Abstract - ETH E

Über den Einfluß von Wuchsstoffen
auf Flechtenbildner
Von der
EidgenössischenTechnischenHochschule
in Zürich
zur
Erlangung der
Würde eines Doktors der Naturwissenschaften
genehmigte
Promotionsarbeit
vorgelegt
von
Alfons Zehnder, diPi.
von
rer.
nat.
eth
Döttingen
Referent:
Herr Prof. Dr. O. Jaag
Korreferent: Herr Prof. Dr. E. Gäumann
Bern
/
Buchdruckerei Büchler & Co.
/
1949
Makroskopisch zeigte der Versuch schließlich folgendes Resultat:
Pilz und Alge bildetenüberall eine graue, flache Kruste von zirka 10 mm
Durchmesser.Sie sah in keinem Falle so aus, daß man in ihr einen Thallns der natürlichen Flechte Placodium saxicola erkannt hätte. Apothecien
hatten sich nirgends gebildet. Die Unterseite der meisten Lager war
schwarz, wies also die Farbe des Flechtenpilzes auf. In einigen Kolben
fanden sich aber Thalli, die eine teilweise weiße Unterseite besaßen, wie
die Flechte Placodium saxicola.
Unter dem Mikroskop fanden sich neben frischgrünen Algenzellen
viele abgestorbene Zellen von hyalinem Aussehen; einzig die Zellwand
schien intakt geblieben zu sein. Die Pilzhyphen durchzogen die Algen-
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Abbildung44
Syntheseversuch von Placodium saxicola. Um¬
schlingung von Algenzellen durch Pilzhyphen (a), App'ressorienbildung (b), Bildung eines Haustoriums (c) (?)
Künstlicher
lager nach allen Seiten. Vereinzelt fanden sich solche, welche Algen¬
umschlangen, und selten konnten auch deutliche Appressorien
nachgewiesen werden (Abbildung 44). Gesamthaft brachte auch dieser
Syntheseversuchaber keine besseren Ergebnisse als die entsprechenden
Versuche von
zellen
Thomas (1939) und anderen Autoren.
H.
Zusammenfassung
1. Aus einem Thallus der Flechte Solorina saccata wurde eine bisher
nicht bekannte Coccomyxa-Art isoliert und unter dem Namen
2.
Coccomyxa ellipsoidea (Solorinae saccatae) Zehnder beschrieben.
Einige Cystococcus-Algen aus verschiedenen Flechten wurden nä¬
her beschrieben.
264
3. In den Thalli
4.
5.
von
zehn Flechtenarten wurde das Vitamin Bi nach¬
gewiesen.
Synthetische Vitamine beeinflussendie Entwicklung von
algen nicht.
Flechtenalgen bauen das Vitamin Bj selber auf.
Flechten¬
6. Heteroauxin hemmt in relativ hoher Konzentration die Entwick¬
lung
von
Flechtenalgen.
7. Das VitaminBt fördert das Wachstum des Flechtenpilzes Placodiomyces saxicolae. Das Vitamin B± kann ersetzt werden durch seine
Konstituenten Pyrimidin und Thiazol. Pyrimidinoder Thiazol allein
fördern das Wachstum des Pilzes nicht. Die optimale Aneurindosis
für den Pilz bei einer Versuchsdauer von 270 Tagen beträgt 0,004
bis 0,008 y pro cm3 Nährboden.
8. Alle übrigen untersuchten Flechtenpilze sind aneurin-autotroph.
9. Heteroauxin in relativ hoher Konzentration hemmt die Entwick¬
lung mancher Flechtenpilze.
10. Keines der anderen geprüften Vitamine fördert die Entwicklung
der Flechtenpilze.
11. Flechtenalgen üben keinen spezifischen wachstumsfördernden Ein¬
fluß auf ihre symbiotischen Pilze aus.
12. Flechtenpilze nehmen in Reinkultur eine ähnlich flache Wuchs¬
form wie in der natürlichen Flechte an, wenn sie auf trockenem
Substrat gezogen werden oder wenn das Substrat nährstoffarm ist.
13. Aus 7. und 8. ergibt sich: Es gibt aneurin-autotrophe und aneurinheterotrophe Flechtenpilze. Die letzteren beziehen in der natürli¬
chen Flechtensymbiose das Vitamin Bt von ihrem aneurin-auto-
trophen Algenpartner.
14. Ein künstlicher
Syntheseversuch
der Flechte Placodium saxicola
brachte keine besseren Resultate als die Versuche anderer Autoren.
Die vorliegende Arbeit wurde am Institut für spezielle Botanik der
ausgeführt. Herr Professor Dr. Ernst Gäumann
überließ mir in großzügiger Weise einen Arbeitsplatz und alle notwen¬
digen Arbeits-Hilfsmittel. Besonderen Dank schulde ich Herrn Professor
Dr. Otto Jaag, der die Arbeit anregte und mir jederzeit seine reiche
Erfahrung zur Verfügung stellte.
ETH in Zürich
Zürich,
den 8. März 1949.
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