Programm - Hochschule für Musik Freiburg

FR 23.10. 2015 | 20.00 UHR KONZERTSAAL
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
DER KÖNIG TANZT
KONZERT DES INSTITUTES FÜR HISTORISCHE AUFFÜHRUNGSPRAXIS DER HOCHSCHULE FÜR MUSIK FREIBURG
IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER ABTEILUNG ALTE MUSIK
DER HOCHSCHULE FÜR MUSIK TROSSINGEN
ANLÄSSLICH DES 300. TODESTAGES VON LOUIS XIV
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Andrea Nübel, Aya Tsujimoto, Annemarie Vergoossen Sopran
Jasmin Schaff Mezzosopran | Bernd Niedecken, Annabelle Blanc,
Andrea Meiniger, Sornitza Günther, Mojca Gal, Francesca Schenk,
Jasmin Schaff, Mirjam Lutz Tänzer | Judith von der Goltz, Elena Abbati,
Hsu-Mo Chien, Elisabeth Fröschle, Leonore Gäbel, Charlotte Mercier,
Shio Ohshita, Yurie Tamura, Hannah Visser Violine | Alice Bordarier,
Viola Grömminger, Hannah Köstler Viola | Sophie Herr, Johannes
Haslacher, Marie Viard Violoncello | Lourdes Eunice Carranza Castro,
Bruno Hurtado Gosalvez, Kentaro Nakata Viola da Gamba | Soshi
Nishimura Basso di Viola | Miguel Bellas Theorbe / Barockgitarre |
Juliane Bruckmann Violone | Judith Schneider, Anke Nevermann Oboe |
Zsuzsa Csige Traversflöte | Sebastian Schmidt, Kathrin Schubert Blockflöte | Robin Billet Fagott | Les Musiciens de la Grande Écurie du Roi:
Anke Nevermann, Clara Espinosa, Ulrike Wehrmeister, Anja Tritschler,
Daniel Rodriguez Agundez Oboe, Judith Schneider Oboe da caccia,
Robin Billet Fagott, Lorenzo d’Erasmo Percussion |
Ann-Kathrin Brüggemann Einstudierung | Prof. Gottfried von der Goltz
Musikalische Einstudierung | Bernd Niedecken Choreographie und Tanz |
Prof. Lorenz Duftschmid Coach Viola da Gamba | Prof. Rolf Lislevand
Coach Theorbe | Prof. Agnes Dorwarth Rezitation |
Michael Behringer Leitung und Cembalo / Orgel
Der König tanzt
Anlässlich des 300. Todestages von Louis XIV präsentiert das Institut
für Historische Aufführungspraxis der Hochschule für Musik Freiburg
einen musikalischen Tag zur Zeit des Sonnenkönigs am Hofe von
Versailles.
Wir freuen uns besonders über die Zusammenarbeit mit der Abteilung
für Alte Musik der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen, deren
Studierende das Instrumentarium des königlichen Hofes mit den ausgefallenen Instrumenten wie Viola da Gamba, Laute, Theorbe und
Barockgitarre ergänzen.
Die Auseinandersetzung der Studierenden mit den Bewegungen und
Ausdrucksformen des französischen barocken Tanzes, war uns bei der
Vorbereitung des Konzerts für das Verständnis dieser Musik besonders
wichtig. Wer einmal ein Menuett selbst getanzt hat, wird es danach
sicher neu hören und lebendiger auf seinem Instrument spielen.
Wir möchten Ihnen einige der zahlreichen musikalischen Ensembles
des Versailler Hofes vorstellen, z.B. »Les Musiciens de la Grande Écurie
du Roi«, die festliche und laute Musik bei militärischen Paraden und
zur Jagd beisteuerten, darunter ein Oboencorps von 8 Spielern.
Wir bieten Ihnen einen Einblick in die Musique de la Chambre, die
in den Gemächern des Königs stattfand und wir hören eine »Leçon de
ténèbres«, die am Karfreitag in der Schlosskirche aufgeführt wurde.
Die Tänzer tanzen zur Instrumentalsuite aus der Comédie Ballet »Le
Bourgeois Gentilhomme« und Sie können den König als »Apollon«
selbst tanzen sehen, begleitet von den legendären 24 Violons du Roi.
