Ergebnisse der Öko-Landessortenversuche Sommergerste 2015 Zusammengefasst aus Niedersachsen und Hessen Markus Mücke Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Fachbereich Ökologischer Landbau E-Mail: [email protected] Einleitung Beim Anbau von Öko-Sommergerste ist häufig die Erzeugung von Braugerste das Ziel. Da in der Regel von der abnehmenden Hand bestimmte Sorten für die Verarbeitung favorisiert werden, sollte mit Ihnen im Vorfeld die Sortenwahl abgestimmt werden. Neben Hektolitergewicht und Siebsortierung spielt in erster Linie der Proteingehalt bei der Vermarktung eine zentrale Rolle. Um die Brauqualität nicht zu gefährden, ist die Stellung in der Fruchtfolge und das N-Mineralisierungspotential auf den Anbauflächen zu beachten. Zu hohe Rohproteingehalte wirken sich qualitätsmindernd auf Malzlösung und Extraktgehalt aus. Die Obergrenze liegt bei 11,5 % Rohprotein. In Oldendorf II und Hessen werden im Schnitt optimale Werte von 10,7 bzw. 10,5 % im Anbaujahr 2015 erreicht. Dagegen bewegt sich in Wiebrechtshausen der durchschnittliche Rohproteingehalt mit 11,4 % nahe an der Obergrenze. Einzelne Sorten liegen sogar darüber. Aber auch zu niedrige Rohproteingehalte unter 9 % können sich negativ unter anderem auf Geschmack und Schaumstabilität des Bieres auswirken. In den Öko-Sortenversuchen sind allerdings so niedrige RP-Werte in den zurückliegenden Jahren kaum aufgetreten. Selbstverständlich können alle als Braugerste angebauten Sorten auch zur Fütterung eingesetzt werden. Bei der Verwendung als Futter ist allerdings ein höherer Proteingehalt erwünscht, verbunden mit einer möglichst hohen Ertragsstabilität. Anbaugebiete Die Öko-Sortenversuche werden über Landesgrenzen hinweg zusammen verrechnet. Grundlage sind gemeinsam festgelegte Anbaugebiete (ABG). Zur Aussaat kommen zuvor abgesprochene, einheitliche (orthogonale) Sortimente. Vorteile dieser Vorgehensweise sind eine effizientere Versuchsplanung und Versuchsdurchführung sowie statistisch besser abgesicherte Ergebnisse. Die niedersächsischen Landessortenversuche-Standorte verteilen sich bei der Sommergerste auf zwei Anbaugebiete: Anbaugebiet 2 - Sandstandorte Nord-West Oldendorf II (Niedersachsen) Anbaugebiet 3 - Lehmige Standorte West Wiebrechtshausen (Niedersachsen) Alsfeld-Liederbach (Hessen) Erträge fallen erfreulich aus Auf dem lehmigen Standort Wiebrechtshausen wurde 2015 mit knapp 60 dt/ha wieder ein sehr gutes Ergebnis eingefahren. Auf dem etwas leichteren Standort Oldendorf II fielen die Erträge mit durchschnittlich 50 dt/ha ebenfalls hervorragend aus. Im hessischen Alsfeld konnte mit 64 dt/ha sogar ein Spitzenergebnis erzielt werden. Braugerste Ergebnisse und Sortenempfehlung Marthe verfehlt wie schon im Vorjahr das Ertrags-Standardmittel auch in diesem Jahr auf allen Versuchstandorten knapp und erzielte auch im mehrjährigen Mittel überwiegend leicht unterdurchschnittliche Erträge. Allerdings besitzt Marthe gute Vermälzungseigenschaften und wird weiterhin von der abnehmenden