Stellungnahme zur Novellierung des Filmfördergesetzes

Stellungnahme zur Novellierung des Filmfördergesetzes
Gerne übersenden wir als Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) unsere Stellungnahme zum FFG, um in diesem Zusammenhang auf die Prädikate „wertvoll“ und
„besonders wertvoll“ als Förderkriterien einzugehen und die Vorzüge der traditionsreichen Kultureinrichtung FBW hinzuweisen.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass im Diskussionsentwurf der BKM für das neue Filmförderungsgesetz das Prädikat „besonders wertvoll“ als Kriterium in der Referenzfilmförderung aufgeführt wird.
Das Filmförderungsgesetz hat es sich zur Aufgabe gesetzt, Film als Kultur- und Wirtschaftsgut zu fördern. Die Prädikate werden nach filmkünstlerischen Kriterien vergeben1 und dokumentieren einen kulturellen Wert. Sie tragen darüber hinaus zur Wirtschaftlichkeit bei, da sie von den Zuschauern als unabhängige Filmempfehlungen
und Marke für den guten Film verstanden werden. Dies belegt auch eine von der FFA
in Auftrag gegebene repräsentative GfK-Studie zur Bekanntheit und Image beider
Prädikate (Pressemeldung der FFA im Jahr 2012: „Jeder Fünfte achtet darauf“ 2 Der
automatische Einsatz der Gütesiegel auf den Kino-Homepages für über 2.000 Kinoleinwände unterstützt die Filme, der vermehrte Abdruck in der Presse und in den
Social Media schafft darüber hinaus mehr Aufmerksamkeit beim jungen Publikum,
das vermehrt auch die Bewertungen auf der FBW Homepage nachliest (1,145 Mio.
Besuche in 2014 und voraussichtlich 1,5 Mio. Besuche 2015).
Beide Prädikate vereinen so wichtige Grundprämissen und Zielvorgaben der Filmförderung.
Förderung der Vielfalt
Die Jurys der FBW misst Filme nicht an einem abstrakten Kunstbegriff, sondern in
ihrem jeweiligen Genre. Unter den Einreichungen befindet sich die ganze Bandbreite
des Kinos: Vom Debüt, das sich noch einen Namen machen muss, bis zum Publikumsliebling, der vorhersehbar keine Mühe hat, die erforderliche Referenzschwelle
an Besuchern zu überschreiten. Vom Familienfilm über spezielle Genrefilme über
Kinder- und Jugendfilme bis hin zum Dokumentarfilm findet sich alles unter den Einreichungen.
Beispielhaft hier eine Auswahl an prädikatisierten deutschen Filmen: Every Thing
Will Be Fine / Wim Wenders; Victoria / Sebastian Schipper; Democracy – Im
Rausch der Daten / David Bernet; Honig im Kopf / Till Schweiger, Er ist wieder da /
David Wnendt; Elser – Er hätte die Welt verändert / Oliver Hirschbiegel; Ostwind 2 /
Katja von Garnier; Hördur – Zwischen den Welten / Ekrem Ergün; Wir sind jung.
Wir sind stark / Burhan Qurbani
1
2
Bewertungskriterien der Gremien abrufbar unter www.fbw-filmbewertung.com
GfK-Studie der FFA, April 2012
1
Manche Filme sind trotz ihrer hohen Qualität in ihrem Thema oder in der Art der filmischen Umsetzung so speziell, dass man bei ihnen die geringe Anzahl fehlender Zuschauer kompensieren muss. Die Prädikate „wertvoll“ und „besonders wertvoll“ sind
dafür geeignete Indikatoren, da sie mit Augenmaß einer kompetenten Jury vergeben
werden.
Gleiche Chancen für alle Filme
Das unabhängige gutachterliche Verfahren der FBW steht jedem Filmemacher offen.
