Höher und transparenter - Evangelisches Frankfurt

Evangelisches
Frankfurt
Zeitung für Mitglieder der evangelischen Kirche in Frankfurt am Main
Februar/März 2016 · 40. Jahrgang · Nr. 1
Gutmenschen sind wichtig
Was ist guter Sex?
Fromm und virtuos
Der Sänger Campino von den „Toten Hosen“ ist erklärterweise einer,
und viele andere auch: Warum
„Gutmenschen“ für unsere Gesell> Seite 4
schaft wichtig sind.
Die Antwort auf diese Frage suchen
vermutlich nur wenige bei den Religionen. Über ein schwieriges Verhältnis am Beispiel von Christentum
> Seite 5
und Buddhismus.
Max Reger war einer der bedeutendsten Kirchenmusik-Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts.
Eine Würdigung und Konzertreihe
> Seite 6
zum 100. Todestag.
Für einen fairen
Wahlkampf ohne
Populismus
▶Die Frankfurter „Willkommenskultur“ und das große Engagement für Flüchtlinge darf im Kommunalwahlkampf nicht unter die
Räder kommen: Das fordern Gunter Volz, Pfarrer für Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche, und Thomas Wagner von der Katholischen Akademie Rabanus Maurus in einer
Stellungnahme.
Im Namen des Bündnisses „Sozialpolitische Offensive“, deren
Sprecher sie sind, fordern sie von
den Parteien einen „sensiblen und
konstruktiven Umgang mit den
Herausforderungen von Zuwanderung“. Sie schlagen ein Fairness-Abkommen vor, das die
„Verständigung von neuen und
eingesessenen Frankfurtern und
Frankfurterinnen über religiöse,
kulturelle und ideologische Grenzen hinweg“ gestalten soll. Es
könne ein „Beitrag gegen die Versuchung sein, Flucht und Migration zu instrumentalisieren“. Im
Wahlkampf sollten nur gute Ideen
zur Integration im Vordergrund
stehen, nicht aber Polarisierung
und Schüren von Befürchtungen.
Zur Sozialpolitischen Offensive
gehören auch der Frankfurter Jugendring, die Arbeiterwohlfahrt,
der Deutsche Gewerkschaftsbund
sowie andere zivilgesellschaftliche Akteure.
Redaktion
Kapitalanlage
Kein Kapital
mehr für Kohle,
Gas und Öl
▶Die Evangelische Kirche in
Hessen und Nassau (EKHN) will
kein Kapital mehr in fossile
Brennstoffe investieren. Die Kirche werde ihre Anlagen aus Unternehmen abziehen, die vorwiegend mit Kohle, Gas oder Öl Geschäfte machen, sagte Finanzdezernent Heinz Thomas Striegler.
Insgesamt sollen in den kommenen fünf Jahren 45 Millionen Euro
neu angelegt werden.
Redaktion
Höchste Konzentration: Claudia Schupp klöppelt in der Erlösergemeinde in Oberrad filigrane Engelmotive. Das traditionsreiche Handwerk finden inzwischen sogar
Foto: Rolf Oeser
Schülerinnen wieder attraktiv. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 9.
Höher und transparenter
Das Gebäude der Evangelischen Akademie am Römerberg wird bis 2017 umgebaut
▶Ein „Forum für gesellschaftlichen Diskurs in evangelischem
Horizont“ ist die Evangelische
Akademie am Römerberg laut
Stadtdekan Achim Knecht, und
bis nächstes Jahr wird sie völlig
umgebaut und vergrößert.
Das Gebäude über dem Durchgang zur Alten Mainzer Gasse
bekommt ein spitzer zulaufendes
Dach und wird dadurch fünfeinhalb Meter höher. So entsteht
Platz für ein zusätzliches Stockwerk. Zukünftig gibt es dann auf
drei Etagen vier Seminarräume
und zwei Veranstaltungssäle, von
denen der größte 200 Personen
Platz bietet. Der Eingang wird
von derzeit links auf die rechte
Seite des Durchgangs (vom Römerberg aus gesehen) verlegt, die
Büros werden im direkt anschließenden Gebäude in der Alten
Mainzer Gasse untergebracht.
Mit Fluren, Toiletten und anderen Nebenräumen ergibt sich
eine Gesamtnutzfläche von gut
1800 Quadratmetern. Geplanter
Einzug ist im Frühjahr 2017.
„In dem Bau spiegelt sich die
Idee der Akademie in der Architektur“, lobte Akademiedirektor
Thorsten Latzel den Entwurf des
Architekturbüros Meixner Schlüter Wendt, das bereits 2006 den
Umbau zur jetzigen Akademie
realisiert hatte. Damals konnte
nur ein Teil des Gebäudekomplexes einbezogen werden, weil die
Räume teilweise noch von der
Paulsgemeinde genutzt wurden.
Die Gemeinde ist jetzt übergangsweise in einem Haus in der
benachbarten Saalgasse untergebracht und wird nach Fertigstellung der historischen Altstadtbebauung das rekonstruierte Haus
So soll es ab 2017 am Römerberg aussehen: Das Torhaus der Evangelischen Akademie mit einer Fassade aus Glas über dem Durchgang zur Alten Mainzer Gasse.
„Klein Nürnberg“, Hinter dem
Lämmchen 8, beziehen.
Mit dem erweiterten Standort
werde die Idee der evangelischen
Akademien fortgeführt, so Latzel,
nämlich „die Begegnung von
Menschen über Grenzen hinweg,
um über die großen und wichtigen Fragen der Zeit zu sprechen.“
Architekt Florian Schlüter erläuterte das bauliche Konzept. Der
Bau nehme die Traditionen des
Fachwerks sowie der 1950er Jahre auf, führe sie aber zu einem
eigenständigen Erscheinungsbild
weiter. Der Zwischenbau mit den
Veranstaltungräumen zeige mit
seiner ornamental bedruckten
Glasfassade Transparenz. So werde die Akademie als öffentliches
Gebäude erkennbar profiliert.
Die Baukosten von rund sieben
Millionen Euro teilen sich der
Evangelische
Regionalverband
Frankfurt und die Evangelische
Kirche in Hessen und Nassau in
etwa hälftig.
Antje Schrupp
▸ Menschen und Meinungen
Seite 2
Glauben auf Äthiopisch
Kommentar
Wertevermittlung ist
nicht Sache der Polizei
Gudetu Etichu engagiert sich gleich in zwei Kirchenvorständen
▶Die Polizei soll es also richten. Nach den sexualisierten Übergriffen gegen Frauen am Kölner Hauptbahnhof fordern viele mehr
Polizistinnen und Polizisten. Keine Frage: Wo Menschen bedroht,
beklaut oder gar Opfer sexueller Gewalt werden, muss die Polizei
einschreiten. Dazu muss sie personell und materiell gut ausgestattet
sein – die jetzt zu Tage tretenden Defizite sind auch das Ergebnis
der Sparwut derer, die so gerne einen schlanken Staat wollten.
Aber die Ausschreitungen in Köln stehen keineswegs isoliert.
Seit Jahren erleben wir einen schleichenden Prozess der Entsolidarisierung, der Ich-Bezogenheit. Die Gesellschaft scheint auseinanderzufallen. Sie ist schon lange keine Werte-Gemeinschaft mehr.
Eine Branche wie die der „Security“ gab es vor vier Jahrzehnten
nicht, da sind höchstens nachts einige Männer der Wach- und
Schließgesellschaft durch leere Büroräume gelaufen. Heute gibt es
kaum noch einen Kaufhauseingang ohne Security.
Eine funktionierende Gesellschaft benötigt Verbindlichkeit.
Wenn nur ein Prozent sich nicht an Regeln hält, wird es schwierig –
man muss sich nur einmal das Chaos vorstellen, wenn jedes hundertste Auto bei Rot über die Ampel fahren würde. So ähnlich ist es
auch mit anderen Regeln: Sie müssen beachtet werden, auch wenn
keine Polizei in der Nähe ist. Regeln lernt man vor allem in der Familie, aber auch in der Schule. Erwachsene, die in ein fremdes Land
kommen, müssen sich in die dortigen Regeln erst einfinden. Vieles
ist zunächst fremd, es bedarf der Erklärung und Einübung.
Vorfälle wie die in Köln zeigen, dass der Respekt vor der Würde
anderer Menschen oft fehlt. Aber ein Blick in die Kriminalstatistik
belegt auch, dass dies keineswegs nur ein Problem „nordafrikanischer“ Männer ist. Wir brauchen in vielerlei Hinsicht mehr selbstverständliche Rücksichtnahme im Alltag, mehr Achtsamkeit im
Umgang miteinander. Sicher: Die Polizei soll und muss helfen,
wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Aber wir alle müssen
dafür sorgen, dass es gar nicht erst hineinfällt.
„Behandle andere Menschen so, wie du von ihnen gern behandelt werden möchtest“ – diese so genannte „Goldene Regel“ gilt in
allen Weltreligionen. Insofern kann die Religion helfen, eine Gesellschaft zu einer menschlichen zu machen. Sicher brauchen wir eine
starke Polizei. Aber vor allem brauchen wir verbindliche Werte. Die
Polizei wird Werte nicht vermitteln können.
Kurt-Helmuth Eimuth
Beratung und Information
Info-Telefon/Kircheneintrittsstelle
Kurt-Schumacher-Straße 23,
Telefon 069 21651111
Auskunft über alle Fragen rund um die
Frankfurter evangelische Kirche.
Evangelische Propstei Rhein-Main
Rechneigrabenstraße 10,
Telefon 069 92107388
In der Evangelischen Kirche in Hessen
und Nassau gibt es keinen Bischof,
sondern sechs regionale Pröpstinnen
und Pröpste im Kirchengebiet. Pröpstin in Rhein-Main ist Gabriele Scherle.
Evangelischer Regionalverband/
Evangelisches Stadtdekanat
Kurt-Schumacher-Straße 23,
Telefon 069 21650
www.frankfurt-evangelisch.de
Der Evangelische Regionalverband
Frankfurt ist ein Zusammenschluss
von Kirchengemeinden und Stadtdekanat und verantwortet die übergemeindlichen Angebote der Kirche. Das
Stadtdekanat ist für die Entwicklung
der Arbeitsbereiche in Gemeinden und
kirchlichen Diensten zuständig. Beide
werden von einem gemeinsamen Vorstand geleitet, Vorstandsvorsitzender
ist Stadtdekan Dr. Achim Knecht.
Spendenkonto
Evangelische Bank Kassel,
IBAN DE64 5206 0410 0004 0002 00
Mit einem Stichwort (wie „Obdachlosenarbeit„ oder „Gemeinde XY“) können Sie bestimmen, wem Ihre Spende
zugute kommt. Wenn Sie Ihre Adresse
angeben, bekommen Sie eine Spendenquittung für das Finanzamt.
Beratung
Telefonseelsorge
0800 1 11 01 11
Beratungsstelle für Frauen 94350230
Evangelisches Zentrum
für Beratung und Therapie 5302–222
Paar- und Lebensberatung 5302–222
Familienberatung
5302–220
Migranten und Flüchtlinge 5302–291
Evangelisches Zentrum für
Beratung Höchst
7593672–10
Begegnung und Bildung
Evangelisches
Frauenbegegnungszentrum 9 20 70 80
Evangelische Akademie
17 41–5260
Kontaktstelle für Körperbehinderte
und Langzeitkranke
24751494003
Familienbildung
605004–0
-Höchst
759367280
Reisen
29723911
Jugend
Stadtjugendpfarramt
959149–0
Sankt Peter
2972595100
Jugendreisen
959149–22
Evangelisches Jugendwerk
9521830
Diakonie
Geschäftsstelle
Evangelisches
Pflegezentrum
Hauskrankenpflege
Demenz-Projekte
Betreuungsdienst
Kleider- und
Möbelspenden
Evangelisches Frankfurt
24751490
254920
2492121
25 4921 40
25 4921 31
90 436780
Sucht
Alkoholfreie Begegnungsstätte
Dominikanergasse
295456
Suchtkrankenberatung
1505–9030
-Höchst
759367260
▶„Hier fühle ich mich zuhause“,
sagt Gudetu Etichu, „das ist meine Herkunft, meine Identität.“ Die
Rede ist von der äthiopischen
Oromo-Gemeinde im Ökumenischen Zentrum Christuskirche
am Beethovenplatz. „Unser Gottesdienst beginnt sonntags um
ein Uhr und dauert zwei Stunden.
Mindestens fünfzig Menschen
nehmen teil, es werden Gospels
aus meiner Heimat gesungen,
und viele bereiten die Predigt mit
vor“, sagt die 37 Jahre alte Ärztin,
und fügt gleich hinzu: „Wenn Sie
mal teilnehmen wollen, sind Sie
herzlich eingeladen!“
Schon als Kind wollte Gudetu
Etichu Medizin studieren. „Ärztin
ist in Afrika und auch unter den
Oromo, der größten Volksgruppe
Äthiopiens, ein sehr angesehener
Beruf.“ Dass ihr Onkel eine deutsche Frau geheiratet hatte und in
Berlin lebte, war ihre Chance:
1997, mit 19 Jahren, ging Etichu
zum Studium nach Deutschland.
Schon als Kind war sie über ihre beste Freundin zur evangelischen Mekane Yesus Gemeinde
gekommen. In Berlin schloss sie
sich der dortigen Oromo-Gemeinde an, während des Medizinstudiums in Göttingen, wo es keine Oromo-Gemeinde gab, war sie
in der evangelischen Studierendengemeinde aktiv. „Mein Glaube“, sagt sie, „ist fest. Er trägt
mich, und ich versuche, danach
zu leben.“ Bei ihrer ersten Stelle
als Ärztin in einer Kinderklinik in
Salzgitter hatte Etichu keinen
Kontakt zu einer Gemeinde und
vermisste Menschen aus ihrer
Heimat. Dann hörte sie über
Freunde von der Oromo-Gemeinde in Frankfurt. Sie bewarb sich
in der Kinderklinik Offenbach
und zog ins Rhein-Main-Gebiet.
Brückenbauerin zwischen äthiopischer und deutscher Kultur: Die Ärztin Gudetu
Foto: Rolf Oeser
Etichu im Ökumenischen Zentrum Christuskirche.
