Bericht «Heiz- und Kühlflügel mit Latentwärmespeicher zur

Klimatisierung/Tageslichtleitung/Solarfassaden
bei dauerhaft geschlossenen Fenstern bleibt so ein Min­
destluftwechsel erhalten. Dafür bieten sich dezentrale fens­
ter- oder fassadenintegrierte Geräte für hybride Lüftungs­
konzepte an.
Bei der in Bild 5 dargestellten Art von Lüftungsgerä­
ten ist keine Luftführung durch das Gebäude erforderlich.
Technikflächen und -räume für die Lüftung entfallen. Die
Luftführung ist vollständig in die Fassade integriert. Da­
durch empfiehlt sich diese Variante auch für die Sanierung,
wenn z. B. bestehende Gebäude mit neuen Fenstern ausge­
stattet werden oder die Gebäudehülle gedämmt wird. Die
Kombination mit Fensterlüftung führt zu hoher Nutzerzu­
friedenheit und -akzeptanz. Mit elektrischen Beschlägen
kann diese Lüftungsvariante auch vollständig automati­
siert werden.
Fazit
Der vorliegende Beitrag soll nicht als Aufruf verstanden
werden, Lüftungsanlagen grundsätzlich zu klein zu dimen­
sionieren. Für jedes Gebäude muss ein individuelles Kon­
zept für Lüftung und Klimatisierung erstellt werden, in
dem auch weitere Verunreinigungen der Innenraumluft,
die es neben den CO2-Emissionen geben kann, berücksich­
tigt werden sollten. Der Bericht soll vielmehr zeigen, dass
die hybride Lüftung für Bürogebäude als sinnvolle Alterna­
tive zur manuellen Fensterlüftung in Betracht gezogen
werden kann. Letztendlich müssen die einzuhaltenden
Auslegungswerte zwischen Planer und Bauherrn verein­
bart werden, um etwaige Haftungsrisiken oder später auf­
tretende Unstimmigkeiten auszuschließen.
Literatur
[1]EnEV 2014, Energieeinparverordnung, Verordnung über
Energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende An­
lagentechnik bei Gebäuden.
[2]DIN EN 13779:2007, Lüftung von Nichtwohngebäuden,
Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungsund Klimaanlagen und Raumkühlsysteme.
[3]DIN EN 15251:2007, Eingangsparameter für das Raum­
klima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz
von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht und
Akustik; Deutsche Fassung EN 15251:2007.
[4] Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) A3.6; Technische Regeln für
Arbeitsstätten, A3.6: Lüftung.
Weitere Informationen:
Dipl.-Ing. (FH) Henning Köln,
Schüco International KG,
Karolinenstraße 1–15, 33609 Bielefeld,
Tel. (0521) 783 92 95, Fax (0521) 783 95 92 95,
[email protected], www.schueco.de
Urs-Peter Menti Nadège Vetterli Iwan Plüss Ludger Fischer Jörg Worlitschek
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Heiz- und Kühlflügel mit Latentwärmespeicher zur Gebäudeklimatisierung
Durch geschickte Positionierung beweglicher Fassadenelemente können Heiz- und Kühlflügel solare Energie aufnehmen
und wieder abgeben. Latentwärmespeichermodule in den Elementen speichern die Wärme bzw. die Kälte und ermöglichen
eine Phasenverschiebung zwischen Energiegewinnung und
Energienutzung. Mittels einer erzwungenen Luftströmung von
den Fassadenelementen zum Gebäudeinnern und zurück wird
die Energie transportiert. Mit diesem von der Hochschule Luzern
mitentwickelten System lassen sich ca. 10 % des Nutzenergiebedarfs für die Raumheizung und ca. 15 % für die Raumkühlung
einsparen.
Das Active Energy Building in Vaduz/Liechtenstein nutzt
regenerative Energien u. a. aus der Fassade, um weitestge­
hend energieautonom zu sein. Die zum Patent angemeldete
Innovation besteht aus mehreren beweglichen Fassadenele­
menten, welche Energie von der Umgebung aufnehmen
bzw. an die Umgebung abgeben können. Sie speichern
diese Energie in einem Latentspeichermodul (Phase
Change Material, PCM) zwischen und tauschen sie bei Be­
darf mit der Raumluft aus. So liefern diese Fassadenele­
mente einen Beitrag zum Heizen bzw. Kühlen des Gebäu­
des. Die Flügel werden für die Komfortsteigerung in der
Attikawohnung genutzt. Die Dachwohnung hat eine
Grundfläche von ca. 450 m2.
