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Betriebliches EingliederungsmanagementJuristische Vorgaben und gelebte Realität
Fachtagung Betriebliche Suchtprävention und
Gesundheitsförderung an Hochschulen und
Universitätskliniken vom 16. bis 18. September 2015 an
der CvO Universität Oldenburg
Hajo A. Köhler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht
schwegler rechtsanwälte * RA Hajo A. Köhler * Oldenburg
Düsseldorf * Frankfurt * Berlin * Köln * Oldenburg
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Zahlen
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Im Jahre 2010 waren 21 Prozent der deutschen
über 65 Jahre
•
Im Jahre 2030 werden die Ü-65 Jährigen bereits 29
Prozent der Bevölkerung stellen.
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(Quelle: Demografiebericht der Bundesregierung)
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Noch mehr Zahlen
Mit jedem Euro, den die Unternehmen in die
Gesundheit ihrer Mitglieder investieren, sparen sie
2,70 Euro durch reduzierte Fehlzeiten.
(Quelle: Vergleichsstudie der Initiative Gesundheit
und Arbeit)
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Präventionsgesetz
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Dezember 2014: Beschluss des Bundeskabinetts
für ein Präventionsgesetz; Entwurf befindet sich in
parlamentarischer Abstimmung; erste Lesung im
Bundestag am 20.03.2015
Nationale Präventionskonferenz
Verdoppelung der Leistungen der KV
Unterstützung des betrieblichen
Gesundheitsschutzes durch die KV
Gesundheitsfördernde Rehabilitation durch
Pflegekassen
Ausgleichsmaßnahmen für Versicherte mit
besonderen familiären oder beruflichen
Belastungen (Bsp.: Nacht- und Schichtarbeit)
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BEM
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Für alle Arbeitnehmer gilt seit dem 1. 5. 2005 § 84
Abs. 2 SGB IX.
Damit sieht das Gesetz einen frühen Beginn der
Präventionspflicht des Arbeitgebers bei Krankheit
vor.
Sinn: Verhinderung weiterer AU-Zeiten und
insbesondere Schutz vor krankheitsbedingtem
Ausscheiden.
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Arbeitsschutz - Pflicht des Arbeitgebers
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Der ArbGeb. wird nach § 3 I 1 ArbSchG –
entsprechend Art. 5 I und 6 I 1 EGRahmenrichtlinie Arbeitsschutz –
verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen
des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung
der Umstände zu treffen, die die Sicherheit
und Gesundheit der Beschäftigten bei der
Arbeit beeinflussen.
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Orga-Struktur
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Der Arbeitgeber hat durch den Aufbau einer geeigneten
Organisation dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus dem
Arbeitsschutzgesetz ergebenden Aufgaben auf Mitarbeiter,
insbesondere Führungskräfte verteilt werden.
Hierbei handelt es sich um generell-abstrakte Regelungen des
Arbeitsschutzes, die über den Einzelfall hinausgehen. Sie
betreffen nicht nur die Übertragung einzelner Aufgaben des
Arbeitsschutzes auf bestimmte Personen, sondern den Aufbau
einer Organisationsstruktur. Die Zuweisung von Aufgaben an
einzelne Führungskräfte ist in diesem Fall lediglich Teil dieser
Organisationsmaßnahme.
Derartige Maßnahmen unterliegen der Mitbestimmung des
Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
BAG 18.03.2014 – 1 ABR 73/12
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Gesundheitsgefährdungen
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Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine
Gefährdung für Leben und Gesundheit
möglichst vermieden und die verbleibende
Gefährdung möglichst gering gehalten wird
(§ 4 Nr. 1 ArbSchG in Umsetzung von
Art. 6 II lit. a), b) und f) EG-Rahmenrichtlinie
Arbeitsschutz).
Im Gegensatz zur Gefahr ist unter
Gefährdung die schlichte Möglichkeit einer
gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne
Anforderungen an deren Schwere oder
Eintrittswahrscheinlichkeit zu verstehen.
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Gefährdungsbeurteilung
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Besonderen Ausdruck findet der Leitgedanke
der Prävention im ArbSchG, indem es
bestimmt, schon im Vorfeld der
Gefahrenverhütung die für die Beschäftigten
mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen
zu beurteilen (§ 5 I und II des ArbSchG; vgl.
Art. 6 III lit. a) Satz 1 der EGRahmenrichtlinie Arbeitsschutz) und aufgrund
des Ergebnisses der Beurteilung die
erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen zu
treffen sowie beides zu dokumentieren
(§ 6 I des ArbSchG).
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BEM
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Das Erfordernis eines betrieblichen
Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX
besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für behinderte
Menschen.
Die Verpflichtung zur Durchführung eines BEM stellt eine
Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.
Das BEM ist zwar selbst kein milderes Mittel gegenüber einer
Kündigung.
Mit seiner Hilfe können aber solche milderen Mittel, zB die
Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die
Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf
einem anderen - ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden“ Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden.