Hand favorisiert. Sie gehört daher nach wie vor in die engere Wahl. Grace wird bereits mehrjährig geprüft und konnte in diesem Jahr erneut in fast allen Versuchen im Anbaugebiet (ABG) 2 und 3 erfreuliche Erträge einfahren. Besonders auf den lehmigeren Standorten Wiebrechtshausen und Alsfeld überzeugt Grace mit Ertragsstabilität. Nur in Oldendorf II fiel der Ertrag 2015 leicht ab. Die Vermälzungseigenschaften sowie ihre Eignung als Braugerste sind gut. Allerdings scheint Grace anfällig gegenüber Gerstenflugbrand zu sein. Zu beachten ist auch die höhere Mehltauanfälligkeit. Catamaran kann aus mehrjähriger Sicht mit überwiegend überdurchschnittlichen Erträgen überzeugen. In 2015 gelingt ihr das auf den Standorten Oldendorf II und Wiebrechtshausen allerdings nicht. Besonders in Wiebrechtshausen überrascht der deutliche Einbruch. Bis auf die leichte Schwäche bei der Halmstabilität sind die pflanzenbaulichen Eigenschaften ausgewogen. Catamaran wird von der Braugerstengemeinschaft zur Verarbeitung empfohlen. Sie hat sich aber bei den Abnehmern noch nicht in dem Maß behaupten können wie Marthe und Grace. Für den Anbau gehört sie in die engere Wahl und kann auch als Futtergerste für den Anbau vorgesehen werden. Solist gelingt 2015 in Oldendorf II und Alsfeld nicht der Anschluss an die überdurchschnittlichen Erträge der beiden Vorjahre. In Wiebrechtshausen konnte sie im dreijährigen Prüfzeitraum bislang kaum im Ertrag überzeugen. Solist wird von der Braugerstengemeinschaft zur Verarbeitung empfohlen. Sie spielt in der ÖkoBraugerstenverarbeitung bislang aber noch keine überragende Rolle. Avalon kann am Standort Wiebrechtshausen bereits drei Versuchsjahre vorweisen und überzeugt in diesem Zeitraum mit Spitzenerträgen. Einen guten Ertrag fährt sie auch im ersten Versuchsjahr in Oldendorf II ein. In Hessen bewegen sich die Erträge um den Versuchsdurchschnitt. Die pflanzenbaulichen Parameter dieser Sorte geben keinen Anlass zur Kritik. Avalon wurde 2015 von der Braugerstengemeinschaft die Verarbeitungsempfehlung erteilt. Bleibt abzuwarten ob sie den Weg in die ÖkoMälzereien findet. Gute Voraussetzungen bringt sie zweifellos mit. RGT Planet ist neu in den Sortimenten und überzeugt 2015 in den Öko-Versuchen des ABG 2 und 3 mit Spitzenerträgen. Die gute Halmstabilität und Blattgesundheit sowie die mittlere Pflanzenlänge machen sie für den Anbau unter ökologischen Anbaubedingungen interessant. Allerdings wurde für RGT Planet die Verarbeitungsempfehlung von der Braugerstengemeinschaft nicht erteilt. Dennoch wird die Prüfung in den Öko-LSV aufgrund der guten Erträge und Eigenschaften fortgesetzt. Sollte sie als Braugerste nicht in Frage kommen, wäre eine Verwertung als Futtergerste interessant. Futtergerste Ergebnisse und Sortenempfehlung Die Futtergerstensorten KWS Dante, Sydney und Vespa haben 2015 das zweite Prüfjahr absolviert. Von diesen drei Sorten tritt bislang keine als klarer Favorit hervor. KWS Dante erreicht im Schnitt der Versuche nur knapp durchschnittliche