Nicht Arbeiter gegen Arbeiter!

Kolleginnen und
Kollegen, Einigkeit ist unsere Stärke!
Herausgeber: DKP und Gruppe KAZ www.betriebsaktiv.de l 8. Dezember 2015
Krauss-Maffei Wegmann: Mit der Fusion
KMW-Nexter entsteht ein Rüstungsriese ....... 4
Siemens: Der Abbau rollt an, der Interessenausgleich liegt auf dem Tisch...................... 4
Deutsche Telekom: Droht das Schicksal der
Weber?...................................................... 5
IG Metall akzeptiert Leiharbeit als Instrument
der Kapitalisten.......................................... 6
Krankenhäuser: Nur nicht lange liegen
bleiben...................................................... 7
Nicht Arbeiter gegen Arbeiter!
Gemeinsam mit den Flüchtlingen!
Gegen Regierung und Kapital!
Die Willkommenskultur ist endgültig vorbei. In den Regierungsparteien
wird nur mehr darum gestritten, wie
man einen großen Teil der hier Asyl Suchenden wieder los wird und wie man
es schafft, dass nur mehr erwünschte
Flüchtlinge den Boden dieses Staates
betreten. Nicht ob, sondern wo man die
Grenzzäune hochzieht, ist inzwischen
Streitthema. So soll z.B. die Türkei für
ein paar Milliarden Euro die Flüchtlinge abhalten, hierher zu kommen - bekanntlich ein Staat, dessen Regierung es
nicht so ernst nimmt mit den demokratischen Rechten. Nicht deutsche Polizisten
machen sich dann die Hände blutig bei
der Flüchtlingsabwehr, sondern türkische. Der Nachzug von Kindern, Frauen, Männern soll unterbunden werden,
obwohl man sonst doch die Familie so
hoch hält. Doch das gilt offensichtlich
nur für die deutsche Familie. Diejenigen, die es geschafft haben, hierher
zu kommen, werden in Sammellagern
zusammengepfercht und dort praktisch
festgehalten. Sie werden zu weitgehend
rechtlosen Menschen zweiter Klasse degradiert. Vorurteile werden so nicht bekämpft, sondern geschürt. All das stärkt
den braunen Mob, der sich bei Aufmärschen sammelt, stärkt die faschistischen
Banden, die Flüchtlingsunterkünfte anzünden, Menschen einschüchtern, verletzen, ermorden, stärkt den Rechtsruck
in dieser Republik. Es ist also für jede
Kollegin, jeden Kollegen dringend geboten, gegen die Vorurteile anzukämpfen, egal, wo man sie antrifft.
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8.12.2015
Nicht Arbeiter gegen Arbeiter! Gemeinsam mit den Flüchtlingen!
Gegen Regierung und Kapital!
„Das Boot ist voll, die Aufnahmekapazität erreicht“
So wird von Pegida über die CSU bis zur
Springerpresse (Bild) gehetzt. Dazu ein
paar nüchterne Zahlen:
In der BRD leben 227 Einwohner pro
Quadratkilometer, in Holland 405, also fast
doppelt so viele. Besondere Verwerfungen
aufgrund der „Enge“ sind nicht bekannt.
Weiter: Nach dem zweiten Weltkrieg
kamen rund sieben Millionen Menschen
aus den einstmals deutschen Ostgebieten
nach Westdeutschland. Damals war das
Land vom Krieg zerstört, die Wirtschaft
lag am Boden. Doch keiner schrie: „Das
Boot ist voll!“
Zwischen 1949 und 1990 verließen 3,8
Millionen Menschen die DDR in Richtung
Westdeutschland. Keiner hetzte „Unsere
Aufnahmekapazität ist erreicht“. Ganz im
Gegenteil: Sie wurden geradezu angelockt,
weil die Kapitalisten gut ausgebildete
Fachkräfte brauchten und man der DDR
so schaden konnte. Zusätzlich wurden
zwischen 1955 und 1973 2,6 Millionen
Arbeiter aus der Türkei, Italien, Griechen-
land, Jugoslawien und anderen Ländern als
billige Arbeitskräfte angeworben.
Nach 1990 kamen rund drei Millionen
sog. deutschstämmige Menschen aus der
ehemaligen Sowjetunion in die BRD.
Keiner hat all das überhaupt so richtig
gemerkt. Dieses Land ist nicht ärmer geworden in all der Zeit, sondern sehr viel
reicher. Dass ein großer Teil des Reichtums
in den Händen sehr weniger kleben bleibt
hat nichts mit Einwanderern zu tun, sondern mit unserer Gesellschaftsordnung.
„Die Flüchtlinge nehmen uns die Wohnungen weg“
Über die sozialen Netzwerke wurden
Meldungen verbreitet, alteingesessene
Mieter hätten ausziehen müssen, weil die
Kommunen in ihren Wohnungen Flüchtlinge unterbringen wollten. Das sorgte
sofort für helle Aufregung. Selbst wenn
diese Meldungen stimmten, sind nicht die
Flüchtlinge dafür verantwortlich, sondern
diejenigen, die diese Entscheidung getroffen haben. Was sind das für Beamte, die
so den Hass zwischen uns und den Menschen aus anderen Ländern säen wollen?
