Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg e.V. Endnachweis Sachbericht Projektzeitraum 1.9.2013 -31.08.2015 Projekt: „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ Lüneburger Inklusionsschulung Bildungs- und Gedenkstätte „Opfer der NS-Psychiatrie“ Lüneburg/ “Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg e.V. Thematischer Hintergrund und Schwerpunktthemen Die Bildungs- und Gedenkstätte „Opfer der NS-Psychiatrie“, seit 1.9.2015 „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg, befindet sich am Ort der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg, die 1901 errichtet wurde. 1935 übernahm Dr. Max Bräuner die Anstaltsleitung als Ärztlicher Direktor. Bräuner befürwortete die Zwangssterilisation gemäß dem Gesetz zur Verhütung erbranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 und war ab 1. Januar 1934 u.a. gutachterlich für das Erbgesundheitsgericht Lüneburg tätig. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschlechterte sich die Versorgung der Erkrankten in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eklatant. Die Sterberate stieg sprunghaft und erreichte mit nahezu 27% im Jahr 1945 den Höhepunkt. Im Frühjahr 1941 ließ Bräuner 481 Erkrankte, d.h. nahezu die Hälfte seiner damaligen Patientinnen und Patienten im Rahmen der „Aktion T4“ in vier Transporten von Lüneburg in die Tötungsanstalten Sonnenstein-Pirna und über die Zwischenanstalt Herborn nach Hadamar deportieren. Niedersachsenweit entsendete die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg damit die meisten Patientinnen und Patienten in die „Aktion T4“. Auf Initiative der Kanzlei des Führers nahm im Oktober 1941 die „Kinderfachabteilung“ in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg ihre Arbeit auf. Das Einzugsgebiet der „Kinderfachabteilung“ erstreckte sich über Niedersachsen hinaus bis nach Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen. Von den insgesamt 5.000 Kindern, die ab 1938 in 31 „Kinderfachabteilungen“ in den deutschen Reichsgrenzen getötet wurden, wurden rund 300-350 Kinder in der „Kinderfachabteilung“ Lüneburg ermordet. Die Zahl entspricht sieben Prozent aller Kindermorde, die im Rahmen der NS-„Euthanasie“-Maßnahmen bis 1945 durchgeführt wurden. Weitere rund 100 Kinder starben zwischen 1941-1945 in der „Kinderfachabteilung“ Lüneburg in Folge von Mangel- und Fehlversorgung in der „dezentralen Euthanasie“. Insgesamt starben in der „Kinderfachabteilung“ Lüneburg 60% der Kinder und Jugendlichen im Alter von drei Monaten bis 16 Jahren. Ab dem 14. Lebensjahr wurden die Kinder und Jugendlichen in der Regel einer Zwangssterilisation unterzogen. Todesfälle aufgrund dieses Zwangseingriffs sind belegt. Die Anstalt in Lüneburg war darüber hinaus im Jahr 1943 Zwischenanstalt im Rahmen der „Aktion Brandt“ („dezentrale Euthanasie“). Viele Patienten wurden in andere Anstalten verlegt, in denen sie nach kurzer Zeit mit Hilfe von Medikamentenmissbrauch oder durch Mangel- und Fehlversorgung getötet wurden. 1944 diente die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg als zentrale Sammelstelle für ausländische PsychiatriePatientinnen und Patienten aus dem gesamten norddeutschen Raum. Nach der Sammlung in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg wurden viele Patientinnen und Patienten im November 1944 deportiert und ermordet. Von den nichtdeportierten ausländischen Patientinnen und Patienten überlebte jeder zweite den Lüneburger Anstaltsaufenthalt nicht. Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens (1961) und eines Ermittlungsverfahrens (1962-1966) gestanden die für diese „Euthanasie“-Maßnahmen verantwortlichen Ärzte Bräuner und Dr. Willi Baumert den Mord an Kindern und Jugendlichen. Sie gestanden auch ihre Beteiligung an der „Aktion T4“. Zur Beteiligung an der „dezentralen Euthanasie“ und zur Behandlung der ausländischen Patientinnen und Patienten machten sie im Rahmen von Ermittlungen keine Aussagen. Auf Basis dieser Geschichte der systematischen und planmäßigen Entrechtung von Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung wurde im Projekt das Themenfeld Inklusion, inklusives Geschichtslernen am historischen Ort, Menschenrechte für Menschen mit Behinderung, Menschenrechte für Kinder und zukünftige inklusive Gesellschaft geöffnet und zum Schwerpunkt erhoben. Mit engen Bezügen zur psychiatrischen Praxis und Gegenwartspsychiatrie, mit engen Bezügen zu inklusiver 2 Kinderbetreuung und inklusiver Schule und zu Leben mit Behinderung heute, wurden verschiedene Bildungsangebote mit diesem Themenschwerpunkt entwickelt und durchgeführt. Projekt- und Querschnittsziele Das Projekt »Vielfacht achten, Teilhabe stärken – Lüneburg Inklusionsschulung« verfolgte drei übergeordnete Projektziele: (1) die »Teilhabe« und Förderung von »Inklusion«, (2) die »Qualifizierung«, »Reduktion von Vorurteilen und Tabus« und »Empowerment« sowie (3) die »Netzwerkbildung« und das Schaffen einer »inklusiven Bildungskultur«: Durch das Projekt »Vielfalt achten, Teilhabe stärken« sollte die Teilhabe an Bildung und Arbeit für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderung verbessert, Bewusstseinsprozesse angestoßen und Inklusionsprozesse verstärkt werden. Mit einer Qualifizierung von Fachkräften aus der Behindertenarbeit, (Sozial-)Pädagogik, Psychiatrie und Pflege sowie durch die Qualifizierung von Menschen mit Behinderung oder einer psychischen Erkrankung und von Multiplikatoren sollte Diskriminierung, Isolation, Exklusion und Chancenungleichheit entgegengewirkt werden, so der Zielzustand. Projektteilnehmende sollten in Qualifizierungsmaßnahmen und mit Hilfe geeigneter Materialien darüber hinaus befähigt werden, Benachteiligung und Entrechtung abzubauen und als Ansprechpartner und Prozessbegleiter Inklusions- und Enkulturationsprozesse zu fördern. Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung und Menschen mit einer Behinderung wiederum sollten durch ihre Teilnahme und durch ihre Mitgestaltung der Projektinhalte zudem unmittelbare Teilhabe erfahren und zur Qualifizierung der Fachkräfte und der Projektinhalte beitragen. Strukturelles Ziel war es, mit bestehenden und neuen Kooperationspartnern und den verschieden Zieleinrichtungen ein inklusives Bildungsnetzwerk zu entwickeln, das dauerhaft Inklusionsprozesse fördert. Mit Hilfe im Projekt gefestigter Kooperationen sowie der Wegbereitung einer dauerhaften Trägerstruktur sollte wiederum für eine menschenrechtsreflektierte, inklusive historisch-politische Bildungsarbeit am historischen Ort ein zukünftig tragfähiges Gerüst entstanden sein. Es sollte im Zuge des Projektes eine belastbare Struktur entstehen, die die Fortführung der Projektinhalte und Maßnahmen auch über das Projektende hinaus gewährleisten sollte. Die Projektziele sollten durch dreitägige Qualifizierungsmaßnahmen (siehe Abschnitt Projektinhalte), die sogenannte Lüneburger Inklusionsschulung, durch Begleitveranstaltungen sowie durch die Herstellung und Vermittlung bzw. Publikation von geeigneten Bildungsmaterialien erfolgen. Es wurden - 14 dreitägige Schulungen, 1 Erprobungsseminar und 6 Begleitveranstaltungen mit insgesamt 7.500 Teilnehmer-Stunden avisiert und beantragt worden. Die Qualifizierungsmaßnahmen und Bildungsmaterialien sollten auf die Zielgruppen abgestimmt und barrierefrei entwickelt werden. Sie sollten erprobt, intern und extern evaluiert, implementiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sie sollten zudem im Kurrikulum von Ausbildungsstätten und Bildungseinrichtungen Eingang finden. Die Bildungsangebote (Maßnahmen, Materialien und Workshops) des Projektes sollten darauf abzielen, Grund- und Vertiefungswissen über den historischen Ort und die Entrechtung von Menschen mit Behinderung/seelischer Erkrankung sowie Grund- und Vertiefungswissen über Menschenrechte für Menschen mit Behinderung/Menschenrechte für Kinder und Inklusion zu vermitteln bzw. zu festigen. Des Weiteren sollte Interesse und ein Bewusstsein für Entrechtungserfahrungen in der Vergangenheit und Gegenwart geweckt werden. Alle diese Projektziele wurden erreicht, siehe m Folgenden. Dies belegen interne und externe Evaluationen, eine hohe Nachfrage der einzelnen Maßnahmen, die gesteigerte öffentliche Wahrnehmung der Gedenkstätte in der Region und überregional, nicht zuletzt ein tragfähiges bestehendes Kooperationsgeflecht und eine Verstetigung der Projektarbeit durch Einrichten eines Dauerbetriebes der Gedenkstätte über das Projektende von „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ hinaus. Näheres wird im Folgenden ausgeführt. Projektinhalte und Projektmethoden Projektinhalt war die (1) (Weiter-)Entwicklung und Veröffentlichung von Bildungsmaterialien, Methoden und Workshops, (2) die Erprobung von Materialien, Methoden und Workshops, (3) die Durchführung von Lüneburger Inklusionsschulungen, (4) die Durchführung von Begleitveranstaltungen und die Publikation von Projektergebnissen sowie (5) der Aufbau und die Pflege von Kooperationen mit dem Ziel der Entwicklung einer tragfähigen Struktur über das Projektende hinaus. Zu (1) (Weiter-)Entwicklung und Veröffentlichung von Bildungsmaterialien, Methoden und Workshops: Projektinhalt sollte die Weiterkonzeption von Bildungsmaterialien und Vermittlungsmethoden zum Thema „Euthanasie“ und NS-Psychiatrie in Verbindung mit Menschenrechten, Inklusion und Entrechtungserfahrungen heute auf Basis der 2013 vorgelegten 151-seitigen pädagogischen Konzeption (vgl. Pädagogische Konzeption „Vielfalt achten, Teilhabe stärken. Lüneburger Inklusionsschulung“ vom 31.3.2013). Zu bereits bestehenden Workshops und Materialien (Biografien-Mappen, Themenmappen, Rollenspielen, Einstiegsmethoden, etc., vgl. Sachbericht „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ 1.9.201231.8.2013) sollten weitere Workshops und Methoden erarbeitet werden. Insbesondere sollten Materialien und Methoden zur Vertiefung einzelner Themenbereiche sowie für die Nutzung von Menschen mit Behinderung entstehen. Es sollten also auch Materialien und Methoden entwickelt, erprobt und implementiert werden, die barrierefrei sind und Teilhabe für alle ermöglichen. Schließlich sollten die Projektergebnisse zur Dokumentation sowie für die weitere Verwendung über das Projektende hinaus publiziert werden (analog und ggf. auch digital). Zwischen dem 1.9.2013 und dem 31.8.2015 konnten folgende Themenmappen (themenspezifische Materialiensammlungen mit Einführungs-/Überblickstext) realisiert werden: - Kinder- und Jugend-„Euthanasie“ Geschichte und Beschaffenheit des Kindergräberfeldes Aufarbeitung der Verbrechen und Gedenken - Opfergruppen Der Präparate-Fund Der Friedhof Nord-West Die Entstehung der Kriegsgräberstätte Zwischen dem 1.9.2013 und dem 31.8.2015 konnten folgende Biografie-Mappen realisiert werden: - Ohne Kriegseinwirkung gestorbene Patienten An Nahrungsmangel und Erschöpfung Gestorbene An Tuberkulose Gestorbene Die am 14.12.1944 Deportierten - Vier abweichende Fälle „Vergessene Kinder“ „Vergessene erwachsene Opfer“ Erika und Margarete Buhlrich Rudolf Hagedorn Abraham Kamphuis 4 - Berend Hiemstra Rosa Reinhard Dieter Lorenz - Therese Schubert Heinrich Herold An Materialien und Methoden zur Nutzung durch Menschen mit einer Behinderung, die auch Einsatz in Grund- und Förderschulen finden, wurden unter dem Titel „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“ folgende Produkte entwickelt, erprobt und implementiert: - Objekte- und Bildereinstieg Werteversteigerung in einfacher Sprache Menschenrechte-Quiz für Kinder/in einfacher Sprache Ene meine muh – Recht hast du (ein Brettspiel zu den Menschenrechten für Menschen mit Behinderung) Rechte-Karten (mit Bildern) Rechte-Übersicht (mit Bildern und in einfacher Sprache) 4 Biografien in leichter und in kindgerechter Sprache (3 Kinder: Heinz Schäfer, Dieter Lorenz, Friedrich Daps; 1 Erwachsene: Therese Schubert) 4 Quellensammlungen mit Übersetzungen in leichter Sprache 1 Begriffe-Glossar in einfacher Sprache 1 Lexikon Menschenrechte für Kinder in einfacher Sprache 1 Lexikon Menschenrechte für Menschen mit Behinderung in einfacher Sprache 1 Powerpoint-Vortrag „Die Vergangenheit von Menschen mit Behinderung und ihre Rechte“ in einfacher Sprache und bildbasiert 3 Werkstätten zu Audioguide, Lexikon, und Bildergeschichten-Produktion 8 Arbeitsblätter zu Biografien-Forschung in Verbindung mit Menschenrechten 1 Audioguide mit Anybook-Reader 3 Bildergeschichten (zu Heinz Schäfer, Dieter Lorenz, Therese Schubert) Da diese Materialien und Methoden für den Einsatz in der Grund- und Förderschule geeignet sein sollten, wurden sie in 4 Klassensätzen produziert. Die Materialien finden aber seither auch Einsatz in der Bildungsarbeit am historischen Ort in der Gedenkstätte. Neben den neuen Materialien/Methoden und Workshops wurden auch bereits bestehende Materialien/Workshops/Methoden ergänzt bzw. optimiert, z.B.: - Postkarten-Einstieg Bildereinstieg MOBILE LERNSTATION (Material-Koffer bestehend aus inzwischen 26 Workshops und dazugehörige Materialien, wie Biografien-Mappen, Themen-Mappen, Einstiege, Rollenspiele, etc.) 7 zusätzliche Biografie-Stationen Die MOBILE LERNSTATION befand sich zwischen Februar und August 2014 sowie zwischen Oktober 2014 und August 2015 kontinuierlich entliehen. Voraussetzung für die Leihgabe war die Teilnahme an einer Inklusionsschulung für Multiplikatoren, in der die Workshops und Materialien vermittelt wurden. Zu (2) und (3) Erprobung der Materialien und Durchführung von Inklusionsschulungen: Neben der Materialentwicklung, Erprobung und Implementierung sollten im Rahmen des Projektes vor allem dreitägige Inklusionsschulungen als Fortbildungen/Qualifizierungsmaßnahmen für Fachkräfte aus der Behindertenarbeit, der (Sozial-)Pädagogik, der Psychiatrie und der Pflege sowie für Multiplikatoren durchgeführt werden. Zwei Veranstaltungen sollten in Kooperation mit dem Kooperationspartner Stiftung niedersächsische Gedenkstätten stattfinden. Im Rahmen eines Erprobungsseminars sollte zudem die Erprobung der Materialien für Menschen mit Behinderung unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderung erfolgen. Insgesamt sollten - 10 dreitägige Inklusionsschulungen 5 zweitägige Inklusionsschulungen sowie 1 Erprobungsseminar mit - insgesamt maximal 375 TN mit rund 7.500 TN-Stunden stattfinden (siehe auch Abschnitt Projektziele). In einer separaten Schulung für Peers und Aktive sollten Ehrenamtliche und Absolventen der Fortbildung qualifiziert werden, die Schulungen zukünftig alleine bzw. als Zweitkraft durchführen zu können. Weil die Nachfrage nach den Inklusionsschulungen und Materialien sehr hoch war, konnten bzw. mussten nicht nur die angesetzten, sondern zusätzliche Veranstaltungen bzw. Maßnahmen durchgeführt werden, die dem Projektziel direkt zugutekamen. Innerhalb des Projektzeitraumes und abweichend vom Projektantrag/Projektziel wurden daher zwischen dem 16.10.2013 und dem 30.7.2015 insgesamt folgende Inklusionsschulungen durchgeführt: - 14mal dreitägige Inklusionsschulungen (9-17 Uhr) 3mal zweitägige Inklusionsschulungen (9-17 Uhr) 10mal eintägige Inklusionsschulungen (9-17 Uhr) 2mal dreivierteltägige Inklusionsschulung (8-14 Uhr) Des Weiteren wurde zwischen den Herbst- und den Winterferien 2014 (vgl. Sachbericht 2014) über einen Zeitraum von 6 Wochen ein gesamter 6. Jahrgang (über 100 Schülerinnen und Schüler) der IGS Embsen (LK Lüneburg) für drei Unterrichtsstunden/Woche betreut, um für Menschen mit Behinderung o.g. BegriffeGlossar, o.g. Audioguide und o.g. drei Bildergeschichten im Projektorientierten Schulunterricht (PORTA) zu erarbeiten. Diese Maßnahme kam neu hinzu, weil projektseitig der Anspruch erhoben wurde, dass die Materialien aufgrund bestehender „inklusiver Beschulung“ auch für die Zielgruppe 4.-6. Klasse geeignet sein müssten und die Entwicklung der Materialien nur in Rücksprache und unter Einbeziehung der „Endabnehmer“ bzw. „Nutzer“ erfolgen könne. Demgemäß wurden die Materialien und Methoden durch Schülerinnen und Schüler der IGS Embsen erarbeitet und erprobt. Parallel wurden die Materialien und Methoden von Lehrkräften der An Boerns Soll Förderschule in Buchholz (LK Harburg) kommentiert und lektoriert. Der Entwicklung und Erprobung in der IGS Embsen schloss sich eine Erprobung der Materialien und Methoden nicht im Rahmen einer Inklusionsschulung, sondern viel nachhaltiger durch die gesamte Schülerschaft der An Boerns Soll Förderschule Buchholz im Rahmen einer Projektwoche im Januar 2015 an (ca. 200 Schülerinnen und Schüler). Die Schülerinnen und Schüler ab Klasse 4 arbeiteten in einer ganzen Projektwoche mit den verschiedenen Materialien und Methoden und stellten ihre Arbeit im Rahmen einer Abschlussveranstaltung am internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2015 in Buchholz der Öffentlichkeit vor. Die Materialien und Methoden, zusammengefasst unter dem Titel „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“, sind oben bereits aufgelistet worden. 