Grenzen setzen - Grenzen achten

Grenzen setzen – Grenzen achten
Grenzen:
Das Thema „Grenzen“ kennen wir alle.
Wir alle stoßen im Laufe des Lebens immer wieder an Grenzen – Grenzen unserer
Kraft, Leistungsfähigkeit, Geduld und manchmal auch an finanzielle Grenzen.
Dies geschieht im beruflichen als auch im privaten Bereich mit Vorgesetzten,
Kollegen, Kindern, Partnern und Eltern.
Wir merken in solchen Situationen: Hier geht es nicht weiter.
Anschließend überlegen wir uns Lösungen und Strategien.
Wir handeln – in den meisten Fällen.
In diesem Kontext ist das Erleben von Grenzen ein eher passiver Vorgang aus dem
wir dennoch Aktivität entwickeln.
Mindestens genauso oft werden unsere Grenzen jedoch von anderen überschritten.
Nicht immer merken wir das sofort und in vielen Fällen tun wir auch nichts dagegen.
Zumal es auch nicht immer in böser Absicht passiert.
In vielen dieser Fälle werden wir nicht aktiv!
Dennoch birgt diese eine Gefahr:
„Wer es ständig zulässt, dass seine Grenzen überschritten werden, wird fliehen oder
krank werden.“
Alfred Preuß
Wie reagieren Menschen, wenn ihre Grenzen verletzt werden?
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich und vielfältig:
Streit, Schweigen, Keine Reaktion, Zorn, Wut, Hilflosigkeit, Aggression
Schuldgefühle, Zurückziehen, das Gefühl des Versagens, das Gefühl der
Unzulänglichkeit, der Vergleich mit anderen
Die Reaktionen sind so vielfältig, wie die Menschen, denn
Grenzen sind persönlich
Grenzen sind nicht gut oder schlecht
Grenzen verändern sich im Laufe unseres Lebens
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Grenzen sind persönlich
Sie haben mit unserer Prägung, Entwicklung und unseren Erfahrungen und
Erlebnissen zu tun.
Die meisten können gut nachvollziehen, dass Grenzen persönlich sind.
Über persönliche Grenzen nicht zu urteilen, fällt uns meist viel schwerer, sowohl was
unsere eigenen Grenzen betrifft, als auch die von anderen Menschen.
Doris Duldsam denkt:
„Ich bin einfach empfindlich.“
„Die Neue muss sich immer in den Vordergrund spielen.“
„Mit ihm kann man darüber eh’ nicht reden.“
und schweigt
und schweigt
und schweigt
Stefan Streitsam denkt:
„Nicht auszuhalten diese Besserwisserei.“
„Das geht mir jetzt wirklich auf die Nerven.“
„Das kann so nicht weitergehen.“
und handelt
und handelt
und handelt
Und irgendwo zwischen Doris Duldsam und Stefan Streitsam sind wir – jeder
einzelne von uns mit unseren persönlichen Grenzen, Reaktionen und Gefühlen.
Persönliche Grenzen haben etwas mit Werten, Überzeugungen und Einstellungen zu
tun. Für denjenigen, für den „Ehrlichkeit“ ein wichtiger Wert ist, ist es schwerer oder
unmöglich eine kleine Lüge mitzutragen, als für denjenigen, für den dieser Wert nicht
so bedeutsam ist.
Persönliche Grenzen dienen vor allem unserem Schutz.
Sie sorgen dafür, dass wir nicht überfordert werden oder uns nicht selbst
überfordern. Sie helfen, dass wir uns anderen gegenüber durchsetzen können.
Oftmals fällt es uns schwer, unsere Grenzen zu verteidigen, manchmal sind wir uns
unserer Grenzen auch gar nicht bewusst.
Wir reagieren zu wenig klar und haben auch Hemmungen unsere Worte mit einer
deutlichen Körpersprache zu unterstreichen.
Dabei kommt gerade der nonverbalen Kommunikation beim Thema „Grenzen setzen“
eine große Bedeutung zu.
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Beispiele für persönliche Grenzen sind:
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Jemand empfindet es als unangemessen geduzt oder berührt zu werden.
Jemand verweigert seine Mitarbeiter bei einer Veranstaltung, weil er gerade
beruflich voll eingespannt ist.
Jemand weigert sich einem Bekannten zum wiederholten Male Geld zu leihen.
Jemand weiß, dass er niemals im Leben einen Bungee-Sprung machen wird.
Jemand reagiert aggressiv, als die Kollegin eine Entscheidung fällt, ohne das
vorher abzusprechen.
Jemand sagt zu etwas „Ja“ und denkt aber „Nein“.
Fragen Sie sich immer mal wieder?
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Was geht mir persönlich zu weit?
Wodurch fühle ich mich bedrängt oder überrumpelt?
Wann habe ich das Gefühl mich verteidigen zu müssen?
