Unternehmen Falcon Private Bank «Fokus, Fokus, Fokus» Er musste das Private Banking neu erfinden: Eduardo Leemann, Chef der Falcon Private Bank, über sein Investment in den umstrittenen Unternehmer René Benko und seinen neuen Verwaltungsrat Walter Berchtold. DIRK SCHÜTZ INTERVIEW BILANZ: Herr Leemann, man hört nicht mehr so viel über Sie. Eduardo Leemann: Neun Jahre sass ich Nischenstrategie und konzentrieren uns ganz aufs Private Banking. im Verwaltungsrat der SIX, zwölf Jahre im Verband der Auslandsbanken, dort war ich auch Vizepräsident. Da hat man nicht mehr den gleichen Enthusiasmus. Ich werde 59 Jahre alt. Jetzt sollen andere Personen zum Zug kommen. Nicht mehr das grosse Rad drehen? Heute sind wir eine eigenständige Bou tique Bank mit einem Staatsfonds als Investor, der kein grosser Player am Finanzmarkt ist. Wir konnten etwas aus probieren, ohne Quartalszahlen liefern zu müssen – und ohne einen Finanzkon zern im Rücken. Wir dachten schon, Ihre neuen Besitzer aus Abu Dhabi hätten öffentliche Zurückhaltung dekretiert. Überhaupt nicht. Was aber stimmt: Die neue Aufgabe bei Falcon macht grossen Spass, da wollte ich mich fokussieren. Die Falcon Private Bank, die Sie heute leiten, ging aus der AIG Private Bank hervor. Haben die Käufer aus Abu Dhabi Sie gerettet? AIG war von der Finanzkrise massiv be troffen und musste verkaufen. Ich habe damals als CEO gedrängt: Wir können kein Private Banking machen mit einem Toxic Sign an der Tür. Heute weiss ich: Der schnelle Verkauf war unser Glück. Warum? Unser Schnitt ist bereits 2008 gekommen, wir mussten uns sofort neu erfinden. A ndere Mitbewerber hatten mehr Zeit, diesen Luxus hatten wir nicht. Was haben Sie neu gemacht? Bei AIG hatten wir aufgrund der Kon zernstrategie ein globales Geschäfts modell. Mit der Falcon verfolgen wir eine 44 BILANZ 12/2015 Woher kommt der Name? Als ausländisch beherrschte Bank dürfen wir keinen Schweiz-Bezug haben. Mein Favorit war Pelikan Bank, weil unser Sitz am Pelikanplatz in Zürich liegt. Aber in der Kultur der Araber ist der Pelikan ein sehr behäbiges Tier. Falcon hat Sinn ge Chef der Boutique Eduardo Leemann (58) leitet seit 2009 die Falcon Private Bank, die aus der AIG Private Bank hervor gegangen ist. Er begann seine Kar riere bei Julius Bär und war Mitglied der Geschäftsleitung von Goldman Sachs Schweiz. Die Falcon Private Bank beschäftigte Ende 2014 326 Mitarbeiter, verwaltete 16 Milliar den Franken Vermögen und erzielte einen Gewinn von 9 Millionen Franken. Die Bank ist im Besitz des Staatsfonds von Abu Dhabi. macht, ein Falke hat sehr viel positive Attribute, ist in jeder Kultur ein aner kanntes Edeltier. Wie reagierten die neuen Inhaber? Am Anfang wollten sie nichts davon wis sen. Wir haben eine Schweizer Bank ge kauft, hiess es: Wir wollen Uhren, Scho kolade, Berge – und nicht Sand, Kamele, Vögel. Aber beim dritten Mal haben sie den Namen dann akzeptiert. Was ist Ihr Rezept? Fokus, Fokus, Fokus – bezüglich Kunden segmenten, Märkten und Produkten. Wir haben drei grosse Märkte: den Nahen Osten mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Oman und Saudi-Ara bien mit 25 Prozent der verwalteten Ver mögen, Osteuropa inklusive Russland mit 20 Prozent und die Schweiz mit 23 Prozent. Wer etwa im Nahen Osten Erfolg haben will, muss sich wirklich mit den Märkten dort beschäftigen und mass geschneiderte Lösungen anbieten. Bei vermögenden