6 Zu den zweitägigen Veranstaltungen zählten die Veranstaltungen, die in Kooperation mit der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten (Projekt „Entrechtung als Lebenserfahrung“) durchgeführt wurden, sowie eine Veranstaltung mit 65 Auszubildenden der Heilerziehungspflege der Lüneburger BBS II. Die Verkürzung war möglich, da das Fortbildungsprogramm bei den Kooperationsveranstaltungen ohnehin nur einzelne Workshops der Inklusionsschulung berücksichtigen konnte. Die zweitägige Verkürzung bei den angehenden Heilerziehungspflegerinnen und -pflegern war nur dadurch möglich, dass die beiden Berufsschullehrkräfte zuvor an einer Inklusionsschulung für Multiplikatoren teilgenommen hatten, sodass einzelne Workshops der Schulung an der Berufsschule im Unterricht durch die Lehrkräfte selber durchgeführt werden konnten. Die eintägigen Veranstaltungen wurden ab Juni 2014 erforderlich, weil eine hohe Nachfrage bestand. Zudem stellte sich heraus, dass es viele geschlossene Gruppen und neue Zielgruppen gab (Erzieherinnen und Erzieher, Menschen mit Behinderung, Multiplikatoren), die ein besonderes Fortbildungsinteresse mitbrachten, auf das nur durch ein eintägiges Angebot auf die verschiedenen Bedarfe gruppenspezifisch reagiert werden konnte. Teilnehmende der eintägigen Inklusionsschulungen waren: - Mitarbeiter der Psychiatrischen Klinik Lüneburg, die ein „Schnupperangebot“ interessierte und deren Dienstplan eine dreitägige Fortbildung nicht zuließ, angehende Lehrkräfte der Förderschule/Studienseminar Lüneburg (als Multiplikatoren-Fortbildung ausschließlich zu dem Thema „inklusives Geschichtslernen“) Lehrkräfte/Multiplikatoren der Grund-, Förder- und Hauptschule (als Multiplikatoren-Fortbildung ausschließlich zu dem Thema „inklusives Geschichtslernen“) Gruppen mit Menschen mit Behinderung Gruppen mit Menschen mit Psychiatrieerfahrung Erzieherinnen und Erzieher aus dem Kita-Bereich und aus der Behindertenarbeit Inklusive Gruppen Aufgrund der zahlreichen zusätzlichen Inklusionsschulungen wurden - 30 Inklusionsschulungen (ein- bis dreitägig) mit insgesamt 1.129 TN 20.939,5 TN-Stunden durchgeführt. Obwohl am Ende jeder Schulung auf Teilnehmerseite große Bereitschaft signalisiert wurde, sich weiterhin für die Gedenkstätte zu engagieren, wurden aus den Reihen der Teilnehmenden nur zwei Aktive rekrutiert, die seither dauerhaft unentgeltlich für die Gedenkstätte arbeiten. Sie übernehmen Führungen von Schulklassen, helfen bei Sonderausstellungen und übernehmen einzelne Workshops aus der Inklusionsschulung. Es wurden in den Inklusionsschulungen zudem einzelne Lehrkräfte als Multiplikatoren für die Gedenkstättenarbeit und sporadische Unterstützer für einzelne Maßnahmen der Gedenkstätte gewonnen. So wurden die Materialien für Menschen mit einer Behinderung vollständig durch ehemalige Schulungsteilnehmende der An Boerns Soll-Förderschule lektoriert, damit die in den Materialien Anwendung findende leichte Sprache korrekt ist. Dieses Angebot wird auch für zukünftige Materialentwicklungen aufrecht gehalten. Ehemalige Schulungsteilnehmende vermitteln zudem zu Privatarchiven oder führen eigene Forschungen fort, die der Gedenkstätte zugutekommen. Oder sie werben für die Veranstaltung und vermittelten geschlossene Gruppen für eintägige Inklusionsschulungen. Durch ehemalige Teilnehmende sind zudem feste Kooperationen zu einzelnen Schulen und zu Institutionen der Behindertenarbeit entstanden. Eine Schulung nur für Peers und Aktive ließ sich nicht realisieren. Fünf Aktive nahmen jedoch an einer Inklusionsschulung für Multiplikatoren teil, sodass sie seither auch einzelne Workshops der Schulung übernehmen (s.o.). Zu (4) Durchführung von Begleitveranstaltungen und die Publikation von Projektergebnissen: Neben der Durchführung der ein- bis dreitägigen Inklusionsschulungen, der Erprobung der Materialien/Methoden und der Kooperationsveranstaltungen sollten zudem Begleitveranstaltungen in Form von sechs Expertengesprächen und Vorträgen, aber auch ein theaterpädagogisches Angebot (Theaterwerkstatt Göttingen) stattfinden. Die Projektergebnisse sollten überdies öffentlich präsentiert werden, z.B. in Form von Beiträgen zu Gedenkfeierlichkeiten 2013, 2014 und 2015, einer Sonderausstellung und Publikationen. Aufgrund der hohen Nachfrage an Schulungen, standen keine Mittel mehr zur Verfügung für gesonderte Expertengespräche. Um sie dennoch stattfinden zu lassen, wurden sie in das Schulungsangebot integriert und wurden zielgruppenspezifisch nur Experten aus der Praxis eingeladen, die bereit waren ohne Honorar ein rund einstündiges Gespräch mit den Teilnehmerinnen im Rahmen der Inklusionsschulung zu führen. In nicht jeder mehrtägigen Schulung konnte hierdurch ein Expertengespräch realisiert werden, dennoch fanden im Rahmen der Inklusionsschulungen auf diese Weise insgesamt neun Expertengespräche, d.h. drei mehr als beantragt statt. Die geladenen Experten waren/sind: - Arne Both, Richter am Amtsgericht Lüneburg, zuständig für Betreuungsverfahren zum Thema: Menschenrechte für Menschen mit einer Behinderung und seelischen Störung in der Gegenwartspsychiatrie/aktuelle Rechtslage zu Zwangsmaßnahmen (30.10.2013, 20.5.2014, 23.6.2014, 11.5.2015, 22.6.2015) - Dr. Sebastian Stierl, Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Klinik Lüneburg, zum Thema: Menschenrechte für Menschen mit einer seelischen Störung in der Gegenwartspsychiatrie (15.1.2014) - Christina Meyn/Martina Ulmer, Peer-Beraterinnen der Psychiatrischen Klinik Lüneburg (www.pk.lueneburg.de/peer-beratung/) zum Thema: Psychiatrieerfahrene und Inklusion in der Gegenwartspsychiatrie (21.2.2014) - Martin Boeing (Pädagoge, Berater der Inklusionsstrategie des Bildungs- und Integrationsbüros des Landkreises Lüneburg) und Anna Boeing (mit Schwerst-Mehrfachbehinderung seit 6 Jahren inklusiv beschult in Regelschulen), Praxis-Pioniere der inklusiven Beschulung zum Thema: inklusive Schule gestern, heute und morgen (29.3.2014) - Helmut Lorenz und Mario Nitzsche (Zeitzeuge und Angehörige des Kind-Opfers Dieter Lorenz) zum Thema: Die Lebensgeschichte und die Suche nach Dieter Lorenz im Rahmen der Gedenkfeier 2015 in der Gedenkstätte in Lüneburg (27.9.2015) Als Begleitveranstaltung wurden 14 öffentliche Vorträge von Frau Dr. Rudnick gehalten, in der die Inklusionsschulung und Ergebnisse der Seminararbeiten sowie Bildungsprodukte exemplarisch vorgestellt wurden: - 6.11.2013 mit dem Titel „Was ist ‚Vielfalt achten, Teilhabe stärken‘ – die Lüneburger Inklusionsschulung?