Struvit-Steine Calcium-Oxalat-Steine Umfrage zu Blasensteinen im

Blasensteine
(Die Angaben aus dem Schweiz. Papillon- und Phal€ne-Club werden mit dessen Zustimmung wiedergegeben)
Vor 40 Jahren waren Papillons mit Blasensteinen kaum bekannt. Ich erinnere mich in meiner Z•chterzeit
seit 1966 bis etwa 1984 an einen einzigen Fall. Da war ein 2-j‚hriger R•de in den fr•hen 70-er Jahren
von Calcium-Oxalat-Steinen betroffen, wurde operiert und machte innert Jahresfrist neue Steine. Ich
glaubte an einen Einzelfall. Erst seit Mitte der 80-er Jahre wurden mehr befallene Papillons gemeldet.
Harnblasensteine kƒnnen – vor allem bei R•den – zu grossen Problemen mit dem Harnabfluss f•hren. Hinter
Harnblasensteinen steht im Grunde ein Nierenproblem. Aber Meldungen •ber Nierensteine habe ich keine – es
sind bei unserer Rasse stets Harnblasensteine. In der Regel werden die R•den auff‚llig, weil sie nur noch tropfenweise und die H•ndinnen sehr h‚ufig kleine Mengen Urin absetzen, Blut im Urin kann vorkommen.
Blasensteine kƒnnen lebensgef‚hrlich werden, wenn der Harnabfluss gar nicht mehr mƒglich ist und der Urin angestaut wird. Dabei kƒnnen Dauersch‚den an Nieren und Blase entstehen. In solchen F‚llen ist tier‚rztliche Hilfe
sofort nƒtig (Notfall!). Manchmal gen•gt im Notfall ein Katheter, so dass f•r den Moment die Blase entleert werden
kann. Es braucht in der Regel eine Operation zur Entfernung der Steine. Das Ganze kann sich wiederholen, weil
ein betroffener Hund eventuell immer wieder neue Harnsteine bildet. Es ist also eine Erkrankung, die lebenslang
andauern kann.
Man unterscheidet verschiedene Arten von Harnsteinen und die lebenslang notwendige Di‚t richtet sich danach,
welche Sorte Steine gebildet werden. In der ganzen Hundepopulation sind etwa die H‚lfte aller Harnsteine „StruvitSteine“ und etwa ein Drittel „Calcium-Oxalat-Steine“. Die Forschung weist nach, dass Hunderassen mit einem Gewicht unter 15 kg mehr betroffen sind als grosse Rassen, dass R•den h‚ufiger betroffen sind als H•ndinnen.
Struvit-Steine
Mit der Bildung von Struvit-Steinen sind in der Regel Infektionen in den Harnorganen verbunden – man spricht
denn auch von „entz•ndlichen“ Harnblasensteinen. Die Forschung geht davon aus, dass die Stoffwechselt‚tigkeit
von Bakterien zu einer Ver‚nderung des Milieus in der Harnblase f•hrt. Struvit ist ein Mineral, das entstehen kann,
wenn der Harn zu wenig sauer (zu basisch) ist und auch reichlich Phosphor und Magnesium enth‚lt. Struvit-Steine
kƒnnen recht gross werden, in einem unserer Hunde so gross wie ein Taubenei, so dass die Blase fast ganz ausgef•llt ist. Neben der operativen Entfernung der Blasensteine und Behandlung mit Antibiotika braucht es auch Di‚tnahrung. Die Dauerbehandlung besteht in einer „Struvit-Di‚t“, die versucht, die Bildung neuer Steine zu verhindern. Das gelingt nicht immer.
Calcium-Oxalat-Steine
Das ist die unangenehmere Variante, denn Calcium-Oxalat-Steine
bei unserer Rasse bekommt man mit Di‚ten nicht in den Griff. Man
nimmt an, dass eine •berhƒhte Versorgung mit Calcium zur Steinbildung beitr‚gt – was erkl‚ren kƒnnte, weshalb ausnahmsweise
Zuchth•ndinnen diesen Typ Steine haben kƒnnen. Oxalat-Steine
werden meist nicht sehr gross, aber es kƒnnen Dutzende davon in
der Blase sein. Sie haben oft eine „zackige“ Form und reizen die
Blasenwand, f•hren also auch zu Entz•ndungen. Calcium-OxalatSteine rechnet man zu den „metabolischen“, das heisst stoffwechsel-bedingten Steinen.
Man nimmt an, dass sowohl genetische wie auch Umweltfaktoren bei der Entstehung von Nieren- und
Blasensteinen eine Rolle spielen. Das Problem ist auch bekannt von den Katzen, wo mehrheitlich kastrierte Kater in Wohnungshaltung betroffen sind. Sie haben weniger Bewegungsmƒglichkeiten als Katzen
mit Freiauslauf, vermutlich auch weniger Anreiz, die Blase zu entleeren, wie das Freilaufkatzen mit ihrem
Markieren des Eigenreviers h‚ufig tun.
