Anfrage - NEOS Vorarlberg

Anfrage NEOS – eingelangt: 25.11.2015 – Zahl: 29.01.149
Anfrage der Abgeordneten Dr. Sabine Scheffknecht, NEOS
Herrn
Landeshauptmann Mag. Markus Wallner
Landhaus
6900 Bregenz
Bregenz, 25.11.2015
Anfrage gem. § 54 der GO des Vorarlberger Landtages:
Umstrittene gemeindepolitische Arbeit – Sind es nur Einzelfälle oder werden in
letzter Zeit tatsächlich vermehrt Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden erhoben?
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Kürzlich wurden wir darüber informiert, dass bei der Bregenzer Bezirkshauptmannschaft seit längerem mehrere Aufsichtsbeschwerden zu politischen Belangen der Gemeinde Bezau anhängig seien.
Nach unseren Informationen geht es in einer dieser Aufsichtsbeschwerden um einen
formal und inhaltlich angeblich gemeindegesetzkonformen Antrag eines Gemeindevertreters. Über diesen Antrag habe der Bezauer Bürgermeister in der damaligen
Sitzung der Gemeindevertretung nicht abstimmen lassen, sondern stattdessen ausdrücklich erklärt, dass diesbezüglich kein Beschluss erfolge.
Daneben gab es ganz aktuell in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung
Hörbranz offenkundig auch einen Fall der Nicht-Aufnahme eines korrekt
eingebrachten Antrags in die Tagesordnung. Auch hier hat sich der zuständige
Bürgermeister anscheinend beharrlich geweigert, einen formal richtig gestellten
Antrag in der Gemeindevertretungssitzung zu behandeln und darüber abstimmen zu
lassen. In der Folge seien in dieser Sache Aufsichtsbeschwerden angekündigt und
inzwischen zumindest eine auch eingebracht worden.
Vor diesem Hintergrund erlauben wir uns an Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, folgende
Anfrage
1. Wie viele Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden sind derzeit insgesamt im Land
anhängig? Wir bitten um Nennung der betroffenen Gemeinden sowie der
jeweiligen Anzahl.
2
2. Wie lange dauert derzeit die Bearbeitung von solchen Aufsichtsbeschwerden
im Durchschnitt?
3. Wie laufen die konkreten Verfahren zu solchen Aufsichtsbeschwerden ab
(Ermittlung des Sachverhalts, Einvernahme von Zeugen, Abschlussbericht an
die betroffene Gemeinde und die Person(en), die die Beschwerde erhoben
haben etc.)?
4. Was sind mögliche Konsequenzen, falls sich Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden als gerechtfertigt und die behaupteten Verfehlungen als wahr erweisen?
5. Ist es richtig, dass in der Gemeinde Bezau der Bürgermeister über einen formal und inhaltlich angeblich gemeindegesetzkonformen Antrag eines Gemeindevertreters in einer Sitzung der Gemeindevertretung nicht abstimmen lassen,
sondern stattdessen ausdrücklich erklärt habe, dass diesbezüglich kein Beschluss erfolge? Falls dies stimmt, wie beurteilen Sie diesen Vorfall?
6. Wie viele Aufsichtsbeschwerden wurden inzwischen bezüglich des beschriebenen Vorfalls in Hörbranz eingebracht und wie ist der Stand der Dinge in dieser Sache?
7. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass die konkret angesprochenen sowie die
sonst derzeit anhängigen Aufsichtsbeschwerden in sinnvoller Frist ordnungsgemäß behandelt und aufgearbeitet werden?
Für die fristgerechte Beantwortung dieser Anfrage bedanken wir uns im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen,
LAbg. Dr. Sabine Scheffknecht
Beantwortet: 14.12.2015 – Zahl: 29.01.149
Bregenz, am 14. Dezember 2015
Frau
LAbg. Dr. Sabine Scheffknecht
Landtagsfraktion – NEOS Vorarlberg
Landhaus
6901 Bregenz
im Wege der Landtagsdirektion
Betrifft: Umstrittene gemeindepolitische Arbeit – Sind es nur Einzelfälle oder werden in
letzter Zeit tatsächlich vermehrt Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden erhoben?
Bezug: Ihre Anfrage vom 25. November 2015, Zl. 29.01.149
Sehr geehrte Frau LAbg. Dr. Scheffknecht,
zu Ihrer Anfrage gemäß § 54 der Geschäftsordnung des Vorarlberger Landtages nehme ich
zuständigkeitshalber wie folgt Stellung:
1. Wie viele Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden sind derzeit insgesamt im Land anhängig?
Wir bitten um Nennung der betroffenen Gemeinden sowie der jeweiligen Anzahl.
