Arbeitsmarkt- und Konjunkturgipfel: Wachstum und Arbeitsplätze

Arbeitsmarkt- und
Konjunkturgipfel:
Wachstum und Arbeitsplätze
durch gezielte Investitionen
30. Oktober 2015
I Wachstum und Konjunktur
Wohnbauoffensive der Bundesregierung
Die Bundesregierung startet ab 1. Jänner 2016 ein Konjunkturpaket für mehr leistbaren
Wohnraum. Damit stehen Mittel für den Bau von zusätzlichen 30.000 Wohnungen bereit.
Das bringt leistbaren Wohnraum für rund 68.000 Menschen, stützt die Konjunktur und
schafft und sichert rund 20.000 Arbeitsplätze pro Jahr. Experten der Österreichischen Nationalbank schätzen, dass durch die Investitions- und Nachfrageeffekte eine Erhöhung des
jährlichen BIP um 1,3 Milliarden Euro oder 0,4 Prozentpunkte zu erwarten ist.
Das Wohnbaupaket ist die richtige Antwort auf mehrere Herausforderungen. Der starke
Zuzug in städtische Regionen und die demographische Entwicklung mit einer steigenden
Anzahl von Singlehaushalten sorgen dafür, dass leistbarer Wohnraum knapper geworden
ist. Gerade in den Ballungsräumen kann das Angebot mit der Nachfrage nicht mithalten,
das führt zu steigenden Kosten.
Die Bundesregierung hat ein Modell erarbeitet, das besonders günstige langfristige Finanzierungen mit EU-Geldern ermöglicht und eine budgetschonende Vorgangsweise sichert: Der
vom Bund garantierte Teil der Gesamtfinanzierung beträgt 500 Millionen Euro. Der neuen
Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) wird es damit ermöglicht, Kredite der Europäischen
Investitionsbank (EIB) von bis zu 700 Millionen Euro abrufen zu können. Damit kann eine
zusätzliche Investitionstätigkeit in Österreich von bis zu 5,75 Milliarden Euro angeregt werden – davon rund fünf Milliarden Euro für die Wohnraumschaffung und rund 750 Millionen
Euro für siedlungsbezogene Wohninfrastruktur.
Mit der Gründung der WBIB werden erstmals große europäische EIB-Kreditvolumina für
konjunkturbelebende Großinvestitionen im Wohnbau in Österreich abrufbar. Die WBIB vergibt diese Mittel, deren Rückflüsse für weitere Wohnbaufinanzierungen zweckgewidmet sind,
langfristig und kostengünstig an (a) gewerbliche oder gemeinnützige Bauträger für Wohnbaufinanzierungen und (b) Gebietskörperschaften zugunsten siedlungsbezogener Wohninfrastruktur. Damit sollen auch Gemeinden Kredite zur Finanzierung von siedlungsbezogener Wohn­
infrastruktur in Anspruch nehmen können, soweit die Maastricht-Neutralität gewährleistet ist.
Mit den zusätzlichen Mitteln können neue Miet- und Eigentumswohnungen geschaffen werden
– schwerpunktmäßig im Neubau, aber auch im Rahmen von Sanierungen.
Die WBIB wird von den Bausparkassen und Wohnbaubanken gegründet. Die Vergabe der
bundesgarantierten EIB-Geldmittel erfolgt marktorientiert. Den Rahmen dafür bilden die
Vorgaben im Haftungsvertrag mit dem Bund und die Förderrichtlinien der EIB. Nach der
Entscheidung der WBIB-Gesellschaft über die Projekte fließen die EIB-Mittel an gewerbliche
oder gemeinnützige Bauträger, die damit Wohnungen bauen.
Weitere Vorteile des Modells:
1. Es wird eine maßgeschneiderte Finanzierungsstruktur für u. a. gemeinnützige Bauträger
geschaffen – die langfristigen Kredite der WBIB entsprechen besonders den Refinanzierungserfordernissen im Mietwohnbau; dies führt zu einer Senkung der Wohnkosten bei
Wohnungsnutzern und Mietern.
2. Der Vorteil der langfristigen EIB-Gelder muss den Wohnungsnutzern bzw. Mietern
zugutekommen. Die Miete darf demnach jenen Betrag nicht übersteigen, der für die
Zuerkennung von Mitteln aus der Landes-Wohnbauförderung maßgebend ist. Die
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landes-förderrechtlichen Mietzinsobergrenzen bzw. das Kostendeckungsprinzip des
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) müssen eingehalten werden.
