Franz v. Assisi und der Wolf von Gubbio

Franz v. Assisi und der
Wolf von Gubbio
... Symbolträchtige Erzählung aus den Schriften der „Fioretti“ des hl. Franz.
In der Umgebung der Umbrischen Stadt Gubbio – übrigens Nachbarstadt
von Assisi – hauste zur Zeit des Franz v. Assisi (1181 – 1226) ein grausamer
Wolf, der Tiere und Menschen anfiel. Die Bürger der Stadt konnten nicht
mehr unbewaffnet die Stadt verlassen. Franz hatte Mitleid mit den Leuten
und beschloß, dem Wolf entgegenzutreten. Die Bürger warnten ihn. Franz
aber setzte allein auf seine Geisthaltung des Vertrauens auf Gott und
seine Wehrlosigkeit. Nur ein Bruder war mit ihm.
Der Wolf nun rannte, die Leute von Gubbio im Blick, mit offenem Rachen
auf Franz zu, bis Franz ihn ansprach: “Komm zu mir, Bruder Wolf. Und tue
niemanden etwas zu Leide“. Und beim Kreuzzeichen legte sich der Wolf
wie ein Lamm zu seinen Füßen, wie in der prophetischen Vision im Buch
Jesais. Franz sprach ihn gütig an. Aber er tadelte ihn auch, da doch alle
Geschöpfe nach dem Bild Gottes geschaffen seien. Es soll Friede und
Versöhnung sein zwischen dem Wolf und der Stadt.
Franz schloß mit ihm und den Leuten der Stadt einen Vertrag: Niemand
darf den Wolf verfolgen. Die Leute sollen ihm, wen er Futter suchend in
die Stadt kommt, etwas zu fressen geben. Franz verlangte ein Pfand für
den Vertrag: der Wolf hob die rechte Tatze und legte sie zutraulich in die
Hand des Heiligen. Dann nahm Franz den Wolf mit in die Stadt. Niemand
dürfe ihm etwas antun!
Und so suchte der Wolf noch zwei Jahre lang in Gubbio von Tür zu Tür
seine Nahrung. Bei seinem Tod aber trauerte die ganze Stadt, weil das
„Zeichen der neuen Lebensart“
des Franz von Assisi nicht mehr da war....
Der Wolf von Waren – ein Symboltier für
franziskanische Geisteshaltung
Die Erzählung zeigt anschaulich die Erfahrung, die Franz mit den Menschen gemacht hat. Bei Unbewehrtheit,
äußerer und innerer Armut und bei Angstlosigkeit spürten Menschen und Tiere in der Begegnung mit Franz,
wie sie unbedroht sind und dadurch ihre zerstörerische Aggressivität aufgeben. Der Gegenüber, gerade auch der
Andersartige, hat keine „Bedrohung“ zu erwarten. Die Festung, hinter die sich der bedrohte Mensch verschanzt,
wird aufgebrochen. Er kann aufatmen! Sein Existenzraum wird geräumiger, er wird frei und - dankbar.
Er wird nicht ausgenutzt, überspielt, „mißbraucht“ zu fremden Zwecken.
Der Mensch wird durch diese Geisteshaltung eingeladen, sein Angewiesen sein,
seine Verwundbarkeit und seine Offenheit anzunehmen!
– Noch viele andere Anregungen kann uns diese Erzählung eröffnen –