“ im Rahmen des Projektträgertreffens „Inklusion durch Enkulturation“ - 23.1.2014 mit dem Titel „Beisetzung sterblicher Überreste von Kindern aus der Lüneburger ‚Kinderfachabteilung‘ und die neue Gedenkanlage auf dem Friedhof Nord-West“ auf der Tagung der AG Friedhöfe der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Hannover 8 - 7.1.2014 mit dem Titel „Nicht immer nur reden“ am Holocaust Gedenktag, ausgerichtet von der Hansestadt Lüneburg in Lüneburg - 8.2.2014 mit dem Titel „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben“, im Rahmen einer Tagung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Hamburg - 15.6.2014 mit dem Titel „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben. Lebens- und Familiengeschichten von Kindern des Lüneburger Patientenmordes, eingeladen vom Kulturverein Betzendorf in Betzendorf (LK Lüneburg) - 24.8.2014 mit dem Titel „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben“ aus Anlass der Neueröffnung der Sonderausstellung mit gleichnamigen Titel in der Gedenkstätte Lüneburg in Lüneburg - 6.10.2014 mit dem Titel „Was ist das PORTA-Projekt ‚Menschenrechte für Kinder – Menschenrechte für Menschen mit einer Behinderung 4.-6- Klasse an Regel- und Förderschulen‘?“, eingeladen von der IGS Embsen in Embsen (LK Lüneburg) - 15.12.2014 mit dem Titel „Praxisbericht: ‚Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar‘. Vorstellung von Lernmaterialien“, im Rahmen eines eintägigen Workshops des Projektes „Menschen achten, Rechte verstehen“ eingeladen von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Celle - 25.1.2015 mit dem Titel „Die Würde des Menschen ist antastbar“, eingeladen von der vhs Lüneburg zur Ausstellungeröffnung „Den Opfern ein Gesicht den Namen wiedergeben“ in Lüneburg - 27.1.2015 mit dem Titel „Die besondere Geschichte der Menschen mit Behinderung oder: über die Selbstverständlichkeit kein Recht auf Rechte und kein Recht auf die eigene Geschichte (gehabt) zu haben“, am Holocaust Gedenktag, ausgerichtet von der An Boerns Soll Förderschule Buchholz und der Stadt Buchholz in Buchholz - 18.3.2015 mit dem Titel „Vom Wandel im Umgang mit ‚Krankheit‘ und ‚Behinderung‘“ am Fachtag Inklusion, ausgerichtet von den Studienseminaren Lüneburg und dem Kompetenzzentrum für Lehrerfortbildung der Leuphana Universität Lüneburg in Lüneburg - 7.5.2015 mit dem Titel „Die kleine Geschichte von Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung in Lüneburg“, eingeladen von der Lebenshilfe Lüneburg-Stade in Lüneburg - 18.6.2015 mit dem Titel „Über das Denken, Entscheiden und Handeln und ihre Folgen in der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg zwischen 1941 und 1946“, eingeladen vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in Hamburg - 21.7.2015 mit dem Titel „Wie kann ‚inklusives Geschichtslernen‘ funktionieren? Bildungsprodukte aus dem Projekt ‚Vielfalt achten, Teilhabe stärken‘“, eingeladen vom Historischen Seminar der Leibniz-Universität Hannover in Hannover. Des Weiteren wurden Bildungsprodukte und das Projekt am 26.6.2014 auf der DGPPN-Tagung (Tagung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie Niedersachsen) in der Psychiatrischen Klinik Lüneburg im Rahmen eines Workshops öffentlich vorgestellt. Wie beantragt, fand das theaterpädagogische Angebot „Fridas Weg“ am 25.6.2015 im Gesellschaftshaus der Psychiatrischen Klinik Lüneburg statt. Es handelte sich um ein Theaterstück mit anschließender Macherrunde und Gespräch über Inklusion heute und „Euthanasie“-Maßnahmen früher – mit einem Schwerpunkt auf die Ereignisse in Lüneburg. 132 Personen nahmen das Angebot wahr. Die Veranstaltung war damit sehr erfolgreich. Zusätzlich zu „Fridas Weg“ konnte in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Lüneburg ein zweites theaterpädagogisches Angebot eingeworben und am 23.6.2014 in der Musikschule Lüneburg veranstaltet werden: „Der Brief“ vom theater36 aus Hamburg, eine Theatergruppe aus Schauspielern mit und ohne geistige Behinderung der Hamburger Einrichtung „Leben mit Behinderung“. An dieser Veranstaltung nahmen mindestens 60 Personen teil. Thematisch ging es in dem pädagogisch ausgerichteten Stück um die Frage, ob Menschen mit einer geistigen Behinderung sich mit der Verfolgung und dem Mord von Menschen mit Behinderung in der Nazi-Zeit auseinandersetzen sollten. Im Anschluss folgte eine rege Diskussion. Durch die Erarbeitung von Materialien für Menschen mit Behinderung durch die Gedenkstätte und durch die Veranstaltung von inklusiven Fortbildungen, entfaltete dieses Angebot einen besonderen Reiz und eine breite Tragweite. Beide theaterpädagogischen Angebote wurden als kleines Lüneburger „Theaterfestival“ beworben und war mit insgesamt rund 200 Teilnehmenden sehr erfolgreich. 2014 wurde im Rahmen des Projektes „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ unter Mitwirkung von Teilnehmenden eine Sonderausstellung erarbeitet. Die Sonderausstellung „Den Opfer ein Gesicht, den Namen wieder geben. Zwölf Lebensgeschichten von Kindern und Jugendlichen der Lüneburger ‚Euthanasie‘Maßnahmen“ erzählt auf insgesamt 13 Stelen die Biografien von zwölf Kindern und Jugendlichen, deren Gehirnpräparate 2013 im Beisein von Angehörigen bestattet wurden. Ein erster Teil der Ausstellung (fünf Biografie-Stationen, eine Einführungs-Stele und Erinnerungszeichen zu den fünf Kindern, die die Teilnehmenden im Rahmen einer Schulung kreativ erarbeitet hatten) wurde bereits ab August 2013 im Wasserturm der Psychiatrischen Klinik Lüneburg gezeigt. 