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CH3COOH
Die Chemie-Olympiade – „eine unvergesslich tolle Erfahrung“
Veröffentlicht in: news&science. Begabtenförderung und Begabungsforschung. özbf, Nr. 16/Mai 07,
S. 41.
Mit diesen kryptischen Zeichen begann wohl mein Interesse an der Chemie. Auch wenn
das vielleicht nicht ganz korrekt ist, so war diese Formel doch die prägendste Erinnerung
an das eine Jahr Chemie in der AHS-Unterstufe. Wir lernten diesen höchst ungewöhnlichen Begriff auswendig und merkten uns auch, dass er „chemisch“ die Essigsäure bezeichnet. Was jedoch dahinter steckt, wofür die einzelnen Zeichen stehen, hatten wir
sicher noch nicht ganz verstanden.
Doch auch in der Oberstufe sollte mir die „Grammatik“ hinter dem „Vokabel“ CH3COOH
vorerst verschlossen bleiben, denn in der 5. Klasse war kein Chemieunterricht vorgesehen. Die Rettung nahte in Form eines chemiebegeisterten Klassenkollegen. Er zog mich,
unter eher geringem Widerstand, mit zu einer weiteren naturwissenschaftlichen Olympiade, und so landete ich im Chemie-Olympiade-Kurs.
Daten & Fakten
Die Chemie-Olympiade ist vermutlich die größte (naturwissenschaftliche) Olympiade Österreichs. Allein beim Landeswettbewerb Wien, wo sich die Besten der Kurse miteinander
messen, nehmen jedes Jahr 120 Schüler/innen teil. Und immer wenn mein Chemielehrer
mich überzeugen musste, brachte er klarerweise das Argument: „Wenn du dich bei deiner Wahl zwischen den Olympiaden nach der Anzahl der Teilnehmer/innen richtest, dann
weißt du, wohin du musst.“ Er hätte mich auch mit der Geschichte der Olympiade beeindrucken können, denn es gibt sie bereits seit 1968 auf internationalem Niveau, in Österreich seit 1975. Immerhin gibt es diese Olympiaden schon so lange, dass der eingangs
erwähnte Klassenkollege bereits der Sohn eines sehr erfolgreichen Teilnehmers der Internationalen Chemie-Olympiade ist.
Bewerbe
Zu CH3COOH, das sich als Kombination einiger Kohlenstoff- (C), Wasserstoff- (H) und
Sauerstoffatome (O) outete, kam nun also ChO, die Chemie-Olympiade. Auch wenn bisher die Chemie-Olympiade scherzhaft als Sprachwettbewerb bezeichnet werden könnte –
immerhin lernt man dort chemisch sprechen – ist sie eine lupenreine naturwissenschaftliche Olympiade. Die Bewerbe bestehen aus theoretischen und praktischen Aufgaben, die
von Wettbewerbsstufe zu Wettbewerbsstufe immer schwieriger werden. Die besten Schüler/innen jedes Kurses können sich für den Landeswettbewerb qualifizieren, der bereits
eine größere Veranstaltung darstellt. Für Kontakt mit anderen Chemieinteressierten
bleibt da kaum Zeit. Der Landeswettbewerb ist durchaus schwierig, denn nur die besten
fünf Prozent der Teilnehmer/innen dieser Bewerbsstufe qualifizieren sich für den Bundeswettbewerb der Österreichischen Chemie-Olympiade (Lust auf eine weitere Abkürzung? – die ÖChO). Dies ist die höchste nationale Stufe des Wettbewerbs. An ihr nehmen
rund 25 Schüler/innen aus ganz Österreich teil und – eine Ausnahme der ÖChO – auch
Schüler/innen aus Südtirol. Somit gibt es bereits hier einen kleinen internationalen
Touch.
Wenn auch beim Landeswettbewerb der Bewerb an sich im Vordergrund steht, so ist der
Bundeswettbewerb doch anders. Denn dort gibt es nicht nur einen anspruchsvollen Wettbewerb, sondern auch Vorbereitungskurse, die zwei Wochen dauern. Diese Kurse werden
von einem vier Lehrer/innen umfassenden Betreuungsteam (dem auch mein Chemielehrer angehört) geleitet. Sie geben Einblicke in die Materie der Chemie, die weit über die
anfangs erwähnte Essigsäure hinausgehen und den Themen der Universität oft näher
sind als denen der Oberstufe.
Diese zweieinhalb Wochen voll mit Chemie werden durch Exkursionen und durch eine
traditionelle Wanderung bereichert. Doch das Wichtigste an der ÖChO sind sicherlich die
Teilnehmer/innen. Man trifft dort viele Schüler/innen, die ähnliche Interessen haben und
natürlich auch Chemie-Witze verstehen. Dazu kommen noch sehr gute und humorvolle
Lehrer/innen, die die ÖChO auch zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Viele
Freundschaften entstehen bei den Bundeswettbewerben, die oft weit über diese zwei Wochen hinaus andauern. Denn das Gemeinschaftsgefühl ist so stark, dass auch noch Monate nach der ÖChO Treffen veranstaltet werden, bei denen sich (ehemalige) Olympionikinnen und Olympioniken treffen.
What else?
Die Chemie-Olympiade war für mich eine sehr beeindruckende Erfahrung. Im Speziellen
der Bundeswettbewerb ist für jede Schülerin und jeden Schüler eine unvergesslich tolle
Erfahrung. Das starke Gemeinschaftsgefühl, die interessanten Kolleginnen und Kollegen
und die anspruchsvollen Vorträge ergeben gemeinsam ein wunderschönes Erlebnis. Und
am Ende ist es nicht so bedeutend, welche vier Schüler/innen zur Internationalen ChO
fahren. Die Freude für die vier ist sicherlich größer als die Enttäuschung, nicht dabei zu
sein – wahrlich ein olympischer Gedanke.
Und was bleibt nach dem Bundeswettbewerb zurück? Außer neuen Freunden, vielen Eindrücken und noch mehr Fotos, ein neues Wort in der internationalen Sprache der Chemie: 1,3,5-Trimethylcyclohexen – C6H7(CH3)3
Diesmal keine Essigsäure, sonder das Logo der Österreichischen Chemie-Olympiade.
Webseite der ÖChO: www.chemieolympiade.info
Stephan Bauer
2-facher ÖChO-Teilnehmer
[email protected]