In welchen Situationen fühle ich mich hinterher schlecht, weil ich etwas getan
habe, was ich eigentlich nicht wollte?
Darf ich mich den selbst so wichtig nehmen?
Ja, denn wer zu oft selbstlos ist, ist schnell sich selbst los
Grenzen setzen heißt Farbe bekennen
Grenzen setzen heißt erkennbar werden.
Grenzen setzen heißt für sich zu sorgen.
Tipp:
Nehmen Sie sich für den Anfang nicht zu viel vor.
Beginnen Sie mit einer bestimmten, konkreten Situation, die Ihnen relativ leicht fällt.
Wenn Sie vorhaben, Ihrem Chef/in oder Kollegen gegenüber Grenzen zu setzen,
üben Sie zunächst an einem anderen Beispiel.
Gerade in beruflichen Situationen mit Kollegen und Vorgesetzten fällt es uns oft
schwerer Grenzen zu setzen als im privaten Bereich.
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Warum ist nicht immer leicht Grenzen zu setzen?
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Wir wollen nicht kleinlich sein.
Wir urteilen über uns. („Die anderen stellen sich auch nicht so an“).
Wir wissen, wir werden leicht zickig in Konfliktsituationen.
Wir haben Angst vor der Konsequenz.
Jetzt haben wir uns das schon so lange angeschaut. Jeder wird meinen, wir
spinnen, wenn wir jetzt anfangen etwas zu sagen.
Obwohl wir versuchen Grenzen zu setzen, gelingt es uns dies nicht immer
überzeugend und mit Nachdruck.
Gründe für die unklare, uneindeutige Kommunikation von Grenzen:
• Ich reagiere sehr spät
• Ich reagiere zu wenig entschieden
• Ich grenze mich (zu) frühzeitig.
Das heißt ich sage „Nein“ und handle dann entsprechend dem „Ja.“
(Beispiel: Ein Kollege lehnt eine Aufgabe ab und erledigt sie dann doch.)
Kommunikation findet immer auf zwei Ebenen
Auf der Sach – und Beziehungsebene
In nahezu allen Fällen ist die Beziehungsebene bei der Kommunikation um
Inhaltsfragen beteiligt.
Gibt es Störungen und Schwierigkeiten bei der Kommunikation von Inhalten, ist dies
meist auf Probleme auf der Beziehungsebene zurückzuführen.
In diesem Fall muss zuerst auf der Beziehungsebene gearbeitet werden, bevor
wieder inhaltlich argumentiert und gesprochen werden kann.
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Werkzeuge für eine klare und überzeugende Kommunikation
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Ich-Botschaften
Schweigen
Konsequenzen aufzeigen
Nein-Sagen
Ich-Botschaften
Ich bin sehr verärgert…
Ich empfinde das …
Ich kann meine Arbeit so nicht erfüllen….
Ich benötige Deine/ Ihre Unterstützung und ich habe das Gefühl……
Eine Ich-Botschaft ist weit wirkungsvoller und eleganter als eine Behauptung.
Vergleichen Sie selbst:
Ich-Botschaft:
„Ich fühle mich nicht richtig beurteilt und eingeschätzt.“
versus
Behauptung:
„Sie haben mich falsch beurteilt und eingeschätzt.“
Das erste ist die Mitteilung meiner Befindlichkeit.
Die Antwort: „Das stimmt nicht.“ geht bei einer Ich-Botschaft schlicht und ergreifend
nicht, denn wie ich mich fühle ist einfach meine persönliche Befindlichkeit.
Darüber lässt sich nicht urteilen.
Schweigen
Was sich simpel und einfach anhört, ist in Wahrheit sehr schwer. Gerade in
schwierigen Gesprächen neigen die meisten Menschen dazu viel zu viel und viel zu
schnell zu reden, eben weil uns diese Gespräche meist unangenehm sind und wir
permanent das Gefühl haben uns rechtfertigen zu müssen.
Dabei gehört Schweigen zu den mächtigsten Kommunikationswerkzeugen
überhaupt.
Tipp:
Die Kombination einer Ich-Botschaft mit anschließendem Schweigen
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Konsequenzen aufzeigen
Das Aufzeigen von Konsequenzen verstärkt noch den Nachdruck, wenn wir Grenzen
setzen.
„Wenn ich bis Ende des Monats nicht entsprechende Unterstützung erhalte, dann
können wir den Termin nicht einhalten.“
Nein-Sagen:
Grenzen setzen heißt Nein-Sagen lernen.
Das Schwierige ist, dass für viele Menschen das „Nein“ einer anderen Person bereits
eine Grenzverletzung darstellt.
Wenn wir eine Grenze setzen, müssen wir dies also mit Durchsetzungskraft und
gleichzeitig Fingerspitzengefühl tun.
Tipp 1:
Wenn Ihnen das Nein-Sagen zu Beginn schwer fällt, bitten Sie ruhig um etwas
Bedenkzeit.