Es ist frei von thematischen oder programmlichen Vorgaben und Beschränkungen
und kann jederzeit in Anspruch genommen werden, da die Jurys das ganze Jahr
über tagen.
Jeder Film erhält bei den gemeinsamen Sichtung im Kino das gleiche umfassende
Bewertungsverfahren durch ein qualifiziertes Gremium, wird ausführlich diskutiert
und differenziert bewertet. Das Gutachten, das umgehend bundesweit veröffentlicht
wird, schafft zusätzlichen Informationswert und weckt Interesse beim Zuschauer. Die
Erwähnung in der Presse und die vermehrte Nutzung beider Siegel in den Social
Media schafft eine erhöhte Wahrnehmung auch beim jungen Publikum.
Durch die Besetzung der Gutachtergremien mit fünf Filmfachleuten (in stetig unterschiedlicher Besetzung: Festivalleiter, Kinoprogrammmacher, Filmkritiker u.a. Filmprofessionen) und im Falle eines Widerspruchs mit fünf neuen Experten wird vielschichtiges Hintergrundwissen, Kompetenz und Unabhängigkeit sichergestellt.
Aufgrund der regelmäßigen Sichtungen und der durch die Länder stets neu besetzten Jurys ist die FBW in einen demokratischen Prozess eingebunden, durch den die
Chancengleichheit auf allen Ebenen ermöglicht wird.
Statistisches zur Förderung durch ein Prädikat
Nach den von der FFA zur Verfügung gestellten Zahlen wurden von der FFA im Zeitraum von 6 Jahren, 2009-2014, 16 Filme aufgrund einer Auszeichnung mit einem
Prädikat „besonders wertvoll“ gefördert. Also rund 3 Filme pro Jahr.
Wäre das Prädikat „wertvoll“ mit gleicher Förderrelevanz einbezogen gewesen, wären in dieser Zeit 1,8 Filme mehr im Jahr gefördert worden (insgesamt 10 Filme). Es
handelt sich also um einen kleinen, gutachterlich vorsortierten Ausschnitt an Filmen,
der aufgrund des Prädikates „wertvoll“ Referenzmittel erhalten könnte.
Die Kombination aus Kinoerfolg und kultureller Auszeichnung mit einem Prädikat ermöglicht eine gezielte Förderung für ausgewählte Filme. Auch das Prädikat „wertvoll“
steht für die hohe Qualität eines Filmes und wird von den FBW-Fachjurys sehr selektiv vergeben. Gemessen an der Zahl der erstaufgeführten deutschen Langfilme
(Spiel- und Dokumentarfilme), wurden in den letzten Jahren unter 10 % mit einem
Prädikat „wertvoll“ ausgezeichnet.3
3
2012: 24 von 241; 2013: 19 von 236; 2014 20 von 234
2
Das Prädikat „besonders wertvoll“ kennzeichnet die Spitze der Produktion. Durchschnittlich 15 % der erstaufgeführten deutschen Filme wurden von der FBW in den
letzten vier Jahren mit einem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet.4 Die Bemessung an der Gesamtzahl deutscher Filme erscheint hier richtiger als die Bemessung an der Zahl der Einreichung deutscher Filme bei der FBW. Weil die Einreichung
freiwillig und mit einem finanziellen Aufwand verbunden ist, werden bei der FBW nur
aussichtsreiche Filme eingereicht.
Um die kulturellen Aspekte eines Filmes bei der Förderung mit einbeziehen zu können und auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Zuschauerzahlen alleine kein
Kriterium für das Kulturgut Film sein sollten, ist es unerlässlich, die Auszeichnungen
der FBW als Referenzkriterium mit einzubeziehen.
Kurzfilme
Die FBW setzt ein besonderes Augenmerk auch auf Kurzfilme und wird von Kurzfilmemachern unter anderem für die aussagestarken Bewertungstexte besonders geschätzt.
