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Presseinformation
Symposium: Raubkunst?
Silber aus ehemals jüdischem Besitz –
wie gehen Museen damit um?
4. und 5. Februar 2016
Silber, ehemals jüdischer Besitz, Foto: Fellenberg/Luther, 2014
Die Silberstände aus ehemals jüdischem Besitz bilden einen Themenschwerpunkt in der Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG, die seit 2014 zu sehen ist und auf großes Interesse stößt. Seit 1960 verwahrt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) rund 3.000 Silberobjekte, die infolge einer Beschlagnahmeaktion während der NS-Zeit in die Sammlung des Museums gelangten. Dass dieses Silber aufgrund seiner Geschichte kein
herkömmliches Museumsgut sein kann, steht außer Frage. Als Kultureinrichtung mit öffentlichem Auftrag möchte das
MKG diese Objekte nicht im Depot verstecken. Wie kann die museale Arbeit mit einem Kulturgut aussehen, das so unmittelbar mit dem jüdischen Leben und der Verfolgung verbunden ist, und das die Museen zugleich in die Pflicht nimmt, es
jederzeit zurückzugeben, wenn Ansprüche geltend gemacht werden? Über diese Fragen möchte sich das MKG im Rahmen
eines Symposiums mit Wissenschaftlern aus Museen und historischen Forschungseinrichtungen sowie mit Vertretern jüdischer Institutionen austauschen. Das Publikum wird in Form von Workshops eingebunden. Das zweitägige Symposium
greift zwei zentrale Aspekte auf: Die aktuellen Forschungen zum Silber aus ehemals jüdischem Besitz in Hamburg, Berlin,
München und Wien und den Blick über die rein kunsthistorische-museale Ebene hinaus. In einer abschließenden Podiumsdiskussion sollen Ideen entwickelt werden, wie mit einem Museumsgut umgegangen werden kann und soll, das untrennbar mit dem Holocaust in Deutschland verknüpft ist.
1939 wurden in Hamburg rund 20 Tonnen Silber aus jüdischem Besitz beschlagnahmt, die zum Einschmelzen bestimmt
waren. Einen Teil dieser Silberbestände kauft Hamburg 1940 dem Deutschen Reich ab, um sogenanntes „Silber mit Antiquitätenstatus“ für die Hamburger Museen zu bewahren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich noch rund
zwei Tonnen Silber in der Obhut der Hamburger Finanzbehörde. Bis 1958 konnte ca. eine Tonne Silber restituiert werden.
Über das verbliebene Silber, das weder den einstigen Besitzern noch ihren Erben zurückgegeben werden konnte, einigte
sich Hamburg mit der „Jewish Trust Corporation“, der Treuhänderstelle für jüdisches Vermögen, auf die Zahlung eines
Ausgleichsbetrags. Ab 1960 wurden diese Silberbestände auf Hamburger Museen verteilt. Die Beschlagnahme und Verwertung des jüdischen Silbers fand in ganz Deutschland, aber auch in Österreich statt, das seit 1938 ans „Deutsche Reich angeschlossenen“ war. In vielen Museen befindet sich daher auch Silber aus ehemals jüdischem Besitz. Nach der Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens 1998 sind diese Bestände in den Blick der Provenienzforschung gerückt.
Bei den Recherchen im Vorwege zur Hamburger Ausstellung Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des
MKG zeichnete sich ab, dass die Silberbestände im MKG sich von den Konvoluten anderer Häuser unterscheiden. Kein
anderes Museum versammelt Silber in solchem Umfang, darunter in großer Zahl Tafelbesteck, aber auch Bestecke und
Silbergerät des täglichen Lebens. Mit der seit September 2014 laufenden Ausstellung und mit dem geplanten Symposium
hofft das MKG, eine respektvolle Lösung für die Silberbestände zu finden.
Ein erster Schritt war die Ausstellung, die das Silber mit seiner besonderen Geschichte öffentlich macht. Durch die museal
untypische Art der Präsentation wurden die Besucher für die Besonderheit dieses Sammlungsguts sensibilisiert. In großen
Mengen und ungeputzt ist das Silber im Schauraum der Ausstellung und in einer Depot-Vitrine im Foyer zusehen. Es vermittelt einen nachhaltigen Eindruck davon, welche Wunde die mit Diskriminierung und Verfolgung einhergehende
Pressetext: Symposium: Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz – wie gehen Museen damit um? | 4. und 5. Februar 2016
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg | Steintorplatz | D-20099 Hamburg | 4.2.2016 | S. 1
Beschlagnahme in das Leben jüdischer Familien geschlagen hat. In der neu eingerichteten Sammlung Judentum verweist
eine Vitrine – über die Sonderausstellung hinaus – dauerhaft auf die Geschichte des Silbers aus ehemals jüdischem Besitz
im MKG.
Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei. Aufgrund der begrenzten Platzzahl wird um verbindliche Anmeldung gebeten: E-Mail: [email protected], Telefon: o4o 428 134 1oo, Fax: o4o 428 134 1o9
Verbindliche Anmeldung für Journalisten bei Michaela Hille, [email protected], Telefon: o4o 428 134 8oo
Weitere Informationen zu den Vortragenden und Podiumsgästen finden Sie im beiliegenden Flyer. Gerne vermitteln wir
auch Interviews.
Das Symposium findet statt in Kooperation mit der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Mit freundlicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder.
Programm
Donnerstag 4. Februar 2o16, 13 Uhr
Moderation
Stephanie Tasch, Kulturstiftung der Länder
Sabine Schulze, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Begrüßung
Silke Reuther, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Das Silber aus ehemals jüdischem Besitz und die Rolle des MKG.
Impulsvorträge
Wiebke Müller, Museum für Hamburgische Geschichte
Das Silber der Hamburger Juden und sein Weg in die öffentlichen Sammlungen der Stadt.
Ilse von zur Mühlen, Bayerisches Nationalmuseum, München
Silber aus ehemals jüdischem Besitz? Die Bestände aus der „Sammlung Göring“ und Münchner „Silberabgaben“
am Bayerischen Nationalmuseum
15 – 15.30 Uhr Kaffeepause
Impulsvorträge
Marlies Coburger, Provenienzforscherin, Berlin, und Steffi Grapenthin, Provenienzforscherin, Berlin
Zum zwangsabgelieferten Silber aus jüdischem Besitz im Märkischen Museum. Nur eine didaktisch angelegte
Mustersammlung?
Leonhard Weidinger, Museum für Angewandte Kunst (MAK), Wien
Eine gute Quellenlage? Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Restitution des beschlagnahmten Silbers aus ehemals
jüdischem Besitz in Wien.
17 – 17.30 Uhr Fragen/Diskussion
Freitag 5. Februar 2o16, 9.3o Uhr
Moderation
Andreas Hoffmann, ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg
Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung der Freien
und Hansestadt Hamburg
Grußwort
Uwe M. Schneede, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg
Aufgaben, Absichten, Perspektiven des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste
Pressetext: Symposium: Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz – wie gehen Museen damit um? | 4. und 5. Februar 2016
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg | Steintorplatz | D-20099 Hamburg | 4.2.2016 | S. 2
Impulsvorträge
Larissa Förster, Universität Köln
Sensible Sammlungen und koloniale Provenienzforschung in ethnologischen Museen: Debatten, Projekte und Perspektiven
Jürgen Lillteicher, Willy Brandt Haus, Lübeck
Vom Nutzen der Wiedergutmachungshistorie für die Beurteilung gegenwärtiger Restitutionsfragen. | Das Fallbeispiel
Hamburger Silberschatz
11 – 11.30 Uhr Kaffeepause
11.30 Workshop
Leitung: Silke Reuther, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Das Publikum erarbeitet Fragen für die anschließende Diskussionsrunde.
12.30 – 13 Uhr Imbiss
13 Uhr Podiumsdiskussion mit:
→ Stefan Koldehoff, Deutschlandfunk, Köln
→ Inka Bertz, Jüdisches Museum, Berlin
→ Börries von Notz, Alleinvorstand Stiftung Historische Museen Hamburg
→ Uwe M. Schneede, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg
→ Sabine Schulze, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg4
→ Edward van Voolen, Abraham Geiger Kolleg, Universität Potsdam
Das Symposium endet voraussichtlich um 15 Uhr.
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Provenienzforscherin am MKG: Dr. Silke Reuther, T. 040 428134-551, E-Mail: [email protected]
Pressekontakt: Michaela Hille, T. 040 428134-800, F. 040-428134-999, E-Mail: [email protected]
Pressebilder: Download unter www.mkg-hamburg.de
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr | Eintritt ab 1.1.2016: 12 € / 8 €, Do ab 17 Uhr 8 €, bis 17 Jahre frei
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Pressetext: Symposium: Raubkunst? Silber aus ehemals jüdischem Besitz – wie gehen Museen damit um? | 4. und 5. Februar 2016
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg | Steintorplatz | D-20099 Hamburg | 4.2.2016 | S. 3