Mittlerweile arbeitet Etichu als
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin im Gesundheitsund Pflegezentrum Rüsselsheim.
Sie liebt die kleine Klinik und die
Arbeit mit den Kindern. „Dabei
geht mein Herz auf“, sagt sie.
„Und ich habe unter den Kollegen
Freude und Freundinnen und
auch sonst Freunde unterschiedlicher Nationalität.“ In Afrika seien aber die Familienbande viel
stärker. „Und man kennt alle
Nachbarn und unterstützt sich
gegenseitig. Die Leute leben nicht
so isoliert wie hier.“
Trotz Schichtdienst ist Etichu
seit knapp einem Jahr Mitglied
im Ältestenrat der Frankfurter
Oromo-Gemeinde und seit September auch im Kirchenvorstand
der Christus-Immanuel-Gemeinde, die ebenfalls in der Christuskirche zuhause ist. Schon seit den
1970er Jahren ist das Ökumenische Zentrum mitten im Westend
ein Ort der Begegnung für christliche Gemeinden unterschiedlicher kultureller Herkunft. „Dass
Frau Etichu bei uns im Kirchenvorstand mitarbeitet, ist sehr
kostbar“, freut sich Pfarrerin
Gisela Egler-Köksal. „Mit ihrem
Engagement und ihren guten
Deutschkenntnissen ist sie eine
wichtige Brückenbauerin.“
Auch privat lässt Etichu die
Brücken nicht abreißen: Mindestens einmal im Jahr fährt sie nach
Afrika. Sie freut sich, dass inzwischen auch ihre jüngere Schwester Negasse bei ihr in Rödelheim
lebt, die Mathematiklehrerin werden möchte. An Deutschland
schätzt Etichu die Rechtssicherheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung. „Äthiopien ist
nur vordergründig eine Demokratie“, sagt sie. „Wenn man seine
Meinung sagt, kann man ins Gefängnis kommen. Das ist sehr
traurig.“
Stephanie von Selchow
Lebenslagen
Draußen schlafen ist lebensgefährlich
▶Um kurz nach elf kam der Notruf. Die Bundespolizei sperrte
den Seiteneingang des Hauptbahnhofs an der Poststraße. Ein
Mann lag bewegungslos da, der
alte Schlafsack konnte ihn nicht
genug wärmen. Der Arzt konnte
nur noch den Tod des 39-Jährigen
feststellen. Vermutlich ist der obdachlose Mann mitten in Frankfurt erfroren. An kalten Wintertagen, und vor allem in kalten Winternächten, leben Menschen ohne
festen Wohnsitz in großer Gefahr.
Einige von ihnen ziehen es trotz
eisiger Kälte vor, keine Unterkunft aufzusuchen. Rund 150 Obdachlose schlafen nach Zählungen der Stadt auf Frankfurts Straßen – auch bei eisiger Kälte.
Jeder kennt sie, aber nicht jeder
will sie sehen. Manch einer wechselt scheinbar unauffällig das
Zugabteil, wenn ein Obdachloser
zusteigt, läuft einen großen Bo-
gen um jemanden, der auf dem
Asphalt sitzt.
„Es gibt Menschen, die am
Rande der Gesellschaft sind , obwohl sie mitten unter uns leben.
Ihnen fehlt es oft an Grundsätzlichem wie Nahrung und Kleidung“, erklärt Pfarrer Michael
Frase. Als Leiter des Diakonischen Werks für Frankfurt kennt
er die Bedürfnisse derer, die Not
leiden und Hilfe brauchen. Mit
Einrichtungen wie dem Tagestreff
im Diakoniezentrum Weser5 will
die Diakonie diese Armut lindern
und auch im Winter ein Dach
über dem Kopf bieten. Doch jeder
kann helfen.
Was tun, wenn man sieht, wie
ein Mensch im Freien übernachtet? Die erste Anlaufstelle in
Frankfurt ist der Kältebus des
Frankfurter Vereins für soziale
Heimstätten, der rund um die Uhr
erreichbar
ist
(Telefon
069
431414). An Bord des Kältebusses
sind heißer Früchtetee, Decken,
Schlafsäcke und zwei Sozialarbeiter. Sie suchen auf Anrufe hin,
aber auch zur Vorsorge bekannte
Schlafstätten wohnsitzloser Menschen auf. Gut hundert Kilometer
legt der Kältebus im Winter jede
Nacht zurück. Hauptwache und
Kaisersack sind feste Haltestellen,
ansonsten richten sich die Fahrer
nach Hinweisen von Sozialarbeiterinnen, Polizei und Bevölkerung. Sogar Förster melden ihnen Schlafplätze aus dem Wald.
Alternativ kann man auch den
Notruf 112 oder die städtische
Hotline 21270070 für soziale Notlagen wählen, die ebenfalls rund
um die Uhr besetzt sind. „Wer einen Menschen bei Kälte im Freien
übernachten sieht, sollte auf jeden Fall Hilfe rufen“, appelliert
Frankfurts Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld.
Anne Lemhöfer
Evangelisches Frankfurt
▸ Migration
Seite 3
„Haben Sie nicht so viel Angst!“
Gefährden die vielen Flüchtlinge die Stabilität Deutschlands? Schaffen wir das – oder sind wir
mit der Integration der Neuankömmlinge überfordert? Ein Podium im Evangelischen Stadtdekanat
versuchte, mehr Nüchternheit und Sachlichkeit in die Debatte zu bringen.
▶Ohne Zweifel: Die Herausforderungen durch die vielen Flüchtlinge momentan sind groß. „Ohne
das starke ehrenamtliche Engagement aus der Bevölkerung würden wir es nicht schaffen“, gestand Armin von Ungern-Sternberg, der Leiter des Frankfurter
„Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten“, ein. Er war zu einer
Podiumsdiskussion auf Einladung
des Evangelischen Stadtdekanats
ins Dominikanerkloster gekommen: Wo verläuft die Grenze zwischen berechtigter Sorge und populistischer Hysterie? Wie viel
„Fremdes“ verträgt die deutsche
Gesellschaft, ohne ihre eigene Sicherheit aufs Spiel zu setzen?
Zunächst einmal sei gar nicht
so klar, was genau Einheimische
und Fremde voneinander unterscheidet, erläuterte der Soziologe
Constantin Wagner von der Goethe-Universität. Welches Aussehen, welcher Dialekt, welche Religion jeweils als „fremd“ wahrgenommen wird, sei eine Frage der
Perspektive: Dass für viele ein türkischer Akzent fremder klingt als
ein sächsischer und der wieder
fremder als ein schwäbischer, hat
nichts mit dem Akzent zu tun.
Gerade was die Integration von
Neuankömmlingen in Deutschland betrifft, so seien die „Einheimischen“ keineswegs nur solche
mit langer deutscher Familiengeschichte. Viele, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren,
hätten selbst eine Migrationsbiografie, unterstrich Ungern-Sternberg. Sie seien zum Beispiel beim
Übersetzen sehr wichtig: „Wir
haben da in Frankfurt einen klaren Vorteil gegenüber Städten
mit geringerem Migrationsanteil.
Multikulturalität ist die beste Voraussetzung für Integration.“
„Historisch und global betrachtet sind Migration und Flucht
nichts Außergewöhnliches, sondern normal“, erläuterte der
Soziologe Wagner. Gleichzeitig
muss man sich aber auch darüber
im Klaren sein, dass Migration
nicht konfliktfrei und immer harmonisch vonstatten geht. Diesen
Aspekt betonte Peter Scherle,
Professor am Theologischen Seminar Herborn. Er forderte ein,
dass Debatten über Rechte und
Pflichten unter dem Stichwort des
„gemeinsamen Wohls“ geführt
werden. Weder könnten Einheimische verlangen, dass die Neu-
Die Journalistin Canan Topçu, der Soziologe Constantin Wagner und der Theologe
Foto: Rolf Oeser
Peter Scherle (von links nach rechts).
„Das Eigene und das Fremde“ heißt das aktuelle Theaterprojekt der Interkulturellen Werkstatt in der Nordweststadt, ein
gemeinsames Kulturprojekt von Deutschen, Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen in Kooperation mit der DietrichBonhoeffer-Gemeinde. Die nächste Aufführung ist am Sonntag, 21. Februar, um 18 Uhr in der Cyriakuskirche in Rödelheim,
Foto: Ulrich Schaffert
Auf der Insel 5 (Eintritt frei).
ankömmlinge sich völlig den vorgegebenen Regeln und Gebräuchen anpassen, noch könnten Zugewanderte alles beibehalten,
was sie bisher gewohnt waren.
„Persönliche Gefühle des Unbehagens sind auf beiden Seiten
kein Argument“, betonte Scherle.
Vielmehr müssten sich alle an einem „gemeinsamen Wohl“ orientieren und dieses miteinander neu
definieren. Das erfordere auch
Konfliktbereitschaft, und darauf
sollten Kirchengemeinden ihre
Mitglieder einstimmen. Christinnen und Christen müssten darauf
hinwirken, dass Konflikte sachlich und respektvoll ausgetragen
werden. Rückwärts gewandte
Sehnsüchte nach einer idealisierten „Heimat“ hätten im christli-
chen Glauben keinen Rückhalt, so
Scherle: „Gott sagt uns: Eure Heimat ist im Himmel. Also dort, wo
es keine Heimatlosen, keine
Flüchtlinge, keine Bittsteller gibt,
nur Schwestern und Brüder.“
Bei all diesen schwierigen Auseinandersetzungen spielten die
Medien im Moment keine sehr
hilfreiche Rolle, sagte die Journalistin Canan Topçu. Die frühere
Redakteurin
der
Frankfurter
Rundschau nahm zwar ihre Zunft
gegen populistische Angriffe in
Schutz. Ein Problem sei jedoch
der harte Konkurrenzkampf. „Dadurch entsteht in den Redaktionen ein ungeheurer Druck, immer
wieder etwas Neues zu bringen,
egal ob es überhaupt neue Fakten
und Erkenntnisse gibt.“
Wer sich wirklich informieren
will, so ihr Rat, solle bei aktuellen
Ereignissen erst einmal weniger
Nachrichten lesen. „Wenn sich alle so schnell auf ein Thema stürzen, sorgt das nicht für Klarheit,
sondern für Verwirrung.“ Einige
Tage später, wenn sich die Wogen
dann wieder beruhigt haben, kämen durchaus auch differenzierte
und sachliche Analysen. Leider
würden sie meist nur noch ein
kleines Publikum finden, weil das
Interesse der Mehrheit bereits
weitergewandert sei.
Vor allem solle man angesichts
der Herausforderungen nicht in
Alarmismus verfallen. Deutschland sei ein reiches Land mit vielen Ressourcen: „Haben Sie doch
nicht so viel Angst!“
Antje Schrupp
Interkulturelle Kompetenz der Polizei stärken
▶Herr Hinz, was ist Ihre Aufgabe
als Polizeipfarrer?
Berufsbegleitung. Mein kirchlicher Auftrag und der meiner drei
Kolleginnen und Kollegen ist es,
die Polizei in ihrer Arbeit zu begleiten, zu beraten und in Ausund Fortbildung berufsethisch zu
„ertüchtigen“. Mein Schwerpunkt
liegt dabei in Frankfurt und bei
den gesamthessischen Einrichtungen wie Landeskriminalamt,
Polizeiakademie und Landespolizeipräsidium. Außerdem leite ich
das Polizeipfarramt.
Braucht es nach den Ereignissen von Köln eine andere Form
der Begleitung? Wie werden die
Polizistinnen und Polizisten mit
der zunehmenden Respektlosig-
keit ihnen gegenüber fertig?
Dieses Thema beschäftigt uns
nicht erst seit Köln. Hier in Hessen stehen wir momentan noch
unter dem Eindruck des brutalen
Polizistenmordes in Herborn am
Heiligen Abend. Da habe ich in
der Nacht noch Gespräche in
Frankfurter Revieren geführt.
Mein Kollege wirkte bei der Trauerfeier mit, und ich war auch vor
Ort. Der differenzierte Umgang
mit dem „polizeilichen Gegenüber“, wie das in Amtssprache
heißt, also zum Beispiel mit Tatverdächtigen, wird in der Ausbildung trainiert. Aber auch die
Polizeiseelsorge bemüht sich, im
berufsethischen Unterricht und
durch eigene Angebote die inter-
kulturelle Kompetenz der Polizistinnen und Polizisten zu stärken.
Die Kenntnis kultureller und religiöser Prägungen stärkt die eigene Souveränität im Umgang damit und gibt Handlungssicherheit. Die Lage in Köln war neu
und ist in ihrem Ausmaß zu spät
erkannt worden. Einsatzstärke
und öffentliche Vermittlung waren unzureichend, das wird allen
Länderpolizeien zu denken geben. Die Polizei beanstandet allerdings schon länger ihre Personalausstattung und die politische wie
juristische
Handhabung
von
Straftaten mit Migrationshintergrund. Da scheint sich ja nun was
zu bewegen. Wenn man wiederholt gegen dieselben Täter ermit-
teln muss, fördert das nicht die eigene Autorität und Effektivität.
Sind die Polizistinnen und Polizisten zunehmend frustriert, weil
Wolfgang Hinz ist evangelischer PoliFoto: privat
zeipfarrer in Hessen.
die Mühlen der Justiz so langsam,
zu langsam mahlen?
Nicht nur die Langsamkeit,
auch die Nachhaltigkeit richterlicher Verfügungen gibt zu denken.
Wobei die Polizei in Frankfurt
gute Erfahrungen mit den Häusern des Jugendrechts macht.
Diese Vernetzung von Polizei,
Staatsanwaltschaft,
Jugendgerichtshilfe und Täter-Opfer-Ausgleich beschleunigt Verfahren
und macht Hoffnung. Die enge
Begleitung potenzieller Straftäter
scheint aber auch präventive Wirkung zu haben – für die Betroffenen und für die Gesellschaft. Das
motiviert dann wieder die Polizeibediensteten in ihrer Arbeit.
Interview: Kurt-Helmuth Eimuth
▸ Pro und Contra
Seite 4
Evangelisches Frankfurt
Der Samariter
als Vorbild
„Gutmensch” ist das Unwort des
Jahres 2015. Das Wort soll engagierte
Menschen als naiv und gutgläubig
diffamieren. Dabei ist die Gesellschaft
auf Gutmenschen dringend angewiesen.