Die Entscheidungen der Gutachter-Gremien über eine Auszeichnung mit einem Prädikat erfolgen unabhängig von jedweden Partikularinteressen und berücksichtigen
ausschließlich die künstlerische Qualität. Die zuweilen entgegen gehaltenen Bedenken, dass die FBW Gebühren erhebt, ändern im Übrigen nichts an der Unabhängigkeit in der Bewertung (durch ehrenamtliche Gutachter). Viele Einrichtungen müssen
für ihre Begutachtung Gebühren erheben, so die FSK, der TÜV oder auch einige
Filmfestivals.
Bereits die Einreichung bei der FBW erfolgt sehr selektiv, wie die Statistik zeigt. In
2014 wurden der FBW von ca. 2.500 produzierten Kurzfilmen 111 Filme zur Sichtung
vorgelegt, das sind 4,4 % der produzierten Filme. Von diesen 111 Filmen wurden 46
Filme mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet und 29 mit dem Prädikat
„wertvoll“. Nicht alle diese Filme haben Anspruch auf Förderung. So listet die
FBW in ihrer Statistik Filme bis 78 Minuten als „Kurzfilme“.
Das von der AG Kurzfilm ausgerufene Ziel, die Förderung auf weniger Kurzfilme zu
beschränken (in 2012 wurde das Ziel 40 Filme genannt), halten wir für zu elitär. Gerade im Kurzfilmbereich sollten auch junge Talente entdeckt und gefördert werden
und nicht nur eine „Meisterschaft“ verfolgt werden.
Die FBW- Gütesiegel sind für die Filmemacher eine wichtige Auszeichnung. Die FBW
stellt auch Kurzfilme besonders heraus. Sie veröffentlicht die ausgezeichneten Kurzfilme in einer eigenen Rubrik auf ihrer Homepage, gibt Kurzfilmempfehlungen über
ihren regelmäßigen Newsletter, spricht Empfehlungen für Festivals aus und sorgt für
die weitere Bekanntmachung und Verbreitung. Über die Social-Media-Leiste bekam
bspw. der Kurzfilm „Krippenwahn“ 275 Weiterempfehlungen über die FBWHomepage.Mit dem Bundesverband Jugend und Film (BJF) hat die FBW bereits die
zweite Kurzfilm-Edition für den Einsatz im Kindergarten bis zur Grundschule herausgegeben (mit medienpädagogischem Material), Fortsetzung folgt. So fördert die FBW
für den Kurzfilm auch alternative Auswertungsformen.
4
2012: 50 aus 241; 2013: 39 von 236 Filmen; 2014: 45 von 234 Filmen
3
Die Homepage ist darüber hinaus ein wichtiges Nachschlagewerk und schafft – für
Kurzfilmemacher besonders wichtig - eine dauerhafte Präsenz: mit umfangreichen
Infos wie Inhaltsangabe, Bewertung, Bildmaterial, wichtige Kontaktinfos.
Die Erhöhung der Eingangsschwelle auf 15 Punkte hat sich als gutes Instrumentarium erwiesen, mit dem man Spitzenförderung steuern kann. Die Prädikate sollten wegen der angestrebten Qualitätsförderung in Zukunft auch bei den Kurzfilmen Teil des
Gesamtbewertungskonzeptes für die Filmförderung durch die FFA sein. Das Prädikat
„besonders wertvoll sollte mit 10 Punkten das Prädikat „wertvoll“ sollte mit 5 Referenzpunkten anerkannt werden. Beide Referenzkriterien führten entsprechend nur in
Verbindung mit weiteren erworbenen Punkten zu einer Förderung.
Wir bitten Sie, unsere Argumente bei der Novellierung des FFG mit zu berücksichtigen.