Warum beschlagnahmen sie nicht leer
stehende Wohnungen, Zweitwohnungen,
Villen? Warum wird nicht beschlossen,
dass Hotels einen Teil ihrer Zimmer zur
Verfügung stellen müssen? Denn wirklich
skandalös ist es doch, wie die hier Schutz
Suchenden in der Regel untergebracht
sind: in Zeltstädten, Turnhallen, Fabrikhallen, billigst gebauten Flüchtlingsheimen,
auf engstem Raum. Damit sind sie nicht
nur gut erkennbare Zielscheibe für das
Faschistenpack. Die Enge und fehlenden
Rückzugsmöglichkeiten bringen auch
Auseinandersetzungen zwischen den hier
Schutz Suchenden hervor. Das fördert
gleich weitere Vorurteile. Wäre es bei uns
anders, wenn wir so leben müssten?
Ja, es stimmt, dass es jetzt schon viel
zu wenige bezahlbare Wohnungen gibt.
Doch dafür sind die Flüchtlinge auch
nicht verantwortlich. Verantwortlich ist
dafür dieser Staat, der sich aus dem Bau
von bezahlbaren Wohnungen völlig verabschiedet hat. Seit 2007 werden kaum mehr
Sozialwohnungen gebaut. Verantwortlich
sind die Kapitalisten, die mit dem Bau
von Wohnungen kein anderes Ziel haben
als mit dem Bau von Autos, Panzern oder
Kühlschränken: möglichst hohen Profit
zu erzielen. Von den 6 Millionen Sozialwohnungen, die es einmal gab, sind noch
ganze 1,4 Millionen übrig. Jährlich fallen
60.000 weitere Wohnungen aus der Sozialbindung, die einst mit steuerlichen Mitteln
finanziert worden sind. D.h. die Immobilienkapitalisten können dann genau so hohe
Mieten verlangen wie für Wohnungen, die
nicht mit unseren Steuermitteln subventioniert worden sind.
Dass, wenn es politisch gewollt ist,
schnell Wohnungen gebaut werden können, zeigt die Geschichte. Für die Millionen Menschen, die nach dem Krieg aus
Polen oder der Tschechoslowakei nach
Westdeutschland umsiedeln mussten,
wurden ganze Kleinstädte hochgezogen.
Traunreut und Waldkraiburg in Oberbayern sowie Neugablonz im Ostallgäu sind
Beispiele dafür. Finanziert wurde dies
durch einen sog. Lastenausgleich, der
bedeutete, dass Vermögende bis zu 50 Prozent ihres Vermögens über Jahre gestreckt
abgeben mussten.
„Die Flüchtlinge nehmen uns die Arbeitsplätze weg“
Die Arbeitsplätze gehören uns nicht. Sie
gehören den Kapitalisten, bei denen wir
beschäftigt sind. Diese vernichten Arbeitsplätze, z.B. dann, wenn sie den Profit, den
unsere Arbeit ihnen schafft, nicht mehr realisieren können, wenn sie also ihre Waren
nicht mehr verkaufen können. Es sind also
die Kapitalisten, die uns notfalls auf die
Straße setzen, nicht Flüchtlinge. Auch ob
die Erwerbslosigkeit hoch oder niedrig ist,
hängt nicht davon ab, wie viele Menschen
in dieses Land einwandern, wie die Zahlen
oben zeigen. Es hängt davon ab, ob und
in welchem Ausmaß die Kapitalisten Profit erzielen können, wenn sie ihr Kapital
in vorhandene oder neue Fabriken oder
sonstige Unternehmen investieren.
Es sind auch nicht die Flüchtlinge, die
die Löhne drücken. Es sind verschiedenste Kapitalvertreter und ihnen ergebene
Wissenschaftler, die die Chance nutzen
wollen, um den Mindestlohn zu unterlaufen. Sie begründen diese Verschärfung
der Ausbeutung mit dem scheinheiligen
Argument, die Asyl Suchenden möglichst
schnell „integrieren“ zu wollen.
Doch wie alle Warenverkäufer sind die
Arbeiter untereinander Konkurrenten,
wenn sie ihre Arbeitskraft verkaufen wollen bzw. müssen. Wenn es zu viel von dieser Ware Arbeitskraft gibt, drückt das die
Preise. Das ist so in kapitalistischen Gesellschaften. Damit sie sich nicht gegenseitig
unterbieten und schließlich so schlechte
Arbeitsbedingungen haben und so wenig
Lohn bekommen, dass sie nicht mehr überleben können, haben die Arbeiter sich einst
in politischen und gewerkschaftlichen
Organisationen zusammengeschlossen.
Sie haben erkannt, dass sie Regierung und
Kapital nur gemeinsam und nicht gegeneinander Bedingungen abtrotzen können,
die wenigstens ein bescheidenes Überleben
zulassen. Diese Erkenntnis ist heute so
dringend notwendig wie damals.
Führen wir also in den Gewerkschaften
die Auseinandersetzung darum, dass die
hier Schutz Suchenden als Gewerkschaftskollegen aufgenommen werden und wir
gemeinsam kämpfen können!
ngr
Keine Ausnahmen vom Mindestlohn! Verbot von Leiharbeit und Werksverträgen!
Ausreichend billige Wohnungen – die Reichen sollen zahlen!
3
8.12.2015
Pegida in München: Chancenlos
Als Antifaschist hat man es nicht leicht in
diesem Land. Den Neonazis lassen Behörden und Polizei freie Hand und die Linken
werden kriminalisiert. Aber manchmal gibt
es auch Grund zur Freude.
Am 9. November diesen Jahres, dummerweise ein geschichtsträchtiger Montag,
hatten die Organisatoren von Pegida
München die Unverschämtheit, ihre wöchentliche Hetzkundgebung ausgerechnet
am Odeonsplatz anzumelden, einschließlich eines ,,Spaziergangs“ zum Siegestor.
