Reisch Thomas : Suizidprävention anhand der Sicherung von Brücken

Suizidprävention an Hand
der Sicherung von Brücken
Prof. Dr. med. Thomas Reisch
Ärztlicher Direktor Psychiatriezentrum Münsingen
Präsident Berner Bündnis gegen Depression
Leiter AG Bauwerke (NaSPro, D)
Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern
Überblick
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Einführung
Suizidhandlungsmodell
Effektivität der Massnahmen
Baurichtlinie
Ergebnisse 2. Brückenstudie
Kosten der Massnahmen
Wie sichere ich einen Hotspot? (Berner Brücken)
2
Berner Münsterplattform
Weniger Sprünge von der Kirchenfeldbrücke
nach Installation der Netze!
3
Berner
Münsterplattform
4
Ergebnisse der Plattformstudie
(Reisch & Michel 2005)
• Keine Suizide an der Plattform
• unerwartet:
weniger Sprünge in Bern insgesamt
halb so viel Sprünge von der
benachbarten Kichenfeldbrücke
5
Ablauf Suizidversuch
(Reisch, Psychiatrische Praxis, 2013)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Präsuizidale Phase
Mental Pain-Phase
Suizidhandlungsphase
Finale Ambivalenzphase
Finale Handlungsphase
Aufwachen
6
Video Kevin Hynes
7
Ablauf Suizidversuch
(Reisch, Psychiatrische Praxis, 2013)
1.
Präsuizidale Phase
Bipolare Störung
2.
Mental Pain-Phase
Ich war wie weggetreten,
eine Last für meine Familie
3.
Suizidhandlungsphase
(Zur Brücke gegangen)
4.
Finale Ambivalenzphase
Ich bin auf der Brücke hoch
und runter gegangen
5.
Finale Handlungsphase
(Sprung)
6.
Aufwachen
… ein schrecklicher Fehler
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Finale Ambivalenzphase
• Goldengatejumpers kurz
9
Zivilcourage
• Schulung Taxifahrer
10
Suizidprävention an Brücken
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Patrouillen
Zivilcourage fördern
Schilder / Telefone
Vertikale bauliche Sicherung (Zäune)
Horizontale Sicherung (Netze)
11
1. Patrouillen
• Uniformiert
• nicht uniformiert
12
515 Personen
nachuntersucht, die vom
Sprung zurückgehalten
wurden
(Seiden et al., 1978)
Wie viel Prozent haben
sich in den folgenden
26 Jahren suizidiert?
a) 5%
b) 10%
c) 20%
d) 50%
e) 80%
13
4.8%
14
Studie Münsterplattform
(SLTB, Reisch & Michel 2005)
Schweizer Brückenstudie 1
(Reisch et al. 2006)
1990-2004
Schweizer Brückenstudie 2
(Reisch et al 2014, in progress)
1990-2010
15
Schilder & Telefone
16
Zäune & Netze
17
Simulation Kirchenfeldbrücke Bern
Zäune & Netze
19
Sicherung Ganterbrücke Bern
(Simplonpassstrasse)
20
Ergebnisse 2. Brückenstudie
Telefone und Schilder:
• werden genutzt
• Keine Einfluss auf Suizidzahl nachweisbar
Patrouillen:
• Golden Gate: 30 Personenrettungen pro Jahr, aber ca. 8
Suizide
• Teilweise kontraproduktiv (Animation)
Horizontale Netze:
• Münsterplattform: kein einziger Sprung
• günstig wenn 3 Meter unter Niveau
Ergebnisse
Vollständig durch Geländer gesichert:
• Höhe 155cm: Reduktion ca. 50%
• empfohlene Höhe: grösser 180cm
• Weiterhin vereinzelte Sprünge nach Sicherung
Teilweise durch Geländer gesichert:
• deutliche Reduktion, wenn alle letalen Orte gesichert
• Teilweise kontraproduktiv (Animation)
Horizontale Netze:
• Münsterplattform: kein einziger Sprung
• günstig wenn 3 Meter unter Niveau
Geländererhöhungen und Netze
im Vergleich
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Sicherungsmassnahmen
Geländererhöhungen:
69%
Netze:
77%
25
Kostenvergleich Zäune & Netze
• Kosten Netz : Kosten Geländer = 3 : 1
• Netz: teure oder teils unmögliche Wartung
26
Zäune: Wann 100%?
• grösser 260cm
• vollständig gesichert
• kein Umklettern möglich
27
Netze: Wann 100%?