Vom morgendlichen Lever, das Louis XIV als Symbol für den Sonnenaufgang inszenierte, über die diplomatischen Verhandlungen, das
Billiardspiel, bis zum abendlichen Besuch der Oper, alle Dinge, die er
an einem solchen Tage zu bewältigen hatte, wurden mit Tanz, Musik
und Schauspiel prunkvoll zelebriert. So dienten die Künste, die er mit
Unsummen förderte, nicht nur seinem Interesse und zur Erbauung der
höfischen Gesellschaft. Sie repräsentieren die königliche Macht und
sind Abbild seiner absolutistischen Herrschaft.
Wir wünschen Ihnen dabei ein königliches Vergnügen!
Agnes Dorwarth
Der König tanzt
Ein musikalischer Tag am Hofe des Sonnenkönigs in Versailles
Les Musiciens de la Grande Écurie du Roi: Entrée der Königlichen Oboen
Plusieurs marches aus dem Philidor-Manuscript (1686)
François Couperin 1668 – 1733
III. Leçon de ténèbres pour le mercredi saint (1740)
Jean Baptiste Lully 1632 – 1687
Suite aus Le Bourgeois Gentilhomme
Ouverture | Quatre danseurs | Air des Espagnols | Marche pour la
cérémonie des Turcs | Menuet | L’Entrée des Scaramouches |
Chaconne des Scaramouches, Trivelins et Arlequins
François Couperin 1668 – 1733
»La Sultane« pour deux dessus, deux violes et basse continue
Gravement | Air Tendrement | Légèrement
Jean Baptiste Lully 1632 – 1687
Passacaille de Persée
Prologue aus »Alceste«
Entrée d’Apollon aus »Le Triomphe de l’Amour«
Enfin, il est ma puissance aus »Armide«
Chaconne aus »Phaéton«
Anschließend geht es weiter im Foyer bei einem Glas Sekt und Brezeln
mit verschiedenen Bands aus der Abteilung Jazz/Rock/Pop der
Hochschule für Musik Freiburg.
Mitwirkende:
Andrea Nübel Sopran (Klasse Prof. Dorothea Wirtz)
Aya Tsujimoto Sopran (als Gast)
Annemarie Vergoossen Sopran (Klasse Prof. Angela Nick)
Jasmin Schaff Mezzosopran (Klasse Prof. Angela Nick)
Tänzer: Bernd Niedecken, Annabelle Blanc, Andrea Meiniger,
Sornitza Günther, Mojca Gal, Francesca Schenk, Jasmin Schaff,
Mirjam Lutz
Violine: Judith von der Goltz (Konzertmeisterin), Elena Abbati,
Hsu-Mo Chien, Elisabeth Fröschle, Leonore Gäbel, Charlotte
Mercier, Shio Ohshita, Yurie Tamura, Hannah Visser
Viola: Alice Bordarier, Viola Grömminger, Hannah Köstler
Violoncello: Sophie Herr, Johannes Haslacher, Marie Viard
Viola da Gamba: Lourdes Eunice Carranza Castro,
Bruno Hurtado Gosalvez, Kentaro Nakata (Trossingen)
Basso di Viola: Soshi Nishimura (Trossingen)
Theorbe / Barockgitarre: Miguel Bellas (Trossingen)
Violone: Juliane Bruckmann
Oboe: Judith Schneider, Anke Nevermann
Traversflöte: Zsuzsa Csige
Blockflöte: Sebastian Schmidt, Kathrin Schubert
Fagott: Robin Billet
Les Musiciens de la Grande Écurie du Roi:
Anke Nevermann, Clara Espinosa, Ulrike Wehrmeister,
Anja Tritschler, Daniel Rodriguez Agundez Oboe
Judith Schneider Oboe da caccia
Robin Billet Fagott
Lorenzo d’Erasmo Percussion
Einstudierung: Ann-Kathrin Brüggemann
Musikalische Einstudierung: Prof. Gottfried von der Goltz
Choreographie und Tanz: Bernd Niedecken
Coach Viola da Gamba: Prof. Lorenz Duftschmid (Trossingen)
Coach Theorbe: Prof. Rolf Lislevand (Trossingen)
Rezitation: Prof. Agnes Dorwarth
Leitung und Cembalo / Orgel: Michael Behringer
Über Barocktanz
und historischen Tanz an der Hochschule für Musik Freiburg
Tanz spielte im Leben und im Kanon der Künste des 17. und 18. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle. Vom Alltag in den Landschlössern und
Klöstern über das Hofzeremoniell, von den Musikaufführungen in
Kirche, Theater und am Hof zu den als Gesamtkunstwerke entworfenen
Festen, von der machtpolitischen Prunkentfaltung bis hin zur Kriegsführung gehorchte das barocke Leben einer hochstilisierten Choreographie, die sich für Momente zu reinem Tanz verdichtete: so im Ball,
der nahezu jeder politisch bedeutsamen Begegnung der Mächtigen
voranging, so als Höhepunkt der von Göttern und Heroen erzählenden
Opern und Ballette oder der die menschlichen Schwächen aufs Korn
nehmenden Komödie. Galt dem Menschen im Barock die Welt als
Bühne, so war ihm Tanz die grundlegende Form, sich auf dieser zu
bewegen. Zahlreiche Tanzmeister perfektionierten die Schritte und
Ausdrucksmöglichkeiten und schufen damit eine Bühnensprache und
einen Kodex, in dem der barocke Mensch gleichsam zu sich selbst fand
und seine Stellung in der Welt zum Ausdruck bringen konnte.