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Von den insgesamt sieben am Gebäude montierten
Flügeln werden vier zur Speicherung von Wärme verwen­
det. Drei Flügel sind für die Speicherung von Kälte ausge­
legt. Entsprechend sind die Flügel mit unterschiedlichem
PCM (unterschiedlicher Schmelzpunkt) befüllt. Alle Flügel
können aus der Gebäudefassade ausgeklappt werden, um
durch optimale Positionierung Kälte bzw. Wärme aus der
Attikawohnung
(Dachgeschoss)
Heizflügel
Bild 1. 3D-Ansicht des gesamten Wohngebäudes
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Klimatisierung/Tageslichtleitung/Solarfassaden
Tabelle 1. Eigenschaften der Flügel
Anordnung
Anzahl
Gesamtfläche
Nutzungsperiode
Raumtemperatur
für die Aktivierung
Wärmeübertragung
Heizflügel
Westfassade
4
24 m²
Herbst/Winter/Frühling
21-24°C
Kühlflügel
Ostfassade
3
15 m²
Sommer und Föhntage
23-26°C
Durchströmung von Frischluft aus der Durchströmung von Raumluft
Komfortlüftung
Phasenwechseltem 26 - 32 °C
19 - 22 °C
peratur des PCM
PCM-Material
Paraffine (RT31)
Paraffine (RT21HC)
Spezielles
Wenn die Flügel (tagsüber) geöffnet Die Flügel sind entweder offen oder
sind, bewegen sie sich so, dass die
geschlossen.
Sonne senkrecht zum Flügel steht,
bis die Flügel ihre Endposition
erreicht haben.
Umgebung aufzunehmen (Gewinnen von solarer Energie,
Abstrahlen von Wärme bei kalten Nachttemperaturen).
Zum Austausch der Energie mit dem Gebäude werden die
Flügel an die Fassade angelegt.
Als Austauschmedium zwischen den Fassadenelemen­
ten und dem Raum dient die Raumluft. Damit wird ein
möglichst direkter und umfassender Nutzen angestrebt.
Auf weitere Wärmeübertrager sollte verzichtet werden, da
der dabei auftretende thermische Widerstand zu Effi­
zienzeinbußen führen würde und insbesondere das Poten­
zial der Kühlflügel wesentlich reduziert.
Bei geöffneten Flügeln erfolgt keine Luftströmung
durch die Elemente und von den Elementen in den Raum.
Erst wenn die Flügel wieder geschlossen, d. h. an die Fas­
sade angelegt sind, findet dank des dichten Fassadenan­
schlusses mit den Lüftungskanälen eine Luftströmung zwi­
schen den Elementen und dem Raum statt.
Heizflügel
Die Heizflügel sind mit einem Solarglas bedeckt. In den
Hohlräumen zwischen dem Solarglas und den Aluminium­
PCM-o-02
PCM-o-03
total 15 m2
3
4. OG
«wohnen»
RLT 1
Norden
130 m /h
Osten
130 m3/h
RLT 2
Süden
PCM-o-01
profilen, die das PCM enthalten, befinden sich die Lüftungs­
kanäle.
Die Heizflügel sind auf der Westseite des Gebäudes
angeordnet und öffnen sich bei Solarstrahlung in Süd-Rich­
tung mit einem Winkel von 18° (aus Sicht Vertikalachse).
Die Ausrichtung der Flügel folgt dem Sonnenlauf, sodass
die Solarstrahlung immer maximal genutzt werden kann.
Die Heizflügel sind ähnlich wie Solarkollektoren auf­
gebaut, sodass auch im Winter hohe Energiedichten und
Temperaturen erzielt werden können. Wenn die Speicher
geladen sind, legen sich die Flügel bei bewölktem Himmel
oder bei Einbruch der Dämmerung an das Gebäude an. Ab
diesem Moment werden sie mit Luft durchströmt, die die
Wärme in die Wohnung bringt. Die Heizflügel werden vor
allem im Winter und in der Übergangsperiode eingesetzt.
