HM3320 Wissenswertes - Lebensgemeinschaft Katzenhübel

KONZEPT
Lebensgemeinschaft Katzenhübel
für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung
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INFRASTRUKTUR
1.1 STANDORT UND LIEGENSCHAFT DER LEBENSGEMEINSCHAFT
Die Liegenschaft besteht aus einem grossen und gemütlichen Bauernhaus und den
angebautem Ökonomiegebäude, welches auf einem Hügel in der Aargauer Gemeinde
Teufenthal steht. Das Bauernhaus liegt oberhalb eines Einfamilienhausquartiers inmitten von
Wiesen und Nähe Wald und ist in zehn Minuten zu Fuss vom Bahnhof aus erreichbar.
Die Liegenschaft bietet genügend Platz und ist ein idealer Lebensraum für Menschen, die
eine ruhige und naturnahe Umgebung schätzen und gerne Tiere um sich haben.
Das Wohnhaus ist neu renoviert und ausgebaut. Es hat sieben Zimmer, einen grossen
Wohnraum, eine Küche und drei Nasszellen. Es ist nicht rollstuhlgängig und hindernisfrei
gebaut. Im angebauten Ökonomiegebäude hat es ein Tenn mit Atelier und Mehrzweckraum,
Stallungen für Schafe und andere Kleintiere, eine Werkstatt und diverse Nebenräume.
Zu der Liegenschaft gehören 2,3 ha Landwirtschaftsland mit mehreren HochstammObstbäumen. Das Land ist gut für extensive Tierhaltung gut geeignet und bietet auch
genügend Platz für einen grossen Gemüsegarten.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder per Auto sind vielseitige Infrastrukturen für
verschiedene Bedürfnisse gut erreichbar (Ärzte, Ämter, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten,
Kulturhäuser und Freizeitanlagen, etc.).
2. ORGANISATION DER LEBENSGEMEINSCHAFT
2.1 LEITGEDANKEN
Jeder Mensch ist eine eigenständige Persönlichkeit mit individuellen Fähigkeiten und
Bedürfnissen. Jedem begegnen wir mit Achtung, Menschenwürde und Empathie.
Wir akzeptieren jedes Individuum in seinem ganz eigenen Sein und orientieren uns bei der
Lebensgestaltung an den Grundsätzen der Integration, der Normalisierung und der
Selbstbestimmung.
Alle Bewohner/innen haben das Recht und die Pflicht auf gegenseitige Rücksichtnahme und
auf das Respektieren, Akzeptieren und Anerkennen der individuellen Bedürfnisse.
Die Lebensgemeinschaft schafft geschützte, aber trotzdem offene Lebensräume, in denen
die Bewohner/innen, ein ihren eigenen Fähigkeiten und Wünschen entsprechendes,
eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben führen können.
2.2 ANGEBOT DER LEBENSGEMEINSCHAFT
Die Lebensgemeinschaft bietet für maximal sechs Menschen mit einer kognitiven
Beeinträchtigung in einer familienähnlichen Struktur einen Lebens-, Wohn- und Arbeitsraum
mit engagierter und qualifizierter Begleitung. Je nach Belegung kann ein Zimmer als Ferienoder Entlastungsplatz genutzt werden.
Gemeinsam bewirtschaften wir das dazugehörige Land. Wir haben einen grossen Garten und
halten verschiedene Tiere (Schafe, Alpakas, Wollschweine, Kaninchen und Hühner).
Es wird Wert auf Achtung und Sorgfalt im zwischenmenschlichen Umgang und in der
Beziehung Mensch–Tier–Natur gelegt. Die verschiedenen Jahreszeiten werden aktiv erlebt
und bestimmen den Lebens- und Arbeitsrhythmus sowie den Arbeits- und Freizeitinhalt.