Umfrage zu Blasensteinen im Schweiz. Papillon- und Phal€ne-Club
Im Jahr 2007 hat der Schweizer Rasseclub eine Umfrage zum Problem Blasensteine gemacht. Aus der Schweiz
kamen 25 Meldungen von betroffenen Hunden. Die Auswertung ergibt Hinweise auf den Ursachenkreis f•r Blasensteine in der Rasse.
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Wie erwartet sind R•den mehr betroffen als H•ndinnen (64% m und 36% w), die Kastraten mehr als die
Fortpflanzungsf‚higen (61% Kastraten, 39% unkastrierte). Wenn man davon ausgeht, dass hƒchstens ein
Drittel der Papillons in der Schweiz kastriert ist, ist das Verh‚ltnis ein Hinweis, dass Kastration zur Steinbildung
eine Mitursache sein d•rfte. Kastration hat ein ver‚ndertes Urinier-Verhalten zur Folge und sind wohl auch weniger bewegungsfreudig. Das geringste Blasenstein-Risiko scheinen unkastrierte H•ndinnen zu haben.
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Das Verh‚ltnis der besser therapierbaren, „entz•ndlichen“ Struvitsteine zu den „metabolischen“ CaOxalat-Steine ist mit 32% Struvit und 68% Ca-Oxalat wie erwartet.
Das Alter bei erster Diagnose ist von 6 Monaten bis 12 ‡ Jahre stark divergierend, ein aussagekr‚ftiger Durchschnittswert l‚sst sich aus dieser ganzen Lebensspanne nicht errechnen. Am h‚ufigsten wurde der Befund im Alter
von 4-8 Jahren erhoben.
Nur 9 der gemeldeten 25 Hunde sind gestorben. Extrem ist eine Euthanasie bei einem 9 Monate alten Junghund,
dann folgt ein 2-j‚hriger, der bei der Operation in Narkose an Herzversagen starb. Die andern wurden angesichts
der Diagnose im mittleren Lebensalter bis zu fast 16 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der betroffenen Hunde d•rfte etwas unter normal sein, aber mehr als 2-3 Jahre d•rfte die Differenz nicht betragen.
Einfl•sse der Ern‚hrung?
Wir haben heute sicher mehr solche F‚lle als vor 30 Jahren. Damals haben wir aber auch anders gef•ttert: es gab
kein Trockenfutter, nur Hundeflocken und Dosen- oder Frischfleisch, eventuell etwas Vitamin-Mineralstoff-Zus‚tze.
Wir haben zwangsl‚ufig die Welpen relativ „nass“ gef•ttert, mit Fleisch, Flocken, Eiern, Mineralstoffpulver. Ich denke, der Wassergehalt des Hundefutters der 70-er-Jahre war bei etwa 80%. Und heute?? Das Trockenfutter hat 8290% Trockenmasse. Wenn ich so einweiche, dass das Futter ein bisschen quellen kann, bin ich immer noch bei
40-50% Trockenmasse. Aber Hunde sind eigentlich „Beutetierfresser“ und ein eben getƒtetes Tier hat rund 20%
Trockenmasse und 80% Wasser im Kƒrper.
Ich frage mich allen Ernstes, ob die Zunahme der Steinleiden in unseren Hunden nicht mit der mehr und mehr aufgebauten Futtermittelindustrie zusammenh‚ngt – d.h. ob die Hundnahrung bis etwa 1985 mit viel mehr Wassergehalt der Nahrung sich relativ im „nat•rlichen“ Rahmen 20% Trockenmasse und 80% Wasser bewegte. Diese Relation kƒnnte in den letzen 20 Jahren verlassen worden sein mit der praktischen, sauberen, abfallarmen PelletF•tterung. Das Industriefutter d•rfte auch deutlich mehr Mineralstoffe enthalten als fr•her die grossenteils selbst
zubereitete Nahrung. Es ist unklar, ob das Mehr an Calcium, Magnesium, Phosphor usw. mit zur Steinbildung beitr‚gt oder nicht. In meinen ersten 15 Z•chterjahren habe ich Kalkmangel-Tetanie bei s‚ugenden H•ndinnen mehrfach gehabt, seit dem letzten Fall 1984 nicht mehr, und seither nimmt die F•tterung mit Pellets zu. Einen Zusammenhang nachweisen kann man nicht.
Industriefutter d•rfte neben Kastration und Bewegungsmangel nicht einzige Ursache sein, eine genetische Komponente ist zu vermuten. W‚re es denkbar, dass es eine Veranlagung gibt, bei zu „trockener“ F•tterung Steinleiden
zu entwickeln, die fr•her, als das Futter viel mehr Fl•ssigkeit enthielt, keine Folgen hatte??? Wie viel ist umweltbedingt? - Wie viel liegt in den Genen??