▶Wie die Jury in Darmstadt mitteilte, werden besonders Menschen, die sich für Flüchtlinge
engagieren oder sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte
stellen, als „Gutmenschen” beschimpft. Im rechtspopulistischen
Lager wird ihnen vorgeworfen,
sie würden die angebliche Bedrohung durch „Ausländer”, „Kriminelle” oder „den Islam” ignorieren. Die Jury rügt aber auch den
Wortgebrauch durch Journalisten in Leitmedien. Toleranz und
Hilfsbereitschaft würden pauschal als naiv, dumm und weltfremd diffamiert. Die Verwendung des Ausdrucks „Gutmenschentum“ verhindere „einen demokratischen Austausch von
Sachargumenten”, so die Jury:
Der „Gutmensch” gilt von vornherein zumindest als verkehrt,
wenn nicht gar als bedrohlich.
Mit seiner Motivation und seinen
Zielen muss man sich dann gar
nicht mehr auseinandersetzen.
Es gibt aber auch schon einen
Gegentrend, nämlich den, das
Wort „Gutmensch” umzudeuten
als Symbol für eine gute und gerechte Sache, ähnlich wie auch
ehemals abwertende Begriffe wie
„Suffragette“ oder „Schwuler“
von den so Titulierten selbstbewusst angeeignet wurden. So hat
sich die Punkrock-Band „Die Toten Hosen” bereits die Markenrechte am Wort „Gutmensch” gesichert; sie wollen das Wort wieder aktiv positiv besetzen.
Eine Aufwertung verdient hätten die Gutmenschen sicherlich.
Wenn in Politik und Gesellschaft
Pragmatiker und Bedenkenträger
das Sagen haben, wenn dringende Entscheidungen erst in alle
Richtungen diskutiert werden
müssen, wenn es obendrein noch
an den erforderlichen Strukturen
Die Punkrockband „Die Toten Hosen“ will den Begriff „Gutmenschen“ wieder ins Positive wenden. Hier Frontmann Campino
bei der Verleihung einer Auszeichnung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf für das Engagement gegen der Band RechtsexFoto: Hans-Jürgen Bauer/epd-Bild
tremismus und Rassismus.
fehlt, bleiben Mitmenschlichkeit
und Nächstenliebe leicht auf der
Strecke. Zum Beispiel waren
beim starken Andrang Geflüchteter vergangenes Jahr die offiziellen Stellen oft überfordert. Spontanes ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement im Sinne christlicher Nächstenliebe hat
in dieser Situation viel gerettet:
Es lag auf der Hand, dass den
notleidenden Menschen zunächst
einmal geholfen werden musste
unabhängig von allen Fragen und
Problemen, die sich dadurch natürlich auch ergeben haben.
Ein solches „Gutmenschentum“
geht fast zwangsläufig mit einer
gewissen Portion Gutgläubigkeit
einher. Aber auch der barmherzige Samariter aus dem Lukasevangelium – der Gutmensch schlechthin – hat nicht erst lange darüber
nachgedacht, ob der Verletzte am
Wegesrand vielleicht eine Falle
sein könnte, was ihn der Mann an
Die Umfrage
Sind „Gutmenschen“ naiv?
Gisa Luu
(65),
Rentnerin
Na klar. Naiv das kommt von
„natum“ – geboren. Naivsein ist
also eine geburtliche Haltung
und die entspricht mir. Jesus hat
gesagt: So ihr nicht werdet wie
Kinder, so werdet ihr nicht ins
Himmelreich kommen. Der Vertrauensüberschuss, offen auf die
Welt zuzugehen – diese Haltung
bringt uns voran. Ich war Lehrerin, und meine Lebenserfahrung
ist: Wenn ich Gutes in jemandem
sehe, bringe ich auch Gutes zur
Entfaltung. Das geht unter Umständen nicht sofort, es kann
Jahre dauern, aber es lohnt sich.
Es fängt schon mit den Worten
an. Nicht sagen: „Es wird nicht
geprügelt“, sondern: „Du gehst
freundlich mit ihm um.“ Bei Erwachsenen ist es schwieriger,
aber auch möglich. Das Wort
„Gutmensch“ gebrauche ich nie.
Es wird heute so hämisch verwendet. Schon beinahe ein
Schimpfwort. Aber immer noch
besser als Schlechtmensch.
Katharina
Peters (20),
zwischen
Schule und
Studium
Man muss doch nicht naiv
sein, um etwas Gutes zu tun!
Vielleicht muss man manchmal
etwas aufpassen, dass man nicht
ausgenutzt wird, aber das kann
man ja. Ich helfe immer, wenn
ich kann. Seit September habe
ich in der Flüchtlingsunterkunft
in Kalbach gearbeitet. In der Kinderecke, bei der Kleiderausgabe
und an der Infotheke. Teilweise
als 450-Euro-Job, aber auch ehrenamtlich. Das war total interessant und spannend. Ich konnte dort selbst sehen, wie Flüchtlinge sind, und muss nicht alles
glauben, was in den Medien
steht. Ich bin beeindruckt davon,
wie schnell die allermeisten
lernen. Sie wollen unbedingt
Deutsch lernen und sich hier einleben. Davon kann man sich was
abgucken. Vielleicht ist es naiver,
zuhause zu hocken, Fernsehen zu
gucken und Angst zu haben, statt
sich ein eigenes Bild von der
Realität zu machen.
Werner Gross
(68), Psychotherapeut
Christine
Salmen (35),
Kundenberaterin
Das Wort „Gutmensch“ ist
nicht neu. Schon die Karthager
kannten es. Früher war es ein
klein wenig ironisch gemeint,
wenn jemand es verwendete. Die
massive Abwertung, die es heute
impliziert, ist ein neues Phänomen. Niemand nennt sich selbst
so. „Gutmensch“ ist immer ein
Urteil von außen. Aus psychologischer Sicht ein wenig sinnvolles. Gibt es Menschen, die zuviel
helfen wollen? Das denke ich
nicht. Es ist allerdings durchaus
gesund, sich zu fragen, wie viel
man leisten kann, ohne sich zu
überfordern, physisch und psychisch. Man sollte sich nicht in
Hilfsprojekte stürzen, um anderen zu signalisieren: Schaut, ich
helfe, ich bin etwas Besseres. Die
Möglichkeit, dass extremes Engagement für andere auch verwendet wird, um das eigene
Selbstbild zu stärken, ist immer
gegeben. Da muss jeder eine Balance für sich finden.
Für mich sind Gutmenschen
im negativen Sinn Menschen, die
sich nur punktuell und mit viel
Brimborium engagieren. Damit
meine ich zum Beispiel diejenigen, die zu den Bahnhöfen gelaufen sind und Flüchtlinge willkommen geheißen haben, ihnen
Lunchpakete und Colaflaschen
überreichten, ohne dauerhaft zu
helfen. Das ist mir zuviel Aktionismus. Oder auch Leute, die auf
Facebook politische Parolen posten, die zeigen sollen, wie sehr
sie sich für Benachteiligte einsetzen. Das finde ich naiv und ärgerlich. Respekt habe ich dagegen für Menschen, die einfach so
helfen – etwa Kleidung sortieren,
ohne das gleich an die große
Glocke zu hängen. Gesellschaftliches Engagement finde ich wichtig. Ich selbst engagiere mich
zwar nicht für Flüchtlinge, bin
aber ehrenamtlich im Sportverein und in meiner Kirchengemeinde aktiv.
Geld kosten und welche Verzögerung das Helfen für seine Geschäftsreise bedeuten würde. Er
hat auch nicht das fehlende Netz
von Unfallärzten und die unzulänglichen Transportmöglichkeiten beklagt, sondern einfach und
gutmenschlich zugepackt. Und
diesen „Samariter“ hat Jesus als
Vorbild hingestellt, weil er zur
richtigen Zeit das Richtige und
Angemessene getan hat.
Menschen, die im kindlich-reinen Bewusstsein einer moralischen oder ethischen Verpflichtung die Initiative ergreifen, machen dabei gewiss auch Fehler
und haben nicht alle Folgen ihres
Handelns im Blick, aber sie zeigen
gerade dadurch in erfrischender
Weise, dass die Gesellschaft noch
nicht ganz von Gleichgültigkeit,
Bürokratie und Strategiedenken
ausgehöhlt ist. Und sie bringen
oft genug Positionen ins Spiel, die
in der gesellschaftlichen Diskussion unterzugehen drohen.
Wie weit wären wir denn wohl,
wenn es keine Gutmenschen, keine Suffragetten, Nachrüstungsgegner oder Umweltaktivisten
gegeben hätte?
Wilfried Steller
Evangelisches Frankfurt
▸ Das Thema
Seite 5
Was ist guter Sex?
Was guter Sex ist, das wollen viele gerne wissen. Aber vermutlich nur wenige suchen die
Antwort ausgerechnet bei der Religion. Ein Thementag im Haus am Dom beschäftigte sich
mit „Eros, Sexualität und Körper“ aus buddhistischer und christlicher Perspektive.
▶Eigentlich könnten die großen
Weltreligionen echte Beziehungsratgeber sein. Sie vereinen Millionen, wenn nicht gar Milliarden
unterschiedlichster Menschen im
Glauben und breiten sich über
Milieus,
Einkommensschichten
und Erdteile hinweg aus. Sie
brauchen Nachwuchs und stehen
deshalb der Vermehrung ihrer
Angehörigen durchaus aufgeschlossen gegenüber. Es könnte
also alles ganz einfach sein. Ist es
aber nicht.
Fast alle Glaubensgemeinschaften versuchen, die Sexualität ihrer Anhängerinnen und Anhänger zu regeln und tun sich dabei
mit der sexuellen Freiheit der modernen Welt oft schwer. Aber wie
verhärtet sind die Fronten zwischen Religion und Sexualität
wirklich? Ist Religion per se sexfeindlich, wie der Soziologe Max
lebte Sexualität nicht nur
von konservativer Seite
lange tabuisiert wurde. Sexuelle Lust galt sowohl im
Katholizismus als auch im
Protestantismus vielen als
Strafe, nicht als Segen Gottes. Sie war nur dann erlaubt, wenn sie den natürlichen Zweck der Fortpflanzung erfüllen konnte.
Das soll heute offenbar
anders sein. „Der Mensch
ist ein sinnlich-spirituelles,
ein körperliches, erotisches
und sexuelles Wesen“,
heißt es in der Ankündigung der Tagung, die von
katholischer und evangelischer Kirche gemeinsam
veranstaltet wurde. „Immer und überall, außer in
der modernen Welt, war
Sexualität eine ‚Erscheinung des Heiligen‘ und
war der Geschlechtsakt ein
all umfassender Akt, also
auch ein Hilfsmittel im
Dienste der Erkenntnis“,
wird der Religionshistori- „Erotik und Sex sind nicht nur Geschlechtsverkehr, sondern eine Lebensart.“
ker Mircea Eliade zitiert.
Das stößt beim Publikum offenWarum wollen Religionen ei- fühlsam und mit Verantwortungsbar auf viel Interesse, denn der gentlich die Macht über die Kör- bewusstsein mit sich selber und
große Saal im Haus am Dom ist per ihrer Gläubigen? Beurteilen seinem Partner umgeht.“ Um eine
Weber andeutete, als er „Sexuali- voll besetzt. Zumal die christli- sie Sexualität, weil sie diese etwas sozusagen buddhistisch einwandtät als irrationalste Macht über chen Vorstellungen von „Eros, unheimliche Kraft kontrollieren
den Menschen“ bezeichnete und Sexualität und Körper“ mit denen möchten? Woher kommt die
sie im Zwist mit dem Kontroll- des Buddhismus verglichen wer- Angst vor der Begierde? Und was
wunsch der Kirche sah? Oder den sollen. Denn darüber, wie Se- genau ist denn nun nach Ansicht
kann die Sexualmoral der großen xualität „zur Quelle einer lebendi- der beiden Religionen „guter
Weltreligionen Christentum, Ju- gen Spiritualität werden“ könne, Sex“?
dentum, Islam, Hinduismus und gibt es in den beiden Religionen
„Im Buddhismus wird Sex nicht
Buddhismus einen Beitrag zu ei- unterschiedliche Traditionen und geregelt, das bleibt einem selber
nem bewussten Umgang mit Se- Lehren. „Repressive wie befreien- überlassen“, erklärt die Feminisde Traditionen sind lebendig. Ri- tin und Buddhistin Sylvia Wetzel,
xualität liefern?
Ein Thementag in Frankfurt hat gide Sexualmoralen leben im die einige Zeit in buddhistischen freie Sexualität auszuleben, solle
sich den mutigen Titel „Guter Buddhismus wie im Christentum. Klöstern verbracht hat. „Dennoch immer wieder nach den IntentioSex“ gegeben. Aber warum ei- Eine erotisch-spirituelle Lebens- sprach Buddha Empfehlungen nen gefragt werden, nach der
gentlich mutig? Weil in der kunst ist aber auch in beiden We- aus. Bei der Sexualität soll darauf Ursache und Wirkung. „Der
geachtet werden, dass man ein- Buddhismus verbietet oder erchristlichen Welt lustvoll ausge- gen zu entdecken.“
laubt explizit nicht. Stattdessen
wird an die Einsicht appelliert.“
Man solle sich fragen, was der
Beweggrund für die eigene
Handlung ist und welche Folgen
sich daraus ergeben.
Gefahren bestehen aus einer
buddhistischen Sicht höchstens
dann, wenn Sexualität zu sehr an
die Sinneserfahrung gefesselt
wird und damit eine Abhängigkeit vom Körperlichen entsteht.
„Was in anderen Religionen die
Keuschheit ist, ist im Buddhismus
die Askese.“
Der Ratschlag „Geh mal raus
aus der Familie, geh raus in den
Wald, setz dich unter einen
Baum“ sei im alten Indien auch
dazu da gewesen, sich der eigenen Individualität bewusst zu
werden, sagt Wetzel. „Alle religiösen Regeln führen zu einer
Bewusstwerdung, wenn wir sie
annehmen. Wer Impulse unterdrückt, kann emotional reifen.“
Relief ohne Scham, gefunden in Khajuraho, Madhya Pradesh, Indien.