Soziale Integration ist ein wichtiger Pfeiler der Lebensgemeinschaft. Es wird viel Wert darauf
gelegt, dass sowohl die Lebensgemeinschaft als Ganzes, als auch jede/r Bewohner/in als
Einzelperson Kontakte und Beziehungen zu Angehörigen, Bezugspersonen, Nachbarn,
Freunden und Bekannten hat und pflegt.
2.3 ZIELGRUPPE
Das Wohn- und Arbeitsangebot richtet sich an erwachsene Menschen mit einer kognitiven
Beeinträchtigung. Es werden Bewohner/innen beiderlei Geschlechts aufgenommen. Bei der
Gruppenzusammensetzung wird auf eine gute und leistbare Durchmischung Wert gelegt. Der
Schwerpunkt liegt bei Menschen, welche weder die Ressourcen für eine praktische IVAnlehre noch für einen geschützten Arbeitsplatz mitbringen, aber gerne und gut praktische
Arbeiten verrichten können.
2.4 AUFNAHMEKRITERIEN
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Die aufzunehmende erwachsene Person muss IV-rentenberechtigt sein
Sie muss gut zu Fuss unterwegs sein, da das Haus nicht rollstuhlgängig ist
Sie muss sich freiwillig auf familienähnliche Strukturen einlassen wollen und können
Sie muss sowohl gerne draussen in der Natur arbeiten, wie auch Haushaltsarbeiten
verrichten
 Sie müssen bereit sein, Mitverantwortung für Haus, Hof und Tiere zu übernehmen
2.5 AUSSCHLUSSKRITERIEN
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Eingeschränkte Mobilität
Krankheiten und psychische Störungen, welche eine andere Betreuung benötigen
Ein hohes Mass an Selbst- und Fremdgefährdung
Tätlichkeiten und Übergriffe
2.6 AUFENTHALTSDAUER
Es wird bewusst weder eine Mindest- noch eine Höchstaufenthaltsdauer für die Bewohner/
innen festgelegt. Der Grundsatz der Freiwilligkeit und der gegenseitigen Verbindlichkeit für
das Wohl der Lebensgemeinschaft ist vordergründig.
3. LEISTUNGSANGEBOT
3.1 LEBEN UND WOHNEN
Alle Bewohner/innen sollen sich in der Lebensgemeinschaft Katzenhübel wohlfühlen und ihre
Bedürfnisse uns Anliegen miteinbringen können. Jede/r Bewohner/in wird auf seinem
individuellen Niveau abgeholt und erhält die nötige Unterstützung, damit die Teilhabe im
Alltag möglich ist.
Die Begleitung in der Lebensgemeinschaft erfolgt im Sinne von: "So viel Selbständigkeit wie
möglich – so viel Unterstützung wie nötig"
Haussitzung
In der regelmässig geführten Haussitzung mit allen Bewohner/innen, werden über alle
gemeinsamen
Aktivitäten
und
organisatorischen
Veränderungen,
welche
die
Lebensgemeinschaft betreffen (Hausarbeitsplanung, Strukturänderungen, Hausregeln, Ferien
oder Ausflüge etc.) gesprochen.
Hausordnung
Die Hausordnung entsteht aus den regelmässig stattfindenden Haus- und Teamsitzungen
und ist für alle verbindlich. Sie wird regelmässig überprüft und bei Bedarf angepasst.
Zimmer
Die Bewohner/innen können ihre Zimmer individuell einrichten und gestalten (grundsätzlich
Einer-, auf Wunsch auch Zweierzimmer) und besorgen wenn möglich, die Reinigung selber.
Intim- und Privatsphäre
Auf die Intim- und Privatsphäre der Bewohner/innen wird besonderen Wert gelegt. Es ist
Aufgabe der Betreuungspersonen auf die Privatsphäre zu achten und diese zu schützen.
Liebe, Freundschaft, Sexualität
