Waltraud Moegle Ellis Hundesitter

Waltraud Moegle
Ellis Hundesitter-Chaos und andere Katastrophen
Waltraud Moegle schreibt seit über zehn Jahren Bücher und
Geschichten für Kinder, unter eigenem Namen, aber auch
unter weltberühmten Pseudonymen. Sie arbeitete unter
anderem als Radiojournalistin, Reiseleiterin und Keksfabrikarbeiterin. Sie wohnt in Süddeutschland unter einem Dach
mit ihrem Mann, ihrem Sohn, Schildkröte Jana und manchmal
Patenhund Tassi. Am liebsten erfindet sie Geschichten um
Figuren, mit denen sie selbst auch gern befreundet wäre.
Mehr über unsere Bücher, Autoren und Illustratoren auf:
www.planet-girl-verlag.de
Waltraud Moegle
Ellis
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und andere Katastrophen
Planet Girl
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1 
»Oh mein Gott!«, strahle ich.
Beinahe wäre ich Bo um den Hals gefallen, so
aufgeregt bin ich. »Freitag, der 13.! TornadoPark! So cool! Das ist Bombe!!! Absolut BOMBE!!!«
Bo, unsere Neue, hat in zehn Tagen Geburtstag. Sie hat
eine gigantisch gute Idee: Sie lädt ihre Freundinnen in
den Tornado-Park ein, in den angesagtesten Abenteuerpark aller Zeiten. Da wollten Hannah und ich
schon längst hin! Aber unsere Eltern fanden immer:
›Zu teuer! Zu wild! Vielleicht später mal … irgendwann …‹ Und jetzt das!
Die Aussicht auf den Tornado-Park freut mich so,
dass ein breites Grinsen auf meinem Gesicht klebt.
»Ich habe nicht gesagt, dass du eingeladen bist«,
dringt es an mein Ohr.
Was war das? Ich strahle noch immer vor mich
hin. Wen hat Bo da gerade gemeint? Hinter mir steht sonst
keiner. Mein Blick bleibt an ihren eiskalten Augen hängen –
Augen, in denen gemeine Schadenfreude glitzert.
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»Wir sind schon zehn«, erklärt Bo von oben herab. »Plus Geburtstagskind.«
Ich merke, wie mein Herz zu rasen beginnt. Mir wird ganz
heiß. Das muss ein Irrtum sein! »Hannah, Marie, Martha und
Mina, Kali«, zähle ich an meinen Fingern ab,
»Sarah, Zina, Lorena …«
Ich stocke. Das sind jetzt alle Mädchen
aus meiner Klasse. Annemie lasse ich weg.
Niemand würde Annemie zu seinem Geburtstag einladen.
»Alina und Olga«, zählt Bo für mich weiter. Bei ihr sieht es wie bei einem Kleinkind
aus, als sie ihre Gäste an den Fingern abzählt. »Macht zehn«, erklärt sie mir schließlich mit bedauerndem Augenaufschlag.
Hannah ist ein bisschen rot geworden.
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»Mit der Geburtstags-Eintrittskarte darf man eben nur zehn
Mädchen mitnehmen«, versucht meine beste Freundin mich zu
trösten.
Das tröstet mich nicht!
»Es ist eben eine Zehnerkarte«, ergänzt Bo mit gemeinem Lächeln.
Hannah schenkt mir einen lieben Blick. »Bei dir war Bo ja
auch nicht eingeladen.«
Moment mal! Das ist nicht fair! Als ich Geburtstag hatte, war
Bo noch gar nicht in unserer Klasse. Da ging sie noch irgendwo
hinter den sieben Bergen in die Schule und alles war gut!
»Ich wäre sowieso nicht gekommen«, schaltet Bo sich ein.
»Ich meine … Kegeln!« Bei ihr hört sich das an, als wäre Kegeln
etwas für Neandertaler und andere Unterbelichtete.
Was ist falsch am Kegeln??!!! Allen hat’s Spaß gemacht! Wir
haben Käfer-Kegeln gemacht, Tannenbaum-Kegeln und Überraschungs-Ei-Kegeln. Hannah und ich haben super viel gelacht.
Es war cool.
Hannah nickt. »Für einen Kindergeburtstag war’s nicht
schlecht«, meint sie.
Kindergeburtstag? Halloo???!!! Meine Patentante geht Kegeln, mein Vater, meine Oma …! Kegeln ist kein Kindergeburtstag!!!