BAG 24.03.2011 - 2 AZR 170/10
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Abgrenzungen
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Wiedereingliederung
Leidensgerechte Beschäftigung
Krankenrückkehrgespräche
Realität: in der betrieblichen Realität gelingt diese
Abgrenzung nur im Ausnahmefall
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Krankheitsbedingte Beendigung des
Arbeitsverhältnisses
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In der Praxis immer bedeutsamer.
Ältere AN scheiden immer häufiger
krankheitsbedingt aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Strategien zum Umgang mit altersbedingten
Leistungsminderungen gibt es kaum.
Schonarbeitsplätze werden betrieblich nicht mehr
vorgehalten.
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Krankheitsbedingte Kündigung
Für die Kündigung wegen Krankheit werden
typologisch drei Grundtatbestände unterschieden:
(1) Langfristige Erkrankung in der Vergangenheit;
(2) wiederholte Erkrankung in der Vergangenheit;
(3) Abnahme der Leistungsfähigkeit des AN.
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Prüfungsschema (3 Stufen)
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Zunächst bedarf es einer negativen Prognose
hinsichtlich des weiteren Gesundheitszustandes des zu
kündigenden Arbeitnehmers („fehlende Fähigkeit und
Eignung“).
= negative Gesundheitsprognose
Im Anschluss daran ist zu prüfen, ob die entstandenen
und prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen
Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.
= betriebliche Beeinträchtigungen
In der 3. Stufe wird nach Maßgabe einer
einzelfallbezogenen Interessenabwägung geprüft, ob
die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu
einer billigerweise nicht mehr hinnehmbaren
betrieblichen und wirtschaftlichen Belastung des
Arbeitgebers führen.
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Voraussetzung für Kündigung?
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Die Durchführung eines betrieblichen
Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs.
2 SGB IX ist keine formelle
Wirksamkeitsvoraussetzung für die
personenbedingte Kündigung aus
krankheitsbedingten Gründen.
Führt der Arbeitgeber aber kein
betriebliches Eingliederungsmanagement
durch, so hat dies Folgen für die
Darlegungs – und Beweislast im Rahmen
der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen
von erheblichen Fehlzeiten.
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Verantwortlichkeiten
Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung
eines gesetzlich gebotenen betrieblichen
Eingliederungsmanagements (bEM) zu ergreifen
• Dazu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM
sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und
verwendeten Daten hinweist.
• Hat der Arbeitgeber die gebotene Initiative nicht ergriffen,
muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf
krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten Kündigung nicht nur
die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen
iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr
auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch
gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der
Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden
werden können.
BAG 20.11.2014 - 2 AZR 755/13
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Darlegungslast
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Wurde entgegen § 84 Abs. 2 SGB IX ein BEM nicht
durchgeführt, darf sich der Arbeitgeber nicht darauf
beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine
alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten
Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten
Arbeitsplätze, die dieser trotz seiner Erkrankung ausfüllen
könne.
Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer
(außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu würdigen
und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl
eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an dem
Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch die
Beschäftigung auf einem anderen - leidensgerechten Arbeitsplatz ausscheiden
BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08
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Durchführung des BEM
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Hat das betriebliche Eingliederungsmanagement zu dem Ergebnis
geführt, es gebe keine Möglichkeiten, die Arbeitsunfähigkeit des
Arbeitnehmers zu überwinden oder künftig zu vermeiden, so kann
der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess hierauf hinweisen
und schlicht behaupten, es bestünden keine anderen
Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der Arbeitnehmer muss dann konkrete alternative
Beschäftigungsmöglichkeiten benennen, die nicht schon im
betrieblichen Eingliederungsmanagement erörtert worden sind.
Der Arbeitnehmer muss die Beschäftigungsmöglichkeiten bereits
in das betriebliche Eingliederungsmanagement einbringen.
BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08
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Positives Ergebnis
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Hat das betriebliche Eingliederungsmanagement zu
einem positiven Ergebnis geführt, ist der
Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die
empfohlene Maßnahme – soweit dies in seiner
Macht steht – vor Ausspruch einer
krankheitsbedingten Kündigung als milderes Mittel
umzusetzen.
Bundesarbeitsgericht 10. Dezember 2009 – 2 AZR
400/08
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Umsetzung der Maßnahme
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Kündigt der Arbeitgeber, ohne die
Maßnahme umgesetzt zu haben, muss er
im Prozess darlegen, warum die
Maßnahme entweder trotz Empfehlung
undurchführbar war oder selbst bei einer
Umsetzung diese keinesfalls zu einer
Vermeidung oder Reduzierung von
Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt hätte.
Dem wird der Arbeitnehmer regelmäßig mit
einem einfachen Bestreiten entgegentreten
können, so dass der Arbeitgeber in vollem
Umfange beweispflichtig.
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Voraussetzungen an ein BEM
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Ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist
schon dann durchzuführen, wenn die
krankheitsbedingten Fehlzeiten des
Arbeitnehmers innerhalb eines Jahres
insgesamt mehr als sechs Wochen
betragen haben.
Nicht erforderlich ist, dass es eine einzelne
Krankheitsperiode von durchgängig mehr
als sechs Wochen gab.