2014 erfolgte dann die Vervollständigung um weitere sieben Biografie-Stationen, Erinnerungszeichen für sieben Kinder sowie eine Aktualisierung der Einführungs-Stele im Rahmen der Inklusionsschulungen. Aufgrund dieser Vergrößerung der Ausstellung, musste die Ausstellung umziehen. 2014 fand die Neueröffnung der nun vollständigen Ausstellung im Rahmen der Gedenkfeier am 24.8.2014 in den Räumen der Gedenkstätte statt, wofür die Dauerausstellung temporär abgehängt und eingelagert wurde. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde die Ausstellung über das eigentliche Ende am 18.10.2014 hinaus bis zum 20.12.2014 in der Gedenkstätte gezeigt. Die Ausstellung wurde dann ab dem 25.1.2015 bis zum 20.3.2015 für acht Wochen in der vhs Lüneburg gezeigt. Die Sonderausstellung hatte bislang hunderte Besucher und wird als Wanderausstellung wiedereröffnet, u.a. in der Klinik in Uelzen und in der Pestalozzi-Stiftung Burgwedel (2016). Schließlich wurden die Ergebnisse und Arbeiten, die in den Inklusionsschulungen erarbeitet wurden auch als Gedenktafeln sowie als Broschüren publiziert. Zu der Sonderausstellung wurde unter dem Titel - „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben. Zwölf Lebensgeschichten von Kinder- und Jugendlichen der Lüneburger ‚Euthanasie‘-Maßnahmen“ (ISBN 978-3-92263-924-4) ein 144-seitiger Katalog veröffentlicht, der die Forschungsarbeiten der Schulungsteilnehmenden, ihre kreativen Arbeiten sowie die Sonderausstellung dokumentiert. Der Katalog ist im Buchhandel oder beim Verlag für die Lüneburger Zeitung erhältlich. Auf dem Friedhof Nord-West wurden am 24.8.2014 bei der Gedenkfeier der Gedenkstätte im Beisein der Schulungsteilnehmer zudem zwei Gedenktafeln enthüllt, die die Teilnehmenden in ihrer Inklusionsschulung (2014) erarbeitet hatten. Zudem präsentierten Sie die Inhalte durch einen eigenen Wortbeitrag (eine Lesung) im Rahmen der Gedenkfeierlichkeiten. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) übernahm die Kosten für Tafel-Produktion, sodass projektseitig hier keine Zusatzaufwendungen entstanden. Auch 2015 erarbeiteten die Teilnehmenden zweier Schulungen weitere Gedenktafeln, diesmal zu ausländischen Patientinnen und Patienten. Sie setzten sich erneut kreativ mit dem Thema auseinander. Die Arbeiten der Teilnehmenden waren derart umfangreich, dass auch hier eine Dokumentation in Form einer 14410 seitigen Publikation nahelag. Die Ergebnisse der Schulungen erscheinen im Buchhandel als Broschüre im September 2015 zum Projektabschluss unter dem Titel - „ ‚Leistet nichts. Zu schwach. Nicht einsatzfähig.‘ – Hintergründe zu den Gräbern ausländischer Patientinnen und Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg“ (ISBN 978-3-89876-810-8). Das Buch ist ab 28.9.2015 auch beim Husum-Verlag direkt erhältlich. Die Gedenktafeln werden im Rahmen der Gedenkfeier 2015 am 27.9.2015 enthüllt und die Schulungsteilnehmer werden auch an dieser Veranstaltung die Inhalte durch einen eigenen Wortbeitrag im Programm (eine Lesung) vorstellen. Sehr öffentlichkeitswirksame Begleitveranstaltungen weit über die Region hinaus, waren die Gedenkfeiern 2014 und 2015, in denen Teilnehmende der Schulungen im Programm fest eingebunden waren. Die Gedenkfeier 2015 ist die Abschlussveranstaltung des Projektes „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“. Sie findet am 27.9.2015 statt. Neben dem obligatorischen Beitrag der Schulungsteilnehmenden werden in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte alle Projektergebnisse (Elemente der Sonderausstellung, Publikationen, Bildungsmaterialien, Entwürfe der Gedenktafeln, etc.) präsentiert. Zudem sind der Zeitzeuge und die Angehörigen Helmut und Marylin Lorenz sowie Mario Nitzsche geladen, deren Bruder, Schwager und Großcousin eines von vier Kind-Opfern der Lüneburger „Kinder- und Jugendlichen-Euthanasie“-Maßnahmen ist, deren Gräber heute noch existieren. Helmut und Marylin Lorenz sowie Mario Nitzsche werden am Tag der Gedenkfeier für Teilnehmende der Schulungen, die auch die Gedenktafeln erarbeitet haben und zum Programm beitragen, ein Experten- bzw. Zeitzeugengespräch führen. Neben den o.g. wissenschaftlichen Dokumentationen „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben“ und „Leistet nicht. Zu schwach. Nicht einsatzfähig“ veröffentlicht/e die Gedenkstätte im Rahmen des Projektes fortlaufend neueste Forschungsergebnisse in Aufsatzsammlungen, u.a. - Vielfalt achten, Teilhabe stärken. Menschenrechts- und gegenwartsreflektierte historisch-politische Bildungsarbeit an Orten der NS-Psychiatrie und „Euthanasie“, in: Fleßner, Alfred/Harms, Ingo/Keller, Rolf (Hg.): Forschungen zur Medizin im Nationalsozialismus. Vorgeschichte – Verbrechen – Nachwirkungen, Göttingen 2014, S. 182-210. - Den Opfern ein Gesicht, den Namen wiedergeben. Der wissenschaftliche und erinnerungskulturelle Umgang mit den sterblichen Überresten getöteter Kinder der »Kinderfachabteilung« Lüneburg, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hg.): Gedenkstättenpolitik und Geschichtspolitik. Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Heft 17, Bremen [im Erscheinen] Durch Presse- (DIE ZEIT, Die Welt, HAZ, Nordhannoversche Zeitung, Hamburger Abendblatt, Cellesche Zeitung, Kreiszeitung Buchholz, Landeszeitung für die Lüneburger Heide u.a.), Radioberichterstattung (NDR, Radio ZuSa, Radio LeineHertz) sowie eine Dokumentar-Filmproduktion der Filmhochschule BadenWürttemberg (Filmtitel „Unnütze Esser. Lüneburg 1945“, ein Film von Moritz Jacobi) war das Projekt „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ überregional präsent und wurde sie in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Zu (5) der Aufbau und die Pflege von Kooperationen mit dem Ziel der Entwicklung einer tragfähigen Struktur über das Projektende hinaus siehe Abschnitt Innovationen und Vernetzungstätigkeit. Innovationen und Vernetzungstätigkeit Bei der Erarbeitung und Gestaltung der Inhalte der Workshops, Materialien und Methoden sollten Ansätze der herkömmlichen Gedenkstättenpädagogik und historisch-politischen Bildungsarbeit um „DiversityAnsätze“, Ansätze der „Disability History“, sonderpädagogische Ansätze und Ansätze der Menschenrechtspädagogik innovativ weiterentwickelt werden. Die Bildungsangebote (Seminare, Workshops, Materialien, Veranstaltungen) sollten inklusives Geschichtslernen ermöglichen und im Unterschied zur bisherigen Praxis in Gedenkstätten und an Orten der zeitgeschichtlichen historisch-politischen Bildungsarbeit für Menschen mit einer seelischen Störung und geistigen Behinderung zugänglich sein, um gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Die Materialien und Methoden sollten aufgrund dieses Innovationspotenzials extern evaluiert werden. Für die Durchführung und Zielerreichung sollten Kooperationen zwischen verschiedenen Bildungsträgern und psychiatrischen bzw. sonderpädagogischen Einrichtungen (nämlich Kliniken, Berufsausbildungsstätten, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und Berufsqualifikationen, Schulen) das Realisierungszenario bilden. Hierdurch sollte eine über die herkömmlichen musealen Netzwerke hinausreichende Vernetzungsstruktur und entstehen. Bei der Entwicklung, Erprobung und Implementierung der Workshops, Materialien und Methoden fanden der „Diversity Ansatz“, der Ansatz der „Disability History“, sonderpädagogische Methoden und Ansätze der Menschenrechtspädagogik konsequent Anwendung. Der Diversity Ansatz fand sich nicht nur im multiperspektivischen Geschichtslernen in Bezug auf Beteiligte/Täterschaft/Verantwortliche/Zuschauer/ Mitläufer/verschiedene Opfer wieder, sondern auch in der Übertragung von Inklusion auf andere Gruppe in der Gesellschaft, die Entrechtung/Exklusion erfahren (Flüchtlinge/Migranten, Sterbende, etc.). Der Ansatz der Disability History floss insbesondere in die Rollenspiele und in Workshops zum Wandel von Normen/Werten/Umgang mit Menschen mit Behinderung in der Geschichte ein. Sonderpädagogische Methoden und Ansätze flossen sich in die Materialproduktion für Grund- und Förderschule unter dem Titel „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“ umfangreich ein. Menschenrechtspädagogische Elemente prägten die Produktion der Materialien zum Thema Menschenrechte für Kinder und Menschenrechte für Menschen mit einer Behinderung. Insbesondere mit dem Material- und Methoden-Set „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“ wurde ein Bildungsangebot geschaffen, das es Menschen mit einer geistigen Behinderung und Kindern ab Klasse 4 ermöglicht, sich mit den Menschenrechten für Menschen mit Behinderung, mit den Menschenrechten für Kinder, mit der Geschichte von Menschen mit Behinderung einschließlich ihrer Ermordung im NS auf verschiedenen Lernniveaus zu beschäftigen. Nach Erprobung des Materials durch die An Boerns Soll Förderschule Buchholz, wurden diese Materialien bislang von drei verschiedenen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen bei ihrem eintägigen Besuch der Gedenkstätte eingesetzt (Pestalozzi-Stiftung, Lebenshilfe Lüneburg-Harburg, Lebenshilfewerke Mölln-Hagenow). Auch der Einsatz der Materialien im Unterricht, stellte sich für das Studienseminar Förderschule Lüneburg als innovativ heraus. Die externe Entwicklungsbegleitung und Evaluation durch GHRS-Lehramtsstudierende der Leuphana-Universität Lüneburg im Rahmen ihrer Masterarbeit unterstrichen diesen Innovationscharakter. Die Materialien und Methoden in einem Schulbuchverlag, bei der Bundeszentrale für politische Bildung oder im Wochenschauverlag in einer Fachzeitschrift für Lehrer veröffentlicht und beworben werden, erste Gespräche und Kontakte sind bereits aufgenommen worden. Die Kooperation einer Gedenkstätte mit Schulen der Regelschulen ab Jg. 9 und außerschulischen Akteuren der historisch-politischen (Erwachsenen-) Bildungsarbeit (Volkshochschulen, Tagungshäusern, Universitäten, andere Gedenkstätten) ist nicht ungewöhnlich. Die Kooperation einer Gedenkstätte mit 12 Grund- und Förderschulen, mit Kliniken und Berufsschulen, mit Einrichtungen der Behindertenarbeit usw. hingegen schon. Solche Kooperationen und Netzwerke entstanden mit der Psychiatrischen Klinik Lüneburg, der Krankenpflegeschule Uelzen, mit den Krankenpflegeschulen Lüneburg, mit der Krankenpflegeschule Celle, mit der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg, mit der An Boerns Soll Förderschule Buchholz, mit dem Studienseminar Förderschule Lüneburg, mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Diese Kooperationen konnten nur im Rahmen des Projektes entstehen und sich entfalten. Es entstand auf diese Weise eine innovative Kooperationsstruktur, die nachhaltig dazu führte, dass die Schulung bei den Pflegeschulen in das Ausbildungskurrikulum aufgenommen wurde, dass Elemente der Schulung bei der kooperierenden Förderschule und ihren Kooperationsklassen Eingang finden und die Psychiatrische Klinik Lüneburg seit dem 1.9.2015 den Dauerbetrieb der Gedenkstätte durch die Förderung einer halben Stelle mittelfristig sicherstellt. Die offen ausgeschriebenen Angebote haben zudem zur Vernetzung der Teilnehmenden selbst beigetragen. Evaluation und Indikatorik Das Konzept und die Basismodule wurden bereits im Projekt „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ (1.9.201231.8.2013) umfangreich evaluiert. Neben einer internen Evaluation durch eine Teilnehmenden-Befragung bzgl. der neuen Vertiefungsmodule für Multiplikatoren und Peers, sollte im Projekt zudem eine externe Evaluation stattfinden