Diesen Ort hatten sie gewählt in Erinnerung an den Hitler-Putsch 1923, der von
der Polizei damals an der Feldherrnhalle
gestoppt worden war. Natürlich leugneten
die Anmelder diesen Zusammenhang.
Doch da bei Pegida München fast nur noch
bekennende und bekannte Nazis mitlaufen,
war die Absicht klar.
Das KVR untersagte die Kundgebung an
diesem ,,historisch sensiblen Ort“. Daraufhin meldete Pegida als Kundgebungsort
die Münchner Freiheit an. Von dort wollten
sie in umgekehrter Richtung zum Siegestor
marschieren.
Das KVR reagierte wieder mit einem Verbot.
Das Verwaltungsgericht indes erlaubte die
Kundgebung wie üblich mit der Begründung
des ,,hohen Gutes der Versammlungsfreiheit“.
lnzwischen hatte das Bündnis ,,München ist
bunt“ eine Protestveranstaltung am Odeonsplatz angemeldet, zu der sich ca. 3.000
Menschen einfanden. Da standen normale
Münchner Bürgerinnen und Bürger, keine
,,Berufsdemonstranten“, und sangen
zum Abschluss gemeinsam das Lied der
Moorsoldaten. Die meisten machten sich
anschließend auf den Weg zur Münchner
Freiheit, wo sich ca. 150 Pegida-Leute
innerhalb der von der Polizei aufgestellten
Gitter versammelt hatten. lhre rassistischen
Reden und Parolen gingen in den Sprechchören der Gegendemonstranten unter.
Spontane Sitzblockaden wurden von der
Polizei erstaunlicherweise toleriert. Dank
unseres massiven Protestes blieben die
Gitter geschlossen: Der Marsch zum Siegestor fand nicht statt. Die Nazis mussten
geschlagen abziehen.
nI.K.
❏ Ich will die
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4
8.12.2015
Krauss-Maffei Wegmann: Der Tod aus München
Mit der Fusion von KMW und Nexter entsteht ein Rüstungsriese mit zwei Milliarden Umsatz
I
m Münchner Stadtteil Allach
befindet sich das letzte und
einzige Rüstungsunternehmen
mit der Systemkompetenz für
Panzerbau in der westlichen
Welt. 1 Die Fusion von KraussMaffei Wegmann (KMW) mit dem
französischen Rüstungskonzern
Nexter Systems ist besiegelt. Ein
Rüstungsriese mit 2 Milliarden
Umsatz und 6.000 Beschäftigten
entsteht.
Nexter ist ein Staatsbetrieb, der
nun privatisiert wird. Hier wurde
der Panzer „Leclerc“ gebaut,
der aber ausgelaufen ist. Er war
Konkurrent des KMW-Panzers
“Leopard“.
Solche Fusionen haben erstmal
nichts mit Kriegslüsternheit zu
tun, sondern werden notwendig, um den Monopolprofit bei
sinkenden Erträgen zu sichern.
Sehr offen drückte das Bernhard
Gerwert, der Chef der Airbus
Rüstungssparte, aus: „Uns kann kein nationaler Verteidigungshaushalt finanzieren“.2
So gilt das auch für „Kant“3, wie sich das
deutsch-französische Panzerprojekt nennt
– ein Airbus für den Boden soll entstehen.
Globaler Markt ist eröffnet
Der Leo ist seit den 1970er Jahren ein Exportschlager. Fast alle Nato-Staaten wurden beliefert. Auch die reichen Ölstaaten
sind begierig. Allerdings scheiterte ein Deal
mit Saudi-Arabien über 200 Panzer wegen
der deutschen Beschränkungen beim Rüstungsexport in so genannte Krisengebiete.
Das ist historisch bedingt und schmälert
den Profit der Rüstungsmonopolisten.
Frankreichs Rüstungskonzerne kennen
solche Beschänkungen nicht. Sie sorgen
für ein Drittel der Exporte ihres Landes.4
Durch die Fusion kann nun mit dem Umweg über den französischen Partner dieses
Hemmnis der Profitmaximierung umgangen werden. Der Sitz des neuen Konzerns
ist übrigens in Amsterdam.
Kriegsfähigkeit wird gestärkt
Die Kriegsfähigkeit des deutschen Imperialismus wurde mit den Einsätzen in Afghanistan erprobt. Dort kamen auch Leos und
Panzerhaubitzen von KMW zu robustem
Einsatz. Nicht siegreich zwar, aber es war
ein Schaufenster für die Münchner Rüstungsfabrik.
Die Fusion wird ermöglichen, das Arsenal der Bundeswehr zu modernisieren.
Schon lange tönen die Rufe der Militaristen nach Ablösung des 40 Jahre alten
Leo-Konzepts. Die Kosten müssen nun die
französischen und die deutschen Werktätigen gemeinsam tragen.
Der neue Panzer soll autonom fahren
können und wird so vernetzt sein
wie derzeit die Automobile der
Premiumklasse. Und ebenso leicht
bedienbar. Die Neuentwicklung
wird sich vor allem auf den Leo 2
stützen; ein Prototyp – noch unter
dem Namen Leo 3 – steht schon
bereit. Der Tod aus München wird
auf dem neuesten technischen
Stand sein.
Keiner komme und sage, Panzer seien nicht mehr zeitgemäß.
Der US-Imperialismus hat 2003
den Irak überfallen mit einem
Wüstenkrieg, bei dem Panzer
eine wichtige Rolle spielten. Seit
27.November ist jetzt die Bundeswehr im Krieg mit Luft- und
Seeunterstützung an der Seite
des französischen Imperialismus.