Erträge. Das Spitzenergebnis in Oldendorf 2014 war bislang eine Ausnahme. Bei Vespa bewegen sich die Erträge überwiegend um den Versuchsdurchschnitt, teilweise auch darüber. Zu beachten ist zudem die leicht erhöhte Anfälligkeit bei Zwergrost und Rynchiosporium. Auch bei Sydney schwanken die Erträge überwiegend um den Versuchsdurchschnitt. Sie ist ausgewogen bei den pflanzenbaulichen Parametern und fiel in den Versuchen mit einer auffällig guten Frohwüchsigkeit auf. Somit dürfte Sydney noch am ehesten für den Anbau in Frage kommen. Eunova steht zwar nicht mehr in den Öko-Sortenversuchen, ihre langjährig überdurchschnittlichen Erträge machen sie aber weiterhin für den Futtergerstenanbau interessant. Eunova ist eine der wenigen Sommergerste-Sorten, die lang im Wuchs ist und so eine vergleichsweise gute Krautunterdrückung gewährleistet. Sie ist zudem ausgesprochen blattgesund. Speise-Nacktgerste – eine Besonderheit Pirona ist eine biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte und verfügt laut Züchterangaben über ein völlig spelzenfrei dreschendes Korn. Dadurch entfallen das aufwändige Schälen des Korns und die daraus resultierende mögliche Verletzung des Keimes. Mit Nacktgerste lassen sich deutlich höhere Erlöse erzielen. Sehr gut gereinigt und in Kleingebinde abgepackt lässt sie sich über das Trockensortiment des Einzelhandels hochpreisig vermarkten. Die für eine Verwertung als Speise- bzw. Brotgerste erforderlichen Vorleistungen sind jedoch erheblich. Durch die fehlenden Spelzenanteile liegen ihre Erträge natürlich weit unter denen anderer Sorten, ein direkter Vergleich ist somit nicht möglich. Hervorzuheben ist ihre gute Wüchsigkeit in der Jugendentwicklung. Sie ist außerdem recht lang im Wuchs. Zu berücksichtigen ist allerdings die erhöhte Lageranfälligkeit. Fazit • Wer gezielt Öko-Braugerste erzeugen möchte, sollte die Sortenwahl mit dem Abnehmer abstimmen. • Für den Braugerstenanbau kommen Marthe, Grace, Catamaran und Solist in Frage • Bei der Futtergerste haben sich bislang keine neuen Sorten durchgesetzt. • Für den Futteranbau bleibt die bewährte Sorte Eunova interessant, oder es werden die ertragsstabilen Sorten des Braugerstensortiments bevorzugt. Eine aktuelle Übersicht im Handel erhältlicher biologisch erzeugter Saatgutpartien ist dem Internet unter www.organicxseeds.de zu entnehmen. Landessortenversuche Sommergerste im ökologischen Anbau 2013 - 2015 Erträge relativ zum Standardmittel Bundesland Niedersachsen Anbaugebiet Versuchsort / Landkreis Bodenart / Ackerzahl Versuchsjahr Sorte Hessen ABG 2 ABG 3 ABG 3 Oldendorf II/ UE Wiebrechtshausen / NOM Alsfeld - Liederbach / VB sL / 55 sL / 55 sL / 52 sL / 70 sL / 80 sL / 80 sL / 55 sL / 55 sL / 55 2013 2014 2015 2013 2014 2015 2013 2014 2015 Züchter/Vertrieb Braugerste Marthe Nordsaat / Saaten Union 95 97 95 90 95 96 98 96 94 Grace Ackermann / BayWa 101 100 94 108 107 104 100 103 102 Catamaran KWS-Lochow 111 106 99 106 100 91 106 109 107 Solist Streng / IG Pflanzenzucht 