Im Winter werden die Heizflügel mit der Lüftungsan­
lage verbunden. Dabei strömt die Frischluft, die zuerst über
den Wärmetauscher mit der Abluft vorgewärmt wird, durch
die Flügel und nimmt zusätzliche Wärme auf. Anschlie­
ßend wird die erwärmte Frischluft in die verschiedenen
Räume eingeblasen. Falls die Heizflügel nicht hinreichend
aufgeheizt sein sollten, wird die Zuluft an den Flügeln vor­
RLT 2
3. OG
«schlafen»
Westen
total 24 m2
Luftkanal
Carbon-Profil mit Vakuum-Dämmung
PCM-o-04
PCM-o-05
PCM-o-06
PCM-o-07
Bild 2. Grundriss des Dachgeschosses mit schematischer Darstellung der Verbindung
zwischen den Flügeln und den Räumen oder Lüftungsgeräten (RLT); die Kühlflügel sind
in Blau, die Heizflügel in Rot dargestellt.
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PCM innerhalb des Aluminiumprofils
Solarglas
Bild 3. Querschnitt durch einen Heizflügel (links) und einen Kühlflügel (rechts), jeweils
in geschlossenem Zustand
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Klimatisierung/Tageslichtleitung/Solarfassaden
Die Kühlflügel sind bestimmten Räumen direkt zuge­
ordnet. Bei ausreichender Abkühlung der Flügel über
Nacht legen sie sich tagsüber an die Fassade an. Mit Hilfe
eines Ventilators wird warme Raumluft durch die Kühlflü­
gel geleitet und somit gekühlt.
Planung für die optimale Regelung der Flügelbewegungen
Anhand thermischer Gebäudesimulationen mit dem Pro­
gramm IDA ICE (Version 4.51) wurde das Energiesparpo­
tenzial der Attikawohnung bei Verwendung der Latent­
wärmespeichermodule abgeschätzt. Damit wurde auch die
optimale Regelung der Flügelbewegungen zur Maximie­
rung der Energiegewinne bestimmt. Eine Sensitivitätsana­
lyse wurde für die Regelung der Flügelöffnung sowie für
die Luftströmung durch den Flügel durchgeführt. Dabei
wurden die folgenden Parameter variiert und deren Ein­
fluss auf die realisierbaren Energiegewinne untersucht:
Bild 4. Der fertige, auf das Mock-up montierte Kühlflügel
(Grafiken/Fotos: Autoren)
beigeführt und die fehlende Wärmeenergie wird über eine
Bodenheizung bereitgestellt.
Kühlflügel
Die Kühlflügel besitzen keine Verglasung. Die mit PCM
gefüllten Aluminiumprofile sind mit einer dunklen, stark
emittierenden Farbe beschichtet, damit sich die Kühlflügel
mittels Wärmeabstrahlung an den kalten Nachthimmel
maximal abkühlen können.
Die Kühlflügel ermöglichen im Sommer eine wertvolle
Komfortverbesserung. In Perioden hoher Außenlufttempe­
raturen und intensiver Sonneneinstrahlung entstehen im
Gebäude hohe Raumtemperaturen. Die an der Ostseite des
Gebäudes angeordneten Kühlflügel sind tagsüber an die
Fassade angelegt und werden primär nachts ausgefahren.
Sie öffnen sich leicht geneigt, so dass sie die Wärmestrah­
lung in Richtung Nachthimmel abgeben, was vor allem bei
klaren Nächten zu tiefen Speichertemperaturen führt.
Auch wenn im Sommer die Lufttemperaturen nachts rela­
tiv hoch bleiben, kann aufgrund der speziellen Beschich­
tung und des Strahlungsaustauschs viel Wärme abgegeben
bzw. Kälte gespeichert werden. Tagsüber werden die Flügel
an das Gebäude geklappt und die Kälte wird genutzt, um
die Raumluft direkt mittels freier Kühlung auf behagliche
Temperaturen zu senken.
–– Heizflügel: direkte Solarstrahlung, ab welcher die Flügel
geöffnet werden sollen
–– Heizflügel: Energiedurchlassgrad und Beschichtung der
Verglasung
–– Wärmedämmung der Flügel (Dämmmaterial, Verglasung)
und deren Einfluss auf die Abkühlung/Überhitzung
–– Einfluss der PCM-Masse für die Wärmeaufnahme/-ab­
gabe und die Speicherung
–– Sollwert der Flügel- und Außenlufttemperatur für die
Steuerung des Öffnens bzw. das Schließen der Flügel
–– Sollwert der Raumlufttemperatur für die Heiz- und
Kühlperiode, Einfluss einer Nachtabsenkung
–– Sollwert der Außenluft-, Zuluft- und Flügeltemperatur
für die Inbetriebnahme der Luftströmung.