Vielleicht muss man Z•chtern raten, die Welpen so aufzuziehen, dass sie reichlich Fl•ssigkeit aufnehmen. Trockenfutter einweichen, zus‚tzlich Welpenaufzuchtmilch geben und auch einmal frisch gekochtes Futter zu offerieren (haben sie am Liebsten ). Fr•her hat man die Welpen mit Brei gef•ttert, das tun wir schon l‚ngst nicht mehr.
Aber 3-mal t‚glich etwas verd•nnte Welpenmilch kƒnnte vielleicht gut sein – auch wenn manche Welpen im ˆbergang von Muttermilch zu fester Nahrung auf soja-haltige Welpenmilch mit Durchfall reagieren.
Was soll man Besitzern raten? Die Tendenz geht ja auch zu Pellet-Futter wegen der Zahnsteinbildung bei den
Kleinen, es gibt bereits wie f•r Katzen „Dental-Care-„Futter. Bei den Katzen ist das Blasensteinproblem viel besser
erforscht, es ist seit 20 Jahren mehr und mehr verbreitet in kastrierten Katern und wir haben ‚hnliche Hinweise,
dass Kastration eine Mitursache ist. Die Kater mit den Problemen haben sogar einen medizinischen Namen, ohne
zu unterscheiden, welche Art Steine oder Harngriess sie haben, es sind alle „FUS-Kater. FUS heisst „felineurinary-syndrom“.
Ich wage heute nicht, die Gene erstverantwortlich f•r das Problem zu machen. Vielleicht ist es in erster Linie die
Futtermittelindustrie, in zweiter Linie die Kastration und erst in dritter Linie die Gene?? Je nach genetischer Konstellation sind die vorgenannten Umweltsch‚den relevanter oder nicht???
Was kann man tun, damit der Papillon von dieser Erkrankung verschont bleibt?
 Nicht nur mit Pellets trocken fÄttern und fÄr genÄgend
FlÄssigkeitsaufnahme sorgen (z.B. mit etwas Kaffeesahne im Wasser nach dem FÄttern).
 FÄr hÅufige VersÅuberungsgelegenheiten besorgt sein,
nur 3-4-mal tÅglich genÄgt sicher nicht. Der Hund sollte
mindestens alle 3-4 Stunden ins Freie kÇnnen. Die
Nachtruhe soll nicht lÅnger als ca. 9 Std. dauern.
 FÄr viel Bewegung besorgt sein.
 Wenn immer mÇglich in der ersten LebenshÅlfte auf
Kastration verzichten.
 Bei Anzeichen von BlasenentzÄndungen frÄhzeitig in
tierÅrztliche Behandlung gehen.
Wenn mir ein Papillonbesitzer stolz erz‚hlt, sein H•ndchen sei absolut stubenrein und m•sse nur 3 mal t‚glich
spazieren gef•hrt werden, frage ich ihn, wie er sich wohl f•hlen w•rden, wenn er nur 3 mal in 24 Stunden aufs Klo
d•rfte! Das ist Tierqu‚lerei und die meist •bervolle Blase f•r Steinleiden pr‚destiniert.
Wie liesse sich eine allf‚llige genetische Disposition zu Ca-Oxalat-Steinen erkennen?
Die Papillons mit Steinleiden sind – zum Gl•ck – (noch) zu selten, um Zuchtselektion aufzubauen. Kommt dazu,
dass mehrheitlich Kastraten betroffen sind, also Privathunde und keine Zuchttiere. Der Weg f•hrt wohl •ber DNAAnalysen, die in vielen gesundheitlichen Problemkreisen als Mittel der Wahl f•r die Zukunft gesehen werden.
Um k•nftig solche zu ermƒglichen, braucht es Blutproben von betroffenen Papillons. Der behandelnde Tierarzt
kann solche im Rahmen der •blichen Behandlung entnehmen.
In der Schweiz nimmt das Institut f•r Genetik an der Vetsuisse Fakult‚t Bern Blutproben von Hunden entgegen.
Diese werden •ber Jahre tiefgefroren gesammelt und ausgewertet, wenn ein entsprechendes Forschungsprojekt
aufgegleist wird. Naheres findet man unter http://www.genetics.unibe.ch/content/forschung/hund/index_ger.html
Dort kann man auch das Merkblatt herunterladen, wie die Proben vom Tierarzt einzusenden sind.
Ich weiss, dass dies dem von Blasensteinen geplagten Papillon nicht hilft, doch es w‚re ein Beitrag, solche
Schmerzen und solches Leid k•nftig zu verhindern, falls es gelingt, genetische Marker zu dieser Erkrankung zu
finden.