Foto: Jack Zalium, Flickr.com (cc-by-sa) Das Prinzip der Askese sei nicht
Warum haben
die Religionen so
viel Angst vor
der Begierde?
„Dies ist mein Leib“,
sagt Jesus. Wie
erotisch ist das
denn bitte?
Foto: Z S, Flickr.com (cc-by)
Verzicht um des Verzichts oder
abstrakter Regeln willen. „Ich
vermeide dabei punktuell die
Auslöser aufwühlender Emotionen, um meine Energien besser
kennenzulernen.“ Leider entstünden Probleme, wenn solche
Regeln institutionalisiert werden.
Denn: „Man verpasst das eigene
Leben, wenn man nur die Regeln
der anderen einhält.“
Die katholische Theologieprofessorin Hildegund Keul brachte
den Begriff der Hingabe ins Spiel.
„Hingabe ist sowohl in religiösen
als auch in erotischen Belangen
entscheidend.“ Sie sieht eine klare
Verbindung zwischen Religion
und Erotik. „Dies ist mein Leib,
sagt Jesus. Wie erotisch ist das
denn bitte?“ Keul lobte „das positive Verhältnis zur Körperlichkeit“,
das sich etwa in den Schriften der
Äbtissin Hildegard von Bingens
finde. „Erotik und Sex, das meint
nicht nur den Geschlechtsverkehr,
sondern eine Lebensart.“ Die Frage, die sich Christen und Christinnen stellen müssten, sei auch die:
„Sind wir bereit zu mehr Offenheit, mehr Verletzbarkeit?“
Die Diskussion im Anschluss an
die Vorträge war sehr rege. Ein
Teilnehmer merkte an, dass die Sexualität „in schamanischen Naturreligionen“ noch heilig gewesen,
das Tabu erst im Mittelalter entstanden sei. Ein anderer berichtete, wie ihm die prüde Sexualmoral
in den 1970er Jahren die Lust an
Kirche und Glauben für lange Zeit
verdorben habe: „Und das haben
viele aus meiner Generation so erlebt. Dabei bedeutet Sexualität so
viel, wenn es um die Freude am
Leben geht.“
Anne Lemhöfer
▸ Kirche und Kultur
Seite 6
Evangelisches Frankfurt
Fromm und hoch virtuos
Konzertreihe in St. Katharinen zum 100. Todestag von Max Reger
▶In diesem Jahr jährt sich zum
hundertsten Mal der Todestag
des Komponisten Max Reger, geboren 1873 in der Oberpfalz und
gestorben 1916 in Leipzig. Der
geläufige Musikbetrieb wird dieses Datum eher beiläufig zur
Kenntnis nehmen, die Organisten
jedoch werden ihm Hommage
zollen und ihre großen Kirchenorgeln mit Reger-Werken beleben. Denn der Vollender der
chromatischen Polyphonie war
für viele von ihnen ein Vorbild:
Vielschreiber, fromm, mitunter
streitbar in seiner Persönlichkeit,
aber hochvirtuos in den kompositorischen Anlagen.
Im Jahr 1907 erhielt Reger die
Berufung zum Universitätsmusikdirektor und nahm gleichzeitig eine Professor am königlichen Konservatorium in Leipzig an. Daneben ging der Künstler aber auch
seiner laufenden Konzert- und
Kompositionstätigkeit nach.
Schon ein Jahr später beendete
er diese Leipziger Aufgabe, um
1911 einer neuen sich zu widmen,
nämlich jener des Hofkapellmeisters bei der damals schon berühmten Meininger Hofkapelle,
seines Wunsch-Orchesters.
Bereits in jungen Jahren hatte
der Tondichter besondere Vorliebe für protestantische Choräle
entwickelt, die ihn mit seinem
großen Vorbild Johann Sebastian
Bach verband. Reger entdeckte
die alten barocken Gattungen
Choralvorspiel, Fantasie und Fuge sowie Passacaglia wieder und
entwickelte sie weiter. Besonders
zu erwähnen sind seine kühnen
Portrait von Max Reger (1873–1916) eines unbekannten Künstlers, PrivatsammFoto: Costa/Leemage, picture alliance
lung München.
Choralfantasien. Aber auch in
den Bereichen Kammermusik
(unter anderem mit Literatur für
Streichersolo), Lied, Chor- und
Orchestermusik hat er Bedeutendes geleistet. In seinen letzten
Schaffensjahren bemühte sich
Reger um eine Vereinfachung des
musikalischen Satzes zugunsten
größtmöglicher formeller Klarheit und Struktur.
Regers Musik weist zuweilen
eine überaus ausschweifende
Chromatik auf – in der tonalen
Musik wird damit die „Umfärbung“ diatonischer Tonstufen
durch Erhöhung oder Erniedrigung eines Halbtons bezeichnet.
Deshalb sind seine Werke in vielerei Hinsicht eine Herausforderung für die Ausführenden. Der
Abwechslungsreichtum von Regers Arbeiten ist zudem furios. Es
gibt in seinem Repertoire ein paar
kompositorische Mammutwerke
und Ungetüme, etwa die so genannte „Inferno-Phantasie“, die
kaum jemand zu üben wagt, weil
zu schwer zu bewältigen, aber
auch gut Spielbares wie etwa die
Choralphantasie „Wachet auf“,
ein Werk, das von der kompositorischen Raffinesse her durchaus
mit den großen Orgel-Kompositionen Bachs zu vergleichen ist.
In Frankfurt widmet der Organist von Sankt Katharinen an der
Hauptwache, Martin Lücker, dem
Komponisten in einem Zyklus das
gesamte Jahr über thematische
Konzertblöcke. Beim ersten Recital im Januar, „Max Reger und
seine Väter“ überschrieben, zeigte sich der Organist in Werken
von Bach, Mendelssohn Bartholdy, Brahms, Liszt und natürlich
von Reger selbst als souveräner
und mit frappierender Brillanz
gesegneter Interpret. Martin Lücker scheute weder schnelle noch
rhapsodische Tempi, gliederte
Choralverläufe sehr überzeugend
und führte sie mit großer gestalterischer Kraft aus.
Das nächste Konzert der Reihe
findet am 28. Februar um 18 Uhr
in der Katharinenkirche an der
Hauptwache statt. Dann lautet
das Thema „Max Reger und die
Tondichter“, ab 17.15 Uhr wird
auf der Empore eine Konzerteinführung angeboten. Joachim Schreiner
Erste Liebe, letzte Liebe
Das Theaterstück „Fack ju Henry“ in Sankt Peter erzählt von krebskranken Jugendlichen
▶Hazel Grace ist siebzehn und
krebskrank. Henry – das ist der
Name ihres Schilddrüsenkarzinoms. Eigentlich hält Hazel nichts
davon, aber weil alle in der Gruppentherapie das so machen, fügt
sie sich dem Trend. Henry „ist
schon ok, er ist nur eine Nebenwirkung des Sterbens“.
Es ist diese Mischung aus Poesie und Pragmatismus, die einen
mehr als einmal schlucken lässt
auf den Zuschauerrängen der Jugendkulturkirche Sankt Peter.
Das Stück „Fack ju Henry oder
das Funkeln von Sternenstaub“
der Frankfurter Regisseurin Sarah Kortmann basiert auf der Romanvorlage „Das Schicksal ist ein
mieser Verräter“ von John Green.
Die Produktion ist eine Kooperation von Sankt Peter und dem
Theater Landungsbrücken.
Die Fallhöhe des Themas ist natürlich riesig, die Gefahr, in melodramatischem Todeskitsch zu versacken, ebenso: Hazel und Augustus, beide todkrank, lernen
sich in einer gruseligen Selbsthilfegruppe kennen und verlieben
sich ineinander und fahren ge-
meinsam nach Paris. Lakonisch
und anrührend mit vorgeblich abgeklärter Ironie („Im Krebsgeschäft geht es um Wachstum“)
über das Leben und den Tod. Eine
erste Liebe – und eine letzte.
Dank des spartanischen Bühnenbildes von Prisca Ludwig
bleibt viel Raum für Fragen nach
dem Sinn des Lebens, dem Geborenwerden und Sterbenmüssen.
Der Erlös geht an den Verein
Herzenswünsche, der todkranken
Kindern Schönes ermöglicht,
selbst das bleibt vor beißendem
Witz nicht verschon bleibt. Hazel:
„Am Ende landen doch alle im
Europapark Rust.“
Anne Lemhöfer
Pragmatisch und poetisch: Das Theaterstück „Fack Ju Henry“ erzählt die Geschichte zweier krebskranker Jugendlicher, die
Foto: Rolf Oeser
sich ineinander verlieben. Die nächste Vorstellung ist am 5. März um 16 Uhr.
Gerald Hintze:
Eine Vision
von Stadt
▶„Ansatzweise etwas von der
kulturellen Leistung festzuhalten,
die Gerald Hintze dieser Stadt
und der evangelischen Kirche gegeben hat“ – dieser Wunsch war
nach den Worten von Herausgeber Christian Kaufmann Anlass
für ein Buch über den vor drei
Jahren verstorbenen Kurator der
Weißfrauen Diakoniekirche. Der
schön gestaltete Band aus dem
Kann-Verlag enthält viele Bilder
und teilweise sehr persönliche
Erinnerungstexte von Menschen,
die Hintze gekannt und mit ihm
zusammengearbeitet haben.
„Kunst und Design gehörten
für Gerald zwingend zur sozialen
Gestaltung der Stadt dazu“, sagte
Kaufmann bei der Buchvorstellung im Dominikanerkloster, zu
der weit mehr Gäste gekommen
waren, als im Forumsraum Platz
fanden. Zumal dort auch noch eine Dia-Installation mit neun Projektoren gezeigt wurde, die der
Frankfurter Künstler Jens Lehmann aus Fotos zusammengestellt hatte, die Gerald Hintze
selbst aufgenommen hatte.
Genau in diesem Raum hatte
Hintzes Laufbahn bei der Frankfurter evangelischen Kirche begonnen. Mitte der 1980er Jahre
entwickelte er hier als Bildungsreferent der Erwachsenenbildung
das „Forum im Dominikanerkloster“. Schon damals brachte er in
zahlreichen Formaten sehr unterschiedliche kulturelle und weltanschauliche Szenen miteinander in
Kontakt. „Gerald war ein Grenzgänger“, sagte Kaufmann, „er
kannte alle und alles, er brachte
die unterschiedlichsten Gruppen
zusammen und zwang sie, sich
auf Augenhöhe zu begegnen.“
Leider sind von Hintzes damaligem Wirken kaum Erinnerungen
und Dokumente überliefert. Das
jetzt erschienene Erinnerungsbuch konzentriert sich daher auf
sein Wirken als Kurator der
Weißfrauen Diakoniekirche im
Bahnhofsviertel. Dorthin war er
im Jahr 2002 gewechselt, und für
seine innovativen Ansätze bei der
Verknüpfung von Kunst und Diakonie mit konkretem Bezug zum
Stadtteil hat er sich besonders einen Namen gemacht. „Er hatte eine Vision von Stadt und darin eine Mission“, sagte Kaufmann. Dazu gehörte auch, Armut und Obdachlosigkeit nicht zu verstecken,
sondern im Gegenteil sichtbar
und zum Thema zu machen.
Gerald Hintze: Stadt Mensch,
162 Seiten, 18 Euro, Ev. Regionalverband, zu bestellen bei karin.
[email protected].
Antje Schrupp
▸ Theologie und Leben
Evangelisches Frankfurt
Gott im Internet
Johanna Haberer über digitale Theologie
▶Dass das Internet eine Medienrevolution mit sich gebracht hat,
die in ihrer gesellschaftsverändernden Wirkung der Erfindung
des Buchdrucks gleichkommt, ist
inzwischen fast schon eine Binsenweisheit. Auch auf die „reformatorische Kraft“ wird dabei
oft verwiesen. Johanna Haberer,
Professorin für Christliche Publizistik in Erlangen-Nürnberg, hat
nun unter dem Titel „Digitale
Theologie. Gott und die Medienrevolution der Gegenwart“ zahlreiche weitere Verbindungen zwischen biblischer Überlieferung
und theologischer Tradition und
Phänomenen und Trends im Internet nachgezeichnet.
Beim Lesen erfährt man nicht
nur Interessantes über die sozialen Medien (von Mc Luhan bis Janier) sondern auch über die Reformation und andere kirchliche
und theologische Wendepunkte,
(von Augustinus bis Bonhoeffer).
Im letzten Teil buchstabiert Haberer schließlich noch „Zehn Gebo-
Johanna Haberer:
Digitale Theologie.
Kösel 2015, 201 Seiten,
16,99 Euro.
te für die digitale Welt“ durch und
erläutert, worauf es beim Umgang mit der Technologie aus
christlicher Sicht ankommt.
Die Lektüre regt grundsätzlich
zum Nachdenken an und unterstützt den Versuch, christlichen
Glauben und Internetkommunikation zusammen zu denken. Allerdings liest sich das Buch streckenweise doch wie von Bibelzitaten durchzogener Kulturpessimismus. Inwiefern der Bezug auf
christliche Überzeugungen konkret Antworten gibt auf die zahlreichen und ja durchaus realen
Fallstricke des Internet, bleibt
letztlich unklar.
Antje Schrupp
Luther & Co.
Volkskrankheit Enge
▶„Wie geht’s?” „Muss!” – auf so
einen Gesprächsanfang folgen
meist Klagen über Unzufriedenheit und gefühlten Druck von außen: „Ich bin nicht Herr meiner
selbst, ich muss tun, was andere
sagen, auch wenn ich selbst das
nicht für zielführend halte...”
Die ungünstigen Umstände, die
missgünstigen Anderen: Zwang
von außen bewirkt Enge innendrin. Bedenken und Blockaden
werden errichtet, und der Energieaufwand zur Erfüllung der
Aufgaben steigt. Alles wird zur
Mühe. Die Enge kann sich einnisten und zur Lebenshaltung
werden, ja, zu einer hoch ansteckenden
Befindlichkeitsstörung. Und das nicht nur individuell, sondern auch in einem größeren gesellschaftlichen Kontext:
Nicht umsonst spricht alle Welt
von der „German Angst”.
