Kreieren – Erschaffen – etwas ins Leben bringen

Kreieren – Erschaffen – etwas ins Leben bringen
Buchtipp:
Robert Fritz (1991). Creating – a guide to the creative process. New York: Fawcett Columbine.
Hier einige Gedanken daraus:
Vieles in unserem Leben tun und schaffen wir als Reaktion auf Notwendigkeiten. Aber zum Menschsein
gehört es auch, über das Notwendige und Vorgegebene hinaus zu gehen. Aus Nichts Etwas machen.
Ein Mensch kann aus „Nicht-Vorhanden“ „Vorhanden“ machen.
Zum Beispiel gibt ein keine Lebens-Notwendigkeit für Musik. Wir „brauchen“ Musik nicht. Wir „mögen“
sie nur, die Musik. Und ein Komponist mag sie so sehr, dass er sie erschafft. Er möchte, dass sie
existiert, dass dieses Musikstück existiert. Und er setzt alle nötigen Schritte, um es ins Leben zu
bringen.
Es gibt reaktive Liebe – Wertschätzung von etwas, das bereits da ist. Es ist ein ganzes
wunderschönes Lebensprogramm, immer besser zu schätzen, was da ist. Mit dieser Liebe tu ich mir
selbst was Gutes. (Und das ist gut so!)
Und es gibt sowas wie verursachende Liebe, erschaffende Liebe – etwas so sehr mögen, dass ich es
in die Welt bringe. Hier ist der Fokus auf der Kreation, nicht auf mir (als Betrachterin der Kreation).
Als Filmbetrachterinnen lieben wir Filme, schätzen die Beleuchtung, den Schnitt, die Dramaturgie, die
Schauspieler, die Handlung. Eine Filmemacherin liebt ihren Film noch bevor der Film existiert. Ihre
Liebe ist vorher da, ohne dass der Film sie zum Film-Lieben stimuliert. Ihre Liebe ist erzeugend
(generativ), nicht nur antwortend (reaktiv).
Das Ergebnis eines Schaffensprozesses muss mir viel bedeuten, sehr viel.
Viele Leute geben ihre Zeit, ihre Talente und Energien für Ergebnisse, die ihnen eigentlich nichts
bedeuten.
Etwas erschaffen ist mehr als Problemlösen!
Unerwünschte Umstände zu beseitigen ist wichtig – aber das ist noch nicht Kreation! Etwas kreieren
bedeutet: etwas existent machen, das ich genug liebe, um es zu erschaffen.
Oft glaubt man zu wissen, was man will. Bei näherem Nachfragen stellt sich heraus, dass man nur
weiß, was man nicht will. Dann glaube ich, Architektur zu machen – in Wirklichkeit möchte ich nur
hässliche Häuser niederreißen...
Unzufriedenheit zu vermeiden ist noch nicht genügend Motivation, um etwas zu erschaffen.
Die Handlungen sind nicht das Ziel!
Oft weiß man Schritte und Handlungen, die man setzen muss – aber nicht das Ziel! Schritte wie
Aufräumen, PC-Lernen, Telefonate machen, ins Fitness-Studio gehen sind Prozesse, die mich zum
Ergebnis führen – aber nicht das Ergebnis!
Ein banaler Tipp, den man trotzdem so oft ignoriert:
„First know where you want to go, then consider how to get there!“
Stadien des kreativen Prozesses
1. Konzeption = was will ich? Was will ich als Ergebnis? Was will ich in die Welt bringen?
„When it is something YOU choose, you bring your love to it!“
2. Vision = eine spezifische Vorstellung vom Ergebnis.
à Nicht allgemein (eine bessere Arbeitswelt), sondern spezifisch (KTs, die jeden Tag mit Freude, Stolz und
Erfolg telefonieren).
à Nicht abstrakt, sondern greifbar. Sinnlich beschreibbar!
à Aus den vielen Möglichkeiten, die ich erschaffen könnte, wähle ich eine aus, und zwar nur eine.
Vorsicht: man muss nicht bei der ersten Idee oder Vorstellung bleiben, die einem „einfällt“.
Prüfen ist OK und wichtig.
Wenn eine Idee gut für mich war, wird sie nach der Überprüfung immer noch da sein!!
3. die derzeitige Realität = was habe ich im Moment (im Bezug auf mein gewünschtes Ergebnis)?
Hier entsteht die produktive Spannung zwischen Vision und Realität. Spannung sucht Lösung!!
Vorsicht: es ist gar nicht so leicht, die derzeitige Situation unverzerrt zu beschreiben. Betriebsblindheit und
andere Hindernisse und Widerstände tauchen auf.
4. Handlung setzen = tun!! Nicht weiter planen – nicht über-planen. Man ist nie 100% vorbereitet!
Im Tun lerne ich mehr über den Prozess als im Spekulieren, was ich tun könnte und was passieren könnte.
Bewährte Wege gehen und neue Wege erfinden!
Handlungen sind das Ergebnis von Entscheidungen.
Erste Entscheidung: ich will meine Vision verwirklichen.
Zweite Entscheidungen: ich setze die jeweiligen Handlungen, die mich dabei unterstützen.
Vorsicht: es ist oft angenehmer zu warten und zu warten und zu warten, weil ich ja keine Garantie habe, dass
meine Handlungen mich zum gewünschten Ergebnis führen werden!
5. anpassen – lernen – auswerten – anpassen
Lernen ist bewusst und „kognitiv“ – und unterbewusst, in den Eingeweiden sozusagen...
Es geht darum, auch eine Art „Instinkt“ dafür zu entwickeln, was funktioniert und was nicht! Je mehr
man die Erfahrungen verinnerlicht hat, umso weniger „Versuch und Irrtum“ wird man brauchen...
6. Schwung erzeugen
Immer mehr Energie bekommen, auf Erfolgen aufbauen, nicht immer von vorne anfangen!
Schwung entsteht u.a. durch Masse und Tempo - beides wächst mit der Zeit.
Persönliche Rhythmen erkennen und nutzen. Den Hebel richtig ansetzen.
Mit Deadlines / Terminen arbeiten – nicht um mir Druck zu machen, sondern um zur richtigen Zeit die richtigen
Schritte zu setzen – und Zeit zu haben für meine Arbeiten.
7. Immer ein „WOHIN“ haben!
8. Abschluss – Vollständigmachen – Schlussakkord
Vorsicht: Das Ziel nicht überlaufen! Oft vermeiden wir das Ende!!
9. Mit dem Ergebnis leben
Jetzt bin ich nicht mehr die Schöpferin, sondern die Betrachterin. Auch das kann schwierig sein!