postfach, 8201 Schaffhausen,
[email protected], www.ngsh.ch
12.03.2016 12:57:08
8 Vorwort
Die Naturforschende Gesellschaft
Schaffhausen (NGSH)
Die Naturforschende Gesellschaft
Schaffhausen (NGSH) will das Interesse
an den Naturwissenschaften und an der
Technik fördern, naturwissenschaftliche
Zusammenhänge erklären und Verständnis für die Umwelt, insbesondere im
Raum Schaffhausen, wecken. Ihr Jahresprogramm besteht aus allgemein verständlichen Vorträgen, Besichtigungen
und naturkundlichen Exkursionen. Naturwissenschaftliche Arbeiten werden
alljährlich in den «Neujahrsblättern der
NGSH» veröffentlicht und so den Mitgliedern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Gesellschaft unterhält
verschiedene Sammlungen und unterstützt die naturkundliche Abteilung des
Museums zu Allerheiligen. Sie betreibt
zudem eine moderne Sternwarte mit Planetarium ( www.sternwarte-schaffhausen.ch).
Die NGSH zählt über 700 Mitglieder.
Detaillierte Informationen finden Sie im
Internet unter  www.ngsh.ch. Dort
können Sie sich als Mitglied anmelden
oder einen kostenlosen Newsletter abonnieren, der Sie in unregelmässigen Abständen über alle Aktivitäten informiert.
Entdeckungsreisen zu den
Kostbarkeiten unserer Natur
Der Rheinfall, Stein am Rhein und die Stadt
Schaffhausen sind vielen bekannt. Aber was
hat die Region Schaffhausen sonst noch zu
bieten? Ich wage zu behaupten: Sehr viel! Der
Regionale Naturpark Schaffhausen vereint
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eine reiche Kulturlandschaft, Dörfer mit einzigartigen Ortsbildern und eine Natur, die ihresgleichen sucht. Denken Sie nur an den
Randen mit den wunderbar blühenden Trockenwiesen und den dazugehörigen Schmetterlingen. Oder die auch kulturhistorisch spannenden Bohnerzgruben auf dem Südranden,
welche heute ausgezeichnete Biotope für Amphibien sind. Der Regionale Naturpark Schaffhausen ist ein Juwel. Auf den ersten Blick
zwar wenig spektakulär: Keine Gletscher,
keine hohen Berge, keine tiefen Canyons.
Doch wer genauer hinschaut, dem eröffnet
sich eine unglaublich faszinierende Welt. Zu
jeder Jahreszeit gibt es Spannendes zu beobachten. Der vorliegende Führer soll Ihnen ein
hilfreicher Begleiter sein, der Sie zu spannenden Exkursionen einlädt. Spezialistinnen und
Spezialisten aus den Reihen der Naturforschenden Gesellschaft eröffnen Ihnen damit
einen Blick in die Schatztruhen der Natur.
Im Regionalen Naturpark Schaffhausen soll
diese einzigartige Tier- und Pflanzenwelt in einer Koexistenz mit den Menschen leben. Durch
eine traditionelle Bewirtschaftung von Feld und
Wald durch den Menschen sind viele Biotope
erst zu dem geworden, was sie heute sind. Nun
gilt es, auf diese wertvollen Schätze unserer
Heimat Rücksicht zu nehmen, denn sie sind
Teil der Identität unserer Region.
Dieses Miteinander von Natur, Gesellschaft
und Wirtschaft wird im Regionalen Naturpark
Schaffhausen gross geschrieben. Wir setzen
uns für eine Region ein, die für Menschen,
Tiere und Pflanzen lebenswert ist und auch
noch über eine lange Zeit sein wird.
Seien Sie herzlich willkommen im Regionalen Naturpark Schaffhausen!
Ganz herzlichen Dank den Autorinnen und
Autoren aus den Reihen der Naturforschenden
Gesellschaft Schaffhausen für ihre spannenden Texte, der Herausgeberin Susi Demmerle,
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Vorwort 9 dass sie die zahlreichen Fäden zusammengehalten hat, der Naturforschenden Gesellschaft
für die Initiative zu diesem Werk und natürlich
dem ott verlag.