Enge erdrückt Kreativität, Lebensfreude und Offenheit. In Organisationen kennt man zudem
die „anxious leaders”, Führungskräfte also, die von Ängsten getrieben werden, weil sie Kontrollverlust und Misserfolg fürchten,
mit fatalen Folgen für die Unternehmenskultur.
Der Weg heraus führt kaum
über simple Lebensrezepte. Empfehlungen wie: „Sieh das doch
nicht so eng!” „Mach doch mal
dein Herz weit!” „Lad dir doch
einfach mal Leute ein!” „Gönn der
doch ihren Erfolg!” „Mach dir
doch mal einen schönen Tag!” erhöhen den Druck eher noch,
wenn die Enge tief sitzt.
Achtsamkeitsübungen können
nützlich sein. Wer übt, bewusst
wohltuenden und stärkenden Erfahrungen nachzugehen, kann
Lebensfreude neu entdecken und
die eigenen Kräfte und Inspirationen mobilisieren. Ziel ist, Energie
und Motivation nicht für den
Widerstand aufzubrauchen, sondern für ein Weiterkommen zu
nutzen: Aus dem „Muss” soll ein
freier und souveräner Wille werden. Ein solcher Perspektivenwechsel geht oft auch mit einer
persönlichen Neuorientierung in
Beruf oder Beziehung einher.
Religion kann ebenfalls helfen,
die Enge zu vertreiben, indem sie
die fürsorgliche und befreiende
Nähe Gottes zur Sprache bringt.
So öffnet die biblische Schöpfungsgeschichte den Blick auf die
Schönheit der Natur und auf die
vielen Lebensmöglichkeiten von
Wasser und Licht über Raum und
Nahrung bis hin zu Sexualität und
Familie. Als Ebenbild Gottes ist
dem Menschen Kreativität mitgegeben. Die Geschichte von Jesus
antwortet auf das Erschrecken
über Böses mit dem Zuspruch: Es
gibt die Chance des Neuanfangs.
Die Heilige Geisteskraft schließlich ist Garantin dafür, dass die
Weltgeschichte sich am Ende als
Heilsgeschichte erweist.
In diesem Licht sind auch die
Zehn Gebote nicht als Engführung des Lebens zu sehen, sondern als ein Ruf in die Freiheit:
Sie ermöglichen Leben in Gerechtigkeit. „7 Wochen ohne”, die Fastenaktion der evangelischen Kirche, steht in diesem Jahr unter
dem Motto: „Großes Herz! Sieben
Wochen ohne Enge”. Näheres im
Internet unter 7-wochen-ohne.de.
In einigen Gemeinden gibt es
dazu in der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern Andachten
und Aktionen.
Wilfried Steller
Seite 7
Christliche Perspektiven
Wie eine Mutter
Üblicherweise wird Gott als Mann – gerne auch als alter Mann
mit weißem Bart – dargestellt. In der Bibel geht es allerdings
vielfältiger zu. Die aktuelle Jahreslosung aus dem Buch des
Propheten Jesaja vergleicht Gott mit einer tröstenden Mutter.
▶Ich sehe die Szene vor mir:
Das Kind läuft über den Platz,
den rechten Arm in die Höhe gestreckt, in der Hand ein Band.
Am Ende des Bandes hängt ein
Luftballon. Je schneller das Kind
läuft, umso besser und höher
fliegt der Ballon hinter ihm her.
Das ist schön anzusehen und
macht dem Jungen anscheinend
große Freude. Ein wunderbares
Geschenk ist dieser Luftballon!
Plötzlich stolpert der Kleine
und fällt. Weinend läuft er seiner
Mutter entgegen, die schon auf
dem Weg zu ihm ist. Sie nimmt
ihn auf den Arm, pustet in seine
Hand, schimpft das Straßenpflaster aus und singt ihm ins
Ohr: „Heile, heile Gänschen, ist
bald wieder gut.“
Eigentlich es unsinnig, was die
Mutter da tut. Die Schramme in
der Hand verschwindet ja nicht
vom Streicheln und Singen.
Aber trotzdem ist es heilend,
denn das Kind beruhigt sich, der
Schrecken und die Schmerzen
scheinen weniger schlimm zu
sein. Trost bewirkt Wunder.
„Gott spricht: Ich will euch
trösten, wie einen seine Mutter
tröstet.“ So lautet die evangelische Jahreslosung für das Jahr
2016. Es ist der 13. Vers aus dem
Kapitel 66 des Buches vom Propheten Jesaja im Alten Testament. Aber was genau ist das,
Trost? Man könnte definieren:
eine der Situation angemessene
empathische Zuwendung an je-
manden, der oder die seelischen
oder körperlichen Schmerz zu
ertragen hat. Oder es, weniger
theoretisch, mit einem Beispiel
erklären: Trost ist, wenn dir jemand nach einer durchzechten
Nacht eine Kopfschmerztablette
reicht und sich bemüht, nicht allzu laut zu sprechen. Trost kann
durch Handeln, Gesten oder
Worte gespendet werden.
Wer andere trösten möchte,
muss vor allem aufmerksam
sein: Nicht alles ist in jeder Situation hilfreich. Und nicht jeder
Schmerz lässt sich wegpusten
oder wegsingen. Wer Trost
braucht, will ernst genommen
werden. Das bedeutet, die Verzweiflung oder Trauer des anderen so anzunehmen, wie sie zum
Ausdruck gebracht wird – und
nicht gleich zu betonen, dass
man selbst die Situation ja gar
nicht soooo schlimm findet, oder
mit guten Ratschlagen zu kommen, was bei einer selbst schon
mal geholfen hat.
Der Vers über das Trösten
beim Prophet Jesaja steht im Zusammenhang mit einer Gesellschaftsordnung, die der Gerechtigkeit und dem Recht Gottes
entspricht. Gott ist laut Jesaja die
Macht über das Leben, die Trost
und Heil schaffen kann, und die
Kraft, die sich auf die Seite der
Armen und Elenden stellt.
Und in diesem Zusammenhang beschreibt Jesaja Gott mit
Hilfe zahlreicher weiblicher Bil-
Monika Astrid Kittler ist Gemeindepädagogin im Gallus und im EuropaFoto: Ilona Surrey
viertel.
der: Gott schreit wie eine Gebärende, hilft als Hebamme, oder
tröstet eben wie eine Mutter. Da
drängt sich natürlich die Frage
auf: Wie tröstet eine Mutter eigentlich? Tröstet sie anders oder
besser als ein Vater?
Es gibt sicher viele Menschen,
die ihre Mütter als wenig tröstlich erfahren haben. Nicht selten
folgt nach einem Sturz oder
Missgeschick von Seiten der
Mutter nicht etwa Trost, sondern
Schelte: Man hätte besser aufpassen sollen und sei am Missgeschick selber schuld!
Womöglich hat das Bild von
der tröstenden Mutter, das Jesaja wählt, erst einmal ganz banale
Ursachen: Die Männer waren
damals auf dem Feld oder bei
der Jagd, während sich die Frauen tagsüber in der Nähe
des Zeltes oder der Hütte aufhielten. Deshalb
waren sie es, die schnell
zur Stelle waren, wenn
ein Kind getröstet werden musste.
Trotzdem erfüllt das
Bild der allgegenwärtigen Mutter ein universelles Bedürfnis. Niemand möchte allein
sein, wenn er oder sie
Trost braucht. Und: Auf
Trost will man nicht erst
warten müssen, sondern man möchte sofort
getröstet werden – wie
von einer Mutter, die
gleich zur Stelle ist.
So kann uns die Jahreslosung eine freundliche Stütze sein in Zeiten, in denen unsere
Gastfreundschaft, unsere Barmherzigkeit und
unsere Nachbarschaftlichkeit besonders gefordert sind. Für die, die
wenig haben, die ausgeWer andere trösten möchte, muss vor allem aufmerksam sein: Nicht alles ist in jeder grenzt oder fremd sind.
Foto: Colourbox
Monika Astrid Kittler
Situation hilfreich. Und nicht jeder Schmerz lässt sich wegpusten.
▸ Kirche aktuell
Seite 8
■ Winterspeisung mit Bata Illic
Nachdem im Januar die Katharinenkirche an der Hauptwache tagsüber geöffnet war und für Bedürftige ein warmes Mittagessen ausgegeben wurde, wird die Aktion im Februar in der Weißfrauen Diakoniekirche im Bahnhofsviertel fortgeführt. Schon eine eingespielte Tradition ist dabei der jährliche Auftritt des Schlagersängers Bata Illic – hier ein Foto
vom vorigen Jahr. Diesmal kann man ihn live am Sonntag, 7. Februar, um 14 Uhr erleben. Und vielleicht, das stand bei
Foto: Folf Oeser
Redaktionsschluss allerdings noch nicht fest, bringt er sogar Roberto Blanco mit.
Das Gemeindeporträt
Evangelisches Frankfurt
Tee und Baclava
Interkultureller Austausch für Väter
▶Väter in Migrantenfamilien
wollen, wie alle Väter, das Beste
für ihr Kind. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung werden sie
oft nicht als liebevolle, interessierte und den Kindern zugewandte
Männer wahrgenommen. Über
Vorurteile, Hintergründe und positive Beispiele seiner interkulturellen Väterarbeit sprach der Pädagoge Cengiz Deniz im Ökumenischen Zentrum Christuskirche.
„Wir brauchen mehr Väterbildung“, sagte Deniz, der seit Jahren zum Thema Integration und
Bildung forscht und publiziert. Er
bietet auch selbst Vätergruppen
an und ist beratend tätig. „Es ist
nicht einfach, Väter zu finden, die
an einer Gruppe teilnehmen wollen“, sagt Deniz. Doch dann spreche sich in der Regel schnell herum, dass es hier eine Gruppe
gibt, in der man bei Tee, Couscoussalat und Baclava über seine
Probleme als Vater in der Familie
reden kann.
Türöffner ist für Deniz die einfache Frage: „Wie kann ich ein
Petersgemeinde im Nordend
Gegenüber vom Bio-Supermarkt
▶Wo feiert die Frankfurter Petersgemeinde ihre Gottesdienste?
In der Peterskirche jedenfalls
nicht, denn die wird seit acht Jahren als Jugendkulturkirche genutzt. Wer eine Predigt von Pfarrerin Lisa Neuhaus oder Pfarrer
Andreas Hoffmann hören möchte, muss ein bisschen weiter nach
Norden zur Epiphaniaskirche an
der Ecke Oeder Weg/Holzhausenstraße. Dorthin, wo das urbane Nordend ganz bei sich ist.
„Ich sage immer, unsere Kirche
ist die gegenüber vom Bio-Supermarkt“, sagt Andreas Hoffmann
und lacht freundlich. „Dann wissen alle sofort, wo das ist.“ Die
Epiphaniaskirche wurde Anfang
der 1950er Jahre aus der Ruine
der alten Immanuelkirche nach
Plänen des Architekten Karl
Wimmenauer neu erbaut und ist
heute Kulturdenkmal. Hoffmann
freut sich immer wieder aufs
Neue über den luftigen, hellen
Charakter des Raumes. „Ein sehr
schöner, attraktiver Ort.“
Mit rund 4500 Mitgliedern ist
die Petersgemeinde, deren Gebiet
vom Ostteil der Zeil bis zum
Hauptfriedhof reicht, eine der
großen in Frankfurt. Ihren Charakter hat sie in den vergangenen
zwei Jahrzehnten stark verändert,
berichtet Lisa Neuhaus, die vor 21
Jahren als Pfarrerin hier anfing.
„Damals wohnten in der Gegend
viele alte Menschen, es gab weitaus mehr Beerdigungen als Taufen.“ Doch als in Frankfurt wie
in den meisten Großstädten die
Mieten in den innenstadtnahen
Quartieren anstiegen, erlebte die
Pfarrerin hautnah, was „Gentrifi-
zierung“ bedeutet: Menschen mit
weniger hohen Einkommen ziehen weg, während Singles, Paare
und Familien mit guten Gehältern
in solchen urbanen Gründerzeitvierteln ihr Zuhause suchen und
finden. Bio-Supermärkte, Galerien und teure Autos tauchen im
Straßenbild auf.
Für die Petersgemeinde brachte das durchaus positive Entwicklungen. Das gut situierte Bildungsbürgertum schätzt Kunst
und Tradition, es steht der Kirche
eher nahe, was nicht nur mit der
anspruchsvollen Kirchenmusik zu
tun hat, für die in der Petersgemeinde Kantor Michael Riedel
sorgt. Oder damit, dass renommierte Künstlerinnen und Künstler in der Epiphaniaskirche ausstellen. „Wir erleben einen richtigen Boom bei den Taufen“, sagt
Andreas Hoffmann. „Auch in die
normalen Gottesdienste kommen
achtzig bis hundert Leute.“
Hoffmann, der wie viele im
Nordend die meisten Wege mit
dem Fahrrad zurücklegt, war vor
seiner Zeit in der Petersgemeinde
Museumspfarrer in Frankfurt.
Der 50 Jahre alte gebürtige
Münchner fand über ein Kunststudium zur Theologie. Im Sommer wird er einen neuen Kollegen
oder eine neue Kollegin bekom-
men, denn Lisa Neuhaus geht in
den Ruhestand. Wer auch immer
es sein wird, findet eine quicklebendige Gemeinde vor, voller
Menschen, die sich engagieren.
Nicht nur für Kunst und Kultur,
sondern auch für Benachteiligte.
Obdachlose und Menschen mit
wenig Geld können im Turmcafé
essen, außerdem gibt es mehrmals pro Woche Deutschunterricht für Flüchtlinge. Und es gibt
„Lebenswortgruppen“ aus jeweils
etwa sieben Personen, die sich
einmal im Monat treffen, um über
einen bestimmten Text oder einen
kurzen Ausschnitt aus der Bibel
zu sprechen.
Anne Lemhöfer
Mitten im Gentrifizierungsgebiet: Pfarrer Andreas Hoffmann vor der Epiphaniaskirche im Nordend.
Foto: Rolf Oeser
guter Vater sein?“ Denn das wollen die Männer für ihre Kinder,
gleich, welchen kulturellen Hintergrund sie haben.
Er lässt sie in seinen Gruppen
erzählen von ihren Söhnen, die
nicht auf sie hören, und von den
Töchtern, um die sie sich sorgen.