Hannah tätschelt tröstend meine Hand. »Superschade, dass
du nicht mitkommst«, findet sie.
»Dann könntest du endlich mal einen coolen Geburtstag erleben«, fügt Bo spöttisch hinzu. »Einen für die Großen …«
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Frau Reißwolff rauscht zur Tür
herein. Mit Schwung stellt
sie ihren dampfenden Becher aufs Pult, sodass der
Kaffee überschwappt. Seit
diese riesige Kaffeemaschine im Lehrerzimmer
aufgetaucht ist, tragen unsere Lehrer wuchtige, bis zum Anschlag gefüllte Kaffeetassen in den Unterricht.
Die Maschine brüht den Kaffee so laut wie ein Düsenjet.
Und sie ist so sagenhaft gut, dass ein jahrhundertealtes Gesetz
an unserer Schule seither nicht mehr gilt: Das Kaffeeverbot im
Unterricht ist aufgehoben.
Wie durch einen Wattenebel tappe ich an meinen Tisch und
lasse mich neben Annemie auf den Stuhl fallen. Sie sieht mich
durch ihre dicke Brille an und schenkt mir ein Zahnspangenlächeln. Die Brackets glitzern im Sonnenlicht.
»Die Hausaufgaben«, begrüßt uns Frau Reißwolff und Mathe nimmt seinen Lauf.
Hannah sieht fragend zu mir herüber. Ich hebe den Daumen.
Alles okay!
Was tue ich da? Nichts ist okay!!! Hannah soll nicht neben
Bo sitzen und denken, es geht schon klar für mich, dass ich
als Einzige nicht auf diesen Mega-Geburtstag eingeladen bin –
abgesehen natürlich von Annemie. Hannah soll Bo sagen, dass
sie mich auch einladen soll, weil sie sonst nämlich gar nicht
kommt!
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Der Klotz in meinem Bauch wird schwerer.
Und was, wenn Hannah schon die ganze Zeit wusste, wer
eingeladen wird? Ist es das, was sie und Bo wirklich tun, wenn
sie sich zum Lernen treffen: Einladungslisten entwerfen, auf
denen ich nicht vorkomme?
Zu mir haben sie gesagt, sie treffen sich wegen Mathe und
Englisch. Bo müsse nach dem Umzug Stoff nachholen, sagen
sie, wenn sie nach der Schule ohne mich abziehen. Meine beste Freundin opfert unsere Freundinnen-Nachmittage, um »der
Neuen« auf die Sprünge zu helfen. Dabei ist es mittlerweile fast
ein halbes Jahr her, dass Bo sich in unserer Klasse breitgemacht
hat.
Eins verstehe ich nicht: Wieso hat meine beste Freundin nicht
dafür gesorgt, dass ich auf der Einladungsliste stehe?
Langsam wird es Zeit, Bo wieder loszuwerden, finde ich. Seit
Januar schleppen wir sie überall mit hin. Schluss mit der Schonzeit für die Neue! Hannah und ich finden sowieso, dass Bo sich
langsam mal nach einer eigenen Freundin umsehen sollte, statt
an uns zu kleben wie alter Kaugummi.
Als Bo neu an unsere Schule kam, hat unsere Klassenlehrerin sie auf meinen Platz neben Hannah gesetzt. Um ihr den
Anfang in der neuen Umgebung leichter zu machen, hat Frau
Reißwolff gesagt.
Der Anfang ist seit vier Monaten vorbei!!!
»Elliiiieee!«, hallt es durch die Klasse. Ich schrecke auf.
Frau Reißwolff steht über mir und ich habe keine Ahnung,
was sie will.
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Annemie schiebt mir ihr Heft rüber. Unauffällig zeigt sie auf
Aufgabe 2b.
Hinter meinem Haarvorhang schiele ich zu dem Heft hinüber und lese Annemies Rechenaufgabe ab.
»Sehr gut, Elli«, bemerkt Frau Reißwolff, als ich fertig bin
und fügt hinzu: »Aber du solltest mal wieder zum Friseur.« Sie
stürzt sich auf ihr nächstes Opfer.
Annemie ist wirklich seltsam. Sie trägt Ringel-T-Shirts und
Rollkragen-Pullis, alles zwei Nummern zu groß. Sie schreibt
überall Einsen und ist HB, hochbegabt. Das ist nicht
cool.
