Josef Bauer, Verleger und „väterlicher Freund“ bei Claudias Beerdigung am Samstag, 2. April 2016, in der Pfarrkirche Rehling Als ich Claudia vor über elf Jahren kennenlernte, wusste ich genau, dass dieser Tag, dieser Moment eines Tages kommen würde. Ich hatte Angst davor, zumal ich schon heulen muss, wenn irgendwo bei einer Siegerehrung eine Nationalhymne gespielt wird. Ich hoffe, dass ich es heute möglichst ohne Tränen schaffe. Jetzt, wo es soweit ist, bin ich von Glück und Dankbarkeit erfüllt. Dankbarkeit, dass ich und wir einen Teil dazu beitragen konnten, jemand ganz besonderen glücklich zu machen. 15.12.2004: Ich lese in einem Zeitungs-Artikel: Eine unheilbar kranke junge Frau hat ein Buch geschrieben. Als ich um 18 Uhr per Email den ersten Kontakt zu Claudia aufnahm, war ich aufgeregt wie ein Teenager. Nach Emails hin und her schreibt sie um 23 Uhr: Ich muss sagen, das hört sich gut an, was Sie mir da anbieten. Goethe sagte: Der Weg ist das Ziel. Ich machte ihr klar: Freude soll nicht nur das fertige Buch machen, sondern auch der Weg dorthin. Das Schreiben war immer schon ihre Sache. Es hat ihr Kraft gegeben und Hoffnung für die Zukunft. Fünf Monate nach dem ersten Kontakt hielt Claudia das erste Exemplar in Händen. Ich danke meinen Auszubildenden und Mitarbeitern Sandra, Selina, Alexandra, Laura, Sara, Hanna, Angela und Birgit dafür, dass sie die vielen Lesungen mit Claudia nicht einfach abspulten, sondern stets mit Herzblut dabei waren: Freundschaften sind entstanden. Ich habe große Solidarität erfahren: Das Kinderbuch „Angst hab ich keine“ war eine „Gemeinschaftsaktion“: alle Arbeitsstunden wurden in der Freizeit abgeleistet. Normalerweise erstellen wir ja für unsere Autoren und Kunden Angebote und Abrechnungen. Bei Claudia war das anders: Wir hatten nie einen Vertrag, unsere Währung war nicht der Euro, sondern Freude, Vertrauen, Zusammenhalt, gegenseitiger Respekt, Verständnis. Das verdiente Geld haben wir in das nächste Projekt gesteckt. „Think big“ , das war ein Lebensmotto von Claudia. Also keine Kontakte zu Sternchen, nein, Stars wollte sie kennenlernen. David Garrett, Christina Stürmer und Xavier Naidoo … Tja, und auch den Papst wollte sie mal sprechen, sagte sie mir vor sieben Jahren. „Klar, Claudia, den treff ich fast jede Woche. Ich kümmere mich darum“, war meine lockere Antwort. Weil man aber nichts unversucht lassen soll - auch wenn‘s vielleicht utopisch anmutet - habe ich diese Bitte an ihren Firmspender, Weihbischof Dr. Dr. Losinger, weitergeleitet. Dass Claudia dann fast zehn Minuten mit dem damaligen Papst Benedikt telefonierte, war sicher eines der Highlights ihres Lebens. Und auch in meinem. Gestern habe ich beim Durchforsten der zwei Leitzordner „Claudia“ einen Text gefunden, den sie nach dem Tod von Michaela geschrieben hat: „Es ist nicht so, dass es einfach war, über mich und mein Leben so offen zu schreiben: doch es gab keine Sekunde, wo ich es bereut hatte - keine. Wenn ich eines Tages gehen muss, will ich nicht nur die kranke Claudia mit Rollstuhl und Beatmungsgerät sein, sondern die Claudia, die etwas erreicht hat und etwas geleistet hat für die Mitmenschen.