Laut Auskunft der Bezirkshauptmannschaften ist, gegliedert nach Gemeinden, folgende
Anzahl an Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden anhängig:
Gemeinde
Bartholomäberg
Bezau
Bludesch
Brand
Anzahl der anhängigen Aufsichtsbeschwerden (Stichtag 30.11.2015)
3
4
1
3
Amt der Vorarlberger Landesregierung
Landhaus, Römerstraße 15, 6901 Bregenz, Österreich | www.vorarlberg.at | DVR 0058751
[email protected] | T +43 5574 511 25000 | F +43 5574 511 925095
-2Fontanella
Frastanz
Gaschurn
Hörbranz
Hohenems
Kennelbach
Klösterle
Lech
Ludesch
Lustenau
Nenzing
Raggal
St. Gallenkirch
Thüringerberg
Tschagguns
Vandans
Weiler
Gesamt
1
1
1
4, davon 2 zur selben Angelegenheit
1
1
1
5, davon 1 kurz vor Abschluss
2
1
1
1
1
1
0, Verfahrensstand wird in 2 Fällen
regelmäßig von der Gemeinde
übermittelt
2
1
36
2. Wie lange dauert derzeit die Bearbeitung von solchen Aufsichtsbeschwerden im
Durchschnitt?
Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaften haben Aufsichtsbeschwerden
vielgestaltige Erscheinungsformen, sodass die Verfahrensdauer von verschiedenen
Faktoren abhängt. Manche Aufsichtsbeschwerden werden in kurzer Zeit, also in wenigen
Stunden, durch unverzügliche Kontaktaufnahme mit der betroffenen Gemeinde erledigt.
Andere Fälle können aufgrund des Erhebungsumfanges mehrere Monate in Anspruch
nehmen, insbesondere wenn die Sach- und Rechtslage komplex sind, andere Stellen
eingebunden werden müssen und diese nicht fristgerecht antworten, sich der
Sachverhalt ändert und in der Sachbearbeitung andere Arbeitsschwerpunkte gegeben
sind. Weiters richtet sich die Bearbeitung nach einer Einschätzung, ob eine begründete
oder unbegründete Beschwerde vorliegt, ob eine Angelegenheit dringlich und bedeutsam
ist, einmalig war oder die unmittelbare Wiederholungsgefahr eines Fehlers besteht.
Teilweise werden Verfahren, die mit einer Aufsichtsbeschwerde begannen und
gegenüber dem Beschwerdeführer bereits erledigt sind, noch weiter überwacht, da die
Gemeinde z.B. eine Rechtsberatung in gegenständlicher Angelegenheit wünscht und
regelmäßig über das Verfahren berichtet, um künftige Fehlerquellen auszuschließen.
3. Wie laufen die konkreten Verfahren zu solchen Aufsichtsbeschwerden ab (Ermittlung
des Sachverhalts, Einvernahme von Zeugen, Abschlussbericht an die betroffene
Gemeinde und die Person(en), die die Beschwerde erhoben haben etc.)?
-3Laut Information der Abteilung Inneres und Sicherheit im Amt der Landesregierung und
der Bezirkshauptmannschaften gelten für das Aufsichtsverfahren grundsätzlich die
Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Art. 1 EGVG). Für
Ordnungsstrafen gilt das Verwaltungsstrafgesetz.
Nach Einlangen einer Aufsichtsbeschwerde wird das Aufsichtsverfahren in der Regel
amtswegig und schriftlich durchgeführt. Der Beschwerdeführer hat keine Parteistellung.
Ungeachtet dessen wird der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Abklärung von
Rechtsfragen und, soweit keine Interessen der Amtsverschwiegenheit entgegen stehen,
auch über die Erledigung informiert.
Nach Einlangen der Aufsichtsbeschwerde und einer ersten kursorischen Prüfung wird die
betroffene Gemeinde, welcher Parteistellung zukommt (§ 92 Abs. 4 GG), zur Abgabe
einer schriftlichen Stellungnahme und abhängig von der Komplexität des Verfahrens um
Übermittlung allfällig dazu bestehender Verwaltungsakte ersucht.
Vereinzelte Aufsichtsbeschwerden mit einfachen Fragestellungen werden ohne
Befassung der Gemeinde unverzüglich beantwortet.
Offensichtlich unbegründete Aufsichtsbeschwerden werden teilweise telefonisch
erledigt. Der Inhalt der Erledigung wird in einem Aktenvermerk festgehalten.
Von Fall zu Fall kann es vorkommen, dass Beschwerdeführer zu einem persönlichen
Gespräch eingeladen oder schriftlich um Konkretisierung der Beschwerde ersucht werden
– beispielsweise wenn die Aufsichtsbeschwerde unklare Angaben oder unbestimmte
Informationen enthält.
Nach Einlangen der Stellungnahme der Gemeinde und Ermittlung des
entscheidungsrelevanten Sachverhaltes wird der vorliegende Sachverhalt von der
Gemeindeaufsichtsbehörde eingehend geprüft und rechtlich beurteilt.
In seltenen und komplexeren Einzelfällen können die Bearbeitung bzw. Ermittlungen und
Überprüfung der auf Gemeindeebene zu treffenden Maßnahmen zur Herstellung der
Rechtmäßigkeit länger andauern (z.B. bei erforderlichen Grundlagenerhebungen für die
Erlassung von Verordnungen).