Ich weiß als Einzige, dass Annemie gar
nicht zur Hochbegabtenförderung geht. Was
sie stattdessen macht? Keine Ahnung! Auf
dem Handy daddeln tut sie jedenfalls nicht.
Annemie hat gar kein Handy. Und Sport ist
auch nicht so ihre Sache. Vermutlich lernt sie
in ihrer Freizeit dicke Bücher auswendig oder sie
quietscht stundenlang auf irgendeinem grässlichen Hochbegabteninstrument herum.
Aber abgesehen von den Ringeln ist nichts gegen sie einzuwenden. Sie lässt mich abschreiben und auf Annemies Ergebnisse kann man sich hundertpro verlassen. Denn
Annemie liegt die Stillarbeit. Wenn sie nämlich eins kann, dann
ist es das: Still sein.
Auch ihre Klausuren sind top. Bei alledem gibt sie nicht mit
ihren Noten an. Auch dazu ist sie vielleicht einfach zu still.
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Heute aber sagt Annemie was. Erst traut sie sich nicht. Und
dann fragt sie: »Darf ich mal dein Handy leihen … in der Pause?«
»Klar«, nicke ich. Ich habe Annemie in der Mittagspause
neulich Doodle Jump gezeigt. Eigentlich wollte ich mich wie
immer mit Hannah und Bo treffen. Aber sie waren nach Französisch wie vom Erdboden verschluckt. In der Mensa waren
nur Annemie und ich – von den Jungs jetzt mal abgesehen. Da
habe ich Annemie das Spiel gezeigt. Sie hat kein Handy. Ihre
Eltern sagen, man wird süchtig davon.
Das Gute daran: Was Handys angeht kann endlich mal ich
Annemie was erklären. Denn das ist etwas, von dem sie ausnahmsweise mal keine Ahnung hat.
»Klar leihe ich dir das Handy«, verspreche ich Annemie. Ich
versuche gerade rauszufinden, was Hannah und Bo da hinten
zu kichern haben. Bo ist so unglaublich gut im Lästern!!! Wir
müssen immer lachen, wenn sie loslegt. Es ist zu lustig, was sie
sich ausdenkt – aber auch ein bisschen gemein. Lustig-gemein.
Annemie heißt bei ihr »Bracket-Queen« oder auch »Hirnie«.
Nicht nett, wirklich nicht. Hoffentlich lästert Bo jetzt nicht
über mich!, denke ich und sehe, wie Hannah losprustet,
als wäre Bo wieder etwas riesig Witziges eingefallen.
Und ich bin zu weit weg. Ich kann nichts hören.
Aber Hannah ist meine beste Freundin. Sie würde
nie im Leben lachen, wenn Bo einen Witz über
mich reißt! Oder?
Mein Handy summt. Eine SMS von Hannah!
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Unauffällig lese ich unter der Bank: Total schade, dass du nicht
mitkommst. Sei nicht traurig. Bo tut’s auch super leid. Grüße von Bo.
Hannah.
Sag ich doch! Ich bin so erleichtert, dass ich fast zu ihnen
rüberwinken würde – bei Frau Reißwolff!!! Die fehlende Einladung und die doofen Sprüche von Bo … Alles halb so schlimm.
Ich habe das wohl in den falschen Hals gekriegt.
Leider ist es nun mal so: Eine Zehnerkarte reicht für zehn Personen. Keine mehr und keine weniger. Vermutlich war es nichts
als ein blöder Zufall, dass ausgerechnet ich nicht mitkann. Es
hätte genauso gut Olga oder Kali treffen können. Zehn bleiben
nun mal zehn. Ich finde, dass man diese ewigen Zehnerkarten
dringend durch Elferkarten oder Dreizehnerkarten ersetzen
sollte. Wieso ist darauf eigentlich noch niemand gekommen?
Klar! Bo hätte mich bestimmt eingeladen. Das hat Hannah
doch geschrieben! Und wenn ich denke, Bo guckt gemein, dann
ist sie vielleicht nur müde.
Hannah, Bo und ich, wir hängen doch immer zu dritt ab. Außer, wenn Hannah und Bo keine Zeit haben wegen der vielen
Hausaufgaben, bei denen Bo Hilfe braucht. Bo braucht ziemlich viel Hilfe …
Während ich meinen Gedanken nachhänge, nimmt Frau
Reißwolff Bo zum Hausaufgaben vorlesen dran. Doch die kann
ihr Heft in ihrer bauchigen Henkeltasche nicht finden. Die tausend goldenen Armreifen an ihrem Handgelenk klimpern leise.