Deutschland will nicht beiseite
stehen, wenn es um die Neuaufteilung des Nahen Ostens geht.
Die Kriegstreiber aller beteiligten
Staaten reden schon vom möglichen Einsatz von Bodentruppen. Ein neuer
Feldversuch für die Waffenbrüder KMW
und Nexter tut sich auf.
nkrn
1 Münchner Merkur 29.7.2015
2 Handelsblatt 23.4.2015
3 „KMW and Nexter Together“
4 Süddeutsche Zeitung 29.7.2015
Panzer für den Nahen Osten
Noch unter der CDU/FDP-Regierung
konnte KMW 62 Leopard-Panzer und
24 Panzerhaubitzen auf Leo-Basis im
Wert von 1,9 Milliarden Euro an Katar
verkaufen. Nun hat der Ölstaat weitere
drei Dutzend angefordert. 70 Leo hat
Oman bestellt. Das Pulverfass Naher
Osten wird also mit schweren Waffen
aus München beschickt.
(Spiegel online 12.11.2015)
Der Abbau bei Siemens rollt an
Nach der Übernahme von DresserRand (USA) werden die Abbaupläne konkret
E
in Interessenausgleich „PG 2020“ (für
Power & Gas) ist auf dem Tisch. Doch
die Kollegen wehren sich!
700 zogen zu einer Protestkundgebung
in die Innenstadt von Frankenthal (Rheinland-Pfalz). Die geplante Verlagerung
der Fertigung von Turbinen nach Brno
(Tschechien) bedeutet 200 Arbeitsplätze
weniger. 70 Kollegen der Siemens Gasification Technology in Freiberg (Sachsen)
stehen vor dem Aus. Sie übergaben auf der
Betriebsräteversammlung der Siemens AG
am 19.11. der Konzernleitung 5.000 Protestunterschriften. In Duisburg sollen 350
von 2.600 Arbeitsplätzen abgebaut werden.
Ebeno betroffen sind die Standorte Berlin und Essen. In Berlin beteiligten sich
die Kollegen bereits neunmal an einem
„Lunchwalk“, einem Protestmarsch während der Mittagspause.
950 von 5.000 Stellen der Turbinen- und
Generatorenfertigung in Mülheim sind
bedroht. Auf Protestkundgebungen bekräftigten die Kollegen, „... um jede einzelne
Stelle zu kämpfen“.
nkrn
(mehr lesen: SiemensDialog,
www.dialog.igmetall.de/nachrichten/)
Droht der Telekom das Schicksal der Weber
Überlastung in den T-Shops
Auf der Betriebsversammlung der T-Shops
beklagten sich die Beschäftigten über die
andauernde Überlastung.
Die Telekom hat zur Abhilfe ein Wartezeitsystem für die Kunden entwickelt.
Zugleich will die Telekom die Ausbildungsquote weiter absenken und weniger
Auszubildende im Vertrieb beschäftigen. Besonders betroffen sind dabei
die kleineren T-Shops in der Fläche.
Die Kunden sollen in der Zukunft an
einem Automaten Wartenummern ziehen
und auf ihren Aufruf zum Verkäufer vorgeladen werden.
Maschinen ersetzen – der Kundenservice
bleibt auf der Strecke.
Mitgliederversammlungen
zur Tarifrunde 2016
Der Verdi-Bundesfachbereichsvorstand
hat eine Empfehlung für die Tarifrunde
2016 im Telekom Konzern beschlossen. 4,5
Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten
wird den Kollegen zur Annahme empfohlen. Zusätzlich soll eine Verlängerung des
Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen verhandelt werden.
Der Münchner Verdi-Bezirksfachbereich
fordert zusätzlich einen Ausgleich wegen
der besonders hohen Lebenshaltungskosten in München. Die Mietpreise sind dabei
die größten Kostentreiber. Immer mehr
bezuschusste Wohnungen fallen aus der
Mietpreisbindung. Zugleich zentralisiert
die Telekom immer mehr Aufgaben in
Großstädten zu Lasten der Arbeitsplätze
in der Fläche.
Verdi-Aktionswoche „Gute Arbeit –
Arbeiten ohne Druck“
Unter dem Motto „Was drückt Dich?“
führen Betriebsräte vor Ort in ganz Bayern
Aktionen und Umfragen durch.
Zu Gesprächen mit Kolleginnen und
Kollegen über die Stresssituationen an
den jeweiligen Arbeitsplätzen wurde
auch über die grade laufende Tarifrunde
und drohende Standortschließungen,
die den Innendienst betreffen informiert.
Den Anwesenden wurden Kaffee und
Kuchen sowie vitaminreiche Säfte zur
Stärkung spendiert.
DTTS-Betriebsversammlung
in Ingolstadt
Eigentlich sind es immer wieder die
gleichen Themen: Zu wenig Personal,
Schließung und Verlagerung von Arbeitsplätzen, Rechenschaftsberichte der Kapitalseite, Tätigkeitsberichte der Betriebsräte.
Diesmal schien es so, als hätte sich die
Geschäftsleitung auf ein altes Hobby des
Kapitals besonnen. Irgendwie war durchgesickert, daß die Teamleiter zur Meldung
von „Lowperformern“ und „Highperformern“ aufgefordert wurden. Schwerbehinderten wurde gesagt, „sie hätten zu viele
Krankheitstage“. Kollegen, die andauernd
pünktlich und vertragsgemäß ihre Arbeit
verrichteten, sollten „einmal genauer angeschaut werden“, wenn sie sich nicht zu
freiwilliger Samstagsarbeit und zu Überstunden bereit zeigten. Bei der Nachfrage
blieb der Vertreter der Kapitalseite mit
seinen Antworten schmallippig, lediglich
die Drohung an die Schwerbehinderten
dementierte er.