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Hans Rudolf Meier,
Präsident Regionaler Naturpark Schaffhausen
Hauptstrasse 45, 8217 Wilchingen,
[email protected],
www.naturpark-schaffhausen.ch
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11 Der Regionale Naturpark Schaffhausen
Thomas Hofstetter
«Pärke gehören zu den ursprünglichsten Natur- und Kulturlandschaften der Schweiz. Sie
sind weitgehend intakte, vielfältige, dynamische und natürliche oder vom Menschen naturnah gestaltete Lebensräume. Die Bevölkerung der Parkgemeinden ist stolz auf ihr
ausserordentliches natürliches und kulturelles
Erbe. Sie verpflichtet sich, dieses zu erhalten
und respektvoll zu nutzen. Die Bevölkerung
erwartet von den Naturpärken eine Stärkung
der Identität und des Zusammenhalts sowie
eine Förderung der regionalen Wirtschaft.
Pärke bieten den Besucherinnen und Besuchern echte Naturerlebnisse, faszinierende
Geschichten, Kontakte zu einer naturverbundenen Bevölkerung und den Genuss regionaler Spezialitäten.» ( www.paerke.ch)
Das Gebiet des Regionalen Naturparks
Schaffhausen erstreckt sich über eine Fläche
von knapp 200 Quadratkilometern. Es beinhaltet Gemeinden aus dem Klettgau, dem Randen, dem Reiat, dem unteren Kantons­­teil mit
Rüdlingen und Buchberg und die zwei deutschen Gemeinden Jestetten und Lott­stetten.
Zahlreiche gut erhaltene Ortsbilder mit
Häusern in typischer Fachwerkbauweise, eine
lebhafte Kultur, welche sich in einem regen
Vereinsleben und zahlreichen Festivitäten niederschlägt und eine Landschaft, welche für
viele Arten der Roten Liste einen Lebensraum
bietet, zeichnen das Bild einer vielfältigen und
lebhaften Region.
Drei regionale Aspekte bilden die Grundpfeiler für den Regionalen Naturpark Schaffhausen: Der Randen, ein Ausläufer des Juras,
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mit seiner typischen Kulturlandschaft, die
Reben, welche die Region landschaftlich, aber
auch wirtschaftlich und kulturell prägen, und
der Rhein, der die Parkregion durchfliesst.
Mit dem Naturpark werden folgende Ziele
verfolgt:
• Stärkung der regionalen Wertschöpfung
durch regionale Produkte und Dienstleistungen in Landwirtschaft, Gewerbe und
Tourismus.
• Landschaft, Natur und Umwelt: Pflege und
ökologische Aufwertung, Schonung natürlicher Ressourcen und Förderung erneuerbarer Energien.
• Bildung für nachhaltige Entwicklung: Bündelung und Förderung entsprechender
Angebote.
• Natur- und kulturnaher Tourismus mit authentischen und ressourcenschonenden
Angeboten.
• Kulturelles Leben und Erbe: Erhalt und Förderung parkspezifischer Traditionen und
kulturhistorischer Attraktionen.
• Netzwerkbildung zwischen Akteuren und
Organisationen.
Damit stellt sich der Regionale Naturpark
Schaffhausen der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region und dem Erhalt der Naturund Landschaftswerte zu finden. Die Be­völ­­
kerung der Mitgliedergemeinden hat sich dazu
entschlossen, sich aktiv mir der Zukunft der
Region auseinanderzusetzen.
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Grundlagen
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15
A Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit
Iwan Stössel-Sittig
Schematische Darstellung der Schichtstufenlandschaft Wutach - Klettgau - Randen
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Abb. A.1: Der schräggestellte Schichtstapel prägt die Landschaftsformen des Naturparks.