Die Bedürfnisse der Bewohner/innen nach Freundschaft, Liebe, Partnerschaft und individuell
gelebter Sexualität, werden ernst genommen und unterstützt. Sie haben ein Anrecht auf
gezielte Wissensvermittlung, Aufklärung und Begleitung, welche ihren individuellen
Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasst sind.
Gesundheit
Die Bewohner/innen werden in ihrer persönlichen Gesundheitsvorsorge (Hygiene, Ernährung,
Prävention) unterstützt. Bei Bedarf werden verschiedene Fachärzte/innen und
Therapieangebote aufgesucht.
Kommunikation
Die Fähigkeit zu kommunizieren ist eine wichtige Voraussetzung um miteinander in
Beziehung zu treten, einander zu verstehen, sich ernstgenommen zu fühlen und im Alltag
mitbestimmen zu können. Um allen Bewohner/innen die Möglichkeit dazu zu geben, wird auf
eine einfache verbale Umgangssprache geachtet und individuell angepasste Unterstützende
Kommunikationsformen eingesetzt.
Bezugspersonensystem
Für jede/n Bewohner/in der Lebensgemeinschaft ist eine Bezugsperson zuständig. Die
Bezugspersonenarbeit beinhaltet die Unterstützung, Beratung, Begleitung und individuelle
Förderung des/r jeweiligen Bewohners/in. Dazu gehört auch der Kontakt zum jeweiligen
Arbeitgeber, zu den Angehörigen, externen Bezugspersonen und zu den amtlichen Stellen,
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Zum Wohle der Bewohner/innen wird eine offene und vernetzte Zusammenarbeit mit
verschiedenen Systemen (Angehörige, zuweisende Institutionen, Fachpersonen, etc.)
angestrebt.
Aggression / Gewalt
Aggressives und gewalttätiges Handeln, sowie Machtmissbrauch physischer und psychischer
Art, werden nicht geduldet und haben klare Konsequenzen zur Folge. Bei Bedarf werden
psychiatrische und andere therapeutische Fachpersonen beigezogen.
Tages- / Wochenstruktur
Ein klar strukturierter Tagesablauf vermittelt Bewohner/innen Sicherheit und Stabilität. Der
Tag ist in geregelte Arbeitszeiten, Pausen und freien Zeiten eingeteilt. Das Morgenessen wird
von den Bewohner/innen individuell, das Mittag- Abendessen gemeinsam eingenommen. Die
Woche ist in der Regel unterteilt in fünf Arbeits- und zwei Freitage, wobei die freien Tage
nicht zwingend am Wochenende stattfinden.
Gruppenaktivitäten
Wöchentlich finden ein- bis zweimal Gruppenaktivitäten statt. Entweder haben diese einen
allgemeinbildenden Charakter oder sind Freizeitangebote, welche zur Gemeinschaftsbildung
beitragen. Es werden auch gemeinsame Wochenendausflüge und Ferien angeboten.
Ernährung
Wir legen Wert auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung, welche wir grösstenteils
miteinander zubereiten. Dafür verarbeiten wir unsere selbst angebauten Lebensmittel und
berücksichtigen möglichst lokale und saisonale Produkte aus fairem Handel.
3.2 ARBEIT UND FREIZEIT
Die Arbeiten sollen für die Bewohner/innen einen Sinn ergeben und nachvollziehbar sein. Die
Arbeiten sind umgebungs- und saisonbedingt vorhanden und die Vielseitigkeit der Aktivitäten
ergibt sich aus Themen, welche sich durch das Leben in einer Gemeinschaft auf einem
Bauernhof ergeben.
Intern gerichtete Arbeitsfelder:

Tierhaltung - Tiere werden artgerecht gehalten und versorgt

Gemüsegarten - für die Eigenverwendung bewirtschaften

Hauswirtschaftliche Arbeiten - Kochen, Putzen, Wäsche waschen, etc.

Einmachen von Lebensmitteln - für den Eigengebrauch

Brot backen - für den Eigengebrauch
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Holzen - für die Holzzentralheizung muss Holz vorbereitet werden

Gebäudeunterhalt - Renovationsarbeiten im Haus und auf dem Hofgelände ausführen

Umgebungsarbeiten - Landschaftspflege und saisonal bedingte Arbeiten erledigen
Extern gerichtete Arbeitsfelder:

Kreativwerkstatt - Herstellen von Kunstobjekten aus diversen Materialien

Verarbeitung von Lebensmitteln - für ein „Hoflädeli“

Auftragsarbeiten - Übernahme kleinerer und grösserer Aufträge aus der Nachbarschaft
Freizeit
Die Freizeit dient als Ausgleich und Erholung zur Arbeits- und Beschäftigungssituation. Es
wird begrüsst, wenn die Bewohner/innen ihren individuelle Bedürfnissen entsprechend, nebst
den internen Freizeitangeboten (spielen, musizieren, spazieren, Sport treiben, etc.) auch
Freizeitaktivitäten
ausserhalb
der
Lebensgemeinschaft
besuchen.
(Vereine,
Bildungsklubangebote der Pro Infirmis, regionale Kulturangebote, etc.)
Ferien
Allen Bewohner/innen stehen Ferientage zu. Je nach Wunsch können diese individuell oder
als Gemeinschaft verbracht werden. Sei dies in der Lebensgemeinschaft, bei
Familienangehörigen oder in Ferienaufenthalten im In- oder Ausland. Bei der Suche nach
geeigneten Ferienmöglichkeiten werden die Bewohner/innen nach Wunsch, soweit wie nötig,
unterstützt.
3.3 ENTWICKLUNG
Die Entwicklung und die Lebensqualität der Bewohner/innen sind zentrale Punkte in der
Betreuungsarbeit. Wir setzen uns ein, damit die Entwicklung der eigenen Möglichkeiten und
der individuellen Stärken möglich ist. Durch Mitbestimmungsmöglichkeiten im Alltag der
Lebensgemeinschaft, lernen sie Verantwortung zu übernehmen und werden aufgefordert, ihr
eigenes Tun zu reflektieren.
Standortgespräch / Entwicklungsplanung
Die Förderung und Begleitung richtet sich nach den Bedürfnissen und Wünschen der
Bewohner/innen. Einmal jährlich findet ein persönliches Standortgespräch mit allen
beteiligten Personen (Bewohner/in, Angehörige, Gesetzliche Vertretung) statt. Gemeinsam
werden individuelle Entwicklungsziele formuliert und der Unterstützungsbedarf definiert, was
regelmässig überprüft wird.
Ausgleichstunden
Ausgleichsstunden wie lebenspraktischer Unterricht, kreatives Gestalten, Musizieren,
Bewegungsaktivitäten, etc. finden teils in der Gruppe und teils als Einzelförderung statt. Ziel
ist es, in diesen Stunden auf die individuellen Bedürfnisse und Entwicklungsziele einzugehen.
3.4 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Die Integration und soziale Vernetzung mit der Gemeinde erfolgt durch eine regionale
Einkaufspolitik, Vereinsmitgliedschaften und Besuchen diverser öffentlicher Veranstaltungen
und Einrichtungen der Gemeinde.
Ein wesentlicher Teil der Öffentlichkeitsarbeit stellen die diversen Anlässe dar, bei denen
aussenstehende und interessierte Personen von der Lebensgemeinschaft eingeladen werden
und an Aktivitäten und Feste teilnehmen können.
Zusätzlich wird mit dem Ausstellen und Verkauf von selbstgemachten Esswaren und
Kunstobjekten der Kontakt zur Bevölkerung gefördert und so Verständnis für behinderte
Menschen und ihre Lebensthemen gefördert.
4. PERSONAL
4.1 MITARBEITER/INNEN
Da innerhalb der Lebensgemeinschaft unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte anfallen, ist
das Team mit Personen aus verschiedenen Berufszweigen zusammengesetzt. Je nach
Aufgabengebieten werden gegebenenfalls zusätzliche Fachpersonen angestellt. Die
Mitarbeitenden ergänzen sich und arbeiten interdisziplinär zusammen.
4.2 LEITUNG
Mit unseren Ausbildungen, Berufserfahrungen und Menschenkenntnis setzten wir uns mit
Freude und Verantwortung für die Arbeit in der Lebensgemeinschaft Katzenhübel ein.
Cynthia Cavazzutti, 1969
Ist Kindergärtnerin und Heilpädagogin mit vielseitigen und langjährigen Erfahrungen in der
Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie arbeitete viele Jahre mit Kindern in der
Sonderschule und hat ausserdem zwei neue Wohngruppen für Erwachsene aufgebaut und
geleitet.
Ihr ist es ein zentrales Anliegen mit Mensch, Tier und Natur einen respektvollen und
emphatischen Umgang zu haben. Sie hat eine Ausbildung für Landwirtschaft im
Nebenerwerb absolviert und besitzt einen Hund, mit welchem sie die Ausbildung zum
Sozialhundeteam gemacht hat.
Sandra Münger, 1968
Ist Malerin und Sozialpädagogin und hat lange in Institutionen für erwachsene Menschen mit
einer geistigen Beeinträchtigung und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. In
ihrer Arbeit legt sie grossen Wert auf die Beziehungsarbeit im milieutherapeutischen Setting.
Neben ihrer milieutherapeutische Ausbildung, bringt Erfahrungen in der Organisation und
Neuerarbeitung von Wohngruppen mit, ist ausgebildete Praxisanleiterin und Teamleiterin. Sie
hat ebenfalls mit ihrem Hund die Ausbildung zum Sozialhundeteam gemacht.
5. FINANZIERUNG
Die Bewohner/innen zahlen eine Tagestaxe gemäss der Taxregelung
Lebensgemeinschaft Katzenhübel. Die Finanzierung muss vor dem Eintritt geregelt sein.
der