Als Referent des Tages war Prof. Alexander Markowetz, Uni Bonn, mit dem
Thema des „digitalen Burnout“ eingeladen. An Hand der von ihm untersuchten
Handynutzung zeigte er mögliche Konsequenzen. Er zeigte z.B. die Mechanismen
der „Aufmerksamkeitsökonomie“ auf. Sein
Tipp, z.B. handyfreie Schlafzimmer-Zone
einzurichten, führte zu zustimmenden
Schmunzeln der Zuhörer. (Wer kennt
das Lied: „Statt im Ehebett war er im
Internet?“)
Die Unternehmen warnte er, die dauernde Ablenkung würde die Produktivität
drastisch senken und die Krankheitskosten
auf ungeahnte Höhen treiben.
Markowetz schilderte viel Wichtiges und
Wahres, was die digitale Kommunikation
betrifft. Als er aber sein unmittelbares Fachgebiet verließ, geriet er auf die Rutschbahn.
In flapsiger Rede führte er die Anschläge
des IS auf Defizite in der Aufmerksamkeitsökonomie zurück. Den ökonomischen
Niedergang der Weber, die Weltwirtschaftskrise, die Weltkriege bezeichnete er als
„schlecht gemanagte Begebenheiten“. Als
Gegenüber stellte er die kreative intellektuelle Person heraus, die, wenn es nur alle
verstehen würden, das neue Zeitalter hervorbringen könne. Voraussetzung sei eine
gewisse „Druckfreiheit“ des Beschäftigten,
damit er Kreativität entwickeln könne.
Leider hatten weder die Beschäftigten
noch die Betriebsräte dem etwas entgegenzusetzen.
Dass Geschichte kein Managementproblem, sondern die Abfolge von Klassenkämpfen ist, hat Karl Marx bewiesen,
aber das scheint vergessen worden zu sein.
Auch die digitale Revolution, die ja viele
Arbeitsplätze verschwinden lassen wird,
ist kein technisches, sondern ein Klassenkampfproblem. Die Kapitalisten werden
Überzählige entlassen und versuchen
den Profit für sich alleine einzuheimsen.
Deshalb ist der gewerkschaftliche Kampf
um die 30-Stunden-Woche auf gesetzlicher
Grundlage einer der wichtigsten ersten
Schritte.
nErnst Stadtler
6
8.12.2015
SDAJ solidarisiert
sich mit der
EVG-Jugend!
Rolle rückwärts auf Gewerkschaftstag
IG Metall akzeptiert Leiharbeit als Instrument der Kapitalisten
zur Spaltung der Belegschaften
A
uf dem jüngst vergangenen Gewerkschaftstag der IG Metall kam ja
Ungeheuerliches zu Tage. Eine Kollegin
Delegierte sprach zu den Verbotsanträgen
aus verschiedenen Verwaltungsstellen.
Sie verurteilte in ihrem Beitrag, dass „die
Arbeitgeber prekär Beschäftigte ausnutzen … Deshalb müssen wir als IG Metall
aufstehen und sagen: Schluss mit der
Leiharbeit!“
Die Antragsberatungskommission sah
sich genötigt, dazu Stellung zu nehmen.
Die Anträge, die IG Metall müsse sich für
ein Verbot der Leiharbeit einsetzen, müssten abgelehnt werden. Sie beschied den
485 Delegierten: „... Es ist doch so, dass
wir die Leiharbeit als Instrument akzeptiert
haben … Deshalb setzt sich die IG Metall
für die Verbesserung der gesetzlichen und
tariflichen Regelungen ein. Aber ein Verbot der Leiharbeit steht aus unserer Sicht
nicht zur Debatte. Das ist aus rechtlichen
Gründen auch gar nicht möglich. Das
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz war bis
1967 nur im Rahmen des Arbeitsvermittlungsmonopols der Arbeitsämter zulässig.
Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1967 wurde das Verbot
Herausgeber:
DKP und Gruppe KAZ
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:
Jörg Högemann=Kellerstr. 28=81667 München
Mail: [email protected]
www.betriebsaktiv.de
Druck: Eigendruck im Selbstverlag
der privaten Arbeitnehmerüberlassung mit
der Begründung gekippt, dass dies gegen
das Grundrecht auf freie Berufswahl aus
Artikel 12 des Grundgesetzes verstoße.
Aufgrund der Freigabe der Leiharbeit nach
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des in Folge entstehenden
Wildwuchses wurde 1972 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verabschiedet.“
Dabei übergeht die saubere Kommission,
was der vorige Gewerkschaftstag 2011 beschlossen hatte: „Die IG Metall wird nicht
nachlassen, langfristig für die Zielsetzung
eines Verbots der Leiharbeit in ihrer jetzigen Form entsprechend einzutreten.“1
Das Kampfziel bleibt
Es wird nicht nur dieser Beschluss missachtet. Mit der Begründung wird die
Tätigkeit der gewerbsmäßigen Arbeitsvermittler als Beruf erkannt. Die Kollegen bei
BMW und anderswo bezeichnen die als
Sklavenhändler! Der einzige Wert dieser
Zeitarbeitsfirmen ist doch der, die Geilheit
der Kapitalisten auf flexible Arbeitskraft zu
befriedigen. Eben so gut könnte man die
Zuhälterei zu einem Beruf erheben.