4
ZIELE, AUFGABEN und SCHWERPUNKTE der FBW
Das FBW-Prädikat – ein „Pokal in Wortform“
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) wurde im August 1951 als gemeinsame
Einrichtung aller Bundesländer zum Zweck der Filmförderung ins Leben gerufen. Das Herzstück der Institution bildet die Arbeit in den Jurys, in denen von Beginn an maßgebliche Kulturschaffende an der Auslegung und Weiterentwicklung der Bewertungsmaßstäbe beteiligt
sind. Heute besteht der Pool aus 85 Gutachtern, die in wechselnder Zusammensetzung alle
zwei bis drei Wochen zu fünft zusammenkommen und aus verschiedensten Bereichen der
Medienbranche ihre Expertise einbringen, darunter Kinobetreiber, Festivalleiter, Medienpädagogen und Filmjournalisten. Seit jeher gelten die von der FBW vergebenen Prädikatssiegel Filmemachern als hohe und begehrte Auszeichnung. Die „Pokale in Wortform“ (Florian
Henckel von Donnersmarck) verschaffen ihrem Talent Aufmerksamkeit.
Die Marke als unabhängige Filmempfehlung
Im Jahr 2009 stellte sich die FBW mit neuem inhaltlichen Konzept und modernem Außenauftritt den Erfordernissen der modernen Medienlandschaft. Mit ihrer breit aufgestellten Presseund Öffentlichkeitsarbeit, durch die sie die Bewertungen noch vor Kinostart der interessierten
Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, trifft sie das allgemeine Bedürfnis nach unabhängigen
Filminformationen. Dies zeigt die stetig wachsende Zahl an Visits der FBW-Homepage
(2014: 1,145 Millionen). Mit ihren Bewertungen liefert die FBW wichtige Beiträge zum allgemeinen Diskurs über Film und Medien, indem sie die Begründungen in Branche und Presse
vernetzt und das Prädikat als Marke im öffentlichen Bewusstsein verankert. Ein wesentlicher
Schwerpunkt ist die Förderung des qualitativ herausragenden Kinder- und Jugendfilms. Medienbildung und die Herausstellung lohnender Filme ist ihr dabei eine vordringliche Aufgabe. Hier sind insbesondere das unter anderem von der FFA geförderte Projekt „Jugend
Filmjury“ (für 5-14-Jährige) sowie die beiden mit medienpädagogischem Material versehene
„Kurzfilm-DVD für Kinder“ (für 4-10-Jährige) zu nennen, die die FBW in Zusammenarbeit
mit dem Bundesverband Jugend und Film herausgibt.
„Besonders wertvoll“ beim jungen Publikum hoch im Kurs
Durch die hohe Akzeptanz und seine Bekanntheit ist das Gütesiegel für Produzenten und
Verleiher zum wichtigen Instrument im Filmmarketing geworden. Insbesondere ArthouseFilme und deutsche Produktionen profitieren von den Möglichkeiten, die eine FBWAuszeichnung, neben der Referenzfilmförderung, bietet. Dies zeigt die nähere Betrachtung
der aktuell meistbesuchten Filme auf der FBW-Homepage sowie die Nutzung der Social Media Buttons zur Weiterempfehlung: Mit den Filmen UND MORGEN MITTAG BIN ICH TOT,
SAPHIRBLAU und NYMPHOMANIAC stehen gleich drei deutsche Produktionen bzw. mit
deutscher Produktionsbeteiligung an der Spitze. Die Liste der Filmtitel zeigt, dass sich unter
den mittlerweile bis zu 7.000 Besuchern täglich auch viele junge Zuschauer über ausgezeichnete Filme informieren und die Empfehlungen der Jury mit ihrer Peer-Group teilen.
Durch die große Bandbreite unterschiedlicher Filme und Genres, die die FBW auszeichnet,
fördert die FBW die Programmvielfalt. Ihre unabhängigen Bewertungen leisten somit einen
wichtigen Beitrag für eine lebendige Film- und Kinokultur in Deutschland.
Wiesbaden, 7. Dezember 2015
Deutsche Film- und Medienbewertung
5