101 104 98 92 99 90 104 102 94 Avalon Breun / Hauptsaaten - - 103 109 113 115 - 101 96 RGT Planet RAGT - - 108 - - 105 - - 114 Futtergerste KWS Dante KWS-Lochow - 113 98 - 95 100 - 98 97 Vespa Limagrain - 98 102 - 106 101 - 100 89 Sydney Streng / IG Pflanzenzucht - 91 102 - 101 97 - 103 108 77 80 66 - - - 59 65 62 Standardmittel dt/ha 36,4 42,7 50,9 55,7 55,8 59,9 42,6 36,3 64,1 GD 5% Sorte (Relativ) 4,3 10,8 8,4 10,5 12,6 7,1 7,8 13,4 10,7 Nacktgerste Pirona* Müller/Darzau Sorten des Standardmittels 2013: Marthe, Grace, Zeppelin, Catamaran, Tesla, Solist, Overture, KWS Asta, Kerstin Sorten des Standardmittels 2014: Marthe, Grace, Catamaran, Solist, Overture, KWS Dante, Sydney, Vespa Sorten des Standardmittels 2015: Marthe, Grace, Catamaran, Solist, KWS Dante, Sydney, Vespa, Avalon, RGT Planet * = nur Anbaugebiet 2 (Sandstandorte Nord-West) Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Fachbereich Ökologischer Landbau Landessortenversuche Sommergerste im ökologischen Anbau 2013 - 2015 Rohprotein (% i. T.) Niedersachsen Bundesland Anbaugebiet Versuchsort / Landkreis Versuchsjahr Hessen ABG 2 ABG 3 ABG 3 Oldendorf II / UE Wiebrechtshausen / NOM Alsfeld - Liederbach / VB 2013 2014 2015 2013 2014 2015 2013 2014 2015 Marthe 11,2 11,6 11,0 12,9 10,6 11,8 11,1 10,8 10,7 Grace 11,0 10,9 10,3 12,7 10,6 11,5 10,9 10,5 10,4 Catamaran 10,5 10,2 10,5 12,4 10,7 11,5 10,9 10,3 10,1 Solist 10,9 11,3 11,0 12,9 10,6 11,5 10,8 10,4 9,8 Avalon - - 10,6 12,0 10,6 11,2 - 10,3 10,4 RGT Planet - - 10,0 - - 10,7 - - 9,7 KWS Dante - 10,5 10,1 - 10,3 11,5 - 10,5 11,0 Vespa - 10,9 10,9 - 10,7 11,3 - 10,6 10,9 Sydney - 10,9 10,5 - 10,7 11,3 - 10,2 10,3 Pirona* 12,6 12,0 12,4 - - - 11,0 11,9 12,0 Versuchsdurchschnitt 11,0 11,1 10,7 12,5 10,5 11,4 10,9 10,6 10,5 Braugerste Futtergerste Nacktgerste * = nur Anbaugebiet 2 (Sandstandorte Nord-West) Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Fachbereich Ökologischer Landbau Landessortenversuche Sommergerste im ökologischen Anbau 2013 - 2015 Hektolitergewicht (kg/100 l) Niedersachsen Bundesland Anbaugebiet Versuchsort / Landkreis Versuchsjahr Hessen ABG 2 ABG 3 ABG 3 Oldendorf II / UE Wiebrechtshausen / NOM Alsfeld - Liederbach / VB 2013 2014 2015 2013 2014 2015 2013 2014 2015 Marthe 62,0 61,1 67,6 65,4 67,8 71,5 71,7 69,0 70,7 Grace 62,8 56,6 65,5 69,2 69,1 74,3 71,7 69,0 72,1 Catamaran 62,6 61,1 68,9 67,2 66,5 73,4 70,6 66,3 70,9 Solist 60,3 59,3 66,7 62,3 63,3 70,0 73,7 66,2 69,7 Avalon - - 66,1 66,3 66,8 71,8 - 65,9 67,4 RGT Planet - - 68,5 - - 71,0 - - 69,4 KWS Dante - 59,5 68,4 - 66,2 72,8 - 67,7 70,3 Vespa - 59,0 67,0 - 67,7 72,3 - 67,7 70,1 Sydney - 57,6 62,3 - 68,4 75,6 - 70,3 73,4 Pirona* 78,6 74,1 77,4 - - - 73,2 78,7 81,2 Versuchsdurchschnitt 63,7 60,6 67,8 65,9 66,8 72,5 72,4 68,5 71,5 Braugerste Futtergerste Nacktgerste * = nur Anbaugebiet 2 (Sandstandorte Nord-West) Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Fachbereich Ökologischer Landbau
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