Was da den Delegierten der größten
Industriegewerkschaft der Welt verpasst
wurde, ist natürlich ein fürchterlicher Unsinn. So, als ob Gesetze nicht veränderbar
seien, als ob Leiharbeit sich nicht wieder
verbieten ließe. Dazu gehört natürlich,
dass wir gemeinsam mit den Leiharbeitern
den Kampf organisieren und das Verbot
in der IG Metall, in den anderen DGBGewerkschaften und im Betrieb zum
ernsthaften Kampfziel machen.
nkrn
1 Tagesprotokoll des Gewerkschaftstages vom
23.10.2015. Hervorhebungen durch die Redaktion.
„Seit April wird der NachwuchskräfteTarifvertrag der EVG mit der Deutschen
Bahn AG verhandelt. Der Tarifvertrag
wurde erstmalig 2010/11 eingeführt und
befindet sich momentan in der zweiten
Phase. Im Tarifvertrag wurden Regelungen zur unbefristeten Übernahme im DB
Konzern, Zuschüsse zu Lernmitteln und
zusätzliche Freistellungen vor Prüfungen
abgeschlossen. Bei der jetzigen Tarifauseinandersetzung sind die zwei wesentlichen
Forderungen, zum einen ein Mietkostenzuschuss für Azubis in Höhe von 350 EUR p.
M. und zum anderen eine Mobilitätszulage
für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von 150 EUR.“
Die SDAJ weist darauf hin, dass eines der
wesentlichen Probleme wegen des Zögerns
der DB-Führung die Abkopplung der Verhandlungen von den bereits vergangenen
Entgeltverhandlungen der EVG ist. Das
bedeutet, dass ein gemeinsamer Streik der
ArbeiterInnen mit den Azubis für gemeinsame Interessen nicht möglich ist. Somit wird
die Solidarität innerhalb der Gewerkschaft
bzw. Belegschaft geschwächt. Diesen Nachteil für die Auszubildenden nutzt der DBKonzern aus, um innerhalb der Belegschaft
zu spalten. In der Erklärung wird festgestellt,
dass es bislang keine öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten der „Gesamt-EVG“ gab
und dadurch die EVG ihre Verhandlungsmacht nicht nutzt. Die EVG hinterlässt somit
einen „sozialpartnerschaftlichen Eindruck“.
Bei den Lohnverhandlungen zwischen EVG
und DB hat man gemerkt, wie schnell der
DB-Konzern innerhalb weniger Tage ein
Angebot machen kann, wenn sonst ein
Streik der EVG „droht“.
Es ist eine Errungenschaft für die Azubis
der DB, einen Nachwuchskräfte-Tarifvertrag
zu haben. Das gibt es ja sonst nirgendwo.
Aber wie in allen Fällen versuchen auch hier
die Konzernchefs diese Errungenschaft der
DB-Belegschaft sich zu eigen machen und
für ihren Vorteil auszunutzen. Deswegen erklärt sich die SDAJ solidarisch mit der EVGJugend im Tarifkampf und unterstützt sie bei
Aktionen vor Ort. Die SDAJ fordert von der
EVG, dass sie „der Bitte der jugendlichen
Beschäftigten in der EVG um eine gemeinsame Tarifauseinandersetzung nachkommt
und den Nachwuchskräfte-Tarifvertrag nicht
als Nebensache priorisiert“. Denn Stärke
entwickelt sich nur durch eine geschlossene
Einheit, die in Tarifauseinandersetzungen
notwendig ist. Nur ein gemeinsamen Willen
bringt auf den Bahnhöfen große Stille!“
Quelle: www.sdaj-muenchen.net
7
8.12.2015
E
s gab einmal eine Zeit, da konnte jeder
bei Krankheit in eine Klinik gehen und
die Krankenkasse bezahlte die Behandlung. Es ist noch gar nicht so lange her....
Die erste Verschlechterung, bereits
in den 80er Jahren, war die Einführung
einer Zuzahlung. Für jeden Tag in der
Klinik musste gezahlt werden. Ziel war,
die Zeiten, die Kranke in Krankenhäusern
verbringen, zu verkürzen.
Bis heute ging das kontinuierlich so
weiter; mittlerweile gibt es Wartezeiten
für planbare Behandlungen, die Monate
betragen können. Patienten werden nach
möglichst kurzer Liegedauer entlassen,
ohne dass eine Versorgung danach sichergestellt ist. Und öffentliche Kliniken
geraten immer weiter in wirtschaftliche
Schwierigkeiten.
Nur nicht lange liegen bleiben
Dabei sollten sie durch alle getroffenen
Maßnahmen wirtschaftlicher werden.
Der große Schnitt für die öffentlichen
Kliniken war die Einführung der Fallpauschale. Fallpauschale bedeutet, dass
beispielsweise für eine Blinddarmoperation immer und überall der gleiche Satz
gezahlt wird, unabhängig davon, ob es
ein schwieriger oder ein leichter Fall war,
oder ob die Klinik in einer Region mit
hohen oder niedrigen Lebenshaltungskosten steht. Die öffentlichen Kliniken
sollten im Wettbewerb mit den privaten
stehen, hatten aber von vorneherein ein
entscheidendes Handicap: Private Kliniken können Patienten, die ihnen zu teuer
zu werden versprechen, schlicht ablehnen;
öffentliche können das nicht.
