info Schulbauten – aufregend oder anregend Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass Schulbauten oft nicht deshalb preisgekrönt werden, weil sie sich gut oder gar hervorragend für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern eignen, sondern vornehmlich dann, wenn sie bautechnische Sensationen sind. Beispielsweise punkto Statik oder bezüglich der Verwendung von Materialien, die in der Regel auch noch sündhaft teuer sind. Ein in Zürich erstelltes Schulhaus wurde an einer Architekturbiennale in Venedig mit einem Preis ausgezeichnet. Dieser Preis wurde jedoch nicht verliehen, weil der Bau den Bedürfnissen der Schule entsprach, sondern weil die Statik der aufgehängten Stahlbaukonstruktion aufregend erschien. Dass diese Bauweise zur Folge hat, dass an den statisch ausgereizten, rohen Betondecken nichts aufgehängt werden darf, interessierte an der Biennale niemanden. Um beim Bau und Umbau von Schulen einfache und intelligente Lösungen zu finden, welche den elementaren Bedürfnissen der Pädagogik und der Betreuung entsprechen, müssen Behörden und Nutzer als Erstes die Bedürfnisse klären und den Standard definieren. Auch die Nutzer müssen sich entscheiden, wo sie sparen und worauf sie verzichten wollen, wenn es pädagogisch nicht wirklich von Bedeutung ist. Unter Berücksichtigung dieser einfachen Regeln sucht die Kommission Schulanlagen den Weg zum Bau eines Doppelkindergartens und den Ersatz der baufälligen Schulanlage Variel. Werner Casutt, Gemeinderat Departement Bildung Schulanlagen Thusis – wie weiter? Ausgangslage Im Auftrag des Gemeinderates hatte die Kommission Schulraumplanung im Jahre 2011 ein Schulraumkonzept erarbeitet, welches eine Erweiterung der bestehenden Schulanlage vorsah. Das Projekt sah vor, sich auf die zwei Schulstandorte Dorf und Compogna zu konzentrieren. Das Schulhaus Variel sowie der Kindergarten im Bürgerhaus sind dabei aufzugeben. Projekt 2012 Das ausgearbeitete Vorprojekt zur Erweiterung des Schulhauses Compogna sowie der Neubau des Doppelkindergartens Compogna wurde der Gemeindeversammlung vom 26. September 2012 – zusammen mit einem Antrag für einen Planungskredit von rund 360 000 Franken – vorgestellt. Die Kosten für das vorgesehene Projekt wurden auf rund 7,6 Millionen veranschlagt. Definierter Raumbedarf Das Raumprogramm dieses Projektes umfasste für die Oberstufe ein zusätzliches Schulzimmer für grosse Jahrgänge und ein Schulzimmer für den integrativen Unterricht. Als Ersatz für das Schulhaus Variel wurden drei Schulzimmer für die Kombiklassen der Primarstufe, ein Schulzimmer für integrativen Unterricht und zwei Zimmer für Tagesstrukturen vorgesehen (total acht Schulzimmer). Der Neubau des Doppelkindergartens Compogna würde die Kindergärten Variel und Oberfeld (Bürgerhaus) ersetzen. Finanzielle Vorgaben Der Souverän hat die Behörden an der Gemeindeversammlung vom 26. September 2012 – im Hinblick auf die Finanzlage der Gemeinde – mit der Ausarbeitung alternativer Konzepte beauftragt. Übergangslösung Zu Beginn des Schuljahres 2013/14 trat das neue Schulgesetz in Kraft. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben stellte neue Anforderungen in Bezug auf die Räumlichkeiten, ausgelöst durch Blockzeitenunterricht, Tagesstrukturen, Schüler mit besonderem Förderbedarf und integrativer Unterricht. Rechtzeitig konnte ein Schulpavillon am Standort Compogna in Betrieb genommen werden, um die dringenden Bedürfnisse für den Kindergarten im Bürgerhaus und die zwei zusätzlichen und zwingend nötigen Klassenzimmer für die Oberstufe bereitzustellen. Baulicher Zustand Schulhaus Variel Die Situation mit der sanierungsbedürftigen Liegenschaft Schulhaus Variel verlangt nach einer nachhaltigen Verbesserung. Das im Jahre 1972 als Provisorium erstellte Schulhaus Variel beherbergt drei Primar-Kombiklassen und einen Kindergarten. Bei Untersuchungen zu einer allfälligen baulichen Ertüchtigung des Schulhauses Variel wurden Ende 2014 bedeutende Mängel festgestellt. Die Beurteilung der Erdbebensicherheit, aufgrund eines Standardverfahrens, ergibt eine erste Risikoabschätzung. Auf der Basis der vorliegenden Pläne und Systemunterlagen wurden die wichtigsten Elemente des Gebäudes und das aus Erdbeben herrührende Risiko erfasst. Aufgrund der Risikokennzahl und der Einsturzwahrscheinlichkeitskennzahl ergibt sich aus der ersten Beurteilung eine geringe Erdbebensicherheit für das Gebäude. Diese ist systembedingt und bestand schon bei der Erstellung der Anlage. Der aus einzelnen, vorfabrizierten Bauteilen gefügte Skelettbau ist ungenügend ausgesteift. Bei einem starken Erdbeben besteht eine hohe Einsturzgefahr, welche nur mit umfangreichen und äusserst kostspieligen baulichen Massnahmen reduziert werden kann. Zudem fordern der hohe Energiebedarf und der ganze Fassadenaufbau eine umfassende Erneuerung der Gebäudehülle. Trotz hoher Investitionen wären die aktuellen Platzbedürfnisse – in Bezug auf die Raumeinteilung und die Zusatzräume sowie den barrierefreien Zugang – nur schwer realisierbar. Variantenstudie Im Rahmen einer Variantenstudie wurden verschiedene Erweiterungskonzepte für den Schulstandort Compogna untersucht und bezüglich mehrerer Kriterien bewertet und einander gegenübergestellt. Die Erweiterung soll modulierbar sein und den Raumbedarf kostengünstig, aber mit Bedacht auf die städtebauliche Weiterentwicklung des Areals, abdecken. Als wichtige Kriterien galten zudem ein nachhaltiger Umgang mit dem vorhandenen Bauland, eine Trennung der Schulstufen und eine flexible Gebäudestruktur und Raumnutzung. Modulare Erweiterbarkeit Sowohl die nur schwer voraussehbare Entwicklung der Schülerzahlen als auch die angespannte Finanzlage der Gemeinde verlangen nach einer flexiblen und, wenn nötig, bedarfsgerechten Etappierung und Modulierung des Schulraums am Standort Compogna. Die Entwicklung der Schülerzahlen kann starken Schwankungen unterliegen. Nicht nur die heute bekannten Geburtenund Schülerzahlen beeinflussen den Bedarf an Schulraum, auch der nicht bekannte Teil der Migration bestimmt die wechselnden Schülerzahlen in gewichtigem Masse. Der Ersatz der Schulanlage Variel soll am Standort Compogna erfolgen, da hier einerseits die erforderlichen Landreserven in langfristig ausreichendem Masse zur Verfügung stehen und alle Schulstufen untergebracht werden können. Der Raumbedarf von starken Jahrgängen kann insbesondere auch beim Übertritt von der Primar- in die Oberstufe an einem gemeinsamen Standort besser gewährleistet werden. Bei einer etappenweisen Erstellung des Schulraums sind jedoch technische, wirtschaftliche und organisatorische Abhängigkeiten zu beachten, welche die baulichen Möglichkeiten bestimmen. Für einen modularen Aufbau der Erweiterung sind folgende Grundeigenschaften zu beachten: − Volumetrie: ein kompaktes Volumen führt in der Regel zu niedrigeren Baukosten. Wird ein an sich kompaktes Volumen durch das «Ausschneiden» einzelner