Leuten ist heutzutage etwa das Kreditprodukt ganz wesentlich. Pri vatbanken verleihen eigentlich kein Geld. Wir schon. Laut Eigenbeschrieb wollen Sie «exklusive Anlagemöglichkeiten» bieten. Was verstehen Sie darunter? Das können ausgelesene Private-Equity Beteiligungen oder strukturierte Finan zierungslösungen sein. Nehmen wir das Beispiel unserer Beteiligung an Signa, der Immobilienfirma des österreichischen Natürlich war das ein Thema. Wir haben 30 Kunden eine Beteiligung angeboten, 15 haben mitgemacht. Fünf haben gesagt: Ich fühle mich nicht komfortabel. Zehn haben gesagt: Zu hohes Risiko. Hat sich der Einstieg gelohnt? Wir sind vor drei Jahren eingestiegen, seitdem ist der Wert über 50 Prozent gestiegen. In zwei Jahren können die Investoren aussteigen, falls sie es möchten. Sie wollen die «führende Privatbank- Boutique» sein. Was heisst das genau? Der Kunde bekommt bei uns keine Standardpalette. Wir versuchen, drei oder vier überzeugende Anlageideen pro Jahr zu entwickeln. Wir haben 4000 Kunden, die wir mit 80 Relationship-Managern betreuen. Jeder wird individuell bedient. Was suchen die Schweizer? Das sind meist bekannte Unternehmer, die spannende Anlage-Opportunitäten suchen und eine extrem persönliche Beratung schätzen. Ist ein arabischer Eigner ein Problem? Unter Umständen schon. Etwa 20 Prozent der Kunden stammen noch aus der AIG-Zeit. Manche haben uns gesagt, sie wollten nicht mit einer Schweizer Bank arbeiten, die arabische Eigentümer hat. «Der schnelle Verkauf war unser Glück»: Eduardo Leemann, Chef der Falcon Private Bank. Foto: PR Investors René Benko. Wir haben ihn vor drei Jahren kennen gelernt. Benko expandierte mit der Übernahme von Karstadt in Deutschland und brauchte Kapital. Wir sind dort eingestiegen. Wir haben die Beteiligung strukturiert und machen heute das Monitoring. Wir sind auch im Verwaltungsrat vertreten, ich bin Mitglied im Audit Committee. Wie hoch ist Ihre Beteiligung? Wir halten 22 Prozent an dem Beteiligungsportfolio Signa Prime Selection. Auch René Benko schätzt es, dass er sagen kann: Ein Staatsfonds von Abu Dhabi ist unser Investor. Benko hat einen durchzogenen Ruf, sein Firmenkonstrukt gilt als intransparent. Wir haben alle Background-Checks gemacht. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen sich eine Meinung bilden vom Hörensagen, nur weil jemand mit 37 Jahren im Privatjet fliegt und eine Yacht hat. René Benko redet nicht mit der Presse, schottet sich ab. Das schafft Misstrauen. War das kein Thema bei Ihren Kunden? Mit 16 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen sind Sie die Nummer 26 im Schweizer Private Banking. Reicht das? Wir wollen unter die Top 20 kommen. Zukäufe in der Grösse von zwei bis drei Milliarden kann ich mir gut vorstellen. Wenn die US-Steuerproblematik gelöst ist, erwarte ich eine Verkaufswelle im Schweizer Private Banking. Der frühere CS-Private-Banking-Chef Walter Berchtold sitzt neu in Ihrem Verwaltungsrat. Warum? Walter Berchtold ist einer der profiliertesten Banker der Schweiz, ich kenne ihn persönlich seit Jahren. Er hat auch eine hohe Glaubwürdigkeit bei unseren Eigentümern. Für ihn musste Mike Bär weichen. Ich wollte den Verwaltungsrat erweitern, aber das wollte unser Eigentümer nicht. Weil wir nur einen Private Banker benötigen, haben wir uns mit Mike Bär auf sein Ausscheiden geeinigt. • 12/2015 BILANZ 45
© Copyright 2024 ExpyDoc