Die Fallpauschalen sollen die Behandlungskosten eines konkreten Krankheitsfalls decken. Alles, was sonst in einer
Klinik benötigt wird, die Erhaltung der
Gebäude beispielsweise, sollte durch
Investitionszuschüsse der Bundesländer
gedeckt werden. Sollte; kaum ein Bundesland ist seinen Verpflichtungen bisher
nachgekommen. Also muss entweder
das Geld aus den Fallpauschalen auch
noch manche unabwendbare Investition
abdecken, oder es muss von außen Geld
zugeschossen werden, im Regelfall vom
öffentlichen Träger.
Weil die Fallpauschalen tatsächlich oft
nicht ausreichen, müssen auch die öffentlichen Kliniken versuchen, zusätzliche
Patienten zu bekommen. In München
sind das oft Medizintouristen z.B. aus
arabischen Ländern, denen eine besonders
komfortable Umgebung geboten wird.
Damit diese Touristen kommen, braucht es
dann auch bekannte Chefärzte; und schon
führt eine Maßnahme, die eigentlich Geld
sparen sollte, dazu, dass zwar weniger für
die Kranken, aber viel mehr für die kleinen
Fürsten der Kliniken ausgegeben wird, für
die Chefärzte nämlich.
Um Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung durchzusetzen, bedient
sich die Politik eines kleinen Tricks. Es
wird immer damit geworben, dass dann
der Krankenkassenbeitrag, der vom Lohn
einbehalten wird, sinken könnte. In Wirklichkeit wird damit der Lohn gekürzt; die
Einsparungen durch vielleicht ein halbes
Prozent weniger Beitrag werden durch
gestrichene Leistungen und durch Verschlechterungen in der Versorgung mehr
als ausgeglichen.
Der neueste Plan lautet, Krankenhäuser für gute Leistung besser zu bezahlen.
Nur nützt es niemandem in, sagen wir
einmal, Aichach etwas, wenn in HamburgBarmbeck ein ganz tolles Klinikum steht,
sein örtliches Krankenhaus aber, weil es
insgesamt zu viele Betten gibt, geschlossen
wurde. Aber die Veränderungen in der Art,
wie Kliniken für ihre Leistungen bezahlt
werden, sollen, und das ist offen erklärt,
dazu führen, dass „unnötige“ Kliniken geschlossen werden. Und noch ein weiteres
Ziel ist sichtbar – die Defizite, die durch zu
niedrige Fallpauschalen und durch nicht
geleistete Investitionszuschüsse entstehen,
werden im Lauf der Zeit so hoch, dass die
öffentlichen Kliniken nach und nach verkauft werden. An ihrer Stelle ist dann eine
private Klinik, die auf die übliche Weise
Gewinne erwirtschaftet – indem alles außer
den Chefärzten möglichst schlecht bezahlt
wird und indem man nur die Kranken
annimmt, die möglichst wenig Aufwand
erfordern.
Was aber, wenn sich diese Tendenz
flächendeckend durchgesetzt hat? Dann
sind keine Kliniken mehr übrig, die alle
Patienten behandeln müssen, und wer
derart krank ist, dass mit seiner Behandlung kein Gewinn zu machen ist – nun,
der kann es ja wieder mit Lurchaugen und
Schlangenhaut probieren...
Die meisten der „Ideen“, die in den
diversen „Gesundheitsreformen“ verwirklicht wurden, hatten übrigens eine klar
erkennbare Quelle. Die Firma Bertelsmann
mit ihren vielen Instituten und Medien.
Bertelsmann ist mittlerweile übrigens
selbst im Klinikgeschäft. Ein Schuft, der
Böses dabei denkt.
nDagmar
A
lljährlich im Oktober verdankt die
bundesdeutsche Öffentlichkeit dem Manager Magazin ein
Ranking mit den 500
reichsten Deutschen.
Die Entwicklung im
letzten Jahr fasst der
Chefredakteur des
Magazins, Steffen
Klusmann, wie folgt
zusammen: „Da gibt
es kaum noch Zinsen
auf Anleihen, da sinken wegen der hohen
Immobilienpreise die
Renditen, da kollabieren die Börsen infolge
des Dieselskandals
– und Deutschlands
Reiche werden trotzdem immer reicher ... Die Gesamtbilanz
fällt für die 500 reichsten Deutschen
indes hervorragend aus: Sie konnten ihre
Besitztümer um fast sieben Prozent mehren auf jetzt 653,85 Milliarden Euro – ein
neuer Rekord. Um es unter die Top 100 zu
schaffen, braucht man heute 1,5 Milliarden
Euro, vor zehn Jahren genügten schon 800
Millionen Euro.“
Geflissentlich verschleiert wird bei diesen Sätzen die Quelle dieses Reichtums.
Trotz des gern verwendeten Kalauers
„Geld arbeitet“ sind es eben nicht Zinsen
auf Anleihen, nicht Renditen auf Immobilien und nicht Gewinne an den Börsen,
die Reichtum schaffen. Sondern deren
Reichtum ist das Ergebnis harter Arbeit
von ca. 43 Millionen Erwerbstätigen in
diesem Land, denen selbst ein lächerlicher
Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde
streitig gemacht wird. Und er ist auch das
Ergebnis von unbezahlten Überstunden.