An vielen Biographien lässt sich der Stellenwert des Tanzes ablesen.
Das wohl bekannteste Beispiel ist Ludwig XIV. Er förderte den Tanz wie
kein anderer, war selbst ein herausragender Tänzer und zeigte sich in
zahllosen Balletten auf der Bühne in heroischen Rollen, in denen sein
Machtanspruch stilisiert zum Ausdruck kam. Jean-Baptiste Lully, der
Schöpfer der französischen Oper, war ein hervorragender Tänzer und
Choreograph. Molière, dessen Stücke heute in der Regel als Schauspiele
inszeniert werden, brachte diese vielmehr als Gesamtkunstwerke auf
die Bühne, in denen Musik und Tanz einen großen Raum einnahmen.
Viele Darstellerinnen seiner Truppe waren hervorragende Tänzerinnen,
die neben ihren Sprechrollen auch sängerisch in Erscheinung
traten. Die meisten Stücke Molières bekommen ein neues Gesicht,
entdeckt man erst ihre Musikalität und tänzerische Leichtigkeit. Über
Telemann, Händel und Bach bis hin zu Mozart ließen sich zahllose
weitere Beispiele aufzählen.
Barocktanz basiert auf den von Pierre Beauchamp entwickelten fünf
Positionen, die bis heute für den Bühnentanz von Bedeutung sind.
Fast alle Schritte, die im Ballett gebräuchlich sind, entstanden in ihrer
Grundform in der Barockzeit. Über diese historischen Zusammenhänge
hinaus gilt es jedoch, eine Entdeckung zu machen: Barocktanz ist
ein Tanzstil, der auch den modernen Zuschauer unmittelbar und tief
anspricht. Er ist charakterisiert durch eine ausdrucksstarke Gestik und
eine große dynamische Bandbreite, die schnelle, virtuose Sprünge
mit raffinierten Verzierungen ebenso kennt wie getragene, lyrische
Bewegungen, immer eingebettet in einen größeren dramaturgischen
Zusammenhang - in dieser Hinsicht ist er verwandt mit modernen
Tanzstilen. Gemäß der barocken Kunstauffassung ging es auf der
Bühne immer aufs Ganze: zwischen Götterhimmel und Unterwelt, auf
Leben und Tod, agierte der Mensch inmitten des Spiels der göttlichen
Mächte. In den großen, bewegten Szenen des Barocktheaters hatte der
Tanz seinen festen Platz, ja eine zentrale Rolle.
Im Rahmen meines Lehrauftrages für historischen Tanz an der Hochschule für Musik Freiburg liegt mir daran, den Studierenden diese für
die historische Aufführungspraxis wichtige Dimension praktisch und
theoretisch zu vermitteln. Ein wichtiger Schritt ist es dabei, selbst
auf die Bühne zu gehen, denn nur auf der Bühne wird die Essenz des
Barock erfahrbar. Auch wenn wegen der Kürze der zum Erlernen der
Tänze zur Verfügung stehenden Zeit vieles einfach und unvollkommen
bleibt, scheint es mir dennoch lohnenswert, diesen Schritt zu machen.
Wir haben die Gruppe der Studierenden der Musikhochschule, die
alle ihre ersten Barocktanzerfahrungen in den wenigen Freiburger
Blockseminaren gemacht haben, noch um eine Gruppe von Musikerinnen erweitert, die nach ähnlichen Einführungskursen auf privater
Basis über mehrere Jahre weiter trainiert haben. Dadurch ist es möglich, die Skizze barocker Bühnenkunst noch detaillierter zu gestalten.
Bernd Niedecken