Er fragt, warum im Wohnzimmer
die ganze Zeit der Fernseher läuft
und erklärt, dass die Kinder dabei
Sachen aufschnappen können,
die nicht gut für sie sind. Er versucht, den Männern zu vermitteln, wie wichtig gemeinsame Zeit
und gemeinsame Erlebnisse mit
ihren Kindern sind.
Auch Gewalt in der Familie ist
ein Thema, angefangen vom
Streit zwischen Sohn und Tochter
bis zu Wutausbrüchen eines Vaters, der dabei das Smartphone
seines Sohnes zerschmettert. In
den Vätergruppen bietet Deniz
an, über all das zu diskutieren:
Was für ein Vater will ich sein,
welche Werte vermittele ich meinen Kindern? Wie verhalte ich
mich gegenüber meinen Kindern
und meiner Frau?
„Ein langfristig engagierter Vater spielt eine enorme Rolle für
die Bildungsentwicklung der Kinder“, sagt Deniz, und plädiert deshalb dafür, dass Väter möglichst
früh auch von Kindergärten und
Schulen einbezogen werden sollten. Untermauert werde diese
Notwendigkeit in aktuellen Bildungsstudien.
Konkretes Material und Hilfen
liefern Bücher wie das kürzlich
erschienene „Stark für Kinder –
Väter in interkulturellen Familien“, das der Verband binationaler
Familien und Partnerschaften herausgegeben hat. Anne Rose Dostalek
Gustav-AdolfKirche wird
renoviert
▶Die 1928 erbaute Gustav-AdolfKirche in Niederursel wird in diesem Jahr für 1,45 Millionen Euro
renoviert und rekonstruiert. Der
Innenraum ist seit langem überholungsbedürftig, auch die technischen Anlagen sind nicht mehr
zeitgemäß. Zudem sollen Zugang
und Toiletten barrierefrei werden.
Die von Martin Elsässer entworfene Kirche gilt als ein Meilenstein des Kirchenbaus im 20.
Jahrhundert. Elsässer, der zuvor
schon zahlreiche Kirchen gebaut
hatte, entwickelte hier einen ganz
neuen Kirchentypus nach dem
Grundsatz „Für eine Gemeinschaft zu bauen“. Die Kirche entstand zeitgleich mit der Großmarkthalle und weist ähnliche
Gestaltungselemente auf.
Im Lauf der Zeit ist die Kirche
immer wieder verändert worden.
Nun wird auf Grundlage historischer Befunde die ursprüngliche
Fassung wieder rekonstruiert. An
Weihnachten soll die Kirche wieder nutzbar sein.
Redaktion
Evangelisches Frankfurt
▸ Kirche aktuell
Seite 9
Kreuzen, drehen, kreuzen
In der Erlösergemeinde in Oberrad kann man gemeinsam klöppeln
„Heilsames
Singen“ im
Haus der Stille
▶Ein Wald aus silbrigen Stecknadeln steckt dicht an dicht im
Klöppelbrett von Gisela Peickner.
Dazwischen spannen sich feine
weiße Fäden, die um hölzerne
Klöppel gelegt sind. Die Klöppel
klackern kaum merklich, wenn
Peickner sie, nach einem genauen
Blick auf die technische Zeichnung, je zwei und zwei blitzschnell umeinander wirft. Ganz
langsam entsteht ein unglaublich
zarter, ganz fein gewebter Rand
aus flandrischer Spitze, der später einmal eine Decke einfassen
wird Es ist Donnerstagnachmittag im Gemeindesaal der Erlösergemeinde in Oberrad. Zehn Frauen sitzen um einen langen Tisch
herum, die Atmosphäre ist ruhig
und konzentriert, Gesprächsfetzen fliegen hin und her. Manche
kommen schon seit vielen Jahren,
alles gestandene Frauen, die
meisten schon aus dem Berufsleben ausgeschieden.
Unter Claudia Schupps Händen
entstehen fein gewirkte Engel aus
weißen und golden schimmernden Fäden. Auch als sie noch
LKW fuhr und schwere Kisten auf
Wochenmärkten schleppte, hatte
die schlanke Frau mit den dunklen Haaren die Kunst des Klöppelns schon erlernt: Seit dreißig
Jahren ist sie dem Handwerk treu
geblieben: „Das ist mein Hauptding“, sagt sie und lacht. „Beim
Klöppeln vergisst man alles, da
darf man nichts auf dem Herd haben“, ergänzt Gisela Peickner. Besonders reizt sie, „dass man sich
beim Klöppeln konzentrieren und
logisch denken muss.“
Eine zauberhafte Zeichnung
mit Hänsel und Gretel ziert die
Rolle, an der Ilse Weiß klöppelt.
▶Singen sei ein „Heilungserreger
und natürliches Antidepressivum“, verspricht das Veranstaltungsprogramm vom Haus der
Stille in der Cronstettenstraße 61.
Im ersten Halbjahr 2016 findet an
jedem ersten Mittwoch im Monat
unter der Leitung der Kirchenmusikerin Karen Schmitt das einstündige „Heilsame Singen“ statt.
Im Januar trafen etwa 25 Menschen, angemeldet oder spontan,
zusammen. In großer Runde wurden dunkle, helle, lichte Töne gesucht und gefunden, weitergetragen und umspielt. Der Körper als
Resonanzraum – ein besonderer
Ort der Einkehr – wie der Kreis
mit seiner tönenden Klangkuppel,
der sich immer wieder auflöste
und neu zusammenschloss. Niemand sollte denken, nicht singen
zu können, und wer es dachte,
war hier genau richtig. Gesungen
wurde ohne Noten und Textblatt –
durch Wiederholung und kurze
Formen auch für Ungeübte gut
machbar.
Im Gang durch den Kirchenraum entfaltet sich in Verbindung
mit den anderen und doch für
sich allein die Stimme, Schritt für
Schritt, in meditativen, einfachen
Melodien, kleinen Kanons. Lösen,
um sich neu zu binden. Gemeinsam schwingen, der eigenen
Stimme nachsinnen, ausprobieren, lauschen, Töne aussenden
und aufnehmen. Raum bilden für
alles Neue und Alte, Vergangene
und Kommende.
Die Teilnahme kostet nach
Selbsteinschätzung 5 bis 10 Euro.
Anmeldung unter Telefon 069
24799583 oder schmitt.karen@
t-online.de. Informationen unter
www.hausderstille.net.
Silke Kirch
Sieht ganz schön kompliziert aus: Ilse Weiß klöppelt ein Märchenmotiv für ihre Enkelin.
Die Frankfurterin arbeitet frei
nach Märchenmotiven an fein gewirkten Bildern für ihre Enkelin.
Auch beinahe täglich zuhause:
„Ich finde es sehr entspannend,
an meinem Klöppelkissen zu sitzen. Mich faszinieren alte Techniken, und es macht Spaß, zu sehen,
wie etwas entsteht.“ Vom Korbflechten über Schmuck Herstellen
bis hin zu Handarbeiten hat sie
vieles ausprobiert, „aber man
muss sich auf eine Sache konzentrieren, sonst kann man sich nicht
weiterentwickeln.“
Leinenschlag, dann Halbschlag,
Ganzschlag, kreuzen, drehen: Birgit Lenz steht mit Grubenlampe
über ihr Klöppelbrett gebeugt,
neben sich Erika Buchwald, die
das Klöppeln für Kinder und Erwachsene in der Erlösergemeinde anleitet. Die blonde Frau ist
neu dabei, hat in Büchern nachgelesen über die Haltung der
Klöppel, die Haltung der Hände.
Gerade fertigt sie ein Lesezeichen. Auf dem Museumsuferfest
hat sie die Oberräder Klöppelgruppe entdeckt und war sofort
fasziniert. „Am Anfang braucht
man eine große Frustrationstoleranz, das geht nicht zack, zack…“
Birgit Lenz kommt aus der Nuklearmedizin und hatte dort mit den
kleinsten Einheiten zu tun. Jetzt
ist sie auch handwerklich beim
ganz Feinen angekommen.
Foto: Rolf Oeser
Zum Klöppelkreis in Oberrad
reisen Frauen aus Riedstadt und
Neu-Isenburg an, denn im RheinMain-Gebiet gibt es nur wenige
Orte, wo Gleichgesinnte gemeinsam klöppeln können. Wer neu
beginnt, kann Kissen und Klöppel
erstmal leihen.
Von nebenan kommen Schulkinder, die gerade ihre Klöppelkissen auspacken. „Die Gruneliusschule bietet Klöppeln in der
Nachmittagsbetreuung an“, erklärt Erika Buchwald. Die Schülerinnen klöppeln besonders gerne
Freundschaftsbändchen und lernen so die alte Technik. Auch sie
sind fasziniert: „Wer kommt,
bleibt dabei.“
Susanne Schmidt-Lüer
Ein Leben als Kindersoldat
Junior Nzita aus dem Kongo berichtete in Frankfurt von seinen Erfahrungen
▶Junior Nzita war Kindersoldat
im Kongo. In Frankfurt erzählte
er auf Einladung des Internationalen Versöhnungsbundes und
der Friedensgruppe der Französisch-reformierten Gemeinde von
seinen Erfahrungen. Geboren
1984, wurde Nzita im Alter von
zwölf Jahren gemeinsam mit anderen Kindern verschleppt und
zwangsrekrutiert. Im kongolesischen Bürgerkrieg musste er gegen seine eigenen Landsleute
kämpfen. Wer sich Befehlen widersetzte, erzählt er, wurde umgebracht; das galt auch für
Freunde oder Familien, die Kindersoldaten bei sich aufnahmen,
um sie zu schützen.
Nzita erzählt von erlittener Folter ebenso wie von dem Triumph,
aus der Ohnmacht Macht zu gewinnen, sich aufzuschwingen
zum Herrscher über das Leben
anderer – und zugleich doch niemals den Wunsch verloren zu haben, ein ganz normales Kind zu
sein, das zur Schule geht und eine
fürsorgende Familie hat. Für Nzita hat sich dieser Wunsch wie
durch ein Wunder tatsächlich erfüllt: Mit 16 Jahren wurde er von
einer neuen Familie adoptiert.
Es ist ein weit gespanntes Leben, das sich kaum buchstabieren
lässt. Junior Nzita zupft Fäden
aus seinem Leben, die zu Sprache
gezwirbelt werden, um Verbindung zu schaffen. Die Not, das ist
spürbar, ist nicht vergangen –
und doch sitzt da ein Mensch, der
fröhlich lachen kann.
Nzita spricht auch über seine
Schuldgefühle. Und über die Versäumnisse einer Gesellschaft, die
in den ehemaligen Kindersoldaten nicht traumatisierte Menschen sieht, sondern Dämonen,
und oft unfähig ist, die Heranwachsenden zu integrieren: Viele
Kindersoldaten würden nach ihrer Entlassung aus dem Militär
erneut Opfer. „Sie werden mit einem Hundert-Dollar-Schein nach
Hause geschickt, ohne zu wissen,
was und wo zuhause ist.“
Heute ist Junior Nzita ist ehrenamtlicher UN-Botschafter, er hat
mehrere Organisationen gegründet, die sich für die Anliegen von
Kindersoldaten einsetzen. Am
Ende hat das Publikum ein Bündel Fäden in der Hand, Erzählstränge aus einem Leben, das einen offenen Horizont, Besonnenheit und Anteilnahme braucht,
um mitteilbar zu bleiben. Das allein, so wurde an diesem Abend
deutlich, ist viel.
Silke Kirch
■ Das Smartphone verstehen
In diesem Seminar werden alle
Funktionen des Smartphones ganz
genau erklärt: Freitag, 26. Februar,
von 17 bis 20 Uhr und Samstag,
27. Februar, von 10 bis 16 Uhr im
Spenerhaus, Dominikanergasse 5,
am Börneplatz (60 Euro).
■ Party für alle über 60
Tanzen mit oder ohne Partner oder
Partnerin am Montag, 22. Februar,
von 17 bis 20 Uhr im Gesundheitsamt, Breite Gasse 28.
Anmeldung unter 069 921056678.
▸ Kirche aktuell
Seite 10
Zankapfel Kulturcampus
Was heißt Teilhabe, wenn eigentlich alles schon feststeht?
▶Wie veräppelt fühlten sich die
Teilnehmenden gegen Ende der
Diskussion „Urban Culture 21 –
Kultur – Wandel Bockenheim“, zu
der die Evangelische Akademie
und der Bund Deutscher Architekten ins Studierendenhaus auf
dem Bockenheimer Campus eingeladen hatten: Nachdem sie sich
drei Stunden lang über Ideen zum
Kulturcampus Bockenheim ausgetauscht hatten, teilte ihnen der
Sprecher der Grünen im Ausschuss Planen, Bauen und Woh-
Tisch für alle Beteiligten gefordert, möglichst viele offene Räume und Orte der Begegnung auf
dem Campus. Heiner Blum, Konzeptkünstler und Professor an der
Hochschule für Gestaltung in Offenbach, hatte betont, wie wichtig
unverplante Spielräume seien,
weil sich Kunstschaffende am
wohlsten an Orten fühlten, die
„noch nicht fertig“ sind. Esther
Gebhardt, die frühere Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, hatte herausgestri-
Alle sprechen vom „Kultur-Campus“ in Bockenheim. Aber zwischen Freiheit und
Foto: Ilona Surrey
Kommerz gehen die Ansichten auseinander.
nen der Stadt, Ulrich Baier, mit,
dass der Bebauungsplan für den
Kulturcampus 2018 längst feststehe; nur die Außenanlagen seien
noch nicht verplant.
Dabei hatten die Diskussionsteilnehmer – Architekten, Vertreterinnen von Institutionen und
Stiftungen – gerade einen runden
chen, dass der Kulturcampus eine
„Jahrhundertchance“ sei. Das
müsse man klar kommunizieren,
um in Zeiten, wo eigentlich jeder
Meter für sozialen Wohnungsbau
benötigt wird, rechtfertigen zu
können, dass man dieses große
Gelände für Kultur nutzen will.
Thomas Rietschel, Präsident
der Hochschule für Gestaltung,
die sich auf dem Campus ansiedeln wird, brach eine Lanze für
die „traditionelle Ausbildung“ seiner Institution. Auch Theater und
Oper hätten ihre Berechtigung,
auch wenn sie nur einen kleinen
bürgerlichen Kreis ansprächen.