Aber bei ihr sagt Frau Reißwolff nicht ›Waaaaaaas?! Du hast
die Hausaufgaben nicht?!!! Gut!!!!! Rechne bis morgen alle Auf-
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gaben auf den Seiten 111–187 und leg sie mir im Lehrerzimmer
vor‹, wie sie es bei allen anderen gemacht hätte.
Stattdessen lächelt sie nur nachsichtig. Dann flötet sie: »Was
für eine wunderschöne Tasche du da hast. Ist das
etwa eine Satchel?«
Bo nickt und grinst gnädig.
»Wunderhübsch«, wiederholt Frau Reißwolff noch mal. »Hannah, du kümmerst
dich ja darum, dass Bo in allen Fächern
den Anschluss schafft?«
Frau Reißwolff nimmt einen zufriedenen Schluck aus ihrem Kaffeebecher und geht
zur Tagesordnung über. »Adrian? Übernimmst du?«
Nach Mathe sind Hannah und Bo in Eile. Französisch ist in
Raum 387.
»Ich muss noch Hausaufgaben abschreiben«, schiebt Bo mich
zur Seite, als ich mit ihnen die Pleite mit der Zehnerkarte bereden will.
»Ich dachte, die hast du gestern Nachmittag gemacht?«, platze ich heraus. Am liebsten würde ich nachträglich diese Frage
löschen. Das hört sich so … neidisch an. Nicht cool!
»Neidisch?«, fragt Bo, als hätte sie meine Gedanken gelesen,
und ihre Augen glitzern vor Freude.
Andererseits: Das Glitzern ihrer Augen kann auch Angst vor
Französisch sein. Und die Grenouille muss wirklich ein übler
Frosch sein! Bei Hausaufgaben versteht sie keinen Spaß.
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»Sei nicht bös«, bittet Hannah lieb. »Wir sehen uns heute
Nachmittag in Akrobatik, okay?«
»Okay?«, echot Bo und lässt ihre Armreifen klimpern, als sie
sich durch die Haare fährt.
Mir bleibt nichts übrig, als meiner besten Freundin hinterherzuschauen, wie sie Arm in Arm mit Bo entschwindet.
Zum Teufel mit Latein!
Warum nur, warum, habe ich in der Fünften nicht Französisch gewählt? Weil ich dachte, Hannah hätte auch Latein gewählt. Jetzt hat Bo jede Menge Zeit, sich in Französisch noch
enger an Hannah ranzusaugen. Sechs Stunden die Woche!
Aber Hannah und mir bleibt immer noch Akrobatik!
Seit ewigen Zeiten machen wir Akrobatik zusammen. Da sehen wir uns jeden Mittwoch. Und zwar ohne Bo! (Auch wenn
ich nichts gegen Bo habe. Wirklich nicht!) Vor Auftritten im
Zirkus Larifari üben Hannah und ich sogar mehrmals die Woche. Bald ist es wieder so weit. Wir freuen uns schon riesig darauf. Und ich freue mich, dass ich Hannah dann endlich mal
wieder für mich habe. Muss Bo ihre Hausaufgaben eben alleine
schaffen!
2
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lin
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2 
Linnea ertränkt ihre Nudeln in Tomatensosse.
Linnea ist meine kleine Schwester. Sie ist sechs. Soßen mit irgendwas ist ihr absolutes Lieblingsessen. Und ich bin ihre Lieblingsschwester. Linnea findet mich riesig, egal was die anderen
sagen. Und Mutti und Vati finden Linnea riesig. Es gibt nichts,
was sie ihrem kleinen Liebling abschlagen würden. – Fast nichts.
»Linnea, iss anständig«, sagt Mutti. »Das ist nicht LOL!«
Oh neiiiiiin! Mutti findet meine Abkürzungen
scheußlich. LOL und HB, OMG und NG. Jetzt gerade
kommt sie sich wahrscheinlich unglaublich witzig vor!
Dabei passt LOL hier überhaupt nicht! Und sowieso: Erwachsene reden so nicht.
»Was soll LOL eigentlich bedeuten?«, fragt Mutti jetzt.