Räume, infolge einer Etappierung, aufgelöst, können kaum Kosten eingespart werden, da die Fassadenabwicklung gleich bleibt und bei einer nachträglichen Erweiterung Fassaden und Dachflächen abgetragen und neu aufgebaut werden müssten. − Geschossigkeit: die Anzahl der Geschosse bestimmt die minimale Grösse der möglichen Ausbauschritte. Bei einer zweigeschossigen Bauweise kann das Gebäude im Minimum um jeweils zwei Räume ergänzt werden, was dem Bedürfnis nach einer zeit- und bedarfsgerechten Erstellung entgegenkommt. Ein zweigeschossiger Erweiterungsbau fügt sich auch städtebaulich in die bestehende zweigeschossige Anlage ein. Das 1972 als Provisorium erstellte Schulhaus Variel in Thusis wird noch heute genutzt. − Erschliessung: Sie ist entscheidend für die Möglichkeit eines Ausbaus in mehreren Etappen. Einfache, geradlinige Korridore bieten die grösste Flexibilität auch im Hinblick auf mögliche Umbauten. − Anbau oder Solitär: Der Ersatzbau für das Schulhaus Variel kann als frei stehender Solitärbau erstellt werden oder an das bestehende Gebäude der Oberstufe angebaut werden. Die Anbindung an das bestehende Gebäude löst jedoch den Raumbedarf eines Doppelkindergartens nicht und schafft Probleme bei den Pausenplätzen. Im Weiteren würden Schulräume erstellt, die zurzeit nicht benötigt werden. Auch würde die Bauzeit den Schulbetrieb in hoher Weise erschweren und die Trennung der Schulstufen aufheben. Organisatorische Optimierung des Raumbedarfs In einem ersten Schritt sind auch mögliche Optimierungen des Raumbedarfs ins Auge zu fassen. Die bestehende Schulanlage Compogna bietet dazu – aufgrund der kleinen Anzahl Räume – nur wenige bis keine Möglichkeiten: − Auslastung: Einer vermehrten Auslastung der bestehenden Räume sind organisatorisch, durch den Stundenplan, enge Grenzen gesetzt. Zudem sind es hauptsächlich Räume mit funktionsbezogener Ausstattung wie Werkräume und die Schulküche, welche nur wenig belegt sind. Eine Erhöhung der Raumbelegung ist am Standort Compogna somit nicht möglich. − Auslagerung der Werkräume: Durch die Auslagerung der zwei Werkräume Holz/ Metall des Schulhauses Compogna können diese frei werdenden Räume im Schulgebäude für die dringend benötigten Klassenzimmer für die Oberstufe genutzt werden. Die Werkräume könnten im Erdgeschoss des bereits bestehenden Pavillons untergebracht werden. Eine sinnvolle Nutzung von bereits getätigten Investitionen. Konstruktionsweise Für die modulare Bauweise kommt oft der moderne Holzbau zur Anwendung. Dieser zeichnet sich insbesondere durch die kurzen Bauzeiten aus, welche dank der Vorfertigung erreicht werden können. Die Bauarbeiten können somit weitestgehend in den Schulferien stattfinden. Die Holzbauweise weist zudem in den meisten Fällen eine bessere Ökobilanz auf als eine massive Betonkonstruktion. Fassadengestaltung Für die modulare Bauweise kommen oft demontierbare Fassadenverkleidungen in Holz oder Eternit zum Einsatz, welche im Falle einer Erweiterung einfach angepasst werden können. Am Standort Compogna empfiehlt es sich daher, auch weiterhin auf Holzverkleidungen zu setzen. Der Neubau kann die Fassadengestaltung des Bestandes übernehmen oder sich bewusst davon abheben. Weiteres Vorgehen Bis zur Gemeindeversammlung vom 3. Juni 2015 können Lösungsvorschläge konkretisiert werden. Es würde uns freuen, wenn wir Ihnen an diesem Abend Näheres erläutern dürfen und Sie dort treffen.
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