Der Kulturcampus solle aber ein
möglichst offener Ort der Begegnung sein, wo Studierende und
Künstler aus dem In- und Ausland, Wissenschaftlerinnen und
Menschen aus Bockenheim und
ganz Frankfurt sich treffen.
Linda Reisch (SPD), ehemalige
Frankfurter
Kulturdezernentin,
beschrieb, wie in einem Berliner
Musikkindergarten Kinder aller
Schichten vor allem über Musik
(und nicht über Sprache) Zugang
zu Bildung fänden. Kunst und
Musik müssten „selbstverständlich dort sein, wo Kinder und Jugendliche sind“ – also in Kindergärten und Schulen, auch über
den Kulturcampus hinaus.
„Teilhabe ist Ansehen, Anhören
und eigene Gestaltungsmöglichkeiten“, betonte auch Melanie
Wald-Fuhrmann, wissenschaftliches Mitglied und Direktorin am
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik. „Für viele Menschen ist das Hinkommen zur
Kultur ein Problem.“ Deshalb
müssten architektonisch offene
Räume geschaffen werden, die
den Zugang erleichtern. Frauke
Burgdorff vom Vorstand der
„Montag Stiftung urbane Räume“
aus Bonn, empfahl, den Bebauungsplan der Stadt „produktiv
zu stören“. Thomas Rietschel
schrieb eifrig mit. Da ließ das Gefühl, veräppelt zu werden, ein wenig nach.
Stephanie von Selchow
Reichtum des Alters
Seit zehn Jahren „Aktiv leben im Frankfurter Nordwesten“
▶Ein kleines Fest war angekündigt, aber das zehnjährige Jubiläum der Gruppe „Aktiv Leben im
Frankfurter Nordwesten“ wurde
ein großes: Damals, im Januar
2006, trafen sich 14 Aktive zu einem Spaziergang durch das historische Frankfurt. Angeregt hatte den Ausflug der Pfarrer der
Thomasgemeinde, Alexander Kaestner, der ältere Menschen aus
dem Frankfurter Nordwesten zusammenbringen wollte.
Zehn Jahre später schaut Kaestner, inzwischen selbst im Ruhestand, auf gut und gerne hundert graue Köpfe. Aus der kleinen
Gruppe ist eine „große Familie“
geworden, die sich zu Ausflügen,
Besichtigungen oder Literaturabenden trifft. „Eine feine Sache,
so eine Gruppe hier zu haben, die
sich selber verwaltet und Leben
in die Gemeinde bringt“, freut
sich die Vorsitzende des Kirchenvorstandes Christine Tries.
Pfarrer Kaestner empfahl älteren Menschen, sich nicht aus der
Spur bringen zu lassen von guten
Ratschlägen, Normen und Idealen, mit denen sie oft überschüttet
werden. „Der Reichtum des Alters liegt in den Beziehungen, an
denen wir teilhaben können“, war
sein Fazit. Es komme nicht allein
darauf an, wie aktiv und produktiv jemand ist.
Gefeiert wurde das Jubiläum
mit Sekt, viel guter Laune, einigen
Reden und dem „Evangelischen
Kabarett Heiterkeit und Niedertracht“ (das „EKHN“)
Wer beim „Aktiv Leben“ dabei
sein möchte: Kontakt über Ingrid
Sziedat, [email protected], Telefon
069 579894.
Anne Rose Dostalek
Antonia Jacob und Ute Niedermeyer zeigten zum Jubiläum von „Aktiv Leben“ ihr
Foto: Rolf Oeser
kabarettistisches Programm „Absurdistan bei Kirchens“.
Evangelisches Frankfurt
■ Irmela von Schenck bleibt
Präses der Stadtsynode
Im Amt als stellvertretende Vorsitzende bestätigt: Irmela von Schenk ist die
oberste Ehrenamtliche der Evangelischen Kirche in Frankfurt. Fotos: Rolf Oeser
▶Irmela von Schenck bleibt
auch für die nächsten sechs Jahre oberste Ehrenamtliche der
Evangelischen Kirche Frankfurts. Die 54 Jahre alte Betriebswirtin ist von der Stadtsynode
im Januar mit großer Mehrheit
als Präses und stellvertretende
Vorsitzende – neben dem Stadtdekan – bestätigt worden.
In den Vorstand gewählt wurden außerdem Christian Brause
(68) von der Gemeinde Bockenheim, pensionierter leitender
Angestellter, Wolf Gunter Brügmann-Friedeborn (69) von der
Wicherngemeinde in Praunheim, pensionierter Journalist,
Stefan Majer (57) von der Hoffnungsgemeinde in der Innen-
stadt, Frankfurter Verkehrsdezernent, Wolfram Sauer (56) von
der
Gemeinde
Niederursel,
Richter am Landgericht, Wolfram Schmidt (55) von der Katharinengemeinde im Westend, leitender Angestellter und Christine Ulmke (47) von der Gemeinde Unterliederbach, Lehrerin
und tätig für das Hessische Kultusministerium.
Von den Pfarrerinnen und
Pfarrern wurden gewählt: Andrea Braunberger-Myers (57)
von der Paulsgemeinde in der
Innenstadt, Rüdiger Kohl (45)
von der Gemeinde Bockenheim
und Christine Streck-Spahlinger (54) von der Nazarethgemeinde in Eckenheim. Redaktion
200 Jahre Bibelgesellschaft
▶Sie ist der älteste kirchliche Verein der Stadt, und in diesem Jahr
wird sie 200 Jahre alt: die Frankfurter Bibelgesellschaft. 1816 wurde sie auf Initiative des Juristen
und Theologen Johann Friedrich
von Meyer gegründet. Neben seinen politischen Ämtern – als
Frankfurter Senator und später
als Bürgermeister – arbeitete
Meyer an einer Revision der Lutherbibel. Seine Übersetzung, in
der er neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der Urtextforschung
berücksichtigte, erschien 1819.
Weil sich damals noch kaum jemand ein Buch leisten konnte,
verschenkte die Bibelgesellschaft
in den Anfangsjahren vor allem
Bibeln, zuerst an arme Dienstbotinnen auf dem Römerberg, später an Schulkinder oder Menschen in Krisensituationen. Auch
die jeweils zeitgemäße Vermittlung biblischer Inhalte war Anliegen des Vereins.
Im zwanzigsten Jahrhundert
war die Arbeit der Bibelgesellschaft vor allem mit den Namen
der Pröpste Karl Goebels und
Dieter Trautwein verbunden.
Heute ist die Trägerschaft des
2003 gegründeten Bibelhaus Erlebnis Museums in Sachsenhausen das Hauptbetätigungsfeld des
Vereins.
Antje Schrupp
Evangelisches Frankfurt
▸ Kirche aktuell
Seite 11
Gemeinsam faltenfrei
Die „Ironmen“ in Griesheim machen Bügeln zum geselligen Männer-Event
▶Erst der Kragen, dann die Ärmel und die Schulterpartie, die eine Seite, die Mitte und dann die
andere Seite. So, hab ich mal gelernt, bügelt man ein Hemd. Aber
Werner Watzik, Claus Kronenberg, Fred Kortzendörfer und
Gerhard Pfahl, die jeder mit einem Korb Bügelwäsche ins Gemeindehaus Griesheim gekommen sind, haben ihre eigenen Methoden. Der eine bügelt sein
Hemd zugeknöpft von vorne, der
andere fängt in der Mitte an, und
die beiden anderen bügeln gar
kein Hemd, sondern Bettbezüge
und lassen dabei die Dampfbügeleisen zischen.
„Das ist auch der Grund, warum wir als Ironmen eine Männergruppe sind“, sagt Gemeindepädagoge Gerhard Pfahl. „Die
meisten Frauen würden uns
wahrscheinlich sofort sagen, das
muss man so und so machen.“
Als Pfahl die „Ironmen“ vor
knapp zwei Jahren gegründet
hat, ging es ihm nicht um das perfekt gebügelte Wäschestück. Der
Gemeindepädagoge wollte vor allem, dass Männer über 55 etwas
gemeinsam machen und dabei ein
Gespräch entsteht.
Und es funktioniert. „In der Silvesternacht in Köln hätte mehr
Polizei da sein müssen“, sagt Watzik soeben. „Ja sicher, aber Herr
Schäuble spart auch an den falschen Stellen“, schimpft Kronenberg. „Bei der Polizei, bei Kindergärten und sozialen Einrichtungen. Während in der Wirtschaft
Steuern gespart werden dürfen.
Das ist doch nicht gerecht!“ Zum
Thema Sparen haben die anderen
auch etwas zu sagen. Schon ist eine lebhafte Diskussion im Gang.
Später erzählt Watzik einen Witz.
■ Neuer Zuschnitt für Propstei
Ende 2017 wird die Propstei RheinMain neu organisiert: Die südöstlich
von Frankfurt liegenden Dekanate
Rüsselsheim, Groß Gerau, Dreieich
und Rodgau kommen zur Propstei
Starkenburg, dafür erweitert sich
„Rhein-Main“ Richtung Westen und
umfasst Kronberg, Wiesbaden, Bad
Schwalbach, Idstein und den Hochtaunus. Vorher wie nachher dazu
gehören Frankfurt und Offenbach.
■ Tehillim-Psalmen Chorprojekt
Im Januar ist das siebte TehillimPsalmen-Chorprojekt gestartet.
Diesmal werden jüdische und christliche Vertonungen von Psalm 104
gesungen. Proben sind immer mittwochs von 19.30 bis 22 Uhr, Aufführungen im April und Mai. Die
Teilnahme kostet 50 Euro für Material, bis Mitte Februar kann man
noch einsteigen. Infos bei Bettina
Strübel, [email protected].
Treffen sich einmal im Monat zum Bügeln im Griesheimer Gemeindehaus: die „Ironmen“. Hier im Bild sind Werner Watzig,
Foto: Rolf Oeser
Claus Kronenberg und Fred Kortzendörfer.
Die Frankfurter „Eisenmänner“
sind mittlerweile berühmt. Die
Nachrichtenagentur dpa hat einen Artikel über die bügelnden
Männer neunzig Mal verkauft,
Zeitungen haben Artikel geschrieben, RTL und ZDF gefilmt.
Auf einer Messe der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, bei der gute Ideen für die Gemeindearbeit prämiert wurden,
gewann die Gruppe einen Preis.
Jetzt duftet es im Gemeindehaus nach frisch gebügelter Wäsche. Kronenberg füllt destilliertes Wasser in sein Bügeleisen
nach. Watzik führt den anderen
eine Methode vor, mit der man
ein T-Shirt mit nur einem Hand-
griff zusammenlegen kann. „Das
hat ein Japaner erfunden“ erzählt
er. „Das kann man sich auch auf
Youtube ansehen.“
Die Ironmen, sagt er, seien sein
Hobby. Irgendwie scheint es auch
2016 noch ungewöhnlich zu sein,
wenn Männer Spaß am Bügeln
haben. Ein Nachbar habe ihn („im
Scherz, aber immerhin!“) gefragt,
ob er „vom anderen Ufer“ sei, erzählt Watzig. Pfahl sagt, manche
ältere Männer, die er zur Gruppe
eingeladen hat, hätten bloß gesagt: „Wofür hab ich denn eine
Frau?“ Die Jüngeren wiederum
würden behaupten, sie hätten gar
nichts zu bügeln. „Aber ich kenne
viele Singles, die natürlich ihre
Hemden für den Job bügeln müssen“, sagt Kronenberg. „Nur bekennen sie sich nicht dazu.“
Pfahl erzählt aber auch von einem Mann, der eine Zeitlang bei
den Ironmen die Blusen für seine
Frau gebügelt hat. Die arbeitete
bei Lufthansa und musste jeden
Tag perfekt aussehen. „Damit hat
der zuhause echt gepunktet“, sagt
der Pädagoge. Die anderen drei
Ironmänner schmunzeln.
Wer selbst in Gesellschaft bügeln möchte: Treffen sind jeden
zweiten Freitag im Monat um
19.30 Uhr im Gemeindhaus Griesheim, Jägerallee 28. Willkommen
sind Männer jeden Alters und aus
allen Stadtteilen. Stephanie von Selchow
„Wir brauchen das Alte Testament“
▶Braucht die Kirche das Alte
Testament? Nein, meint der Berliner Theologieprofessor Notger
Slenczka, es sei lediglich das
Zeugnis einer kleinen Stammesreligion ohne allgemeinen Anspruch. Der Frankfurter Theologe
Friedhelm Pieper widerspricht
ihm klar: Das Alte Testament gehöre ebenso zum Christentum
wie das Neue. Das Thema berührt
direkt das Verhältnis von Christentum und Judentum.
In der evangelischen Kirche
tobt der Streit um den ersten Teil
der Bibel, seit Slenczka 2013 in
seiner Abhandlung „Die Kirche
und das Alte Testament“ eine
These des Kulturprotestanten
Adolf von Harnack wieder aufgegriffen hat, wonach das Alte Testament eigentlich nicht in die Bibel gehöre, sondern unter die
Apokryphen, also die nicht zum
offiziellen Glaubenskanon gehörenden Schriften.
Slenczka fasst die Überzeugungen seiner Gewährsleute in markanten Sätzen zusammen: „In sei-
Kurz notiert
Friedhelm Pieper bei seinem Vortrag in Frankfurt.
ner Gänze ist das Alte Testament
kein Zeugnis der Universalität
des Gottesverhältnisses, sondern
ein Zeugnis einer Stammesreligion mit partikularem Anspruch.“
Das klingt nicht nur für jüdische
Ohren abwertend.
Friedhelm Pieper vom Zentrum
Ökumene in Frankfurt erläuterte
bei einem Vortrag im Haus am
Foto: Rolf Oeser
Dom, warum er Slenczkas Thesen
so entschieden öffentlich zurückweist. Was wir heute „Altes Testament“ nennen sei eine „im Kern
feststehende Schrift, sie war für
die Urkirche allein Heilige Schrift.