Sie müssen nicht auf der Stelle "Ja" oder "Nein" sagen, auch wenn der andere das
gerne möchte.
Sagen Sie ruhig:
"Ich muss darüber einen Moment nachdenken. Ich komme in fünf Minuten zu dir und
sage dir Bescheid."
Oft sagen wir vorschnell "Ja" zu etwas, weil wir uns schlicht und einfach überrumpeln
lassen. Anliegen und Bitten werden ja meist ganz schnell mal zwischendurch an uns
herangetragen
Tipp 2:
Finden Sie heraus, warum es Ihnen so schwer fällt, "Nein" zu sagen
Dass es vielen Menschen schwer fällt, auch mal eine Bitte oder ein Anliegen
abzulehnen, kann die unterschiedlichsten Gründe haben.
Die Angst, abgelehnt und nicht mehr gemocht zu werden
Eine Angst, die wir sowohl im Freundes- und Bekanntenkreis und in der Familie
haben, aber auch im Berufsleben. Die meisten von uns machten schon als Kind die
Erfahrung, dass manche Menschen uns nur dann mögen, wenn wir ihnen nützlich
sind.
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Heute als Erwachsene können wir diesen Zusammenhang erkennen und müssen
dieses Spiel nicht mehr mitmachen.
Fest steht, dass Sie sowieso nicht erreichen können, von allen gemocht zu werden –
auch dann nicht, wenn Sie alles dafür tun.
Angst vor Konsequenzen
Eine Angst, die durchaus berechtigt ist. Nicht jeder reagiert freudig, wenn Sie eine
Bitte ablehnen. Es kann also durchaus zu Konflikten kommen.
Man will nicht egoistisch oder herzlos wirken
Diese Ursache liegt in unseren Werten begründet. Sie brauchen aber keine Angst
davor zu haben, gleich ein Egoist zu sein, nur weil Sie nicht sofort springen, wenn
Sie jemand um etwas bittet.
Das Bedürfnis gebraucht zu werden
Diese Ursache liegt oft unbewusst in uns und ist deshalb gar nicht so leicht zu
durchschauen. Für andere da sein zu können, gebraucht zu werden, helfen zu
können – all’ das tut vielen Menschen sehr gut.
Wenn Sie in diesem Bereich nicht die richtige Dosierung finden, besteht jedoch die
Gefahr, dass Sie langfristig ausbrennen, da Sie selbst zu kurz kommen.
Wenn Sie anfangen Grenzen zu setzen, rechnen Sie mit Gegenwind!
Wenn Sie anfangen Grenzen zu setzen verändern Sie sich.
Ihre Umwelt wird das sehr schnell merken und nicht immer erfreut darauf reagieren.
Machen Sie sich also auf Gegenwind gefasst.
Es gibt verschiede Sabotage-Strategien:
Schuldgefühle auslösen
„Tu’ mir das bitte nicht an!“
„Gute Kollegen tun so etwas.“
Schmeichelei
„Sie können das einfach am besten.“
„Auf Sie kann ich mich einfach immer verlassen.“
Behauptungen:
„Das machen doch alle so.“
„Das geht einfach nicht anders.“
„Sie sind aber empfindlich.“
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Verbrüderung:
„Wir sitzen doch alle im selben Boot.“
„Wir verstehen uns doch, nicht wahr?“
„Wir sind doch Kollegen.“
Fazit:
Schauen Sie genau hin, wer etwas von Ihnen will und welche Mittel diese Person
einsetzt, um es zu erreichen. Haben Sie eine Strategie erkannt, können Sie diese
freundlich, aber deutlich ansprechen, wie zum Beispiel:
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"Ich fühle mich im Moment überrumpelt, weil Sie von mir unter Zeitdruck eine
Entscheidung wollen. Geben Sie mir zehn Minuten und dann sage ich Ihnen
Bescheid."
"Ich kann verstehen, dass es Ihnen nicht gefällt, wenn ich jetzt "Nein" sage.
Ich möchte mir aber deswegen keine Schuldgefühle machen lassen."
"Ihr Lob freut mich natürlich sehr und trotzdem kann ich diese Aufgabe heute
leider nicht mehr für Sie erledigen."
Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass andere Ihnen nichts Böses wollen.
Wenn Sie bisher eher selten für sich eingestanden sind, dann ist ein „Nein“ aus
Ihrem Mund einfach ungewohnt.
Das verunsichert Ihre Umwelt und so versuchen viele den alten Zustand
zurückzubekommen, sprich Ihr „Ja“.
Manchmal wird es vielleicht auch sinnvoll sein die eigenen Grenzen zu überdenken
und ggf. zu verändern.
In jedem Fall liegt vor Ihnen ein spannender Weg.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Ihre
Christiane Jung
Weitere Informationen, wie unterschiedlich Menschen Grenzen erleben finden Sie
unter: www.grenzen-dasprojekt.de
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