bzgl. der im Projekt „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ entstehenden Bildungsangebote für Grund- und Förderschüler bzw. für Menschen mit Behinderung. Die Ergebnisse der internen Evaluation lassen sich wie folgt zusammenfassen: Peers - Rund 50% der Peers beurteilten die einzelnen Workshops der Inklusionsschulung als „sehr gut“, rund 35% als „gut“. - Nahezu allen gefiel besonders die biografische Arbeit. - Viele wünschten sich noch mehr zu Täterschaft/Verantwortung und zum Thema Inklusion heute. - Die Auswahl der Themen beurteilen rund 50% als „sehr gut“, rund 40% als „gut“. - Die Methoden wurden von 66% als „sehr gut“ beurteilt, 25% fanden die Methoden „gut“. - Die eingesetzten Materialien beurteilen 64% als „sehr gut“, 33% als fanden die Materialien „gut“. - Kritik wurde vor allem am Zeitmanagement geübt (zu viel in zu kurzer Zeit, mehr Zeitbedarf) mit dem Wunsch, eine Schulung müsste über 5 Tage angesetzt sein. - Bei 91% der Teilnehmenden wurde die Erwartung an das Seminar erfüllt. - 72% der Peers äußerten, sich zukünftig für Inklusion einzusetzen und zu engagieren. - 52% konnten sich ein ehrenamtliches Engagement für die Gedenkstätte vorstellen. Multiplikatoren - Rund 70% der Multiplikatoren beurteilten die einzelnen Workshops der Inklusionsschulung als „sehr gut“, rund 25% gaben die Note „gut“. - Nur die Methoden „Schreibgespräch“, „Kunstausstellung“ und „Presseschnipsel“ bekamen eine mittelmäßige Bewertung, woraufhin diese Workshops ab April 2014 nicht mehr angeboten wurden. - Nahezu allen gefielen besonders der Methodenmix, die Biografien-Forschung und die Arbeit mit Quellen. - Die Auswahl der Themen beurteilten 80% als „sehr gut“, auch die Gewichtung wurde zu rund 50% mit „sehr gut“ und zu rund 45% mit „gut“ bewertet. - Über 80% bewerteten die Methoden mit „sehr gut“, unter 20 % mit „gut“. - Auch die Materialien wurden mit durchschnittlich 64% „sehr gut“ und 36% „gut“ beurteilt. - Das Zeitmanagement wurde zu 50% als „gut“ bewertet. - 77% waren mit der Fortbildung „sehr zufrieden“ und gaben ein „sehr gut“, und 23% beurteilten sie als „gut“. - Nahezu alle fanden die berufliche Nähe gegeben, bei 96% wurde die Erwartung erfüllt. - 95,5% wollten sich nach der Fortbildung für Inklusion einsetzen. - Für 52,5% kam sogar ein Engagement in der Gedenkstätte in Betracht. Die Teilnehmenden hatten auch die Möglichkeit, inhaltliche Anregungen zu geben. Diese wurden in den weiteren Veranstaltungen berücksichtigt, so wurde das Thema Menschenrechte/Menschenrechte für Menschen mit Behinderung/Menschenrechte für Kinder vom dritten auf den ersten Tag verlegt, um noch mehr Raum zu haben für das Thema Inklusion und inklusive Gesellschaft von morgen. Dafür wurde die Methode „Schreibwerkstatt“ aus dem Programm genommen. Diese Umstellung wurde im Folgenden sehr gut angenommen. Die internen Evaluationen der Peer- und Multiplikatoren-Veranstaltungen liegen im Anhang vor. Des Weiteren wurde mit eintägigen Seminaren spezifischer auf Gruppenbedarfe geschlossener Gruppen reagiert. Die externe Evaluation der Materialien und Methoden „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“ wurde als Magisterarbeit der Leuphana Universität Lüneburg vorgelegt (mit der Note 1 benotet) und befindet sich im Anhang. Eine Zusammenfassung ist aufgrund der Komplexität kaum möglich. Im Wesentlichen erhielten die Materialien und Methoden die Bestnote „sehr gut“. Angeregt wurde die Ergänzung um ein erläuterndes Handbuch und um eine Übersicht aller Materialien sowie die Veröffentlichung in einem Schulbuchverlag o.ä. Auf Basis der Evaluationen sowie auf Basis der hohen Nachfrage der Angebote und oben dargestellten erreichten Ziele lässt sich hinsichtlich der Indikatorik bilanzieren: - Die Schulungen trugen zu einer Erhöhung der Angebote an Zusatzqualifikationen bei, - Das Projekt schloss an bestehende Netzwerke an und verhalf der Weiterentwicklung dieses Netzwerkes. - Das Projekt sorgte dafür, dass die Gedenkstätte als Akteur auf dem Gebiet der Inklusion wahrgenommen und einbezogen wird. - Die Maßnahmen trugen nachhaltig zur Verhaltensänderung bei, hinsichtlich des Demokratielernens, des Wissens um Menschenrechte, der Inklusionsbereitschaft und der Bereitschaft sich für Inklusionsprozesse einzusetzen. - Die Maßnahmen trugen nachhaltig zur Bewusstseinsveränderung bei, indem Absolventen zu Multiplikatoren für Inklusionsprozesse ausgebildet wurden. Aussagen über Erfolg und Verlauf des Projektes Alle beantragten o.g. Vorhaben, Maßnahmen und Ziele wurden mit einem großen Erfolg im zugrunde gelegten Zeitplan realisiert. Dies ist die Grundlage gewesen für die seit 1.9.2015 angestrebte Neugestaltung der Gedenkstätte unter Einbeziehung der Projektergebnisse. Der Erfolg ist auch Grundlage gewesen für die Bereitschaft des Landes und der Kommune, die Einrichtung als einen Pfeiler der historisch-politischen Bildungsarbeit an der Schnittstelle Menschenrechte/Inklusion/Zeitgeschichte/Gegenwartspsychiatrie dauerhaft zu betreiben und hierfür Strukturen, die im Projekt „Vielfalt achten, Teilhabe stärken“ entstanden sind, zu fördern. Mit diesen oben berichteten Arbeiten wurden alle projektierten Projektquerschnittsziele 14 (s.o.) erreicht und lief das Projekt nach Plan. Es wurden alle Arbeitspakete durchgeführt und alle Meilensteile erreicht. Bezüglich der Teilnehmer-/Veranstaltungsfrequenz, Kooperationsbereitschaft und öffentlichen Wahrnehmung wurden gesetzte Ziele sogar weit übertroffen. Der zahlenmäßige Nachweis in den Vordrucken zu entnehmen. Lüneburg, 20.9.2015 Dr. Sebastian Stierl Vorsitzender des PSV e.V. Bildungs- und Gedenkstätte „Opfer der NS-Psychiatrie“/ „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg e.V. Dr. Carola S. Rudnick Projektleitung
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