Die Schriften des Neuen Testaments entstanden dann nach und
nach in den ersten zwei Jahrhunderten und beziehen sich durch-
gängig auf dieses erste Testament… Diese Tatsache hat zu der
bekannten Formel geführt: Juden
und Christen gründen sich auf ein
gemeinsames Buch.“
Die Texte des Alten Testaments
seien wichtig für die christliche
Identität. „Man denke etwa an die
universale Wirkung der Exodusgeschichten“: Der Auszug des
Volkes Israel aus Ägypten sei „im
Kampf der Sklaven in Nordamerika um Anerkennung ihrer Menschenwürde“ zentral gewesen.
Pieper konstatierte eine „Schieflage der Diskussion“, die entstehe,
„wenn man meint, die Textteile
des ersten und des zweiten Testaments jeweils für sich als Ganzes
einordnen und werten zu sollen“.
Im Anschluss an den Vortrag,
zu dem die Gesellschaft für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eingeladen hatte, äußersten
sich viele aus dem Publikum zustimmend. Eine Frau sagte: „Ich
kann mir meinen Glauben einfach
nicht vorstellen ohne beide Testamente.“
Anne Lemhöfer
■ Hass und Hetze
Eine 24-Stunden-Tagung im Haus
der Jugend beschäftigt sich am 19.
und 20. Februar (von 17 bis 17 Uhr)
mit der Frage, wie man Demokratiefeindlichkeit im Internet begegnen
kann. Mitveranstalter ist die Evangelische Akademie, Infos unter
www.evangelische-akademie.de.
■ Weltgebetstag zu Kuba
Die Liturgie des Weltgebetstages am
4. März kommt in diesem Jahr von
Frauen aus Kuba. Gottesdienste in
zahlreichen Gemeinden werden sich
dann mit der Situation von Gemeinden und speziell von Frauen in diesem Land beschäftigen. Termine unter www.frankfurt-evangelisch.de.
■ Tarifverträge für Diakonie
Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)
hat eine Neufassung des Arbeitsrechts für die Diakonie Hessen beschlossen. In Zukunft können hier
auch Tarifverträge eingeführt werden, sagte der Vorsitzende des
Rechtsausschusses, Diethelm Harder. Allerdings sollten sie „kirchengemäß“ sein. Ein Streikrecht ist
weiterhin nicht vorgesehen.
■ Mode und Menschenrechte
Mode ist etwas Schönes, aber wenn
sie auf Kosten anderer Menschen
geht, ist das ein Problem. Was Mode
mit Menschenrechten zu tun hat,
ist Thema bei einem Studientag für
16- bis 20-Jährige am Donnerstag,
18. Februar, von 9 bis 14 Uhr in der
Jugendkulturkirche Sankt Peter,
Stephanstraße 6 (Eintritt frei, Anmeldung: Telefon 069 174152613,
[email protected])
■ Thementag über Barmherzigkeit
Was bedeutet es, christlich zu leben
in einer Zeit von Selbstbehauptung,
Konsum und Wettbewerb? „Barmherzigkeit“ ist das Thema eines
theologischen Seminartags mit dem
evangelischen Theologen Fulbert
Steffensky am Samstag, 20. Februar,
von 9.30 bis 17 Uhr im Haus am
Dom (19/10 Euro, Tickets unter
www.adticket.de).
Februar/März 2016 · 40. Jahrgang · Nr. 1 · www.evangelischesfrankfurt.de
▸ Panorama
Seite 12
Kurt-Schumacher-Straße 23 · 60311 Frankfurt/Main
Evangelisches Frankfurt
Veranstaltungen
Terminkalender
City-Kirchen
sind bei der
Luminale dabei
■ Begegnung
Büttenpredigt – mit dem früheren
Dekan Jürgen Reichel-Odié am
Sonntag, 7. Februar, im Gottesdienst um 10 Uhr in der Friedenskirche im Gallus, Frankenallee 150.
Rauchzeichen – AschermittwochsGottesdienst für Jugendliche am
10. Februar um 12 Uhr in Sankt
Peter, Stephanstraße 6.
Frankfurter Mundart – mit Rainer
Weisbecker am Freitag, 26. Februar,
um 19.30 Uhr in der Gemeinde
Sindlingen, Sindlinger Bahnstraße
44 (Eintritt frei).
Regenbogengottesdienst – nicht
nur für Lesben und Schwule am
Freitag, 26. Februar, um 20 Uhr in
der Lutherkirche im Nordend, Martin-Luther-Platz 1.
Internationaler Frauentag – Ökumenischer Gottesdienst am Dienstag, 8. März, um 19 Uhr in der
Alten Nikolaikirche am Römerberg.
■ Konzerte
Blechblas-Fasching – am Dienstag,
9. Februar, um 20 Uhr in der Heiliggeistkirche, Börneplatz (15 Euro).
Klarinette und Fagott – Werke von
Bach und anderen am Donnerstag,
11. Februar, um 19.30 Uhr in der
Thomaskirche, Heddernhemer Kirchstraße 2b (Eintritt frei).
Nordische Songs – Konzert des
Folk-Trios Strömkarlen am Montag,
15. Februar, um 20 Uhr in der Johanniskirche in Bornheim, Turmstraße 10 (16 Euro).
Junge Sinfoniker – Werke von
Brahms und Bruckner am Samstag,
13. Februar, um 19.30 Uhr in der
Wartburgkirche in Bornheim, Hartmann-Ibach-Straße 108 (Eintritt
frei).
Klaviermusik zu vier Händen –
Werke von Bach, Reger und Ligeti
am Sonntag, 14. Februar, um 11.30
Uhr in der Festeburgkirche in
Preungesheim, An der Wolfsweide
58 (Eintritt frei).
Fokus Max Reger – Konzert mit
jungen Organistinnen und Organisten am Sonntag, 14. Februar, um
18 Uhr in der Katharinenkirche an
der Hauptwache (10/8 Euro).
Klavierkonzert – mit Werken von
Strauss, Brahms, Albeniz und
Piazzolla am Sonntag, 21. Februar,
um 17 Uhr, Erlöserkirche in Oberrad,
Melanchthonplatz (Eintritt frei).
Orgelkonzert – Werke von Tunder,
Bach und Reger am Sonntag, 21.
Februar, 17 Uhr, Dreikönigskirche
am Sachsenhäuser Ufer (8 Euro).
Werke von Fauré – mit der Miriamkantorei am Sonntag, 21. Februar,
um 18 Uhr in der Auferstehungskirche in Praunheim, Graebestraße 8
(Eintritt frei).
Orgelkonzert – Musik und Wort am
Sonntag, 21. Februar, um 18 Uhr in
der Stephanuskirche in Unterliederbach, Liederbacher Straße 36b.
Cemballissimo – Konzert zur Vorstellung des neuen Cembalos in der
Epiphaniaskirche, Oder Weg/Ecke
Holzhausenstraße am Montag, 22.
Februar, um 20 Uhr (Eintritt frei).
Mehr unter www.frankfurt-evangelisch.de.
▶Vom 13. bis 18 März ist in
„Fair Trade“, fairer Handel – was genau ist das? Worauf sollten wir achten beim Kauf von Produkten aus Afrika, Asien oder
Südamerika? Wie sieht eine „faire“ Handelskette aus, und lässt sich das schwierige Thema schon Kindern und Jugendlichen
vermitteln? Solche Fragen diskutierten Haupt- und Ehrenamtliche aus der Kinder- und Jugendarbeit gemeinsam mit FachFoto: Ilona Surrey
leuten im Bornheimer Weltladen. Eingeladen hatte das Evangelische Stadtjugendpfarramt.
Las Vegas in Bornheim
Kirchengemeinde bietet regelmäßige Bühne für Kleinkunst
▶ „Was ist Las Vegas gegen
Bornheim?“ Sören Pohl ist zwar
erst 17 Jahre alt, aber das Publikum im Saal der Gemeinde Bornheim hat er von der ersten Sekunde an im Griff. Lässig und selbstbewusst, ironisch und mit ausgeprägtem Sinn für Dramatik und
Spannungsbögen: Sören Pohl ist
Zauberkünstler, und spätestens,
als er einen Zehn-Euro-Schein in
einen Hunderter verwandelt,
zwei kleinen Söhnen als StandUp-Comedy, bei der man einiges
Neues erfährt: „Mit Schlappen
schmeißen, darin sind wir orientalischen Mütter Weltklasse.“ Im
bürgerlichen Leben arbeitet die
Frankfurterin mit den hüftlangen
Haaren als Altenpflegerin.
Moderiert wird der Abend von
Dieter Becker aus Bad Vilbel, der
als „Kai Ahnung“ in der Rolle des
etwas schussligen Conférenciers
Erst 17 Jahre alt und hat doch das Publikum schon fest im Griff: Der ZauberFoto: Rolf Oeser
künstler Sören Pohl bei seinem Auftritt in Bornheim.
schauen alle verblüfft. Raunen:
„Wie hat er das jetzt gemacht?“
Alles wie bei einer Profi-Show
also, oder zumindest fast. Denn
die Künstlerinnen und Künstler,
die bei der „BKKB“, der Bornheimer Kleinkunstbühne, auftreten,
sind keine Profis. Trotzdem ist das
Niveau teils beeindruckend, das
auf der Bühne im Bornheimer
Gemeindehaus geboten wird.
Die Kabarettistin Aynur („So
heiße ich, das ist nicht die Uhrzeit“) erzählt ihren Alltag mit den
mit launigen Wortspielen und viel
Witz durchs Programm führt:
„Was ist der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy? Der
Comedian macht es wegen dem
Geld. Der Kabarettist wegen des
Geldes.“
Eintritt kostet die Show nicht,
es wird aber um Spenden für einen guten Zweck geworben. Der
gute Zweck ist in diesem Fall die
denkmalgerechte Sanierung der
Johanniskirche, für die die Gemeinde rund 400 000 Euro auf-
bringen muss. „Wir haben es geschafft, mit dem Kindertheater
der Kita Johannis einen Fahrstuhl
zu finanzieren“, sagt Gemeindemitarbeiter Peter Habermehl, der
in der Johanniskirche kulturelle
Events organisiert. „Da die Bornheimer gerne feiern und Spaß an
kurzweiliger Unterhaltung haben,
werden die Publikumsspenden sicher dazu beitragen, dass wir die
Restaurierungskosten bald decken können“, sagt er.
Gleichzeitig können bei den
Shows auch Menschen Kultur genießen, die sich einen Ausgehabend normalerweise nicht leisten können. Der Gemeindesaal
lässt sich mit mindestens hundert
Stühlen bestücken, im Januar –
dem dritten Kleinkunstabend – ist
er etwa zur Hälfte gefüllt.
Regelmäßig soll es jetzt jeden
zweiten Sonntag im Monat in der
Großen Spillingsgasse 24 „Bühne
frei!“ heißen. Was genau geboten
wird, ist eine Überraschung –
aber immer eine vielfältige. Akrobatik, Kabarett, Zauberei, Musik,
Literaturlesungen: Alles ist möglich. Und alle dürfen mitmachen,
wie Habermehl betont. „Ein paar
Tage vorher anmelden genügt.
Wir sind uns sicher, dass viele
Bornheimer etwas können, das
sie vorführen mögen.“
Die Künstlerinnen und Künstler
treten nachmittags bereits im
Kleinkunstcafé in Bad Vilbel auf
und kommen anschließend nach
Bornheim. Zur Einstimmung öffnet um 19 Uhr eine Bar, die Show
selbst startet um 20 Uhr. Die
nächsten Termine sind am 14.
Februar und 13. März, wer etwas
vorführen möchte, mailt an [email protected].
Anne Lemhöfer
Frankfurt und Offenbach wieder
Luminale – und auch viele CityKirchen sind dann mit einem eigenen Programm dabei.
In der Katharinenkirche an der
Hauptwache werden renommierte Künstler und Künstlerinnen
eine Installation mit dem Titel
„Lichtbeugung“ aufbauen. In der
Alten Nikolaikirche am Römerberg planen Studierende der
Hochschule für Gestaltung in Offenbach ein Objekt mit Sensoren
im Kirchenraum, das Lichteffekte
erzeugt. In der Dreikönigskirche
am Sachsenhäuser Ufer gibt es eine „Enlightenment Machine“ mit
Tönen und Stelen. Und auch in
der Weißfrauen Diakoniekirche
im Bahnhofsviertel startet jeden
Tag bei Anbruch der Dunkelheit
eine Licht-Klang-Installation.
In der Lutherkirche im Nordend, Martin Luther Platz, wird
eine Licht-Bild-Installation von
Textrezitationen begleitet. Zum
Auftakt und zum Abschluss der
Luminale sind zusätzlich Konzerte
geplant. Jeweils um 20 Uhr am 13.
und 18. März führt die Lutherkantorei dort das Oratorium „The Armed Man – A Mass For Peace“
des zeitgenössischen Komponisten Karl Jenkins (geboren 1944)
auf (18/15 Euro).
Das komplette Programm steht
ab Anfang März im Internet unter
www.luminale.de.
Redaktion
Das Letzte
Obergrenzen
▶Alle Welt diskutiert momentan
über Obergrenzen für den Zuzug
bestimmter
Bevölkerungsgruppen. In Frankfurt kennen wir uns
damit aus, wir hatten das nämlich
schon mal: Vor genau 400 Jahren,
im Jahr 1616, wurde in der Stadt
eine Obergrenze eingeführt für
die erlaubte Anzahl der ansässigen jüdischen Familien: Mehr als
500, so beschlossen es damals die
kaiserlichen Kommissare aus Hessen und Kurmainz, seien der Stadt
wirklich nicht zuzumuten.
Impressum
Herausgeber: Der Vorstand des Evangelischen
Regionalverbandes Frankfurt am Main.
[email protected]
Redaktion: Pfarrer Ralf Bräuer (Redaktionsleitung),
Dr. Antje Schrupp (Geschäftsführung), Kurt-Helmuth
Eimuth, Stephanie von Selchow, Anne Lemhöfer,
Pfarrer Wilfried Steller
Geschäftsstelle/Anzeigen: Kurt-Schumacher-Straße 23,
60311 Frankfurt am Main,
Telefon 069 21 65–13 83, Fax 21 65–23 83,
Druck: Axel Springer AG – Druckhaus Spandau
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Die Zeitung wird kostenlos an Frankfurter Mitglieder
der evangelischen Kirche verteilt. ISSN 1438–8243
Februar/März· 40. Jahrgang · Nr. 1
Die nächste Ausgabe erscheint am 20. März 2016.
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