Ergänzend zur Wohnbauoffensive sieht eine Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes
zusätzliche Investitionsanreize für mehr Sanierungen vor. In Zukunft reicht es, wenn zumindest drei Viertel der Mieter einer thermischen oder barrierefreien Sanierung im gemeinnützigen Wohnbau zustimmen. Damit werden notwendige Projekte beschleunigt. Gemeinnützige
Bauvereinigungen sind künftig auch verpflichtet, bei umfassenden Sanierungen zwingend die
Nachverdichtung von schon bebauten Liegenschaften zu prüfen, zu kalkulieren und wenn
notwendig umzusetzen. Das wird in der Praxis ein Mehr an Nachverdichtungen ermöglichen,
ohne zusätzliches Bauland benötigen zu müssen.
Senkung der Lohnnebenkosten entlastet
den Faktor Arbeit und die Wirtschaft
In Summe werden die Lohnnebenkosten der Unternehmen stufenweise bis 2018 um bis zu
eine Milliarde Euro pro Jahr gesenkt. Dadurch werden bis zu 14.000 Arbeitsplätze geschaffen.
I. Senkung des IESG-Beitrags um 0,1 Prozentpunkte ab 1.1.2016 (91 Millionen Euro pro Jahr)
II. Senkung des FLAF-Beitragssatzes ab 2017 um 0,4 Prozentpunkte (520 Millionen Euro
pro Jahr) und ab 1.1.2018 um weitere 0,2 Prozentpunkte (in Summe 790 Millionen Euro
pro Jahr).
III. Weitere Senkung um 0,1 Prozentpunkte ab 1.1.2018 im Rahmen des Bonus/Malus-Systems
(bis zu 920 Millionen Euro pro Jahr)
Die Senkung der Lohnnebenkosten entlastet den Faktor Arbeit und stärkt die Wettbewerbs­
fähigkeit des Standorts und damit die heimische Wirtschaft.
Das Potential zur Senkung der Dienstgeberbeiträge im Familienlastenausgleichsfonds und im
Insolvenzentgeltfonds ergibt sich in den nächsten Jahren durch entsprechende Überschüsse
aufgrund der hohen Beschäftigtenzahlen.
Elektrizitäts-Infrastruktur rascher ausbauen
Der Ausbau der Stromversorgung ist ein Schlüsselfaktor für die Energiewende, belebt die
Konjunktur und schafft Arbeitsplätze: Durch eine unbürokratische Verfahrensbeschleunigung
wird das Aufrüsten von 220 kV auf 380 kV Stromleitungen erleichtert. Das macht den Netzausbau im Vergleich zu einem Neubau um bis zu 60 Prozent günstiger und beschleunigt die
Umsetzung der von den Netzbetreibern geplanten Investitionen. Das Investitionsvolumen liegt
bei bis zu 700 Millionen Euro. Dadurch werden bis zu 2.500 Arbeitsplätze pro Jahr geschaffen.
Upgrades bestehender Trassen sollen von der generellen UVP-Pflicht ausgenommen werden,
wenn es zu keiner Verschlechterung für die Anrainer kommt. Dies wird nötigenfalls in einer
UVP-Novelle bis spätestens Mitte 2016 klargestellt. Im Zuge eines sogenannten »Upgrades«
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bleiben Masten und Trassenführung im Kern bestehen. Es werden nur die Seile bzw. deren
Befestigungen technisch auf den neuesten Stand gebracht.
Garantien der öffentlichen Hand ausweiten,
Investitionen unterstützen
Aufgrund der Basel-III-Richtlinien und der höheren Eigenkapitalerfordernisse der Banken gewinnen Garantien der öffentlichen Hand an Bedeutung, um eine Kreditklemme zu verhindern.
Das Garantievolumen wird ausgeweitet und für Unternehmen leichter zugänglich. Derzeit
übernimmt die Förderbank aws pro Jahr Garantien im Ausmaß von rund 200 Millionen Euro.
Dieses Volumen soll auf Basis neuer Vergabekriterien ab 2016 um 100 Millionen Euro erhöht
werden, was den Unternehmen Investitionen von 350 Millionen Euro ermöglicht. Das schafft
und sichert bis zu 5.000 Arbeitsplätze jährlich.