Als Abschluss des Beschwerdeverfahrens wird, sofern es sich um keine anonyme
Aufsichtsbeschwerde handelt, dem Beschwerdeführer ein Erledigungsschreiben
übermittelt. Die betroffene Gemeinde erhält eine Rückmeldung über die
Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde in Form eines abschließenden Schreibens,
welches rechtliche Erläuterungen enthält.
Wenn die Gemeinde zu Maßnahmen aufgefordert wird, wird die Erledigung von der
Aufsichtsbehörde verfolgt.
4. Was sind mögliche Konsequenzen, falls sich Gemeinde-Aufsichtsbeschwerden als
gerechtfertigt und die behaupteten Verfehlungen als wahr erweisen?
Laut Auskunft der Abteilung Inneres und Sicherheit im Amt der Landesregierung und der
Bezirkshauptmannschaften regelt das Gemeindegesetz (GG) im 6. Hauptstück die
möglichen Maßnahmen der Gemeindeaufsicht:
• Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, sich über jede Angelegenheit der Gemeinde zu
unterrichten (Auskunftsrecht).
• Nach § 84 GG kann die Aufsichtsbehörde eine gesetzwidrige Verordnung durch
Verordnung aufheben bzw. aussprechen, dass diese gesetzwidrig war, sollte sie
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•
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•
•
inzwischen außer Kraft getreten sein. Auch rechtskräftige Bescheide der Gemeinde
können von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid aufgehoben werden, wenn bestimmte
Voraussetzungen erfüllt sind (§ 85 GG).
Wenn es im öffentlichen Interesse gelegen ist, können Beschlüsse und sonstige
Maßnahmen der Gemeinde, die nicht unter §§ 84 oder 85 GG fallen und die ein
Gesetz oder eine Verordnung verletzen, mit Bescheid aufgehoben werden.
Sollte eine Gemeinde eine ihr obliegende Aufgabe nicht erfüllen, so regelt § 87 GG die
Ersatzvornahme. Es besteht auch die Möglichkeit, dem Bürgermeister und den
Mitgliedern des Gemeindevorstands, wenn diese ihre Amtspflichten beharrlich
verletzen, nach vorheriger Androhung mit Bescheid Ordnungsstrafen bis zu 700 Euro
aufzuerlegen (§ 88 GG).
Nach § 88 Abs. 3 GG können der Bürgermeister und die Mitglieder des
Gemeindevorstands bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung von Gesetzen
oder Verordnungen, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches regeln, mit
Bescheid ihres Amtes für verlustig erklärt werden.
Weitere aufsichtsrechtliche Möglichkeiten sehen die §§ 89, 90 und 91 GG (Auflösung
der Gemeindevertretung, Überprüfung der Gebarung, Genehmigung von Beschlüssen)
vor.
5. Ist es richtig, dass in der Gemeinde Bezau der Bürgermeister über einen formal und
inhaltlich angeblich gemeindegesetzkonformen Antrag eines Gemeindevertreters in
einer Sitzung der Gemeindevertretung nicht abstimmen lassen, sondern stattdessen
ausdrücklich erklärt habe, dass diesbezüglich kein Beschluss erfolge? Falls dies stimmt,
wie beurteilen Sie diesen Vorfall?
Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wurde die betreffende
Aufsichtsbeschwerde von der Aufsichtsbehörde noch nicht beurteilt. Die Marktgemeinde
Bezau hat allerdings die Darstellung des Beschwerdeführers in Abrede gestellt.
6. Wie viele Aufsichtsbeschwerden wurden inzwischen bezüglich des beschriebenen
Vorfalls in Hörbranz eingebracht und wie ist der Stand der Dinge in dieser Sache?
Laut Information der Bezirkshauptmannschaft Bregenz befinden sich zur Angelegenheit
„Kronenareal“ in Hörbranz bei der Aufsichtsbehörde zwei Aufsichtsbeschwerden und
eine Anfrage der Marktgemeinde Hörbranz in Bearbeitung. Zur Angelegenheit
„Containerplatz ASFINAG“ liegt eine Aufsichtsbeschwerde vor. Die
Gemeindeaufsichtsbehörde hat der Marktgemeinde in vorläufigen Stellungnahmen,
erstmals am 17.11.2015, empfohlen, die beantragten Tagesordnungspunkte bei der
nächsten Sitzung der Gemeindevertretung zu behandeln.
7. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass die konkret angesprochenen sowie die sonst derzeit
anhängigen Aufsichtsbeschwerden in sinnvoller Frist ordnungsgemäß behandelt und
aufgearbeitet werden?
Das Gemeindegesetz gibt die Regelungen für eine ordnungsgemäße Gemeindeaufsicht
und deren Maßnahmen vor. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
-5Bezirkshauptmannschaften sind sehr bemüht, neben der vielen Alltagsarbeit die
Beschwerden, auch wenn diese nicht immer einfach zu bearbeiten sind, mit hoher
Qualität zeitgerecht zu erledigen.
Mit freundlichen Grüßen
Ing. Erich Schwärzler
Landesrat