Wie die Seiten eines gigantischen Buches liegen die Schichten der Ablagerungsgesteine in
der Landschaft des Regionalen Naturparks
Schaffhausen (Bild Innenseite hinten). Sie erzählen von den letzten rund 250 Millionen Jahren. Anders als beispielsweise im Faltenjura,
liegen die Schichten eben da, unverfaltet und
unterbrochen nur von wenigen Brüchen, wie
zum Beispiel die Randenverwerfung bei
Thayn­­gen/Almenbühl. Dieses Buch der Erdgeschichte ist jedoch leicht verkippt und taucht
flach gegen Südosten ab; gegen Nordwesten
findet man daher die ältesten, gegen Südosten
die jüngsten Kapitel dieses grossen Buches.
Die Unterlage bildet das Kristallin des
Schwarzwaldes. Es handelt sich um ein komplexes Gebilde von Schiefern, Gneisen und
Graniten, also sogenannten kristallinen Gestei-
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nen. Sie erzählen von wandernden Kontinenten, Kollisionen und dem Werden und Vergehen von Gebirgen in der fernen Vergangenheit.
Die jüngste Gebirgsbildung, die diese Gesteine erlebten, liegt etwa 320 Millionen Jahre
zurück.
Vor 250 Millionen Jahren waren diese
Gebirge längst eingeebnet. Ihre einst tief im
Erdinnern geformten Fundamente lagen nun
an der Erdoberfläche. Wüstensande, heute
zu festem Sandstein verbacken, zeugen von
trockenem Klima. Doch langsam und in
mehreren Vorstössen wurde das Gebiet vom
Meer überflutet. In flachen Meeresbecken
bildete sich Gips, der in historischer Zeit entlang der Wutach abgebaut wurde. Später
wurde das Meer tiefer, und es lagerten sich
Kalke ab, die stellenweise reich an Fossilien
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16 Iwan Stössel-Sittig
Abb. A.2: Kelche von Seelilien aus dem
Gebiet von Wunderklingen an der Wutach.
Was vom Namen her nach einer Pflanze
klingt, ist der versteinerte Rest eines
­Meerestieres.

sind. Spektakuläre Felswände entlang der
Wutach gehen darauf zurück. Mit etwas
Glück findet man versteinerte Stielglieder
von Seelilien, Muscheln oder gar Reste von
Krebsen.
Noch einmal zog sich das Meer zurück.
Eine flache Küstenebene mit Salzsümpfen
prägte das Bild. In dieser Zeit scheinen auch
die ersten Dinosaurier die Gegend durchstreift
zu haben; vereinzelt wurden ihre zusammengeschwemmten Knochen rund um Hallau und
Schleitheim gefunden.
Vor rund 200 Millionen Jahren versank das
Gebiet schliesslich für viele Jahrmillionen im
Meer. In diesem Meer blühte das Leben. Berühmt sind die «Schneckensteine», Ammoniten. Es handelt sich um die versteinerten kalkigen Schalen von Verwandten unserer
heutigen Tintenfische. Aber es gibt auch andere Tiere: Seelilien, Muscheln, Schnecken
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sowie Wirbeltiere wie Meeressaurier oder Fische. Wer über die Hügelzüge des Naturparks
wandert, hat genügend Gelegenheit, ihre Spuren zu finden ( Kapitel 8).
Zunächst wurden von den umgebenden
Festländern viel Ton und Schlick eingespült.
Die Gesteine sind schwarz bis braun. Vor allem
die tonreichen Schichten sind weich und verwittern stark, sodass man sie fast nur in Steinund Tongruben in frischem Zustand studieren
kann.
Vor rund 160 Millionen Jahren wurden die
Ablagerungen zunehmend kalkiger. Sie hinterliessen die charakteristischen hellen Randenkalke. Sie bilden die Kanten und Rücken
der heutigen Landschaft, sie bilden aber
auch die Unterlage der mageren Böden des
Randens.
Der Meeresgrund wurde von Schwammriffen besiedelt; einer Lebensgemeinschaft von
Kieselschwämmen und Mikroben. Wir begegnen diesen Riffen heute beispielsweise am
Rheinfallfelsen ( Kapitel 15).