Der Zugang zu aws Garantien wird nicht nur einfacher, sondern auch günstiger. Die Bearbeitungsgebühren werden auf 0,25 Prozent halbiert, zudem werden die Garantieentgelte reduziert.
Bei einem typischen Garantiefall von einer Million Euro spart sich ein Unternehmen im Schnitt
9.000 Euro. Garantieübernahmen werden nicht nur für Investitionsprojekte, sondern auch für
Betriebsmittelkredite, also zum Beispiel für Wareneinkäufe – möglich. Darüber hinaus wird der
mögliche Länderkreis für Internationalisierungsgarantien ausgeweitet. Garantieübernahmen
werden somit weltweit möglich sein, insbesondere auch in wachstumsstarken Märkten wie
Asien und Südamerika.
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II Arbeitsmarktpolitik
Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Um genügend Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung zu haben, werden
aus den passiven Budgetmitteln (Arbeitslosengeld) im Jahr 2016 zusätzlich 50 Millionen
Euro (in Summe 300 Millionen Euro) und ab dem Jahr 2017 dauerhaft 350 Millionen Euro
jährlich aktiviert. Dies ermöglicht in den Jahren 2016 bzw. ab 2017 eine zusätzliche Beschäftigung von 12.000 bzw. 16.000 Personen jährlich. Insbesondere für am Arbeitsmarkt
benachteiligte Gruppen (50+, Langzeitbeschäftigungslose, Asylberechtigte) sind damit innovative Projekte sowie längerfristige Eingliederungsbeihilfen durchführbar. Wie bereits in
den vergangenen Jahren gilt das Prinzip »Beschäftigung vor Leistungsbezug«. Das stärkt die
aktive Arbeitsmarktpolitik und fördert die Beschäftigung von Menschen, die dadurch von
Leistungsempfängern zu Leistungszahlern werden. Für die Gruppe von Asylberechtigten
können aus diesen Mitteln auch Deutschkurse, Kompetenzchecks und falls nötig (Nach-)
Qualifizierungen finanziert werden.
Bewusstseinsbildung zur Beschäftigung älterer Menschen
und Bonus-Malus-System
Ziel der Bundesregierung ist es, die Beschäftigungsquoten älterer Arbeitnehmer (ab 55 Jahren) bis 2018 anzuheben. Die bisherigen Pensionsreformen zeigen, wie das WIFO festgestellt
hat, Wirkung und immer mehr ältere Menschen sind am Arbeitsmarkt. Die tatsächliche
Entwicklung der Beschäftigung Älterer soll nun verbindlich gemessen und zum 31.10.2017
(Stichtag: 01.07.2017) durch das Sozialministerium veröffentlicht werden. Die Quoten aus
dem Regierungsprogramm werden auf den genannten Stichtag umgerechnet. Wird der Zielwert nicht erreicht, greift folgendes System: Unternehmen, die bei der Beschäftigung Älterer
über ihrem Branchenvergleich (ÖNACE 2-Steller) liegen, erhalten ab 1.1.2018 einen Bonus
in Form einer zusätzlichen Senkung der Lohnnebenkosten in Höhe von 0,1 Prozentpunkte
des FLAF. Unternehmen, die unter dem Branchenvergleich liegen, müssen bei Beendigung
von Dienstverhältnissen die Auflösungsabgabe in doppelter Höhe leisten.
Um im Vorfeld Bewusstseinsbildung zu leisten, informiert der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger alle Unternehmen mit mehr als 25 Arbeitnehmern sowie die
gesetzlichen Interessensvertretungen über den Stand der älteren Arbeitnehmer im Vergleich
zum Branchendurchschnitt sowie der Gesamtwirtschaft. Das verursacht für Unternehmen
weder Kosten noch administrativen Aufwand. Erreicht ein Unternehmen den Branchendurchschnitt nicht, berät die Wirtschaftskammer den Betrieb. Die WKÖ liefert jährlich einen
Bericht über die Beratungsleistung.
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Lehrlingsprogramm
Jährlich werden zusätzlich 10 Millionen Euro für die Unterstützung von Betrieben und Lehrlingen aus der betrieblichen Lehrstellenförderung zur Verfügung gestellt. Damit werden rund
1.000 Jugendliche und junge Erwachsene jährlich zusätzlich in Lehrausbildung gebracht. Das
Angebot richtet sich an alle Jugendlichen mit Integrationsschwierigkeiten, insbesondere auch
an Asylberechtigte (fehlende Basis- und Sprachkenntnisse, fehlende Unterstützung aus dem
Elternhaus etc.).