27,8 Stunden durchschnittlich pro Erwerbstätigen wurde im vergangenen Jahr
in Deutschland gratis gearbeitet für die
500 reichsten Deutschen, berichtete die
Wirtschaftswoche im August. Rechnet man
diese Überstunden zum Mindestlohn hoch,
ergäbe das 10 Milliarden Euro mehr Lohn.
nen gebracht. In ihrem
5-Sterne-Luxushotel
„Bayerischer Hof“
treffen sich alljährlich
Kriegspolitiker und
-wirtschafter aus aller
kapitalistischen Welt
zur Münchner Sicherheitskonferenz, um
ihre Claims abzustecken. Betreut von 700
dienenden Hausangestellten. Sie könnten
viel erzählen, tun es
aber leider ganz im
Sinne der Hausherrin
nicht. Diskretion ist
oberstes Gebot, wenn
der Schickeria gedient
werden soll.
„Eigentlich ist es
Nebensache, wer im
Rathaus regiert – die wahre Macht in München haben sowieso die Macher aus der
Wirtschaft. Wer aber ist der Wichtigste von
ihnen? Vielleicht jene verschwiegene Unternehmerin aus Bogenhausen, die unsere
Banknoten druckt.“ (Süddeutsche online,
6. November 2013) Gemeint ist eine gewisse Verena von Mitschke-Collande. „Sie ist
eines von vier Kindern des 1997 verstorbenen Unternehmers Siegfried Otto. Dessen schillernde Lebensgeschichte sorgte
vor Jahrzehnten für Schlagzeilen. Es gab
Skandale in der Firma und im Privatleben.
Von einer vergoldeten Kloschüssel und
Autos als Gefälligkeiten für Despoten in
Afrika war die Rede, um für deren Regime
Geldscheine zu drucken. Hinzu kam eine
Schwarzgeld-Affäre, Steuerhinterziehung
und eine Schweizer Tarn-Firma“, berichtete Die Welt im November 2015.
Nicola Bleicher und Verena Heinrich
– nie gehört, sagen sich jetzt viele Leser.
Die beiden Damen lassen in der Pasinger
Haberlandstraße 2.700 Menschen knapp
über eine Milliarde Umsatz für die Hoffmann Group (Werkzeughandel und Betriebseinrichtungen) erwirtschaften. Das
angehäufte Kapital beträgt in 2014 350
Millionen. Wie es dort zugeht, kann man
dem Internetbewerbungsportal Kununu
entnehmen: „Großer Druck auf Mitarbeiter. Alles wird ausgewertet … sehr guter
Kollegenzusammenhalt, was der Führung
nicht passt … Elternzeit nicht möglich.
Mit persönlichen Konsequenzen gedroht
… Arbeit, Arbeit, Arbeit … Erst kommt die
Firma, dann alles andere, wenn noch Zeit
dafür ist … Krankenstand hoch!“
Wir würden den Damen Unrecht tun,
wenn wir diese Arbeitsbedingungen nur
der Hoffmann Group bescheinigen würden. Nein. Dies ist eine sehr lebendige
Beschreibung über die Arbeitsbedingungen
in Deutschland. Diese Arbeitsbedingungen sind die Basis für den Reichtum der
Milliardäre und Multimillionäre. Aber
das interessiert Steffen Klusmann und die
Mehrheit der Leser seines Manager Magazin vermutlich wenig.
nRW
Münchens ärmste Reiche
„Deutschlands Superreiche haben eine
enorme Macht und doch kennt kaum
jemand ihre Namen. Denn die Multimilliardäre eint ihre Scheu vor der Öffentlichkeit.“ (Die Welt, 3. September 2015)
Schauen wir uns ein paar Münchner
Figuren, die Armen unter den Reichen, an.
Werner Brombach (Erdinger Weißbräu)
ist zwar kein Multimilliardär, sondern nur
Multimillionär und mit 250 Millionen Euro
geschätztem Vermögen zusammen mit dem
ebenfalls 250 Millionen schweren Verleger
Dirk Ippen (u. a. Münchner Merkur) ein
vergleichsweise armer Hund, aber seine
530 Brauereiangestellten, um die er sich
„in väterlicher Zuneigung“ kümmert, bimmelt er schon mal nachts zu unchristlicher
Zeit aus dem Bett, wenn er „eine kleine
Nachlässigkeit entdeckt“ hat. (Merkur
online, 29. Dezember 2014). Das Erdinger
Weißbier, das ist halt eine Pracht.
Etwas besser als dem Brombach und dem
Ippen geht es den Geschwistern Innegrit
und Michaela Volkardt mit ihren beiden
Hotels „Bayrischer Hof“ in München und
„Zur Tenne“ in Kitzbühel. Dort, wo sich
die Schönen und Reichen gerne tummeln,
greifen sie sich ihre Millionen ab und haben es zu einem Vermögen von 300 Millio-
Die Top 10 unter Deutschlands Reichen
Vermögen
Susanne Klatten und Stefan Quandt u.a. BMW
26.500.000.000 E
Georg und Maria-Elisabeth Schaeffler INA-Holding
20.000.000.000 E
Familien Albrecht und Heister Aldi Süd
19.000.000.000 E
Familie Reimann u.a. Clearasil, Cargonit, Davidoff
17.600.000.000 E
Dieter Schwarz u.a. Lidl
17.000.000.000 E
Familie Theo Albrecht junior Aldi Nord
16.900.000.000 E
Heinz Hermann Thiele u.a. Knorr-Bremse
9.500.000.000 E
Familie Otto Otto-Versand
9.200.000.000 E
Familie Würth Schrauben
8.800.000.000 E
Familie Günter Herz und Daniele Herz u.a. Tchibo
8.000.000.000 E
In der Summe besitzen diese Clans 152 Milliarden. Zum Vergleich:
Der Bundeshaushalt beträgt 2016 knapp 317 Milliarden.