“ Und sie war gläubig, obwohl oder gerade weil sie der liebe Gott mit ihrer unheilbaren Krankheit auf eine harte Probe stellte. Sie hat die Krankheit nie als Ausrede, Vorwand, mildernden Umstand oder gar Druckmittel verwendet, wenn sie etwas erreichen wollte Das Bayerische Kultusministerium hat ihre Bücher in die Liste der für den Unterricht wertvollen Bücher aufgenommen, der Michaelsbund München spricht von einer eindrucksvollen Ermutigung zu mehr Vertrauen und Zuversicht im Leben. Es gab Berichte und Interviews in Kirchenzeitungen, der Lokalpresse Augsburg/Allgäu, in Jugendmagazinen und Fernsehsendungen… Von Rostock über Augsburg bis Passau und München. Nun ein paar Schlaglichter aus dem Email-Verkehr von elf Jahren: • Ein Kindergartenkind fragt: Musst du dann im Grab auch im Rollstuhl sitzen? • Claudia schreibt: Kinder sind nicht nur die Zukunft, sie sind eine Chance, die Welt besser zu machen. • Claudia dankt: Sepp und Elisabeth, ihr habt mich bestärkt und für meine Idee und meinen Traum gekämpft. • Sepp nennt Claudia eine untreue Tomate. Sie erwidert: Denke nicht, ich habe dich vergessen. Du hast einen Platz in meinem Herzen. • Die clevere Claudia schmeichelt: Es wäre so toll, wenn du mich wieder unterstützen würdest. Überleg‘s dir einfach …du musst natürlich nicht. • Ich freue mich so, meine restlichen Kindergeschichten noch zu veröffentlichen bei Euch. Wenn ich Kindergeschichten schreibe und auf Lesungen bin, bin ich meinem erlernten Beruf sehr nahe. Besonders freue ich mich auf die Kinder, die sich dann freuen werden. Deine Happy Claudia • Claudia: Ich würde auch so einen kleinen Hund wollen, aber Mama und Andrea zeigen mir da einen Vogel. • Die Veranstaltung heute war echt toll; Danke für das schöne Buch. Genauso habe ich es mir vorgestellt: ein richtiges Buch. (nicht als Taschenbuch sondern mit einer festen Decke) Wir stecken derzeit mitten in einem neuen Buchprojekt: NEIN, ICH GEH NICHT MIT. Ob und wie es weitergehen wird, werde ich mit der Zeichnerin Miriam und Familie Mayr besprechen und euch dann informieren. P.S.: Nach einem kurzen Gespräch mit Claudias Schwester Andrea war klar. Das Buch erscheint. Habt allerdings ein wenig Geduld; ich rechne mit September. Wer Kinder hat, hat neben viel Freude auch Arbeit. Wer ein krankes Kind hat, hat noch mehr Arbeit und wer ein krankes Kind hat, das zu Lesungen und Buchvorstellungen gefahren werden soll, hat keine oder kaum Zeit für sich. Vergelt‘s Gott, Frau Mayr, Vergelt‘s Gott, Andrea. Werner, ich freue mich, dass ich dich kennengelernt habe: Heuer packt Bayern hoffentlich das Triple! Schon 2009 haben wir Claudia gefragt, was nach ihrem Tod mit ihren Büchern geschehen soll. Ihre Antwort: „Ich würde mir wünschen, dass sie an Schulen verteilt werden und als Lektüre noch lange verwendet werden. Meine Bücher sollen Hoffnung und Glauben vermitteln. Durch sie möchte ich so in Erinnerung bleiben, wie ich war. Durch die Bücher lebe ich weiter.“ Claudia wusste: Der liebe Gott ist überall. Helft mit, diese Botschaft weiterzugeben: in der Verwandtschaft, am Arbeitsplatz, bei den Nachbarn, in den Vereinen… und an die nächsten Generationen. An den Ausgängen liegen 160 Kinderbücher zum Mitnehmen und Weitergeben. P.S.: Dieses Bild wird mir immer in Erinnerung bleiben: Einige hundert Verwandte, Freunde, Nachbarn verabschieden sich auf dem Friedhof von Claudia, mit ihrem Buch in der Hand! In den nächsten Wochen werden wir die Kindergärten und Schulen im Landkreis kostenlos mit Claudias Büchern ausstatten. Franz Lehar sagt: Wir sind nicht nur auf der Welt, um das Leben zu genießen, sondern vor allem, um anderen Menschen Freude zu machen. Ich bin mir sicher, dass uns allen dies in den letzten elf Jahren gelungen ist. Machen wir uns allen jetzt eine Freude und singen gemeinsam: Großer Gott, wir loben dich.
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