Diese Mittel werden für überregionale Lehrstellenvermittlung, vorgelagerte Unterstützung für
Lehranfänger (Vorbereitungsjahr) sowie für Lehrabschlüsse der 19–24-Jährigen verwendet.
Arbeitsrecht
Die Weiterentwicklung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen ermöglicht ab 1.1.2016
mehr Transparenz, Flexibilität und Mobilität.
Höhere Flexibilität bei Dienstreisen und Montagen
Die Ausdehnung der täglichen Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden bei aktiver Reisezeit sowie
auf 10 Stunden für über 16-jährige Lehrlinge entspricht den Bedürfnissen der Unternehmer
und Beschäftigten.
Beispiele:
I.
Ein Angestellter hält in Linz einen Vortrag, der mit Vor- und Nachbereitung 10 Stunden
dauert. Durch die Neuregelung wird es ermöglicht, auch noch nach 10 Stunden von Linz
nach Wien mit dem Auto selbst nach Hause zu fahren anstatt dort zu übernachten.
II. Ein Tischlerlehrling wird aus dem Waldviertel nach Wien zu einer Montage mitgenommen und überschreitet durch die Reisezeit die bisher zulässige Grenze von 8 Stunden. Mit
der Ausweitung auf 10 Stunden wird in vielen Fällen eine praxistauglichere Ausbildung
möglich.
Informationsrecht für Teilzeitbeschäftigte
Plant ein Unternehmen eine Stelle mit höherem Arbeitszeitausmaß auszuschreiben, so hat es
diese Stelle auch seinen Teilzeitbeschäftigten anzubieten, um auch innerhalb des Unternehmens
auf Vollzeit oder auf ein höheres Stundenausmaß aufstocken zu können.
Transparenz bei All-in Verträgen
Der Grundlohn ist in Zukunft im Arbeitsvertrag anzuführen, um über die Normalarbeitszeit
(z. B.: 40 Stunden) hinausgehende Pauschalabgeltungen für alle anderen Mehrleistungen sichtbar zu machen. Widrigenfalls gilt der angemessene Ist-Grundlohn als vereinbart. Das ist jener
Lohn, den ein vergleichbarer Arbeitnehmer üblicherweise verdient.
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Konkurrenzklauseln einschränken
Die Entgeltgrenze für die Zulässigkeit von Konkurrenzklauseln wird angehoben: Von 2.754
auf 3.240 Euro (Werte für das Jahr 2016). Eine Konkurrenzklausel muss vereinbart sein und
darf so wie bisher max. 1 Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirken.
Ausbildungskostenrückersatz einschränken
Die Rückforderungsfrist wird von fünf auf vier Jahre reduziert. Der Rückerstattungsbetrag
wird dabei – gerechnet ab dem Ende der erfolgreich absolvierten Ausbildung – zwingend nach
Monaten aliquotiert.
Rechtsanspruch auf schriftliche Lohnabrechnung
Künftig gibt es einen Rechtsanspruch auf Übermittlung einer schriftlichen Lohnabrechnung
sowie auf Aushändigung einer Kopie zur Anmeldung zur Sozialversicherung.
Möglichst frühes Vorziehen des Entfalls der täglichen Geringfügigkeitsgrenze sowie möglichst
rasche Einrichtung einer APP zur unbürokratischen und raschen An- und Abmeldung von
Beschäftigten.
Auswirkungen des Arbeitsmarktpakets auf Wachstum und Jobs
Maßnahme
Investitionsvolumen
Arbeitsplätze
Umsetzung Wohnbaupaket
5,75 Milliarden Euro (über 5 Jahre)
20.000
Lohnnebenkostensenkung
bis zu 1 Milliarde Euro (bis 2018)
14.000
Umsetzung Energienetzausbau
bis zu 700 Millionen Euro (über rund 3 Jahre)
2.500
Stärkung der aws-Garantien
350 Millionen Euro
5.000
Aufstockung der Mittel für
Arbeitsmarktpolitik
300 Millionen Euro (2016)
350 Millionen Euro ab 2017 im Dauerrecht
Lehrlingsprogramm
10 Millionen Euro
16.000
1.000
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