Nach der Optimierung anhand der Sensitivitätsanalyse
wurden die optimalen Parameter für die Regelung der Flü­
gelöffnung und der Luftdurchströmung festgelegt.
Simulationsergebnisse
Die Heizflügel können während fast eines Viertels eines
Standardjahres genutzt werden. Die Kühlflügel werden
hingegen lediglich während ca. 3 % der Jahreszeit genutzt.
Dank der Flügelanwendung können 9 % der Nutzenergie
für die Heizung bzw. 16 % für die Kühlung der Attikawoh­
nung eingespart werden.
Die Simulationsergebnisse zeigen, dass mit den Heiz­
flügeln bei der Heizung auf Stufe Nutzenergie lediglich
eine Einsparung von ca. 10 % erreicht werden kann, ob­
wohl die Flügel relativ oft in Betrieb sind. Dies ist vor al­
lem auf die niedrige Wärmeübertragung des gewählten
Austauschmediums Luft zurückzuführen. Deshalb wurde
auch eine Variante betrachtet, bei der die Flügel mit einem
Tabelle 2. Jahresstunden mit Nutzung der Flügel gemäß der Simulation eines Standardjahres (Klimastation Vaduz)
Öffnung Flügel 4+5
Öffnung Flügel 6+7
Öffnung Flügel 1+3
Öffnung Flügel 2
693 h/a
775 h/a
2'330 h/a
2'619 h/a
Luftströmung Flügel 4+5
Luftströmung Flügel 6+7
Luftströmung Flügel 1+3
Luftströmung Flügel 2
2205 h/a
1711 h/a
249 h/a
341 h/a
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Tabelle 3. Nutzenergieeinsparung mit Flügel gemäß Simulation eines Standardjahres (Klimastation Vaduz)
flüssigen Medium durchströmt werden. Gewählt wurde
eine frostsichere Wasser-Glykol-Mischung. Dieses Medium
hätte man dann jedoch in die Kellerräume führen müssen,
um die in den Flügeln gewonnene Energie via Wärmepumpe und Fußbodenheizung zu nutzen. Die Risiken einer Wasserleitung in der Außenfassade, die höhere thermische Trägheit des Systems und das durch das Medium höhere Gewicht der Flügel führten dazu, dass sich die Planer
für das Arbeitsmedium Luft in Kombination mit der Komfortlüftung entschieden.
Allenfalls wäre zu untersuchen, ob die Anwendung
der Luft als Arbeitsmedium, je nachdem wie die Kopplung
mit der konventionellen Gebäudetechnik realisiert ist (z. B.
vor oder nach der Wärmerückgewinnung aus der Lüftungsanlage), zu einer erhöhten Einsparung bei der Nutzenergie für die Heizung führen würde. Die Effizienz der
Gebäudetechnik sowie der Wärmedämmstandard der Gebäudehülle sind auf jeden Fall entscheidende Parameter,
die die realisierbare Energieeinsparung beeinflussen.
Neben der der Energieeinsparung spielt auch der thermische Komfort eine Rolle. In der Winterperiode kann die
Raumluft dank des Heizflügels bis ca. 1 K gewinnen. Mit
der Verwendung der Kühlflügel kann die Raumlufttemperatur um bis zu ca. 2 K reduziert werden.
Ausblick
Als nächster Schritt werden je ein Heiz- sowie ein Kühlflügel
auf einem Mock-up montiert, um Funktion und Effizienz im
realen Betrieb zu testen. Die Solarstrahlung, die Außenluft-,
PCM- und Lufttemperatur in den Flügeln, die Feuchtigkeit,
sowie der Luftvolumenstrom werden an mehreren Stellen
kontinuierlich gemessen. Die Messungen werden ausgewertet und mit den Simulationsergebnissen verglichen. Somit
kann die Regelung der Flügel weiter optimiert und das Energiesparpotential allenfalls nochmals erhöht werden.
Weitere Informationen:
Prof. Urs-Peter Menti, Dipl. Masch.-Ing. ETH,
Zentrum für Integrale Gebäudetechnik,
Hochschule Luzern Technik & Architektur,
Technikumstraße 21, CH-6048 Horw/Schweiz,
Tel. +41 41 349 33 17, Fax 41 41 349 39 60,
[email protected], www.hslu.ch
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