•
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•
tief unter dem Niveau (7 Meter)
grosse Breite (Kein Ueberspringen)
letale Bereiche gesichert
kein Umklettern möglich
28
Sicherung Gebäude
(Schweizerisches Bundesamt für
Strassen 2008)
29
Sicherung Brücken
(Vorschlag im Forschungsbericht 2014)
30
Richtlinienkatalog
Bauwerke und
Umwelt
Brücken und andere Ingenieurbauwerke
(T. Reisch1, H.K. Mend2)
NaSPro, September 2011
(Nationales Suizidpräventionsprogramm)
1
Arbeitsgruppenleiter Bauwerke und Umwelt Nationales Suizidpräventionsprogramm (NaSPro), Universitätsklinik für Psychiatrie Bern,
Bolligenstr. 111, 3000 Bern 60, Schweiz
2.
Arbeitsgruppe Bauwerke und Umwelt Nationales Suizidpräventionsprogramm (NaSPro), Weinbergweg 6, 97080 Würzburg,
Deutschland
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Sicherung der Berner Brücken
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Okt. 2008: Lobby-Gruppe (Bündnis gegen Depression, Polizei, Politiker versch.
Parteien, Betroffene, Wissenschaft,, Schule, Care Team, Niedergelassene Ärzte)
Nov. 2008: Politischer Vorstoss
Dez. 2008: Argumentarium
Mai 2009: Artikel Zeitung
Jun. 2009: Brief an alle Stadträte und 2. politischer Vorstoss
Sep. 2009: Prix Perspective
Dez. 2009: „Verheerende“ Berichterstattung (Zunahme Suizide
Dez. 2009: Beginn Zusammenarbeit Gemeinderätin
Dez. 2009: Schulung Care Team (Patrouillen)
Dez. 2009: Errichtung Provisorische Zäune  Bewilligungsphase
Feb. 2011: Gemeinderate will nur noch 2 anstatt der 3 Brücken sichern
Apr. 2011: Mediengespräch (Politiker, Aktivisten, Uni) um Medien zur Zurückhaltung
zu bewegen
Okt. 2012: Neuwahlen (neue Gemeinderätin will Projekt sistieren)
Nov. 2012: Mobilmachung der Lobbygruppe
Feb. 2014: Definitiver Baukredit durch Regierung erteilt
Dez. 2015: Fertigstellung
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• Okt. 2008: Lobby-Gruppe (Bündnis gegen Depression, Polizei, Politiker versch.
Parteien, Betroffene, Wissenschaft,, Schule, Care Team, Niedergelassene Ärzte)
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Nov. 2008: Politischer Vorstoss
Dez. 2008: Argumentarium
Mai 2009: Artikel Zeitung
Jun. 2009: Brief an alle Stadträte und 2. politischer Vorstoss
Sep. 2009: Prix Perspective
Dez. 2009: „Verheerende“ Berichterstattung (Zunahme Suizide
Dez. 2009: Beginn Zusammenarbeit Gemeinderätin
Dez. 2009: Schulung Care Team (Patrouillen)
Dez. 2009: Errichtung Provisorische Zäune  Bewilligungsphase
Feb. 2011: Gemeinderate will nur noch 2 anstatt der 3 Brücken sichern
Apr. 2011: Mediengespräch (Politiker, Aktivisten, Uni) um Medien zur
Zurückhaltung zu bewegen
Okt. 2012: Neuwahlen (neue Gemeinderätin will Projekt sistieren)
Nov. 2012: Mobilmachung der Lobbygruppe
Feb. 2014: Definitiver Baukredit durch Regierung erteilt
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Dez. 2015: Fertigstellung
Personenrettungskosten
(Schneider 2007)
• Wieviel Geld setzen wir
ein um ein
Menschenleben zu
retten?
• Bauwerke: 500.000 SFr.
34
Personenrettungskosten
(Schneider 2007)
• Bauwerke: 500.000 SFr. / Menschenleben
• Brücke mit 2 Suiziden pro Jahr
• Abschreibung / Sanierung nach 10 Jahren
• Annahme: 50% aller Suizide werden verhindert
• Verhinderung von 10 Suiziden
 es darf kosten: 5 Mio SFr.
35
Herzlichen Dank!
PD Dr. med. Thomas Reisch
[email protected]
Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern
Sicherung Gebäude
(Vorschlag im
Forschungsbericht)
37
Armee XXI und
Schusswaffensuizide
(Reisch et al., Am J Psy, 2013)
• Wieviel % der Menschen wählen keine
andere Methode, wenn die Schusswaffe
nicht mehr verfügbar ist.
• = Wieviele Suizide wurden verhindert?
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Armee XXI
Einführung
500'000
400'000
300'000
200'000
100'000
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
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Medikamente
Entwicklung der Suizide nach Einführung der Erhängen
Armee XXI
Erschiessen
7.0
Sprung
6.0
Zug
5.0
Linear (Erschiessen)
4.0
Linear (Erhängen)
3.0
Linear (Sprung)
Linear (Medikamente)
2.0
Linear (Zug)
1.0
2008
2007
2006
2005
2004
0.0
40
Armee XXI und
Schusswaffensuizide
(Reisch et al., American Journal of Psychiatry, 2013)
78% wählten keine andere Methode
41