Rezeptionsforschung 2

03.12.2015
Rezeptionsforschung Teil II –
Feministische Kommunikationsforschung
Dr.in Irmtraud Voglmayr
Literatur: Brigitte Hipfl (2002), Elisabeth Klaus (2006), Goldbeck (2004), Ien Ang (2006) u.a.
Rezeptionsforschung Teil II ‐ Feministische Kommunikationsforschung
• Frauen: Konsum und Massenkultur • Männer: authentische, wahre Kultur • Abwertung der so genannten „Frauengenres“ –
(Re)Produktion der ges. Hierarchien
• Hochkultur – verbannt Frauen in die Nichtexistenz
• Kulturbegriff der Cultural Studies: Blick auf die Alltagspraktiken der Frauen – „the whole way of life“ Zur Vielschichtigkeit der Medienaneignungsprozesse • Medieninhalte repräsentieren eine Vielzahl möglicher Bedeutungen, Konkretisierung erfolgt erst in der Rezeption. • Die Frage der Bedeutungskonstruktion ist immer in bestehende Machtverhältnisse eingebunden – “Kampf um Bedeutungen”. • Unterschiedliche Lebensbedingungen wie Geschlecht, Klasse, „Rasse“ werden im Umgang mit MM unterschiedlich wirksam. • Aktive Rolle im Umgang mit Medien – “Lesen gegen den Strich”. 1
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Genderdimension der Fernsehproduktion und Rezeption Differierende Programminteressen • Frauengenres: Melodrama, Familien‐ und Alltagsserien, Talk Shows etc. • Männergenres: Western, Sport, Actionfilme, Sexfilme, Politik
Frauengenres – ein Beispiel weiblicher Kultur?
• Soaps erfordern spezifische kulturelle Kompetenzen (Brunsdon). • Soaps werden mit dem Frauentratsch verglichen und abgewertet.
• Möglichkeit des weiblichen Diskurses.
Kritik an männlichen und weiblichen Genres (Klaus 2006) • Kritik an der Existenz zweier grundverschiedener Lebenswelten von Männern und Frauen.
• Aufrechterhaltung des „Symbolischen Systems der Zweigeschlechtlichkeit“.
Ien Ang: Das Konzept des Vergnügens
Es muss unterschieden werden zwischen dem vielfältigen Vergnügen und der Ideologie. das formale Vergnügen
das inhaltliche Vergnügen
das phantasievolle Vergnügen das realistische Vergnügen 2
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Beispielhafte Studie: Valerie Walkerdine: „Rocky II“
• Ansatz: Teilnehmende Beobachtung in einer englischen Gemeindewohnung.
• Einsatz der Psychoanalyse zur Erklärung der Art und Weise, in der sich ZuschauerInnen mit dem Film auseinander setzen und nicht zur Erforschung der Beziehungen innerhalb des Films.
Beispielhafte Studie: Valerie Walkerdine: „Rocky II“
Rezeption von „Rocky II“ wird aus der Perspektive komplexer, bereits existierender Dynamiken und nicht aus der Perspektive der medienkompetenten ZuschauerInnen untersucht. Beispielhafte Studie: Valerie Walkerdine: „Rocky II“
• Diese Dynamiken lassen sich nicht auf Unterschiede hinsichtlich Klasse/Geschlecht/Ethnizität reduzieren, obwohl die Frage, wie diese in die häuslichen Praxen eingehen, von Bedeutung ist. • Versuch zu zeigen, wie Aspekte filmischer Repräsentationen in die häuslichen Praxen der Familien einverleibt werden. • Ein Film kann nicht aus sich heraus eine Lesart erzeugen, die das Subjekt „fixiert“.
• Der Erfolg solcher Hollywoodproduktionen beruht auf der imaginären Erfüllung des Traumes der Arbeiterinnenklasse von der bürgerlichen Ordnung. 3
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Konzept: „Thematische Voreingenommenheit“ (Jutta Röser) Medienrezeption wird in den Dienst der Lebensbewältigung genommen.
Populärer Sendetypus „Lifestyle‐Fernsehen“
(Thomas, Seier/Surma, McRobbie)
• Ausdifferenzierung des Reality‐Fernsehens, das sich seit den 1990er Jahren durchsetzt.
• Zusammenhang von Lifestyle‐TV und Lebensführung. Kochen, Gartenarbeit, Erziehung etc. werden mit je eigenen Formaten und Inszenierungsstrategien im Fernsehen thematisiert. Populärer Sendetypus „Lifestyle‐Fernsehen“
(Thomas, Seier/Surma, McRobbie)
• Diese neuen Formate problematisieren Techniken der Selbstführung und unterstützen die Einübung von Kompetenzen der Selbstführung, Selbstinszenierung und –
optimierung.