»Laugh out loud«, erkläre ich seufzend. »Das heißt so viel wie:
Ich lach mich kaputt.«
Mutti schüttelt den Kopf. »Ständig benutzt ihr dieses Englisch! Deine Englischnote ist trotzdem nicht besser geworden.«
»Am dreizehnten fahren alle in den Tornado-Park«, wechsele
ich das Thema.
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»Klassenausflug?«, wundert sich
Mutti.
»Ich gehe mit«, erklärt Linnea und
pflückt die Schnecke vom Stuhl, die ihr aus
der Tasche ihres rosa Kleidchens gekrochen ist.
»Warum haben wir nicht wenigstens eine Mail bekommen?«,
wundert Mutti sich.
»Das ist so«, hole ich aus. »Es ist kein Schulausflug, sondern
ein Geburtstag. Und weil ihr uns ja seit ewigen Zeiten schon
versprochen habt, dass wir demnächst in den Tornado-Park gehen, würde es doch gut passen, wenn wir das am 13. machen,
wenn all die anderen aus meiner Klasse auch da sind …«
»Linnea!«, kommt es plötzlich schneidend von Mutti. »Was
ist das?«
Linnea versucht die Schnecke schnell in die Tasche zurückzuschieben. Doch Mutti hat sie gesehen.
Linnea gibt auf und zieht die Schnecke ganz aus der Tasche. »Das ist Greg der Schneck!«, stellt sie sie vor. »Er hat kein
Haus.«
Greg ist eine wirklich große, hässlich getigerte Schnecke.
Eine von der Sorte, die man aus Gruselfilmen kennt.
»Linneaaaaaa!«, schnappt Mutti wieder.
Weiter muss sie gar nichts sagen: Meine kleine Schwester
weiß schon Bescheid.
Haustiere gehören zu den wenigen Dingen, die Mutti und
Vati Linnea nicht erlauben. Auch nicht kleine Haustiere, wie
Schnecken, Engerlinge, Kellerasseln, Wolfsspinnen.
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wie
Gehorsam geht Linnea
hinaus, um Greg im
Garten auszusetzen.
»Ich habe gesagt,
Tornado-Park findet erst
statt, wenn Linnea mitkann«, nimmt Mutti den Faden wieder
auf.
Das habe ich befürchtet. Mutti findet, mit sechs ist man zu
klein für rasende Karussells. Sie will warten, bis Linnea zehn
ist.
»Mutti, bis Linnea zehn ist, dauert es noch vier Jahre! Bis dahin waren die anderen schon zwanzigmal im Tornado-Park …«
Linnea ist wieder zurück und schiebt sich den Stuhl zurecht.
Aufmerksam lauscht sie unserer Auseinandersetzung.
»Nein, wirklich, Elli«, findet Mutti. »Im Augenblick ist ein
schlechter Zeitpunkt. Vati muss das Auto abbezahlen. Und ich
habe keine Zeit.«
Seit Mutti sich entschieden hat, im nächsten Jahr wieder als
Lehrerin zu arbeiten, schiebt sie Panik. Jede freie Minute brütet
sie am Schreibtisch. Zu essen gibt es nur noch Tiefkühlpizza
oder Nudeln mit Tomatensoße.
Ihre Zeit ist knapp. Und ständig soll ich auf Linnea aufpassen.
»Überhaupt ist das alles viel zu teuer«, beendet Mutti die
Diskussion.
»Die günstige Familienkarte kostet 168 Euro für vier
Personen. Vati könnte auch mit.« Die Preise habe ich in Latein
auf dem Handy recherchiert.
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»Plus Getränke, plus Essen, plus Parkgebühren? Nein, Elli!
Außerdem ist es nicht dein Ernst, dass du den anderen auf diese alberne Geburtstagsfeier hinterherlaufen willst! Schließlich
lieben dich deine Freundinnen nicht dafür, dass du ständig dasselbe tust wie sie.«
Ich habe keine Lust, Mutti zu erklären, dass Hannah Bo genau dafür liebt, dass sie ständig zu zweit zusammenhängen und
dieselben Sachen machen. Mutti würde das nicht verstehen. Sie
würde denken, der Fehler liegt bei mir und ich habe irgendwas
falsch gemacht. Schließlich sind Hannah und ich seit der Krabbelgruppe beste Freundinnen.
»Bitte!«, versuche ich Mutti zu erweichen. »Linnea bekommt
von euch alles. Und ich bekomme nichts!
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