Von den nun folgenden 100 Millionen Jahren – also aus der Kreidezeit – fehlen die Seiten in unserem erdgeschichtlichen Buch. Unser Gebiet erhob sich in dieser Zeit wieder über
den Meeresspiegel. Tiefgreifende Verwitterung
unter tropischen Bedingungen hinterliess in
Karstlöchern eingeschwemmten Boluston mit
Bohnerz ( Kapitel 20).
Später, vor etwa 40 Millionen Jahren, als
weiter im Süden die Alpen aufgrund der Kollision von Kontinenten langsam dem Meer entstiegen und ihr Erosionsschutt nach Norden
geschüttet wurde, geriet auch Schaffhausen
in diesen Einflussbereich. Das feinere Material,
das durch Flüsse und Meeresströmungen über
grössere Distanzen transportiert werden
konnte, gelangte bis in unsere Gegend. Festländische Ablagerungen (Ablagerungen von
Flüssen, Überflutungsebenen und Seen) und
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A Die Gesteine: Ein Fenster in die Vergangenheit 17
Abb. A.3: Die wasserdurchlässigen Randenkalke bilden die Unterlage der trockenen und
mageren Böden des Randens.


Abb. A.4: Ausblick in die Vulkanschlote des Hegau
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18 Iwan Stössel-Sittig
jene eines flachen Meeresarmes wechselten
sich ab ( Kapitel 9).
Besonders eindrücklich sind auch die
Quarzsande, die beim Cholfirst bei Benken
früher abgebaut wurden.
In diese Zeit fällt auch die Zeit des
Hegau-Vulkanismus: Über mehrere Phasen
entstanden entlang einer Schwächezone der
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Erdkruste Vulkane, deren Schlote noch heute
die Landschaft des Hegau prägen.
Die Phase der vulkanischen Aktivität erstreckte sich über eine Zeit von etwa 16 Millionen bis rund 6 Millionen Jahren vor unserer
Zeit.
Die letzten 2.5 Millionen Jahre standen im
Zeichen der Eiszeiten ( Kapitel 9).
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19
B Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt?
Susi Demmerle

Abb. B.1: Gräte, Merishausen um 1880: Die schmalen Felder sind gut sichtbar.
Der Randen besteht aus dem ehemaligen
Meeresboden der Jurazeit. Das Gestein ist sehr
wasserdurchlässig, und deshalb ist der Aufbau
einer Humusdecke eher schwierig, da auch
der Wind die Ackerkrume leicht wegtragen
kann. Wasser und Nährstoffe verschwinden
zwischen den Spalten des Bodens schnell, es
bleibt ein magerer, trockener und flachgründiger Boden zurück
Auf den Randenhöhen wurde schon zur
Zeit der Alemannen eine Dreifelderwirtschaft
betrieben: Korn – Hafer – Brache. Über Jahrhunderte blieb diese extensive Form der Land-
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wirtschaft erhalten. Dadurch verarmten die
Böden immer mehr, sodass die Erträge sanken
und der Ackerbau auf den Randenhöhen im
19. Jahrhundert aufgegeben wurde.
Zeitweise wurden auch Viehherden auf
dem Randen gesömmert, aber der Wassermangel und die wenigen nutzbaren Quellen
machten das Unternehmen wenig ergiebig.
Auch die Erbteilung spielte eine Rolle, denn
die Parzellen wurden dadurch absurd s­ chmal
und dadurch komplizierter zum Bearbeiten,
zum Teil wurden auf dem Randen darum Föhren in diese Minigrundstücke eingesät.
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20 Susi Demmerle
Magerwiesen
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen nun
langsam blumenreiche Wiesen heran, die
durch «Thomasmehl» (ein phosphathaltiges
Nebenprodukt der früheren Eisenverhüttung)
oder Mist leicht gedüngt wurden. Mit dem Aufkommen der Viehzucht in den Dörfern war
dieses Heu als Ergänzung zu den Ernten im
Talboden hoch willkommen.