• Das reichhaltige Mitmach‐Angebot, das aus ZuschauerInnen
potenzielle KandidatInnen macht und in diesem Sinne das zur Verfügung gestellte Wissen auch am und mit dem eigenen Körper nachvollziehbar und „erlebbar“ werden lässt. 4
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Unterschied zu den klassischen Ratgebersendungen
• Vervielfachung (RTL 2)
• Ausdifferenzierung der Gegenstände
• formale Elemente wie die intensive affektive Aufladung sowie Strategien der Narrativierung und Dramatisierung
Zum festen Repertoire des Lifestyle‐TV gehören
• Make over‐Programme und der für sie typische Vorher‐
/Nachher‐Modus
• (Krisen‐) Experimente, um Verhaltensoptionen von KandidatInnen durch ein künstliches Setting zu beobachten und zu testen (Frauentausch).
Stuart Hall: Encoding‐Decoding‐Modell
• Divergenz zwischen Absichten der MedienproduzentInnen
und den Lesarten der RezipientInnen. • Die ZuschauerInnen sind nicht in derselben Machtposition wie die Medienmacher.
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Stuart Hall: Encoding‐Decoding‐Modell
Drei idealtypische Positionen, von denen aus ein medialer Text decodiert werden kann: • Die Vorzugslesart (dominant hegemonic position): Wenn die ZuschauerInnen die konnotative Bedeutung eines medialen Textes voll und ganz übernehmen. • Die „ausgehandelte (negotiated) Lesart“: ZuschauerInnen
akzeptieren grundsätzlich die dominante Definition von Situationen und Ereignissen, wird aber an die eigenen Verhältnisse angepasst.
• Die oppositionelle Lesart (oppositional reading): Wenn die ZuschauerInnen die Vorzugslesart eines medialen Textes verstehen, aber gänzlich ablehnen, da sie die Botschaft im Rahmen eines alternativen Bezugsrahmens interpretieren. Gegenwärtige Krise in der Medienrezeptionsforschung Lit.: Ien Ang (2006)
Problematik der kontextuellen Unendlichkeit: Rasse, Klasse, Generationen, Familiengeschichte, Religion etc.
Prämisse eines radikalen Kontextualismus
• Wo beginnt und wo hört man/frau mit ihrer Analyse auf?
• Jede Situation ist in einzigartiger Weise durch eine unbegrenzte Vielfalt von Kontexten charakterisiert • Kontexte schließen sich nicht gegenseitig aus • Fazit: Den gesamten kontextuellen Horizont zu berücksichtigen ist kaum durchführbar.
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Gegenwärtige Krise in der Medienrezeptionsforschung Wie gelangt man aus dieser Sackgasse heraus?
• partial: Theoretisieren und Forschen ist unweigerlich nur partieller Natur
• parteiisch: soziale und politische Relevanzen von Verpflichtung und Engagement in der Entwicklung unseres Verständnisses.
Die Konstruktion standpunktbezogener Wahrheiten
Mittelweg: Einerseits den radikalen Kontextualismus im Hinterkopf zu behalten und andererseits gleichzeitig unsere Grenzen als Chance zu betrachten. Marilyn Strathern: Unsere Geschichten sind „Teilwahrheiten“ und bewusst/unbewusst „standpunktbezogene Wahrheiten“.
Ethnografie – eine Form der empirischen Untersuchung „Methodologischer Situationalismus“, der die von Grund auf situierte, immer kontextgebundene Art und Weise unterstreicht, in der Menschen im Alltag den Medien begegnen.
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Ethnografie – eine Form der empirischen Untersuchung Vorteile
• interpretative Spezifizierung gegenüber erklärender Verallgemeinerung
• historische und lokale Konkretheit gegenüber formaler Abstraktion
• „dichte“ Beschreibung von Details gegenüber „dünnen“ Erhebungen.
Aufgabe des ethnografischen Diskurses • Bilder zur Verfügung zu stellen, um das Leben Anderer wie auch das Unsrige besser zu verstehen.
• Den sozialen Kontext, in dem Ethnografie geschrieben, publiziert, gelesen etc. wird, zu berücksichtigen. • Politische Frage: Welche Geschichten sollen erzählt werden, in welcher Form, wem, wo und wann und mit welcher Intention. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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