vollständige Beitrag - Gender und Diversity in den

28./29. 1. 2012
KarrierenStandard
Helmut Kasper zu Change & Resilienz Seite K 2
K1
Problematische Führungskulturen Seite K 18
derStandard.at/Karriere
PERSONAL MOVES
KARIN BAUER
Schaum &
Watte
Kränkungen, Verletzungen,
Ungerechtigkeiten
sind Riesenthema
in der Arbeitswelt.
All das passiert auch ständig. Interessanterweise gibt es dabei
immer mehr Opfer als Täter
in der Selbstwahrnehmung.
Es hat sich eine große
Vermeidungskultur in
Schaum & Watte breitgemacht, eine dichte Atmosphäre positiver Formulierungen, kein „Feedback“ (so
hat Kritik zu heißen) darf in
irgendeiner Form wehtun.
Erlaubt sind nur warme Duschen. Möglichst alles, so
wird erwartet, soll so umgeformt werden, dass es der
Convenience genügt. Auf
allen Ebenen. Vom Angeschnallt-Bleiben im Flugzeug bis zum Beitrag für
den Umweltschutz: Erde
retten? Sicher – aber nur in
angenehmer Duschtemperatur. Probleme diskutieren?
Sicher – aber nur im Chancensprech. Belegschaft aussortieren? Sicher – aber nur
als Rightsizing. Sonst klingt
es auch unkomfortabel oder
verletzend.
Diese Illusion der unendlichen Convenience wird in
allen Bereichen eifrig bedient. Was würde nur geschehen, wenn man zwecks
Abhärtung und pro Realitätsblick weniger Warmduschen vorschlagen würde:
Die Empörung wäre grenzenlos. Der Gewinn an Klarheit aber beträchtlich.
„Frauen sind nicht die besseren Menschen“
Warum Quoten „im
Kaskadensystem“ gerade
jetzt notwendig sind und
was Frauen von Männern in
Führungsrollen nicht
unterscheidet: Karin Bauer
hat bei Gender-Professorin
Carmen Leicht-Scholten
nachgefragt.
Standard: Wenn es um Geschlech-
terverteilung in der Führung geht,
dann schwingt oft mit, dass Frauen
„anders“ im Sinne von „besser“
führen. Ist das so?
Leicht-Scholten: Jein. Es gibt ja
nicht „die Frauen“ und „die Männer“, wir sind sozial konstruierte
Personen. Wenn wir von Führungsverhalten sprechen, dann
haben wir aber noch sehr klar stereotypisierte Vorstellungen von
guter Führung: männlich, zeitlich
quasi unbegrenzt verfügbar, ungestört von jeglichem Privaten,
aufgabenorientiert und an finanziellen Anreizen festzumachen.
Frauen sind anders sozialisiert
und entsprechen diesem Bild
nicht.
Standard: Wäre die Wirtschafts-
krise nicht oder anders, wären
schon mehr Frauen in den Boards
gesessen?
Leicht-Scholten: Wären Boards unterschiedlicher, diverser gewesen
– ja. Aber: Frauen sind ja nicht die
besseren Menschen.
Standard: Wenn weibliches Füh-
rungsverhalten diskutiert wird,
dann kommen Zuschreibungen
wie „kommunikativ“, „Bringt Benehmen und kooperativere Stimmung ins Team“ und dergleichen –
das sind ja auch Stereotype ...
Leicht-Scholten: Natürlich, aber
wenn wir den Bias der Führung als
männliche Idealvorstellung im
Kopf haben, dann gibt es diese
Unterschiede. Tatsächlich ist es
selbstverständlich die einzelne
Carmen Leicht-Scholten über Führungsverhalten, Stereotype und Zuschreibungen – und warum das Geschlecht (noch) eine Rolle spielt.
Foto: TU Berlin
Person, nicht ihr Geschlecht, die
das Verhalten ausdrückt.
Standard: Spielt das Geschlecht
also doch keine Rolle?
Leicht-Scholten: Doch, solange wir
diese Stereotype haben, schon. In
einer Gruppe von Führungskräften wird eine Frau nicht als Führungskraft, sondern als Frau
wahrgenommen – dann beginnt
die Quadratur des Kreises, es ist
sehr schwierig, diesen Bestand
aufzulösen. Letztlich geht es um
Vielfalt, die ja allen Studien zufolge höheren ökonomischen
Output und höhere Zufriedenheit
in Unternehmen und Organisationen bringt. Das Geschlecht ist
aber derzeit noch Thema, weil
Frauen 50 Prozent der Gestaltungsmacht zustehen, die sie
nicht haben.
Standard: Also Quoten?
Leicht-Scholten: Niemand gibt gern
die Macht ab. Ich bin absolut für
Quoten, und zwar im Kaskadensystem: Es wird keine Rektorinnen geben, wenn es keine Profes-
sorinnen gibt. In Unternehmen ist
das genauso. Da braucht es Quotenziele mit Anreizsystemen im
Sinne von Budgetsanktionen der
jeweils verantwortlichen Manager.
Standard: Frauen müssen also
konkreter an den Machtsesseln sägen?
Leicht-Scholten: Ja, aber nicht einzelne Männer in Einzelhaft nehmen für ein gesellschaftliches Problem, das wir haben. Es wird gern
weichgeredet, aber es geht um
Verteilungsmacht, um 50 Prozent
des Himmels, der Hölle.