Mit dem Jahr ist nicht das Kalenderjahr
gemeint, sondern der Zeitraum von zwölf
Monaten (BAG 24.3.2011 – 2 AZR 170/10)
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Art der Erkrankung
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Die Art oder Ursache der Erkrankung spielt keinerlei
Rolle, so dass auch unterschiedliche Erkrankungen
Maßnahmen des Arbeitgebers erfordern, sofern nur
der Sechs-Wochenzeitraum überschritten ist
Zu den Erkrankungszeiten zählen auch Kuren oder
Rehamaßnahmen
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Mindestanforderungen BEM
Von einem nicht durchgeführten BEM ist
auszugehen, wenn der Arbeitgeber zur Erfüllung
seiner Verpflichtung aus § 84 Abs. 2 SGB IX ein
Verfahren durchgeführt hat, das nicht den
gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM
genügt (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA
KSchG § 1 Krankheit Nr. 56).
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Zustimmung des AN
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•
Ohne die ausdrückliche Zustimmung des
Behinderten darf keine Stelle unterrichtet
oder eingeschaltet werden.
Bis zur Äußerung der betroffenen Person
sind alle Daten, also auch
Arbeitsunfähigkeit und deren Gründe sowie
die Gesundheitsgründe persönliche
Angelegenheit des Betroffenen und dürfen
nicht nach außen dringen oder sonst
bekannt werden
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Belehrung
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Hat der Arbeitgeber ein BEM deshalb nicht durchgeführt, weil der
Arbeitnehmer nicht eingewilligt hat, kommt es darauf an, ob der
Arbeitgeber den Betroffenen zuvor auf die Ziele des BEM sowie auf
Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten
hingewiesen hatte (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX; Düwell in
Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 84 Rn. 56).
Die Belehrung nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehört zu einem
regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des
Arbeitnehmers zur Durchführung eines BEM (vgl. Fabricius in
Schlegel/Voelzke SGB IX § 84 Rn. 22). Sie soll dem Arbeitnehmer
die Entscheidung ermöglichen, ob er ihm zustimmt oder nicht.
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Bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, ob und
welche Mitwirkungspflichten die Beschäftigten beim BEM haben.
Zum Teil wird hierzu die Auffassung vertreten, die Beschäftigten
müssen dem Arbeitgeber die Krankheitsursachen mitteilen
(Wetzling/Habel, NZA 2007, 1129).
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wenn der Gesetzgeber
die Durchführung des BEM von der Zustimmung des betroffenen
Arbeitnehmers abhängig macht und dieser sanktionslos das BEM
ablehnen kann, ist kein Grund für eine Offenbarungspflicht
hinsichtlich der Krankheitsursache ersichtlich. Eine solche wäre auch
mit Art. 2 Abs. 1 GG kaum vereinbar
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Integrationsamt
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Die Durchführung eines Präventionsverfahrens
nach § 84 SGB IX ist auch keine
Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die
Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes
nach den §§ 85 ff. SGB IX (BVerwG v. 29. 8. 2007,
NJW 2008, 1
Faktisch erteilt das Integrationsamt aber keine
Zustimmung zur Kündigung wenn nicht zuvor das
BEM durchgeführt wurde.
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Schwerbehinderte
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•
Wegen des Anspruchs auf leidensgerechte Beschäftigung nach §
81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX setzt die Kündigung eines
Schwerbehinderten wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit voraus,
dass dieser auf überhaupt keinem Arbeitsplatz des
Unternehmens mehr beschäftigt werden kann.
Dieses ist vom Arbeitgeber darzulegen, wobei sich der Umfang
der Darlegung auch danach richtet, ob er vor Ausspruch der
Kündigung ein BEM durchgeführt hat. Fehlt es hieran, hat der
Arbeitgeber von sich aus vorzutragen, dass eine Beschäftigung
auf allen denkbaren leidensgerechten Arbeitsplätzen ausscheidet.
Das erstreckt sich auch auf die Darlegung, dass eine
Beschäftigung auf mehreren kombinierten Arbeitsplätzen
ausscheidet. Hierzu kann sich der Arbeitgeber auf die Grenzen
des Beschäftigungsanspruchs in § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX
berufen und deren Voraussetzungen vortragen
LAG Schleswig-Holstein 17.12.2013 -1 Sa 175/13
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Diskriminierung ?
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Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, vor Ausspruch
einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem
schwerbehinderten Beschäftigten innerhalb der
Wartezeit ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1
SGB IX durchzuführen, um diskriminierungsrechtliche
Ansprüche zu vermeiden.
Die Unterlassung des Präventionsverfahrens hat somit
diskriminierungsrechtlich keine Rechtsfolgen
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom
17. März 2014 – 1 Sa 23/13 –, aber: Revision beim
BAG
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Individualanspruch
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Der Arbeitnehmer hat gegen seinen Arbeitgeber einen
Individualanspruch auf Durchführung eines
betrieblichen Eingliederungsmanagements.
Ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
zum BEM-Verfahren besteht für den Arbeitnehmer
mangels gesetzlicher Regelung und unter
Berücksichtigung des nicht formalisierten BEMVerfahrens nicht
Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom
13. November 2014 – 15 Sa 979/14 –
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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