Das war die Blütezeit dieser farbenfrohen
Wiesen, welche die zum Teil unbewaldete Randenhochfläche bedeckten. Sie zeichneten sich
durch eine Vielfalt von Blumen und Gräsern
aus, die spezialisiert waren auf karge, trockene
Böden. Pro Quadratmeter wuchsen mehr als
40 verschiedene Pflanzenarten, der Ertrag für
die Bauern war aber gering.
Mitte des 20. Jahrhunderts, mit der Mechanisierung der Landwirtschaft, der Güterzusammenlegung, dem Aufkommen von
Traktoren und der Subventionspraxis des
Bundes, ging es den Magerwiesen rasch an
den Kragen. Nun lohnte es sich wieder,
Ackerbau auf den Randenflächen zu betreiben, denn der eingesetzte Kunstdünger ermöglichte ein ertragreicheres Wirtschaften
als je zuvor.
Aber wenn gedüngt wird, verschwindet die
Artenvielfalt sofort: Pflanzen, die Nährstoffe gut
verwerten können, gewinnen den Standortwettkampf gegen die langsamer wachsenden
Blumen und Gräser, und das Resultat ist eine
Fettwiese, die etwa viermal mehr Biomasse
produziert, aber weniger Pflanzenarten enthält.
Besonders die Orchideen ertragen Dünger
ganz schlecht und verlieren ihren Standort an
Fettwiesenpflanzen.
Im Folgenden werden die absolut ungedüngten Wiesen (Trespenwiesen) und die Wiesen, die nur mit wenig Mist gedüngt werden
dürfen (Fromentalwiesen) der Einfachheit
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halber nicht unterschieden und als «Magerwiesen» bezeichnet.
Die vielseitige Pflanzenwelt und die zum
Teil schlechte Bedeckung des Bodens erzeugen viele unterschiedliche Lebensbedingungen auf kleinem Raum. Besonders für Insekten
bedeutet das eine Chance für eine Vielfalt an
Arten und Lebensweisen, und ein ganz inte­
ressantes Nahrungsnetz kann sich aufbauen.
Blüten, Blätter oder auch Wurzeln dienen den
verschiedensten Insekten als Nahrung und
diese Tiere ihrerseits bilden dann die Nahrungsgrundlage für räuberische Insekten, für
viele Vogelarten und auch für andere Wirbeltiere.
Am auffälligsten sind die vielen verschiedenen Schmetterlinge, die an den farbigen
Blüten saugen, sie sind aber nicht die inte­
ressantesten Gliedertiere an diesen Orten
( Kapitel 4)!
Die farbigen Magerwiesen, die wir heute
noch bestaunen können, werden von den
Bauern also nicht mehr in erster Linie als Viehfutter genutzt. Sie bestehen noch, weil erkannt
wurde, dass sie ein wertvolles Rückzugsgebiet
für viele nützliche Insekten und vom Aussterben bedrohte Pflanzen darstellen. Sie wurden
1977 unter Schutz gestellt und zur «Schutzwürdigen Landschaft von nationaler Bedeutung»
erklärt. Die noch bestehenden Wiesen werden heute bewusst und mit beträchtlichem
Aufwand gepflegt, das heisst gemäht und
entbuscht.
Leider sind in den letzten 50 Jahren 90 Prozent dieser interessanten Biotope im Schweizer Mittelland zu Fettwiesen oder Äckern umgewandelt worden und darum wohl für immer
verschwunden. Aber hier auf dem Randen
können wir einige noch in ihrer ursprünglichen
Pracht bewundern und erleben.
Magerwiesen sind einzigartige Kulturgüter, die mit einer Bibliothek von seltenen Bü-
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B Magerwiesen: Woher kommt die Vielfalt? 21

Abb. B.2: Magerwiese
chern verglichen werden können. Werden sie
zerstört, können sie nur unter grösstem Aufwand wieder zurückgeführt werden, und nicht
alle früheren Pflanzen können sich wieder ansiedeln.