Standard: Ein hohes Maß an poli-
tischer Correctness im Sprachgebrauch wär ja schon mal da ...
Leicht-Scholten: Ja, da sind wir
ganz gut am Weg, aber wir müssen
jetzt weitergehen mit Sensibilisierung auf allen Ebenen, individuell, strukturell, auf organisatorischer Ebene. Frauen wie Männer
sind aufgerufen, ihre Rollen zu reflektieren – da ist in der jungen Generation ja auch ein Wandlungs-
prozess sichtbar. Quoten wären
jetzt das probate Mittel, um deutlich zu machen, dass wir ankommen wollen ... und nicht mehr
über weibliches und männliches,
sondern nur mehr über gutes und
schlechtes
Führungsverhalten
sprechen.
CARMENLEICHT-SCHOLTEN ist Professorin für Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften an der Fakultät
für Bauingenieurwesen an der technischen Hochschule RWTH Aachen. Sie referierte diese Woche beim Personalentwicklungskongress der Med-Uni Wien.
INHALT
Lorbeer für Deloitte
Seite K 25
Sudoku
Cortis Nährwert
Seite K 25
A Letter from Oxford
Seite K 26
HR-Kongress der ARS
Seite K 26
Jobsplitter finden Sie auf Seite K 25
Technische Studien sollen gefördert werden
„Erneuerbare Energien liegen stark
im Trend. Wasser- und Windkraftwerke werden in Österreich daher
ausgebaut. Die Konsumenten haben
enormes Interesse an Strom, der aus
KarriereReport
erneuerbaren Quellen stammt. Energieversorger wie VERBUND, die sehr
intensiv auf erneuerbare Energie
setzen und diese ausbauen, haben
da einen Vorteil“, erklärt Sandra
Thurner.
Sandra Thurner studiert an der TU
Wien Elektrotechnik und wird in
diesem Studienjahr von VERBUND
mit dem Frauenstipendium in der
Höhe von 5.000 Euro unterstützt.
„Im Studium konzentriere ich mich
auf erneuerbare Energien, und da
passt es auch thematisch gut, dass gerade
VERBUND dieses Stipendium vergibt.“
Mit dem Frauenstipendium unterstützt
VERBUND jedes Jahr
drei Technik-Studentinnen, um ein Zeichen
für mehr Frauen in der
Technik zu setzen. „Ich
investiere das Stipendium in zwei Blöcken
– zum einen in Persönlichkeitsbildung und
zum anderen, um für
das Studium wichtige
Anschaffungen machen zu können“, erklärt Sandra Thurner.
„Ich habe Seminare zu
Verhandlungstechnik
gebucht, werde meine
Präsentationstechnik
verbessern und arbeite
an der Steigerung meiner
Gedächtnisleistung. Außerdem besuche ich einen Spanisch-Sprachkurs.“
Zudem hat sich Sandra Thurner mit
Fachliteratur eingedeckt und sich
einen Laptop angeschafft, auf dem
Foto: Guido Gluschitsch
VERBUND, Österreichs
führendes Stromunternehmen,
das vor allem auf erneuerbare
Energien setzt, unterstützt
mit Sandra Thurner
eine künftige Spezialistin.
sie nun ihre Diplomarbeit schreibt.
„Ich möchte im Frühjahr zur Diplomprüfung antreten, und es war
ohnedies schon höchste Zeit, dass
ich mir einen Laptop besorge“, ist
Sandra Thurner froh über die Unterstützung durch VERBUND.
Für Quotenlösungen lässt sich die
junge Frau, die schon als Kind lieber
mit dem Elektrobaukasten als mit
Puppen spielte, nicht begeistern.
„Ich habe mich nie dafür interessiert, welche Berufe wie dominiert
sind. Wichtig ist, dass jede und jeder
seinen Stärken nachgeht und das
macht, worin sie oder er gut ist –
ganz egal ob Mann oder Frau. Die
Förderung von technischen Studien
finde ich wichtig, und das war auch
ein Grund, warum ich mich bei
VERBUND für das Frauenstipendium beworben habe.“
Was den Ausschlag gab, dass gerade sie für das Stipendium ausgewählt wurde, kann sie nur vermuten, verrät Sandra Thurner. „Ich
glaube, dass es hilft, wenn man breit
aufgestellt ist, wie es bei mir zum
Beispiel durch das Auslandssemester der Fall ist.“ Sandra Thurner hat
auch einen Tipp für Frauen, die sich
für das Stipendium von VERBUND
interessieren: „Wer mit dem Gedanken spielt, sich zu bewerben, sollte
den Mut zusammennehmen und es
einfach machen.“ Sandra Thurner
versteht zwar, dass man vor dem
Hearing aufgeregt ist, „das war ich
auch, aber das Gespräch war dann
sehr freundlich und die Atmosphäre
sehr angenehm.“
KONTAKT
VERBUND fördert mit dem Frauenstipendium hochqualifizierte Frauen
in technischen Berufen und vergibt
dieses jährlich in Kooperation mit
dem TU Wien Career Center.
Auch 2012 wird das VERBUNDFrauenstipendium ausgeschrieben.
Alle Informationen darüber finden Sie
auf der Homepage
www.verbund.com/karriere unter
„Kooperationen“.
Eine Information von VERBUND.
Entgeltliche Einschaltung