Diese wertvollen Wiesen werden einerseits
von Freiwilligen und anderseits mit Geldern
von Bund, Kanton und Naturschutzvereinigungen von den Bauern als sogenannte «Ausgleichsflächen und Vernetzungsgebiete» bearbeitet. Dank diesen vereinten Anstrengungen
bleibt uns die ganze Magerwiesen-Vielfalt erhalten.
Die Schnittzeiten der Magerwiesen sind
heute flexibel, an den meisten Orten geschieht
das nicht am selben Tag sondern gestaffelt,
sodass die Insekten auf ungemähte Wiesen
ausweichen können.
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Pflanzenwanderungen
Nicht nur aus kulturgeschichtlichen Gründen
weist der Kanton Schaffhausen eine spezielle
Flora auf, geologische und klimatische Ursachen waren ebenfalls entscheidend.
In der letzten Eiszeit war der Randen nicht
von Eis bedeckt, die Vereisung endete in der
Gegend von Thayngen bis Singen ( Kapitel 9). In der frühen Nacheiszeit wanderten
bald alpine Pflanzen in die eisfreien, tundra-ähnlichen Gebiete ein: unter anderem der
Frühlings-Enzian ( Abbildung 1.12), der
Gelbe Enzian ( Abbildung 2.15), die Europäische Trollblume und die Pracht-Nelke.
Mit der Erwärmung der Vorwärmezeit (zirka
vor 10 000 bis 8500 Jahren) drangen der
Kreuzblättrige Enzian, die Moosorchis ( Ab-
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22 Susi Demmerle
bildung 2.13 und  Abbildung 2.14), das Hügel-Windröschen ( Abbildung 2.3), die Gemeine Küchenschelle ( Abbildung 2.2) und
weitere Pflanzen aus dem trockenen Osten,
wohl der Donau entlang, zu uns vor.
Aus dem Mittelmeergebiet erreichten uns,
als das Klima feucht und warm wurde, die Sorbus-Bäume, zum Beispiel der Elsbeerbaum und
der Mehlbeerbaum ( Abbildung 2.18 und
 Abbildung 2.19), viele Orchideenarten, unter
anderem die Bocks-Riemenzunge ( Abbildung 3.6), die Fliegen-Ragwurz ( Abbildung 2.7) und die Waldvögelein-Arten. Wahrscheinlich waren auch die Ästige Graslilie
( Abbildung 3.15) und der prächtige Diptam
( Abbildung 22.3) unter den Einwanderern.
Da die Alpen eine Barriere für eine direkte
Einwanderung wärmeliebender Pflanzen aus
dem Süden bildeten, sind diese sehr wahrscheinlich den Flüssen entlang eingewandert.
Von Osten und Südosten her via die Donau
und von Südwesten her via das Rhone-­RheinFlusssystem. Diese «Wanderwege» kreuzten
sich genau in unserer Gegend.
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Viele dieser sogenannten Relikt-Pflanzen
wurden später durch den aufkommenden
dunklen Buchenwald wieder verdrängt, einige
davon sind aber geblieben und fühlen sich in
den lichten Föhrenstreifen im Tannbüel ( Kapitel 1) und auf dem Hasebuck ( Kapitel 2),
teilweise auch an anderen Orten immer noch
heimisch.
Aus den geschilderten Gründen sind der
Kanton Schaffhausen und der Randen zu einer
Gegend geworden, die für Botanikerinnen und
Botaniker ausserordentlich interessant ist.
Auch Insektenkundlerinnen und -kundler besuchen diesen Landstrich mit besonderem
Interesse, denn in abhängiger Koexistenz mit
den Pflanzen leben auch Schmetterlinge und
andere seltene Insekten, die hier in grosser
Fülle heimisch sind.
Pflanzenwanderungen finden noch immer
statt, wenn auch heute meist durch menschliche Aktivität: Bekannt sind das rosa blühende
Drüsige Springkraut ( Abbildung 17.5), die
Kanadische Goldrute und andere «invasive»
Pflanzen.
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